Nach zweijähriger Corona-Pause tobt in der Freilichtarena am Kalkberg in Bad Segeberg wieder der Wilde Westen. Sascha Hehn ist „Der Ölprinz“ bei den Karl-May-Spielen 2022. Claudia Pless hat mit ihm gesprochen.
In der „Schwarzwaldklinik“ und auf dem „Traumschiff“ war er der der strahlende Sonnyboy, mit dem am Ende alles gut wird. Jetzt gibt Sascha Hehn bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg den Bösewicht – einen Schurken, der Teuflisches im Schilde führt. Mit grauem Bart, tiefer Stimme und finsterer Miene spielt er die Titelrolle des skrupellosen Ölprinzen im gleichnamigen Stück. Im Interview spricht der 67-jährige Schauspieler über seine Liebe zu Karl-May, sein früheres „Lotterleben“ und über Selbstironie. Außerdem verrät er, wovor er am Kalkberg am meisten Respekt hat.
Herr Hehn, Sie sollten schon vor zwei Jahren bei den Karl-May-Spielen die Titelrolle des Stücks „Der Ölprinz“ spielen. Doch dann kam Corona. Wie haben Sie die lange Zwangspause überbrückt?
Sascha Hehn: Ich lebe auf dem Land, da haben wir wenig von Corona mitbekommen. An unserer Lebensweise hatte sich fast nichts geändert. Ansonsten war ich jedes Jahr bereit dafür, loszulegen. Nun ist es endlich so weit, diese wunderbare Herausforderung anzunehmen.
Wie kam es überhaupt zu Ihrem Engagement?
Am Kalkberg hatte man schon viele Jahre probiert, mich zu engagieren, leider hatte es aus zeitlichen Gründen nie gepasst. Umso mehr freue ich mich, dass es nun endlich geklappt hat. Denn jetzt bin ich Rentner, und Rentner haben Zeit.
Kannten Sie die beeindruckende Kalkbergarena schon vorher?
Nur aus Youtube . . . eine gewaltige Arena. Wenn sie ausverkauft ist, wird das eine ganz besondere Erfahrung für mich sein. Momentan ist es also noch ein Sprung ins kalte Wasser.
Wie schnell haben Sie nach dem „Sprung ins kalte Wasser“ das Schwimmen gelernt?
Ich musste mich schon erst wieder daran gewöhnen, aus meinem Lotterleben herauszukommen (grinst). Aber es tut gut, es hält mich fit.
Sie spielen den Edelschurken Grinley, genannt der Ölprinz. Wie würden Sie diesen dunklen Charakter beschreiben?
Grinley ist ein skrupelloser Verbrecher, ein geldgieriger Betrüger und Mörder in Gestalt eines eleganten Geschäftsmanns mit tödlichem Charme. Keine leichte Rolle, aber solche Herausforderungen sind die Würze unseres Berufs.
In der satirischen ZDF-Sitcom „Lerchenberg“ haben Sie mit einer großen Portion Selbstironie überzeugt. Haben Sie Ihre Rolle als Ölprinz ähnlich ironisch angelegt?
Es gibt kein Augenzwinkern und keinen Humor. Grinley ist ein Teufel. Für ihn ist Öl dicker als Blut. Selbst für den eigenen Bruder hat dieser Mann auch nur Verachtung übrig. Er weiß, was er will, und wie er es um jeden Preis bekommt. Grinley weiß auch, was er nicht will, und sagt zum Beispiel: „Mich kriegen keine zehn Pferde auf ein Schiff.“
Was wird in der Kalkbergarena für Sie als Schauspieler die größte Herausforderung sein?
Dass Mensch und Tier alles heil überstehen und die Zuschauer ein tolles Spektakel genießen können. Bei den Proben jedenfalls ist schon ´ne Menge passiert, aber dafür sind ja Proben da. Für mich persönlich wird die größte Herausforderung sein, nicht vom Pferd zu fallen.
Konnten Sie vorher schon reiten, oder haben Sie für Ihre Rolle erst das Reiten lernen müssen?
Ich habe es reaktiviert, nach 20 Jahren Pause. Aber Reiten ist wie Skifahren, das verlernt man nicht. Ich bin froh, dieses wunderbare Pferd bekommen zu haben. Dieser Hengst – ein Schimmel – ist eine Klasse für sich, und er hat viel Geduld mit mir. Er ist ein echter Star. Ein größerer als ich. Uns beide verbindet eine Mischung aus Selbstbewusstsein und Respekt.
Was ist der größte Unterschied zwischen Film- und Bühnenarbeit?
Vor der Kamera kann ich alles so oft wiederholen, bis es perfekt ist. Im Theater oder in unserer Arena kann ich mich erst in der nächsten Vorstellung verbessern. Dazu mit Tieren zu arbeiten, ist dann noch einmal eine extra Herausforderung. Auf der Bühne gehst du raus und fängst an zu spielen. Am Kalkberg denkst du in erster Linie ans Pferd. Zum Glück hab ich hier großartige Kollegen, die mir Greenhorn zu Seite stehen.
Haben Sie als „alter Schauspielhase“ eigentlich immer noch Lampenfieber?
Ohne Lampenfieber würde ich mich auf keine Bühne trauen.
Sind Sie als Kind mit den Abenteuern von Karl May groß geworden?
Ich war schon immer ein großer Karl-May-Fan, hab die Abenteuer geliebt und die Karl-May-Bücher sogar als Klassiker gelesen. Und wenn wir als Kinder gespielt haben, war ich fast immer ein Indianer, nur ganz selten der Cowboy.
Welche Botschaft von Karl May passt besonders gut in unsere heutige Zeit?
Das Gute wird siegen, der Kampf gegen das Böse wird gewonnen. Mit Humor und vielen aktuellen Hintergründen. Winnetou ist einfach sehr weise und ein echtes Vorbild für unsere Gesellschaft. Natürlich bleibt es ein Märchen. Aber ich hoffe, die Zuschauer lassen sich inspirieren.
Die Karl-May-Spiele verbinden Generationen. Warum sind diese eigentlich „altmodischen“ Geschichten vom Wunsch nach einer „heilen Welt“ so zeitlos?
Weil das unser Leben bestimmt, wir sehnen uns jeden Tag danach. Leider leben wir in einem System, das vor Jahrtausenden geprägt worden ist und sich kaum verändert hat. Reicher, höher, weiter . . . In tausend Jahren werden die vielleicht Überlebenden sich fragen, warum man nicht schon viel früher damit angefangen hat, das zu ändern, diesen wunderbaren Planeten besser zu verwalten.
Im diesjährigen Stück geht es um kriegerische Handlungen und sehr viel Öl. Hatten Sie beim Lesen des Scripts das Gefühl, dass die fiktive Story vom echten Leben eingeholt wurde?
Ab und zu. Jedenfalls sollte man die Dinge viel öfters beim Namen nennen, auch wenn es für manche schwer zu ertragen ist.




