Wie kaum eine andere Hühnerrasse zeichnen sich die Seidenhühner durch Besonderheiten aus. Das betrifft ihre sehr weit zurückreichende Bekanntheit, ihre außergewöhnliche Gefiederstruktur, ihre Helmhauben sowie die ungewöhnliche Hautfarbe.
Eine erste Beschreibung findet sich bereits beim griechischen Philosophen Aristoteles, rund 380 Jahre vor Christus, wenn er von „schwarzen und weißen Hühnern mit Katzenhaaren aus dem Reich von Manpi“ in China berichtet. Es wurde dort ein „ordentlicher Schafspelz“ von der Damenwelt gewünscht. Ähnlich ausführlich berichtet später der venezianische Kaufmann und Reiseschriftsteller Marco Polo Anfang des 13. Jahrhunderts von „katzenhaarigen Hühnern“, die er auf seinen Fahrten nach China und in die Mongolei angetroffen habe. Andere Quellen sehen den Rasseursprung im persischen Raum. Allen Angaben ist gemeinsam, dass die Seidenhühner ohne Zweifel zu den ältesten Hühnerrassen der Welt zählen.
In England fassten sie aufgrund alter Reisebeschreibungen um 1780 fälschlicherweise als „Japanische Seidenhühner“ zuerst fest Fuß, in Deutschland wegen ihrer Zuverlässigkeit in der Naturbrut zunächst in der Ziergeflügelzucht. In den 1950er Jahren wurde bei uns auch eine Musterbeschreibung für die Ausstellungszucht aufgestellt.
Gar nicht „hühnernormal“
Bei der ersten Begegnung mit Seidenhühnern überrascht und fasziniert sicher zunächst ihr besonderes Gefieder. So gar nicht „hühnernormal“, sondern weich und seidig über den gesamten Körper hinweg eine abgerundete Würfelform bildend, die den Körper größer erscheinen lässt, als er ist. Die die Gestalt formenden Hauptfedern sind ähnlich weich wie die Daunenfedern, eine spitze Schwanzpartie ist unerwünscht. Alle Federschäfte sind sehr dünn ausgebildet, auch die seitlichen Äste, die sich vielfach gabeln und nicht – wie sonst normale Hühnerfedern – in einer Ebene stehen, ebenso die Federstrahlen, denen zudem die Festigkeit gebenden Häkchen ganz fehlen.
In den 1960er Jahren wurde, zunächst in den Niederlanden, eine Verkleinerung der Seidenhühner eingeleitet, und die bisherigen Typen wurden zur Unterscheidung als „Große“ figürlich deutlich stärker gezüchtet. Aktuell nimmt die Beliebtheit der Zwergseidenhühner gegenüber den „Großen“ deutlich zu. Über deren Varianten wird in einem späteren Beitrag im Bauernblatt berichtet.
„Wollknäuel aus Fernost“, „Hühner mit dem Katzenfell“ oder „Hühner mit Haaren“, so überschrieben Fachautoren gern ihre Seidenhühnerartikel. Auf Jahrmärkten führten Gaukler die Seidenhühner als eine Kreuzung zwischen Hühnern und Kaninchen vor.
Auch mit Bart
Ebenso ein besonderes Rassemerkmal ist die Hautfarbe der Seidenhühner. Am gesamten Körper schwärzlichblau, findet sich diese Pigmentierung auch in der Muskulatur, der Knochenhaut und den inneren Organen. Besonders in den Kopfmerkmalen nach außen deutlich, sorgt sie im Kontrast zu den schwarzbraunen Augen und den bläulichen Ohrscheiben für eine aparte Rasseausstrahlung. Ähnlich auffällig sind die helmartigen Hauben als attraktiver Kopfschmuck: Bei den Hähnen ein „Schopf“ durch nach hinten hängende, seidenfiedrige Federn, bei den Hennen einer vollen Puderquaste ähnlich, die seitlich die Augen zum einwandfreien Sehen frei lassen muss.
Seidenhühner sind auch mit „Bart“ zugelassen, der voll und ungeteilt Backen und Kehle bedeckt. Der Kamm ist ein kurzer, schwarzblauer Rosenkamm ohne Dorn. Er gleicht einer halben Walnuss und ist in der Mitte von einer Querfalte durchzogen. Nicht alltäglich im Hühnerreich sind die ebenso blauschwarz gefärbten Läufe der Seidenhühner. An der Außenseite kurz befiedert, die Schenkel verdeckend, tragen sie zur vollen Figur bei.
Fünf Zehen
Seidenhühner haben fünf statt der sonst üblichen vier Zehen. Sie sind bisher in zehn Farbenschlägen zugelassen. Am beliebtesten sind Weiß, Schwarz, Blau, Gelb, Perlgrau, Wildfarbig und Silber-Wildfarbig. Dazu gibt es die apart gezeichneten Varianten Gesperbert, Weiß-Schwarz-Gefleckt und Splash, Letztere als neueste Zulassung mit einer hellblaugrauen Gefiederfarbe, darauf unterschiedlich große, dunkelblaue bis schwarze Flecken, körperweit möglichst gleichmäßig verteilt.
Die Haltung der Seidenhühner ist problemlos. Flugfähig bis zu einer einen halben Meter hoch angebrachten Sitzstange, bevorzugen sie doch zumeist zum Nächtigen den Stallboden. Für den Auslauf reicht eine 1 m hohe Einzäunung völlig für die keinerlei Fluglust verspürenden „Nichtflieger“. Im Winter fühlen sie sich bei trockener Kälte wohl; allein ein durchgenässtes Gefieder sollte vermieden werden. Das Gewicht der Hähne beträgt 1,4 bis 1,7 kg, das der Hennen 1,1 bis 1,4 kg. Die Eier sind hellbraun und wiegen rund 40 g. Die Legeleistung im Jahr liegt bei 100 bis 120 Eiern.
Die Seidenhühner gehören nicht zu den weitverbreiteten Rassen. Wer sie jedoch einmal als die Seinige ausgewählt hat, wird sie in der Regel nie mehr missen wollen. Ihr überaus zutrauliches, dem Menschen zugewandtes Wesen führt rasch zu einer fast familiären Bindung.
Dunkle Fleischfarbe
Die nicht so große Verbreitung ist wohl auf zwei Gründe zurückzuführen: Einmal ist nach der Schlachtung für viele die dunkle Fleischfarbe gewöhnungsbedürftig, selbst wenn feststeht, dass es geschmacklich keinerlei Einbußen gibt. Zum zweiten ist für Ausstellungszüchter das Waschen der Hühner vor der Schau in 35 bis 37 °C warmem Wasser mit einem Wollwaschmittel notwendig. Die Seidenhühner werden, gut eingeweicht, in Richtung der Federlage gewaschen. Zunächst in ein Frottiertuch eingewickelt, erfolgt das endgültige Trocknen per Fön.
Auf der wegen der Corona- beziehungsweise Vogelgrippe-Pandemien zuletzt im Dezember 2019 in Hannover abgehaltenen größten Deutschen Junggeflügelschau Norddeutschlands fanden sich 55 Seidenhühner von acht Züchtern, gleich verteilt mit und ohne Bart in sechs Farben, überwiegend in Weiß.
Die Seidenhühner werden deutschlandweit im Sonderverein der Züchter der Seidenhühner und Zwerg-Haubenhühner betreut. Erster Vorsitzender ist Norbert Niemeyer, Uhlandstraße 46 b, 48341 Rheine, Tel.: 0 59 71-1 23 27, norbert-niemeyer@osnanet.de
In Schleswig-Holstein hat Manfred Gaeversen die führende Zucht in Weiß, Schwarz, Gelb und Splash inne. Die Anschrift lautet: Güderott 3, 24392 Boren bei Süderbrarup, Tel.: 0 46 41-4 62 99 32.
In Wildfarbig züchtet die Seidenhühner Siegfried Sievertsen in Behrendorf bei Husum.