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Junge LandFrauen im Austausch beim dlv

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Wir, Maren Eggers (Junge LandFrauen Dithmarschen), Henrike Bleck (Junge LandFrauen Plön) und Maria Sauer (Junge LandFrauen Rendsburg-Eckernförde), haben uns Ende September auf den Weg nach Berlin gemacht. Dort fand das Junge-LandFrauen-Netzwerktreffen des Deutschen LandFrauenverbandes (dlv) statt. Zwei Tage, die uns viel Inspiration, Mut und neue Ideen gebracht haben.

Der Auftakt war am Freitag mit einem Workshop der Radikalen Töchter. Ihr Ansatz: aus Frust Mut machen und aus Meinung Aktion werden lassen. Statt nur zuzuschauen, wie andere Politik gestalten, können wir selbst aktiv werden.

Schnell wurde klar: Wut ist nicht dasselbe wie Hass. Wut will verändern, Hass will zerstören. Außerdem haben wir gelernt, dass eigentlich alles politisch ist: von der Schuh- bis zur Berufswahl. Mit kreativen Methoden haben wir erlebt, wie Aktionskunst Aufmerksamkeit schafft und Themen auf die Tagesordnung bringt, die sonst gern übersehen werden.

Im Austausch untereinander ging es dann um Fragen, die uns besonders bewegen. Mental Load, Rollenbilder, Gender-Pay-Gap oder auch die Gesundheitsversorgung auf dem Land. Ganz konkret: Wie läuft eine Untersuchung beim Gynäkologen ab, wenn man im Rollstuhl sitzt? Diese und viele andere Perspektiven sichtbar zu machen, ist uns wichtig.

Apropos Gender-Pay-Gap: Wir LandFrauen sind ja klischeemäßig bekannt für den Kuchenverkauf. Aber was wäre, wenn Männer einfach 15 % mehr und Frauen 15 % weniger für das gleiche Stück Kuchen bezahlen müssten? Das klingt vielleicht erst einmal witzig und mancher würde denken: „Dann schicke ich eben die Frau vor.“ Doch genau dieser Vergleich macht deutlich, wie ungerecht die aktuelle Situation ist.

Am Sonnabend folgten weitere Gespräche mit jungen Frauen aus ganz Deutschland. Wir haben gemerkt, dass wir viele Themen teilen und dass wir gemeinsam viel erreichen können. Fazit: Wir fahren mit Mut und Motivation zurück nach Schleswig-Holstein. Wir wollen Frauen und Mädels aus dem ländlichen Raum ermutigen mitzumachen, egal welches Berufsbild sie haben. Wir wollen Klischees abbauen, uns gegenseitig stärken und zeigen, wie vielfältig LandFrauen heute sind. Für uns. Für Frauen im ländlichen Raum. Und für die Themen, die uns bewegen.

Giganten im Staudenbeet

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Viele Blütenstauden wachsen zu mannshohen, beeindruckenden Gestalten heran. Sie glänzen in Einzelstellung nicht minder als im Hintergrund von Rabatten, wo sie niedrigeren Arten das Bühnenbild bereiten. Einige stattliche Solisten wachsen sogar so dicht, dass sie als hohe Hecke im Sommer blühenden Sichtschutz bieten oder auch unschönere Anblicke geschickt kaschieren.

Solche Hecken aus Großstauden, vielleicht auch kombiniert mit Gräsern wie Chinaschilf (Miscanthus sinensis), Pfahlrohr (Arundo donax) oder Muriels Schirmbambus (Fargesia murielae), sind nicht nur eine attraktive Grenzbepflanzung, sie eignen sich auch prima zur Abgrenzung einzelner Teilbereiche auf großen Grundstücken. Fargesia murielae bildet im Gegensatz zu vielen andern Bambusarten keine langen Ausläufer. Unter den Chinaschilfsorten empfehlen sich besonders hoch wachsende Schönheiten wie ‚Große Fontäne‘, ‚Silberfeder‘ oder ‚Malepartus‘. Letztgenannte Sorte punktet mit früher Blüte und Herbstfärbung. Zudem sorgt der überhängende Wuchs des Chinaschilfs für mehr Pflanzenfülle. Doch eine Staudenhecke darf keinesfalls gedrängt wirken. Man hält daher einen Abstand von etwa 1,5 m zur Grundstücksgrenze ein. Lediglich Wuchsformen mit schmaler Silhouette bilden da eine Ausnahme. Sie dürfen näher an den Zaun heran. Die farbliche Schlichtheit der hohen Gräser bietet Blütenstauden die perfekte Kulisse. Im Frühjahr gibt der Sichtschutz aber noch nicht so viel her. Doch die lange Wartezeit wird später im Jahr belohnt. Tipp: Mit Zwiebelblühern wie Tulpen, Zierlauch (Allium), Prärielilien (Camassia) oder Steppenkerzen (Eremurus) lässt sich die Zeit bis zum Blühbeginn der Riesenstauden überbrücken.

Mit überhängenden Wuchs und attraktiven Blütenrispen ist so manche Sorte des Chinaschilfs ein toller Solist. Foto: Karin Stern

Weit oben auf der Liste der empfehlenswerten Kandidaten stehen natürlich Stauden, die über 150 cm hoch werden. Dazu gehören hohe Glattblatt- und Raublatt-Astern (Aster novae-angliae und Aster novi-belgii), Berg-Knöterich ‚Johanniswolke‘ (Aconogonon alpinum), Scheinhanf (Datisca cannabina), Wasserdost (Eupatorium), Sonnenbraut ‚Rauchtopas‘ (Helenium) und auch der Fallschirm-Sonnenhut ‚Herbstsonne‘ (Rudbeckia nitida). Einige weitere Bespiele für höhere Stauden, die prächtige Horste als Sichtschutz bilden, sind Echter Alant (Inula helenium) und die New-York-Scheinaster (Veronia noveboracensis).

Glattblatt- und Raublatt-Astern sind farbenprächtige Rabattenstauden. Foto: Karin Stern
Großstauden wie der Bergknöterich ,Johanniswolke‘ kaschieren mühelos unschöne Ecken. Foto: Karin Stern
,Rauchtopas‘ ist eine hochwachsende Sorte der Sonnenbraut. Foto: Karin Stern


Die Wiesenraute mildert die massive Wirkung der Mauer im Hintergrund ab. Foto: Karin Stern

Wiesenrauten (Thalictrum) wachsen als Hahnenfußgewächs zwar nicht ganz so dicht, lenken aber mit ihren luftigen Blütenwolken ganz wunderbar den Blick weg von nicht so angenehmen Anblicken. Die Chinesische Wiesenraute (Thalictrum delavayi) mit eleganten, hellvioletten Blüten und die Glänzende Wiesenraute (Thalictrum lucidum) mit gelblichen Blütenständen wachsen knapp 2 m hoch. Darf es noch höher hinausgehen, pflanzt man die Riesen-Wiesenraute ‚Elin‘. Diese Hybride punktet mit Blütenwolken in hellem Lila auf sehr standfesten Stielen.

Doch die Staudengiganten lassen sich auch prima in Beet oder Einzelstellung verwenden. Manch ein Gärtner zieht sogar die reich blühenden Vertreter einem Blütenstrauch vor. Doch sollte man auch bedenken, dass eine Großstaude nicht innerhalb einer Saison heranwächst. Sie braucht etwas Zeit, um sich zu entwickeln. Erst ab dem dritten Standjahr ist daher mit einem starken Blütenauftritt zu rechnen – das Warten lohnt sich!

Wasserdost wird mit weißen und rosafarbenen Blüten angeboten. Beide Sorten leiten hier perfekt zum Schmetterlingsflieder über.
Foto: Karin Stern

Wichtig ist ein ausreichend großer Standraum. Am besten plant man etwa 1 m2 Fläche für die Riesen ein. Als Pflanzzeit kommen ganz klassisch Frühjahr und Herbst infrage. Feuchtigkeitsliebende Pflanzen sollten bei der Frühjahrspflanzung über den Sommer hinweg ausreichend feucht gehalten werden. Doch wer ordentlich Grünmasse und viele Blüten bildet, braucht auch ausreichend Nahrung. Die genannten Arten unterscheiden sich dabei durchaus in ihren Ansprüchen. Man sollte daher beim Kauf nachfragen, wie hoch der Nährstoffbedarf der jeweiligen Art ausfällt. Entsprechend wird der Dünger dosiert. Besonders leicht fällt die Handhabung von mineralischen Langzeit-Staudendüngern. Sie geben über die Saison hinweg ihre Nährstoffe langsam ab und versorgen so die Staude über einen langen Zeitraum. Bei Bedarf düngt man flüssig nach.

Damit die hohen Stauden nicht vorzeitig von einem Sommergewitter auf den Boden gedrückt werden, kann je nach Standort eine Stütze sinnvoll sein. Doch auch die Rückendeckung von Mauern, Zäunen oder höheren Sträuchern schützt die Blütentriebe vor dem Abbrechen durch starke Windböen.

Steppenkerzen lieben sonnige, warme Standorte mit sehr durchlässigem und nährstoffreichem Boden. Foto: Karin Stern
Kerzen-Ligularie ,Zepter‘ wird manchmal auch unter der Bezeichnung Kerzen-Goldkolben angeboten. Foto: Karin Stern
Herzgespann ist eine heimische Wildstaude, deren Blüten für Hummeln und Wildbienen sehr wertvoll sind. Foto: Karin Stern
Sonnenhut ,Langer Heinrich‘ war früher in Bauerngärten weit verbreitet. Foto: Karin Stern
Brandkraut wird mit rosafarbenen oder gelben Blüten angeboten. Foto: Karin Stern


Kandelaber-Ehrenpreis eigent sich für vollsonnige Standorte. Foto: Karin Stern

Niemand sah den Himmel so wie Lorne

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„Dieses Buch habe ich für uns geschrieben. Für Jan, Malena, Johanna und mich. In diesem Buch steckt ein Leben. Lornes Leben. Er soll nicht vergessen werden. Wir haben ihn so sehr geliebt!“

So schreibt es Dörte Thomsen aus Ehndorf in ihrem Buch „Niemand sieht den Himmel so wie du – Lorne, mein Sohn“. „Doch es ist auch ein Buch, das Mut macht und zeigt, dass man nicht aufgeben sollte, sondern es sich lohnt zu kämpfen“, sagt die Autorin. Mit dem Buch verarbeitet sie die Krankheit und den Verlust ihres Sohnes Lorne, der vier Wochen nach seinem 16. Geburtstag starb. 437 Seiten lang schreibt sie sich alles von der Seele – erzählt mit dem einen oder anderen Augenzwinkern vom Leben auf dem landwirtschaftlichen Betrieb in Ehndorf mit Ehemann Jan, den Töchtern Male­na und Johanna, mit ihren Schwiegereltern Annegret und Heinrich. In bewegenden Kapiteln berichtet sie von ihrem geliebten Sohn Lorne, der nach einem Impftermin plötzlich unter Anfällen leidet und bis zu seinem Tod am 13. Juli 2020 behindert bleibt.

Das Schreiben ist für sie ein anstrengender und aufwühlender Prozess, aber es ist auch heilsam. „Einige Zeit nach Lornes Tod stand ich in unserem Büro und sah die zwölf Ordner, voll mit dem Schriftverkehr mit Ärzten, Behörden, Versicherungen und der Krankenkasse, mit Kalendereinträgen, Anträgen, Dokumentationen, Notizen und vielem mehr. Das konnte ich nicht wegwerfen, da steckt doch Leben drin.“

Sie beschließt, die Geschichte aufzuschreiben, nur für sich, für die Familie und den engsten Freundeskreis. An eine Veröffentlichung war da noch gar nicht zu denken. „Aber ich konnte nicht aufhören, es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass dieses Leben nicht vergessen wird“, so die Mutter. „Es hatte alles endlich seinen Platz, wir wussten, wo alles ist, es gab nicht mehr diese Wand aus Ordnern, sondern alles war sortiert auf den Seiten“, formuliert es Tochter Malena.

Eine Woche lang sortiert Dörte Thomsen das angefallene Material und ordnet es chronologisch. Dann beginnt sie die Schreibreise. Als das Buch fertig ist, gibt sie es der Familie und Freunden zu lesen. Viele von ihnen meinen daraufhin: „Das muss in die Welt, es würde Menschen helfen, die in einer ähnlichen Situation sind“, so der Tenor.

Zu Gast bei einer Lesung in der Buchhandlung Krauskopf in Neumünster, lernt Dörte Thomsen die Autorin und Buchcoachin ­Alexandra Brosowski kennen und erzählt ihr von ihrer Geschichte. Sie bietet ihr an, das Buch zu lesen. Kurze Zeit später bestärkt auch sie Dörte Thomsen darin, ihr Werk zu veröffentlichen. Zusammen überarbeiten sie das Manuskript.

Dann wird der Familienrat zusammengerufen, denn noch sind nicht alle von einer Veröffentlichung überzeugt: „Malena und ich waren dafür, Johanna und Jan hatten berechtigte Bedenken, denn es geht ja um Einblicke in unser privates Leben“, so die Autorin. Als alle einverstanden sind, veröffentlicht sie ihre Geschichte 2024 im Selbstverlag bei Book on Demand (BoD). Johanna gestaltet das Buchcover – ein schaukelndes Kind mit einem großen Baum und einem kleinen Rotkehlchen. Lorne hat für sein Leben gern geschaukelt, was es mit dem Rotkehlchen auf sich hat, erzählt Dörte Thomsen in einem kleinen Zusatzkapitel im Buch.

Malena spricht die Geschichte zusammen mit R.SH-Moderator Carsten Kock als Hörbuch ein, das dieses Jahr noch veröffentlicht werden soll.

Ein Kind der Sonne

Lorne, ein Kind der Sonne, wie die Mutter ihn beschreibt, kommt am 18. Juni 2004 gesund und munter auf die Welt und wird von Anfang an von allen geliebt. Familie Thomsen lebt auf einem landwirtschaftlichen Betrieb auf Gut Lebenau in Ehndorf bei Aukrug. Seinerzeit bewirtschafteten sie 160 ha, versorgten 80 Milchkühe und die gleiche Anzahl an Kälbern und Jungtieren. Dörte Thomsen erzählt in dem Buch vom Hofleben sowie vom Generationenkonflikt zwischen ihr, ihrem Mann und den Schwiegereltern.

Sie selbst ist in der Landwirtschaft groß geworden, machte eine Lehre zur Bankkauffrau, war stellvertretende Zweigstellenleiterin. Als gestandene Frau kam sie damals in den bestehenden Familienverbund und es wurde erwartet, dass sie sich einfügte und unterordnete. „Das war für mich eine Wahnsinnsumstellung und manchmal wirklich schwierig. Das Haus, in dem wir leben, gehörte ja meinen Schwiegereltern und die gingen hier ein und aus und bestimmten. Nicht weil sie es böse meinten, sondern weil es für sie völlig normal war“, so Dörte Thomsen. Ihre Schwiegermutter sei in allem perfekt gewesen und äußerst patent. Jahre später gehören ihre Schwiegereltern mit zu den wichtigsten Stützen im Leben mit dem erkrankten Lorne. Alle Konflikte sind da vergessen.

Ein Jahr und vier Monate nach der Geburt von Lorne steht ein Impftermin für ihn an, den Dörte Thomsen zwei Mal verschieben muss, weil Lorne nicht richtig fit ist. Auch beim dritten Termin ist er leicht verschnupft, die Ärztin hat aber keine Bedenken. Lorne erhält eine Sechsfach-Auffrischungsimpfung. 48 Stunden später stöhnt Lorne beim Füttern laut auf, sackt leblos auf seinem Hochstuhl zusammen und erwacht erst wieder im Krankenhaus.

Wendepunkt im Leben

Seit dem Tag ist nichts mehr, wie es war. Es folgen weitere Anfälle in unterschiedlicher Ausprägung, aber eine Epilepsie kann nicht nachgewiesen werden. „Diese Diagnose haben wir bis zum Schluss nie richtig erhalten“, erzählen die Eltern von ihren Erfahrungen. „Ob die Impfung der Auslöser war, ist nicht belegt und nur eine Vermutung, weil sie den Wendepunkt in unserem Leben darstellt. Wir halten Impfen nach wie vor für eine gute Sache, es birgt aber auch Risiken“, betonen die Eltern, die in dem Buch das Impf-Fass bewusst nicht aufmachen wollen.

Nach dem Vorfall im Oktober 2005 lässt Dörte Thomsen in den folgenden Jahren nichts unversucht, um herauszufinden, was ihrem Sohn fehlt, und hofft, ihn wieder gesund zu bekommen. Sie schreibt immer wieder Dinge auf, falls danach von Ärzten oder Therapeuten gefragt wird. Schon da ist ihr klar: „Wenn wir das überstanden haben und Lorne gesund und munter herumläuft, schreibe ich ein Buch darüber. Das glaubt uns sonst keiner.“ Es folgt ein jahrelanger Untersuchungs- und Behandlungsmarathon, ein Kampf gegen Behörden und Bürokratie, eine Odyssee, die allen alles abverlangt bis zur totalen Erschöpfung.

Die Mutter greift hoffnungsvoll nach jedem noch so kleinen Strohhalm, liest unzählige Bücher und Berichte, recherchiert, schreibt Mails und Briefe, versucht es mit alternativen Behandlungsmethoden. Sie hofft, bangt, verzweifelt, weint, lacht und kämpft, aber sie gibt sich und ihre Familie nie auf. Sie bleibt stark, auch für ihre beiden Töchter, die ihre Mutter unterstützen und sich liebevoll um ihren Bruder kümmern. Der wiederum himmelt seine Schwestern an. Malena sagt: „Wir hatten nie das Gefühl, zurückstehen zu müssen. Im Gegenteil, uns wurde alles ermöglicht, Mama und Papa haben uns überall hingefahren und auch wieder abgeholt, wir mussten auf nichts verzichten.“

Liebe ist die stärkste Kraft

Lorne wird zu einem Kind mit Einschränkungen. Körperlich entwickelt er sich normal weiter, bleibt geistig aber auf dem Stand eines Einjährigen. Er kann nicht sprechen, aber Laute von sich geben. Füttern und Wickeln bleiben Daueraufgaben. Dabei ist er äußerst aktiv und hat einen ausgeprägten Bewegungsdrang.

Lorne liebt es, draußen zu sein, auf dem Hof, im Stall, auf seiner Schaukel im Garten oder in der Maschinenhalle. Er liebt es zu schaukeln, zu rennen, Trampolin zu springen, Lieder zu hören und mitzusummen. Und er liebt alles, was einen Motor hat, fährt am liebsten stundenlang bei Vater Jan auf dem Trecker, dem Radlader oder Rasenmäher mit. Doch er muss durchgehend beaufsichtigt werden, da er kein Gespür für Gefahren hat und unerwartet Anfälle auftreten können. Auf Phasen mit Anfällen folgen mitunter auch längere anfallsfreie Phasen, aufkeimende Hoffnung wechselt mit totaler Verzweiflung und Hilflosigkeit ab. Und doch, so schreibt Dörte Thomsen es zu Beginn in ihrem Buch, sei sie die meiste Zeit glücklich gewesen. „Liebe ist die stärkste Kraft, die uns alles schaffen lässt. Das hat mein Sohn mich gelehrt“, so die Mutter. Es sind diese und noch weitere Sätze, die Mut machen.

Die Familie hält zusammen und organsiert ihr Leben rund um Lorne herum. „Das haben wir richtig gut hinbekommen“, sagt Johanna. Wie bei einem Staffellauf wechseln sie sich in der Betreuung von Lorne ab, wenn einer ihn an der Hand hat, übergibt er ihn an den nächsten zum Aufpassen. Und dann ist da ja auch noch der Hof, der bewirtschaftet werden muss, und die Tiere, die versorgt werden müssen.

Um sich etwas Freiraum zu schaffen, beschließen sie, sehr zum Unverständnis von Jans Vater Heinrich, das Melken einzustellen, die Kühe abzuschaffen und sich auf den Ackerbau zu konzentrieren. Die Aufgaben teilen sie auf: Vater Jan macht die Arbeit draußen, Mutter Dörte kümmert sich um die Buchhaltung und den Haushalt. Um die Kinder kümmern sich beide. Sie werden von Jans Eltern unterstützt, wo es nur geht. „So schwierig es anfangs mit uns war, mit diesem Generationenkonflikt auf dem Betrieb, wenn es wirklich mal brennt, dann halten alle zusammen. Auch das habe ich mitgenommen aus der Zeit“, sagt Dörte Thomsen.

Sie baut sich im Laufe der Jahre ein Helfernetz auf, beantragt Hilfsmittel, die jedes Mal zunächst abgelehnt werden, aber sie lernt auch, Widersprüche einzulegen und Hilfe einzufordern – was neben der Pflege und Betreuung ihres Kindes samt Arbeit auf dem Hof zusätzlich Kraft kostet und belastet. Wer Angehörige pflegt und auf Hilfsmittel angewiesen ist, weiß, wovon sie erzählt. Sie hat deshalb dem Buch einen Pflege-Ratgeber mit dem Titel „Mein Kind ist behindert – was nun?“ angefügt. Lorne erhält Frühförderung, besucht die Kita, geht zur Schule, auch wenn er nie Lesen, Schreiben oder Rechnen lernt. Aber er wird in den Dingen gefördert, die er kann und für die Eltern gibt es nun Auszeiten, in denen sie durchatmen können. Über Mitteilungsbücher tauschen sich alle, die Lorne betreuen, aus.

Lorne ist Lorne

Wenn es Lorne gut geht, lacht er aus voller Seele und erobert damit im Sturm die Herzen aller Menschen, die ihn begleiten oder ihm begegnen. „Er war ein absoluter Sonnenschein, immer fröhlich“, so Dörte Thomsen. Schlimm ist es für alle, wenn es ihm schlecht geht, er von Anfällen oder Infektionen lahmgelegt ist. Auch wenn keine Epilepsie diagnostiziert ist, erhält er gegen die Anfälle entsprechende Medikamente, die aber alles nur zu verschlimmern scheinen und ihn teilnahmslos im Rollstuhl sitzen lassen. „Das war nicht mehr unser fröhlicher Junge“, so Dörte Thomsen.

Während sie und die Töchter noch abwägen, ob sie die Medikamente einfach absetzen sollen, spricht Vater Jan ein klares Machtwort: „Lorne ist Lorne. Wir nehmen ihn jetzt so, wie er ist. Wir kriegen das schon hin.“ Schlafmangel wird ein beständiger Begleiter von Dörte Thomsen. Nachts hat sie immer ein Ohr für ihren schlafenden Sohn, hört das Rascheln seiner Decke bei schlechten Träumen, Geräusche, komisches Atmen, wenn er einen Anfall hat oder weint. Dringend notwendige Auszeiten muss sie sich teuer erkaufen, meist hält die Erholung nur kurz. „Lief es an einer Stelle gerade gut, geschah wieder etwas an anderer Stelle, es hörte nie auf“, so die Mutter.

Humor nie verloren

Aber neben all den Belastungen gibt es auch schöne Momente in den 16 Lorne-Jahren, in denen gelacht wird. „Unseren Humor haben wir uns nie nehmen lassen“, beteuern alle. Ein herausragendes Ereignis stellt die gemeinsame Reise nach Teneriffa zu einer Delfintherapie dar, bei der die Familie im Atlantik mit frei lebenden Walen und Delfinen schwimmen darf – für alle ein unvergessliches Erlebnis. Lorne wächst zu einem hübschen jungen Mann heran und verzaubert alle mit seinem Lachen, doch die Hoffnung, dass er wieder gesund wird, schwindet mit den Jahren.

Stattdessen rücken neue sorgenvolle Fragen in den Vordergrund. Was soll aus ihm werden, wenn er erwachsen ist? Wer kümmert sich um ihn, wenn die Eltern nicht mehr da sind? Mit 16 Jahren ist er bereits 1,80 m groß und sehr kräftig. Wohin mit ihm, ihn in eine Einrichtung geben? So körperlich fit wie er ist, wer soll ihn nehmen? Zumal Dörte Thomsen sich nicht vorstellen kann, ihren geliebten Sohn abzugeben.

2020 steht ein Klinikwechsel von Kiel nach Hamburg an. Im Juli soll es für eine komplexe Untersuchung ins Klinikum nach Hamburg-Eppendorf gehen. „Das stand mir so bevor, wieder eine Woche mit Lorne ins Krankenhaus“, erzählt Dörte Thomsen. Doch dann, zwei Tage bevor es nach Hamburg geht, stirbt Lorne am 13. Juli 2020 im Schlaf. „Ihn am Morgen tot im Bett zu finden, war ein Schock, man kann es nicht in Worte fassen. Ich habe in der Nacht nichts gehört. Und das, wo ich sonst immer alles gehört habe. Er muss sich einfach so weggeschlichen haben.“ Noch heute zündet sie jeden Morgen eine Kerze an und stellt sie zu einem Bild von Lorne. „Wir haben viel von ihm gelernt, vor allem die kleinen Dinge im Leben zu genießen, sich an den kleinen Freuden des Alltags zu erfreuen“, so Dörte Thomsen. Lorne ist nicht mehr da, aber er lebt weiter in den Herzen der vielen Menschen, die er mit seinem Lachen erobert hat. Und er lebt in dem Buch von Dörte Thomsen. 

Literatur:

Dörte Thomsen, „Niemand sieht den Himmel so wie du, Lorne, mein Sohn“, 437 Seiten, 19,99 €, Books on Demand, ISBN 978-3-7597-6842-1,
https://buchshop.bod.de/niemand-sieht-den-himmel-so-wie-du-doerte-thomsen-978375976842

Podcast-Folge mit Alexandra Brosowski unter https://schreib-flausch.podigee.io/21-ein-buch-fuer-lorne-doerthe-thomsen

Weitere Informationen auch unter doerte-thomsen.de

Starke Frauen der Künstlerkolonie Ekensund

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Kuratorin Madeleine Städtler ist fasziniert von den Biografien der Ekensund-Künstlerinnen. 
Foto: Iris Jaeger

„Malweiber“ – so verachtend mussten sich Frauen, die sich Künstlerkolonien anschlossen, im 19. Jahrhundert von Männern betiteln lassen. Dabei standen sie den männlichen Kollegen in Sachen Talent und Können in nichts nach. So auch in der Künstlerkolonie Ekensund an der nördlichen Flensburger Förde, die sich 1875 gründete und einen Schwerpunkt in der Sammlung des Museumsbergs Flensburg bildet. Mit der neuen Ausstellung „Unterschätzt! Starke Frauen der Künstlerkolonie Ekensund“ rückt Kuratorin Madeleine Städtler erstmals die Frauenpower in den Fokus.

Emmy Gotzmann, Marie Nissen, Antoinette Marie Eckener, genannt Toni, Sophie Eckener, Elsa Nöbbe und Agnes Slot-Møller stehen exemplarisch für die unterschiedlichen Lebensläufe von Frauen im frühen 20. Jahrhundert, die sich in der Kunstwelt behaupten mussten. Ihre Namen sind heute kaum bekannt. In den zahlreichen Ausstellungen zur Künstlerkolonie Ekensund in der 150-jährigen Geschichte des Museumsberg Flensburg wurde stark auf die Männer geachtet und „natürlich brachte die Künstlerkolonie Ekensund überregional und deutschlandweit sehr erfolgreiche Männer hervor. Aber die Wahrheit ist: Solange es Künstler gab, solange gibt es auch schon Künstlerinnen“, so Madeleine Städtler. Es sei ihr ein Anliegen gewesen, einen blinden Fleck auszufüllen, die Frauen der Künstlerkolonie genauer zu betrachten, herauszufinden, wer sie waren, welche Lebensläufe sie eingeschlagen haben. „Und die Wahl dieser Lebenswege hatte manchmal auch für mich etwas Belehrendes, denn es gibt so viele verschiedene Biografien“, so Städtler.

Porträt Emmy Gotzmann, 1909, Fotograf: Heinrich Hinz, Flensburg
Foto: Museumsberg

Als Frau sich der Kunst zu widmen, erforderte damals Willensstärke und Mut. Die Qualität ihrer Werke überragte oft die ihrer männlichen Kollegen, deren Akzeptanz mussten sie sich hart erarbeiten. Emmy Gotzmann war eine dieser Frauen, die nur um der Kunst willen von Berlin an die Flensburger Förde zog und ihre männlichen Kollegen schnell von ihrem Können überzeugte. Sie schaffte es 1908 als eine von wenigen Künstlerinnen, eine eigene große Ausstellung im Flensburger Kunstgewerbemuseum, dem heutigen Museumsberg, zu bekommen.

In der aktuellen Ausstellung, die einen Vorlauf von zwei Jahre hatte, werden die starken Frauen und ihre Werke vorgestellt, die dank privater Leihgeber und der Unterstützung durch die Fielmann AG, die einen Ankauf eines der Gemälde ermöglichte, in der Ausstellung gezeigt werden können. Weitere Infos unter museumsberg-flensburg.de

Emmy Gotzmann: „Sonderburg“, 1909, eines von vielen Beispielen für Gotzmanns intensive Beschäftigung mit dem Licht in ihrer Freilichtmalerei
Foto: Museumsberg
Emmy Gotzmann „Frauenportrait mit Hut“, um 1910
Foto: Museumsberg
Elsa Nöbbe „Boote in der Flensburger Förde“, um 1910
Foto: Museumsberg
Sophie Eckener (3. v. unten) in der Malschule für Frauen, Stuttgart
Foto: Museumsberg
Agnes Slot-Møller, „Landschaft mit Blick über die Förde bei Ekensund“, um 1909, Ankauf mit Unterstützung der Fielmann AG
Foto: Museumsberg
Toni Eckener am Strand bei Rinkenis, um 1900, Fotografie, Abzug von 1989, Museum für Kunst und Kulturgeschichte Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf
Tuschezeichnung der sechsjährigen Sophie Eckener
Foto: Museumsberg
„Zwei Frauen beim Goldweben“, 1935, von Agnes Slot-Møller. Sie war die einzige Dänin in dem bis 1920 zu Deutschland gehörenden Gebiet um Ekensund.
Foto: Museumsberg


Magen-Darm-Gesundheit als Schlüssel

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Am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp der Landwirtschafts­kammer fand am 24. September die Abschlussveranstaltung der Seminarreihe „Magen-Darm-Gesundheit beim Schwein“ für Beraterinnen und Berater statt. Der Fokus lag auf der Magen-Darm-Gesundheit in der Mast. Die Seminarreihe ist das Ergebnis einer Initiative der Arbeitsgruppe (AG) Schwein des Runden Tisches „Tierschutz in der Nutztierhaltung“.

Die Fachbereichsleiterin für Schweinehaltung der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (LKSH) und Mitglied der AG Schwein, Dr. Sophie Diers, begrüßte die Teilnehmer am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp. Sie betonte die Bedeutung dieser Seminare, da sie einen regelmäßigen Austausch von Wissenschaft und Praxis förderten und anregten.

Gesunde Schweine ohne Kupieren

Johannes Pitz, Landwirt aus Ostholstein, teilte seine Erfahrungen und Erfolgsstrategien zur Förderung der Magen-Darm-Gesundheit bei Mastschweinen. Der Schweinehalter verzichtet seit mehreren Jahren erfolgreich auf das Kupieren von Ringelschwänzen – ein Ergebnis durchdachter Maßnahmen und konsequenter Tierbetreuung. Ein wesentlicher Schlüssel liegt nach Pitz in den ersten Lebenstagen der Ferkel. Ruhe und ein stressarmes Umfeld seien entscheidend, um Verhaltensproblemen vorzubeugen. Ergänzend trügen gezielte Impfungen wesentlich zur Stabilisierung der Darmgesundheit bei.

Zudem legt die Familie größten Wert auf eine qualitativ und quantitativ hochwertige Wasserversorgung. In den Stallungen sorgt ein offenes Bewegungskonzept dafür, dass sich die Schweine zwischen den Buchten frei bewegen können. Diese erhöhte Aktivität der Tiere wirkt sich positiv auf die Tiergesundheit aus. Kommt es dennoch zu Schwanzbeißgeschehen, können einzelne Bereiche abgetrennt werden, um Ruhe in die Gruppe zu bringen. Trotz aller Konzepte und Technik bleibt für Johannes Pitz das geschulte Auge des Landwirts der wichtigste Erfolgsfaktor. Die tägliche, aufmerksame Tierbeobachtung sei unerlässlich. „Ein intakter Ringelschwanz ist ein verlässlicher Indikator für gesunde Tiere“, betont er. Ebenso wichtig sei es, externe Fachleute einzubeziehen, um den eigenen Blick immer wieder zu schärfen.

Lawsonien – unterschätzte Gefahr im Stall

Als zweiter Referent sprach Dr. Robert Tabeling von MSD Tiergesundheit über das Thema „Lawsonia intracellularis und dessen Prophylaxe“. Er machte deutlich, welche zentrale Rolle diese Erkrankung für Leistung, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit spielt. Das Bakterium befällt unreife Darmzellen und führt zu einer Verdickung der Darmschleimhaut. Dadurch wird die Nährstoffaufnahme gestört. Besonders in der Mast treten häufig starke, übel riechende Durchfälle auf, die bis zum Tod der Tiere führen können. Zudem verursacht die Infektion erhebliche Wachstums- und Leistungseinbußen. Da sich die Erreger über den Kot infizierter Tiere verbreiten, ist eine Ansteckung im Stall nahezu unvermeidbar. Eine große Zahl der Schweine haltenden Betriebe ist davon betroffen. Infizierte Tiere scheiden große Mengen der Keime aus, die von anderen Tieren wieder aufgenommen werden. Dies begünstigt zusätzlich eine schnelle Ausbreitung. Damit zählt die Bekämpfung von Lawsonien-Infektionen zu den größten Herausforderungen der Schweinehaltung. Tabeling betonte, dass man mit dem Bakterium leben und den Umgang damit optimieren müsse. Eine wirksame Möglichkeit biete die prophylaktische Impfung, entweder bereits im Ferkelalter oder später als Mastschwein mittels oraler Gabe oder intramuskulärer Injektion. Studien und Praxiserfahrungen zeigten, dass die Impfungen die Darmgesundheit deutlich verbessern könnten. Dadurch stiegen Mastleistung und Futterverwertung, während Tierverluste und Futterkosten sänken. Auch der Medikamenteneinsatz und vorzeitige Verkäufe ließen sich verringern. Rund 90 % der in einer Studie erfassten geimpften Tiere wiesen keine Schwanzverletzungen mehr auf. Damit bestätigt sich laut Tabeling, dass ein gesunder Darm auch zu einem intakten Schwanz beitrage.

Schwanzbeißen – ein Gesundheitsproblem

Prof. Irena Czycholl, Universität Kopenhagen, stellte aktuelle Forschungsergebnisse zum Zusammenhang zwischen Magen-Darm-Gesundheit und Schwanzbeißen bei Schweinen vor. Schwanzbeißen ist eine schwerwiegende Verhaltensstörung und gilt nach wie vor als große Herausforderung in der Schweinehaltung. Zunächst müsse man das Normalverhalten von Schweinen betrachten, so Czycholl. Wilde Tiere verbringen viel Zeit mit der Futtersuche und der Erkundung der Umgebung, sind dadurch viel aktiver – ein Verhalten, das in der intensiven Haltung eingeschränkt ist. Sie berichtete, dass bei Wildschweinen im Rahmen einer Untersuchung weder Anzeichen für Schwanzbeißen noch Nekrosen festgestellt worden seien, und leitete daraus ab, dass dieses Verhalten in der Natur nicht normal sei beziehungsweise so nicht vorkomme. Ein möglicher Grund könnte das sanftere allmähliche Absetzen der Frischlinge sein. Im Hausschweinebereich hingegen werden Ferkel abrupt abgesetzt und müssen gleichzeitig mit einer neuen Haltungsumgebung und einer Futterumstellung zurechtkommen.

Die ­Wissenschaftlerin zeigte die mindestens vier verschiedenen Formen des Schwanzbeißens auf. In einer klinischen Untersuchung untersuchte sie das zwanghafte obsessive Schwanzbeißen. Diese Form betrifft Einzeltiere, die einen krankhaften Beißzwang aufweisen und auf die Schwänze ihrer Buchtengenossen fokussiert sind. Dabei beißen die sogenannten Tätertiere relativ kurz und heftig zu. Die Tätertiere waren häufiger leichter, hatten überlange Borsten und auffällige Magenveränderungen. Zudem wiesen sie niedrigere Protein-, Phosphor- und Magnesiumgehalte im Blut auf als die Kontrolltiere oder Wildschweine. Eine weitere wichtige Form sind nekrotische Veränderungen, die sich nicht nur am Schwanz, sondern ebenso an Ohrrändern, in Form von Ödemen im Gesicht oder als gerötete Schwellungen an Gesäuge und Nabel zeigen können. Mögliche Ursachen liegen in Mykotoxinen und bakteriellen Belastungen im Futter. Czycholl erklärte, dass in der Praxis meist Mischformen des Schwanzbeißens aufträten. Klar sei jedoch, dass ein klarer Zusammenhang zwischen Magen-Darm-Gesundheit und dem Schwanzbeißen bestehe. 

Fazit

Die gesamte Seminarreihe „Magen-Darm-Gesundheit beim Schwein“ mit insgesamt fünf Veranstaltungen bot eine wertvolle Gelegenheit für Fachleute, sich über aktuelle Themen und Herausforderungen in der Schweinehaltung zu informieren und auszutauschen. Die Referenten brachten sowohl praktische als auch wissenschaftliche Perspektiven ein. Dabei wurde deutlich, dass ein gesunder Darm maßgeblich dazu beiträgt, Verhaltensstörungen zu vermeiden und das Tierwohl in der Schweinehaltung zu verbessern. Ein Seminarangebot zur Magen-Darm-Gesundheit soll für interessierte Landwirtinnen und Landwirte folgen.

Flotte Gebote und positives Marktsignal

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Die Stimmung bei Beschickern und Kaufinteressenten war positiv, die Witterungsbedingungen für die Ausrichtung der Veranstaltung waren günstig. Das Auftriebskontingent bot ein breit gefächertes Angebot qualitativ hochwertiger Zuchttiere für die Bestandsergänzung. Daher war es kein Wunder, dass der Markt zu ansprechenden Preisen komplett geräumt wurde.

Das Bullenangebot fiel von der Anzahl her knapper aus, umso mehr muss aber die hohe Qualität der angebotenen Vatertiere hervorgehoben werden.

Starke Nachfrage bei Bullen und Färsen

Detlev Bähnke, Schashagen, erzielte mit 3.800 € Zuschlagpreis für den dunkel gezeichneten und gut bemuskelten heterozygot hornlosen rotbunten Bullen „Darius P“, einen Sohn von „Sirius P“, den höchsten Preis bei den angebotenen Bullen. Für den „Ranking P“-Sohn, Halbbruder des jungen RSH-Vererbers „Fastrun P“, von Lars Frohbös, Goosefeld, ebenfalls hornlos und Klasse-II-gekört, fiel bei 3.400 € der Hammer. Die beiden sehr gut herausgebrachten und rahmigen schwarzbunten Bullen aus der Zucht der Broosch GbR, Techau, wurden für jeweils 2.600 € zugeschlagen.

Der Verkauf der abgekalbten Färsen verlief aufgrund starker Nachfrage mit flotten Geboten ausgesprochen zügig. In der gegenwärtigen Marktsituation übersteigt nach wie vor die Nachfrage nach exterieur- und leistungsstarken Färsen das Angebot.

Den Tageshöchstpreis erzielte die überaus harmonische „EBH Country“, eine „Sussex“-Tochter aus hochleistendem Kuhstamm mit besten Inhaltsstoffen, angeboten und gezogen von der Engelbrecht GbR, Bokholt-Hanredder. Sie wurde von Auktionator Claus-Peter Tordsen für 4.000 € zugeschlagen. Elisabeth Weilandt, Presen auf Fehmarn, war mit 3.900 € kaum minder erfolgreich für eine Tochter des RSH-Topsellers „Freezer“, die sich mit einem überragenden Euter präsentierte und eine Mutterleistung von über 15.000 kg vorweisen konnte. Der Durchschnittspreis der schwarzbunten Färsen betrug 2.992 €.

Gleich vier rotbunte Färsen wechselten den Besitzer für 3.000 €, alle mit sehr hohen Einsatzleistungen, davon allein drei aus der Zuchtstätte Lars Frohbös und eine von der Rinderzucht Kaack GbR, Mözen.

Bei dem Angler-Kontingent war Christina-Johanna Paulsen-Schlüter, Tolk, mit der leistungsbereiten, körper- und fundamentstarken „Ar­thuro“-Färse „Cremona“ am erfolgreichsten, die sich ein Käufer für 3.100 € sicherte. Der Durchschnittspreis der Angler Färsen lag bei 2.900 €. Eine ansprechende Kreuzungsfärse von Bernd Rüting, Süsel, wurde für 3.000 € zugeschlagen.

Stabile Marktbedingungen

Die aktuellen Rahmenbedingungen für die Zuchtviehvermarktung werden als stabil eingeschätzt. Die Käufer bieten qualitätsorientiert, klare Vorteile haben körper- und fundamentstarke Tiere mit sehr festen Eutern und entsprechender Leistungsbereitschaft. Hier bietet der Zukauf über die Auktion deutliche Vorteile aufgrund der besseren Vergleichsmöglichkeiten und auch aufgrund des breiten Angebotes an GVO-freien Färsen. Kaufinteressenten, die sich einen Auktionstermin terminlich nicht einrichten können, nutzen zunehmend die Möglichkeit, Tiere im Kaufauftrag ersteigern zu lassen. Die Mitarbeiter der RSH eG führen diesen gern aus.

Die nächste Auktion der RSH eG findet am 16. Oktober im Vermarktungszentrum der RSH eG in Dätgen (direkt an der Autobahnabfahrt Bordesholm gelegen) statt. Angeboten werden Tiere, die ausschließlich aus BHV1- und BVD/MD-freien Betrieben stammen. Die RSH eG hofft auf zahlreiche Anmeldungen.

Aktuelle Situation der Schilf-Glasflügelzikade

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In diesem Jahr wurde von Mai bis Ende August in Schleswig-Holstein ein Monitoring zum Auftreten der Schilf-Glasflügelzikade (Pentastiridius leporinus) in Zuckerrüben, Kartoffeln und im Gemüseanbau durchgeführt, um feststellen zu können, ob sie auch schon hierzulande auftritt.

Das Monitoring zur Flugaktivität der ­Schilf-Glasflügelzikade (SGFZ) wurde durch den Pflanzenschutzdienst bei der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (LKSH) wöchentlich mit Klebetafeln durchgeführt. In der phytopathologischen Diagnostik in Kiel wurden die Insekten auf den Klebetafeln mithilfe eines Binokulars genau betrachtet und auf das Vorkommen der SGFZ überprüft. Es wurde an keinem Standort die Schilf-Glasflügelzikade gefunden, womit Schleswig-Holstein noch befallsfrei ist. Ganz anders sieht es jedoch in den anderen Bundesländern aus. In diesem Jahr wurde auch die öffentliche Darstellung des bundesweiten Monitorings online auf www.isip.de gestartet, sodass die Situationen in den anderen Bundesländern für alle ersichtlich wurde. Die Monitoring-Ergebnisse sind hier unter https://www.isip.de/isip/schilf-glasfluegelzikade zu sehen.

Vorkommen der Schilf-Glasflügelzikade

Der Klimawandel mit steigenden Temperaturen und Hitzeperioden mit Wassermangel fördert die Ausbreitung weiterer Schädlinge wie der SGFZ. Milde Winter begünstigen die Vermehrung über die Wintermonate. Die SGFZ gehört zur Gattung der Spitzkopfzikaden (Fulgoromorpha) und zählt zu den phloemsaugenden Insekten. Sie ist in Europa heimisch, kommt aber auch bis Asien und Afrika vor. Ursprünglich war sie an moorigen oder salzigen Standorten verbreitet. In Europa sollen fast 150 Arten, in Deutschland etwa 20 Arten vertreten sein. Die ersten Schäden durch die SGFZ wurden 1991 in Frankreich beobachtet, was in bestimmten Regionen zur Aufgabe des Zuckerrübenanbaus führte. Die wärmeliebende SGFZ breitet sich immer rasanter auch in Deutschland aus. Diese Zikade hat ihr bisher bevorzugtes Habitat, die Schilfflächen, verlassen und zuerst seit 2008 die Zuckerrüben als neue Wirtspflanze in Südbaden befallen. Seit dem Jahr 2022 tritt sie auch in Kartoffeln und seit 2024 im Gemüseanbau (zum Beispiel in Möhren und Roter Bete) auf. Durch ihre hohe Anpassungsfähigkeit, sich über verschiedene Wirtskulturen zu vermehren, hat sich die Zikade mittlerweile in bestimmten Regionen als Schadorganismus fest etabliert. Sie bedroht mit zwei bakteriellen Krankheiten zunehmend den Kartoffel- und Zuckerrüben-, aber auch den Gemüseanbau. Besonders betroffen sind südliche und südöstliche Anbaugebiete in Deutschland. Die SGFZ wandert nach bisheriger Erfahrung jährlich zirka 20 bis 30 km voran. Mit Stand Ende 2024 waren in Deutschland 85.000 ha Zuckerrüben und 22.000 ha Kartoffeln mit den bakteriellen Erregern infiziert.

In den beiden benachbarten Bundesländern Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern tritt die SGFZ bereits auf, aber das Auftreten scheint in beiden Bundesländern bislang stark regional begrenzt zu sein. In Niedersachsen wurden die nördlichsten Fänge, aber in sehr geringer Anzahl, im Raum Wolfsburg gemacht. In Mecklenburg-Vorpommern ist der Nachweis bisher auf die Region um Neubrandenburg beschränkt. Eine weitere Ausbreitung, auch nach Schleswig-Holstein, ist aber irgendwann nicht auszuschließen, denn jährlich breitet sich das Vorkommen nord- und ostwärts weiter aus. In Schleswig-Holstein wurden im Jahr 2025 laut dem Statistischem Amt (statistik-nord) 9.100 ha Zuckerrüben und 7.600 ha Kartoffeln angebaut, wobei etwa die Hälfte der Kartoffeln Pflanzgutvermehrungsflächen sind (Quelle: Anerkennungsstelle für Saat- und Pflanzgut, LKSH.). Weiter werden etwa 7.500 ha Gemüse, davon mehr als 1.000 ha Möhren und Karotten angebaut. Die Untersuchung auf die bakteriellen Erreger würde in der phytopathologischen Diagnostik in Kiel mittels PCR beziehungsweise qPCR erfolgen.

Lebenszyklus und Symptomatik

Die SGFZ fliegt ab Mai in die Bestände ein und saugt an den Pflanzen, wodurch die zwei bakteriellen Krankheitserreger übertragen werden können. Nicht infizierte Zikaden können aber aus bereits infizierten Pflanzen die Bakterien aufnehmen und dann wieder weiterverbreiten. Aus den in den Boden abgelegten Eiern entwickeln sich dann Nymphen. Eine Nymphe durchläuft fünf Stadien. Sie ernährt sich zunächst an den Pflanzenwurzeln wie Rübenkörpern und Kartoffelknollen bis zur Ernte, wodurch sie dort Schaden anrichtet. Die Nymphe entwickelt sich nach der Ernte in der Winterkultur, oftmals Winterweizen, weiter. Sie ernährt sich an den Wurzeln des Getreides, wobei das Wintergetreide aber nicht unter den bakteriellen Krankheiten leidet. Die Nymphe überwintert dann im Boden und im folgenden Frühjahr fliegt sie als adulte SGFZ von den Altflächen in die nahe gelegenen Wirtspflanzenbestände von zum Beispiel Zuckerrüben oder Kartoffeln ein.

Klebetafel in einem regionalen Rübenbestand. Foto: Susanne Hagen

Infizierte SGFZ übertragen die bakteriellen Krankheitserreger Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus (Arsenophonus; Arseph; Syndrome Basses Richesses (SBR)) und Candidatus Phytoplasma solani (Phypso; Stolbur). Dies sind zellwandlose Bakterien. Eine infizierte SGFZ bleibt ihr Leben lang infiziert. Phypso hat eine weite Ausbreitung (in fast allen europäischen Ländern) und besitzt einen immensen Wirtskreis. Arseph ist weniger verbreitet (fünf Länder in Europa) und besitzt bis dato einen kleinen Wirtskreis. Arseph wird aber auch über die Eier an die Nachkommen (Nymphen) weitergegeben. Die SGFZ überträgt nicht nur die Vergilbungskrankheit Syndrome Basses Richesses in den Rüben, sondern führt in den Kartoffeln zur Bakteriellen Knollenwelke und im Gemüseanbau zur Bakteriellen Gemüse-Welke (BVW). Beide Erreger schädigen die Leitungsbahnen der Pflanzen und verursachen massive Ertragsverluste und Qualitätsprobleme. In den Rüben bilden sich lanzettförmige Herzblätter, ab August sind Gelbverfärbungen bis hin zu hängenden und welken Rübenblättern und verbräunte Leitbündel im Rübenkörper sichtbar. Kartoffeln und Zuckerrüben werden schrumpelig und gummiartig, denn das Phytoplasma entzieht den Rüben und Kartoffelknollen das Wasser. Damit werden Lagerfähigkeit und Verarbeitung erschwert und außerdem können die Zuckerrüben 30 bis 50 % Zuckergehalt verlieren. In Kartoffeln konnten die Bildung von Luftknollen oder eine verstärkte Geiztriebbildung, Vergilbungen von Trieben und Blättern oder Rotverfärbung der Blätter beobachtet werden. Befallene Kartoffeln weisen weniger Stärke, aber mehr Saccharose auf. In Speisekartoffeln kann dies sowohl die Konsistenz als auch den Geschmack negativ beeinflussen. Bei Pflanzkartoffeln herrscht eine Nulltoleranz gegenüber Stolbur, da die Kartoffeln dann nicht mehr vermarktungsfähig sind, denn dies könnte zu verminderter Keimfähigkeit beziehungsweise Fadenkeimigkeit der Knollen führen. Bei Möhren gehören Welkeerscheinungen, begleitet von roten und gelben Blattverfärbungen, zu den Hauptsymptomen. Die Möhre wird weich und auch gummiartig. Bei einem Befall in den genannten Kulturen und dadurch geschwächten Pflanzen wird der Schaden durch das Auftreten sekundärer Krankheitserreger dann außerdem weiter verstärkt. Die Folgen in diesen Kulturen sind nicht nur auf den Feldern spürbar, sondern entlang der gesamten Produktionskette: Ertrags- und Qualitätsverluste, höhere Aufbereitungs- und Verarbeitungskosten und eine zunehmend angespannte Versorgungslage bei Saat- und Pflanzgut. Hinzu kommt der erhöhte Aufwand für Monitoring, Beratung und Bekämpfung.

Geeignete Bekämpfungsmöglichkeiten

Eine vollständige Bekämpfung der SGFZ ist nicht möglich, auch gibt es keine festen Bekämpfungsschwellen; Ziel aller Maßnahmen ist die Reduktion der Schäden. Regionale Maßnahmenempfehlungen wurden im Mai 2025 als gemeinsame Stellungnahme der Pflanzenschutzdienste der Länder und des Julius-Kühn-Instituts (JKI) veröffentlicht. Die Ableitung geeigneter Maßnahmen erfolgte vorrangig auf Basis der regionalen Befallsausbreitung und der amtlichen Erregernachweise der Pflanzenschutzdienste der Länder. Vor diesem Hintergrund wurden die Anbaugebiete bundesweit in drei Befallsregionen eingeteilt. Diese Klassifizierung diente der abgestimmten Ableitung differenzierter Pflanzenschutzstrategien zum Schutz der Kulturen vor der SGFZ und den von ihr übertragenen Erregern. Die jeweiligen Regionen wurden genauer definiert und das jeweilige Vorgehen darin festgelegt. Zur Bekämpfung der SGFZ wurden in diesem Jahr für mehrere Insektizide eine Notfallzulassung erteilt. Diese gelten aber nur für Regionen mit einem hohen Befallsdruck und dürfen ausschließlich nach einem Warndienstaufruf der zuständigen Behörde eingesetzt werden.

Nach der Ernte der Rüben und Kartoffeln sollten Reste von den Flächen entfernt oder sehr gut zerkleinert werden, um die Nahrungsquelle für die Nymphen zu reduzieren. Außerdem sollte eine konsequent tiefe Bodenbearbeitung direkt nach der Ernte durchgeführt werden, da die Nymphen sich noch in den oberen Bodenschichten aufhalten, aber sehr mobil sind und bei niedrigeren Temperaturen 40 bis 50 cm tief in den Boden einwandern können. Zuvor können die Nymphen in ihrem Lebensraum gestört werden. Somit wird der Entwicklungszyklus unterbrochen.

Versuche in Süddeutschland zeigen, dass die wirksamste ackerbauliche Maßnahme die Anpassung der Fruchtfolge als wichtigster Baustein ist. Vor allem der Verzicht auf eine Winterkultur nach den Zuckerrüben oder Kartoffeln, vor allem Winterweizen, ist wichtig, da darin die Nymphen überleben können, ohne den Winterweizen selbst zu schädigen. Es wird empfohlen, eine Brache bis zum Frühjahr zu etablieren und dann Mais anzubauen, da dies die Vermehrung der Zikaden deutlich reduziert. Nur so kann den Zikaden und deren Nymphen als Folgegeneration die Nahrungsgrundlage entzogen werden, also eine weitere Populationsentwicklung verhindert werden. Unklar ist noch, ob es bestimmte Zwischenfrüchte gibt, die die Zikade zurückdrängen können, zum Beispiel Ölrettich und bestimmte Senfsorten. Auch wird aktuell noch beobachtet, welche Bodenarten eher befallsfördernd sind. Außerdem sind eine frühe Aussaat und Ernte zu empfehlen, denn zum Zeitpunkt des Zikadenflugs ist die Entwicklung der Bestände dann schon weit fortgeschritten, sodass die Infektionen den Ertrag und die Qualität weniger beeinträchtigen können. Durch den Anbau von toleranten Zuckerrübensorten kann der Zuckerertrag beim Befall mit Arseph abgesichert werden, aber gegen den Stolbur-Erreger gibt es kein Sortenspektrum. Die Anfälligkeit verschiedener Kartoffelsorten gegen die Bakterielle Kartoffelknollenwelke wird derzeit in verschiedenen Forschungsprojekten untersucht, um bald geeignete Sorten für den Anbau in Befallsregionen empfehlen zu können. Unabhängig davon eignen sich besonders Frühkartoffeln, da sie durch die frühere Ernte dem Zuflug der SGFZ und dem Infektionsdruck kürzer ausgesetzt sind. Im Gemüseanbau könnte man gegebenenfalls mit Kulturschutznetzen arbeiten, was großflächig aber schwer zu bewerkstelligen ist. Grundsätzlich ist auch eine gute Nährstoffversorgung der Bestände wichtig, denn dies macht die Pflanzen robuster gegenüber Krankheitserregern. Untersucht werden auch verschiedene Biostimulanzien und Repellentmittel. Erste Insektizidversuche wurden in den Befallsregionen in Süddeutschland durchgeführt, um effektive Strategien zur Bekämpfung der SGFZ zu entwickeln.

Fazit

Ziel muss es sein, die wirtschaftlichen Schäden durch die Schilf-Glasflügelzikade und die von ihr übertragenen Krankheitserreger in den Befallsregionen durch gezielte, regional angepasste Maßnahmen zu reduzieren und eine weitere Ausbreitung einzudämmen. Die bei uns in Schleswig-Holstein geringeren Durchschnittstemperaturen und windigen Verhältnisse lassen hoffen, dass sich die Ausbreitung der SGFZ noch hinauszögert. Der Pflanzenschutzdienst bei der LKSH wird auch in den kommenden Jahren das Monitoring fortsetzen und weiterhin dazu informieren.

Vier Tage, volle Halle, teure Schafe

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Durchschnittspreise von 1.000 € und ein fast geräumter Markt – so etwas sieht man nicht alle Tage. Vom 20. bis 23. August verwandelten sich die Husumer Messehallen erneut in das Zentrum der norddeutschen Schafzucht. Rund 530 Böcke und Schafe verschiedener Rassen standen im Katalog. Züchter, Käufer sowie Schaf-Fans aus ganz Deutschland verfolgten die Versteigerungen und Prämierungen.

Die Auktionen boten jedoch mehr als reines Kaufen und Verkaufen: Alte Bekannte trafen auf neue Gesichter, unterschiedliche Dialekte mischten sich, und selbst Besucher ohne direkten Bezug zur Schafhaltung spürten die besondere Atmosphäre in den Hallen. Begleitet von Presse, Funk und Fernsehen warteten die Auktionen mit hochwertigen Tieren, ereignisreichen Prämierungen und packenden Bietergefechten auf. Die Spannung war groß, besonders in Hinblick auf das vergangene Jahr, in dem die Blauzungenkrankheit erhebliche Verluste verursachte und die Zahl der zur Auktion aufgetriebenen Böcke durch den Generationenwechsel bei den Texelzüchtern rückläufig war. Es blieb abzuwarten, welche Böcke sich als Rassesieger oder Fleischsieger durchsetzen und wie sich die Preise entwickeln würden.

Auftakt mit Suffolk, Blaukopf und Swifter

Der Auftakt mit den Rassen Suffolk, Blaukopf und Swifter bot mit würdigen Siegern, hohen Geboten und spannenden Momenten im Auktionsring alles, was einen erfolgreichen ersten Auktionstag ausmacht. Von den 184 im Katalog verzeichneten Tieren wurden 22 nicht aufgetrieben.

Bei den Blauköpfen stellte allein Jens Kohrs aus Poppenbüll fünf Jährlingsböcke vor. Den Rassesieg sowie den WDL-Sieg (Wirtschaftsvereinigung Deutsches Lammfleisch) errang der Bock mit der Katalognummer (Kat.-Nr.) 3, der bei der anschließenden Versteigerung 950 € erzielte. Der teuerste Bock dieser Gruppe – ein 1D-prämierter Vertreter (Kat.-Nr. 5) – wechselte für 1.000 € den Besitzer und wird künftig in Niedersachsen zum Einsatz kommen. Alle Tiere dieser Rasse konnten im Schnitt für 730 € verkauft werden.

Auch bei den Swiftern war die Zahl der Tiere überschaubar. Arne Petersen trieb fünf Böcke auf, darunter den Rassesieger, einen Jährlingsbock mit der Kat.-Nr. 7, sowie den Reservesieger, einen Lammbock mit der Kat.-Nr. 10. Beide Tiere fanden jeweils für 650 € ein neues Zuhause.

Suffolk: Starke Konkurrenz, hohe Gebote

Die stärkste Rasse mit 152 Böcken und Schafen bildeten an diesem Tag die Suffolks. Die Prämierungskommission, bestehend aus Alf-Thomas Feddersen, Gernand von Massow und Hans Erhard Luhn, stand vor einer besonders anspruchsvollen Aufgabe, denn die hohe Qualität der Tiere machte die Entscheidung alles andere als einfach. Hinzu kam, dass sich sowohl die Jury als auch das Publikum zunächst an die neuen Prämierungsregeln gewöhnen mussten, bevor die Böcke bewertet und verglichen werden konnten. Nur Böcke mit einer Mindestbewertung von W/B/E 6/8/7 durften in den Prämierungsring. Zwar sorgten die Änderungen für Gespräche und erforderten ein Umdenken, doch die Größe der Bockgruppen blieb weitgehend unverändert. Auch im Katalog fielen die Neuerungen auf. Viele Käufer mussten sich mit der Zeichenerklärung vertraut machen, bevor sie ihre Auswahl treffen konnten.

Rassesieger und Reservesieger der Suffolk am ersten Auktionstag

Bei den Jährlingsböcken sicherte sich Kai Fischer aus Sommerland gleich zwei Titel, den Rassesieger (Kat.-Nr. 49) und den WDL-Sieger (Kat.-Nr. 64). Beide Tiere waren auch bei den Käufern sehr beliebt und wurden bei 1.550 € beziehungsweise 2.000 € zugeschlagen.

Den Höchstpreis des Tages erzielte jedoch der Reservesieger (Kat.-Nr. 106), ein besonders langer und kräftiger Lammbock von Lennart Hochheim, bei dem sich die Gebote bis auf 2.100 € hochschraubten.

Bei der Verleihung der Ehrenpreise wurde der Landesverbandsvorsitzende Karl-Henning Hinz tatkräftig von der Nordfriesischen Lammkönigin Emma Ingwersen unterstützt. Die feierliche Eröffnung der Auktion übernahm der Kreispräsident Nordfrieslands, Frank Zahel. Auktionator Alf-Thomas Feddersen führte routiniert durch die Auktion, sodass am Ende 156 Tiere auf die Reise geschickt werden konnten. Ein Durchschnittspreis von 716 € und strahlende Züchter beendeten den ersten Tag.

Tag der bunten Rassevielfalt

Am zweiten Tag wurde es in der grauen Stadt am Meer ganz schön bunt. 139 Tiere aus elf Rassen forderte die Jury, Hans Michow Schröder, Hardy Marienfeld und Karl-Henning Hinz, die gut zu tun hatte, die Besten aus der Vielzahl der Tiere herauszufiltern.

Bei den 68 aufgetriebenen Weißköpfen fanden sich alle Siegertiere in den Jährlingsbockgruppen. Der Reservesieger (Kat.-Nr. 19) aus der Zucht von Hauke Reimers erzielte 900 €. Die Zuchtstätte Niss-Bernhardt Stien aus Westerhever stellte zwei Highlights. Die Kat.-Nr. 9 holte den Rassetitel und wechselte für 1.050 € den Besitzer. Kat.-Nr. 4, ein stattlicher 142-kg-Bock, wurde zum WDL-Sieger gekürt und ging für 2.500 € an den Höchstbietenden. Dieses Trio verschaffte den Weißköpfen Aufmerksamkeit, auch wenn die Gesamtbilanz etwas durchwachsen war. Bei den Schwarzköpfen sorgten vier Jährlingsböcke aus der Zucht von Michael Dohrn für Aufsehen – keine Selbstverständlichkeit, denn Schleswig-Holstein gilt nicht als typisches Zuchtgebiet. Umso bemerkenswerter war der Rassesieger und Fleischsieger (Kat.-Nr. 81), der für 1.400 € nach Hessen ging.

Die Charollais-Züchter trieben imposante Tiere auf, die sowohl optisch als auch preislich für Furore sorgten. Alle 38 Charollais stießen auf große Nachfrage und wurden zu einem Durchschnittspreis von 1.017 € verkauft. Der Rassesieger (Kat.-Nr. 84), ein Jährlingsbock von Jörg Langhein, fand für 1.500 € einen neuen Besitzer in Baden-Württemberg. Der Reservesieger (Kat.-Nr. 110), ein Lammbock aus der Zucht von Andreas Pirdzuhn, kam für 1.000 € unter den Hammer. Spitzenreiter jedoch war der 2023 geborene Bock (Kat.-Nr. 82) aus der Zucht von Lisa Marie Mittelfeld, vorgestellt von Andreas Pirdzuhn, der als WDL-Fleischsieger nun Bayerisch lernen muss. Mit 2.550 € war er der teuerste Bock des Tages und der gesamten Auktion. Mit diesen Ergebnissen setzten die Charollais ein deutliches Ausrufezeichen, was den Züchtern am Abend sicherlich Anlass zum Feiern gab. Ebenfalls einen Grund zu feiern hatte Jens Heidmann, der seine beiden Berrichon-du-Cher-Böcke gut verkaufen konnte. Rassesieger wurde ein Lammbock (Kat.-Nr. 121), der für 700 € einen Käufer fand. Der Border-Leicester-Bock von Jürgen Schlüter sorgte mit seinem ungewöhnlichen Aussehen wieder für Aufsehen und wurde für 500 € zugeschlagen.

Enttäuschend verlief der Tag für die Dorper. Philip Carstensen hatte sieben Lammböcke aufgetrieben, von denen nur einer für 350 € einen Käufer fand. Die Zwartbles dagegen konnten punkten. Jennifer Haalck stellte fünf Tiere vor, von denen der Rassesieger, der einjährige Bock mit Kat.-Nr. 131, für 500 € zugeschlagen wurde. Der Reservesieger, ein Lammbock (Kat.-Nr. 132), soll seiner neuen Besitzerin viel Erfolg in der Zucht bringen.

Ergebnisse der Landschafrassen

Auch die Landschafe brauchten sich nicht zu verstecken. Bei den Bentheimer Landschafen wechselten alle drei vorgestellten Tiere den Besitzer. Der Altbock (Kat.-Nr. 137) aus der Zucht von Andrea Michelson wurde Rassesieger, während der teuerste Jährlingsbock (Kat.-Nr. 138) mit 450 € aus der Zucht von Hauke Reimers stammt und künftig in Wipperfürth zum Einsatz kommt.

Starke Konkurrenz gab es bei den Coburger Fuchsschafen. Drei Züchter brachten sieben Tiere in den Ring. Den Sieg holte sich der Altbock (Kat.-Nr. 139) von Alexandra Zuchovskis, knapp vor dem einjährigen Bock (Kat.-Nr. 148) aus der Zucht von Pepe Fritz Petersen. Den höchsten Verkaufspreis erzielte der Jährlingsbock (Kat.-Nr. 140) aus der Zucht von Frauke Wechselberg mit 450 €, der zuvor mit einem 1B-Preis ausgezeichnet wurde. Bis auf einen Lammbock wurden alle Tiere verkauft, der Mittelwert betrug 383 €.

Die drei Jährlingsböcke der Rasse Scottish Blackface von Johanna Bergeest wussten ebenfalls zu gefallen, allen voran der Rassesieger (Kat.-Nr. 153), der für 350 € zugeschlagen wurde und künftig in Cuxhaven steht. Der Skuddenbock aus der Zucht von Heide Voeltz und Norbert Westphal fand leider keinen Käufer, durfte aber immerhin einen Ausflug an die Westküste genießen.

Obwohl der Tag bei den Weißköpfen mit Höhen und Tiefen verbunden war, überwog am Ende die Zufriedenheit. Insgesamt wechselten 116 Tiere den Besitzer, im Mittel erzielten sie 705 € über alle Rassen hinweg, ein starkes Ergebnis für diesen Tag voller Vielfalt.

Erster Texel-Tag: Klein, aber oho

Der dritte Tag der Husumer Bockauktionen stand ganz im Zeichen der Texel. Seit die Rasse Ende der 1960er Jahre in Deutschland eingeführt wurde, hat sie sich zur größten Rasse in Schleswig-Holstein entwickelt und ist aus vielen Schäfereien nicht mehr wegzudenken.

In diesem Jahr jedoch zeigte sich ein wachsendes Problem. Altgediente Züchter hören auf, und der Nachwuchs ist nicht in ausreichender Zahl vorhanden. Deshalb standen am ersten Texel-Tag nur 73 Tiere aus Dithmarschen, Rendsburg-Eckernförde, Husum und Südtondern im Katalog. Als erste Konsequenz werden daher die Texeltage ab 2026 zusammengelegt.

Die erfolgreichsten Texel-Böcke und ihre Züchter am ersten Texel-Tag

Unter dem Motto „Klein, aber fein“ wurden die Böcke auf höchstem Niveau vorgestellt, sodass die Prämierungskommission, Martin Luhn, Simon Lossau und Jörg Langhein, sich beeindruckt zeigte und große Freude beim Richten hatte.

Die Ergebnisse ließen die Nachwuchssorgen etwas abklingen, denn der „Jungzüchter“ Oke Bährs trat mit einer sehr guten Kollektion von Böcken an und sicherte sich mit dem älteren Lammbock (Kat.-Nr. 36) den Rassesieg. Der Preis von 1.250 € war schon toll für den Züchter, aber für seinen 1B-prämierten Bock (Kat.-Nr. 44) erhielt er den Spitzenpreis des Tages von 1.750 €. Diese Preise sind nicht nur Anerkennung, sondern hoffentlich auch Anreiz für andere Nachwuchszüchter.

Zum Reservesieger machte die Kommission den korrekt gebauten Jährlingsbock (Kat.-Nr. 6) aus der Zucht von Niels Löbkens, der für 1.150 € verkauft wurde und dem Käufer sicherlich wertvolle Dienste leisten wird. Der WDL-Sieger, ein Jährlingsbock (Kat.-Nr. 8) aus der Zucht der Gebrüder Hinz, überzeugte ebenfalls. Ein kleiner Schönheitsmakel – ein schwarzer Fleck – verhinderte die Zuchtzulassung, doch für den Käufer aus Brambach spielte dies keine Rolle, 1.150 € waren ihm der Bock allemal wert.

Die Auktion übertraf schließlich alle Erwartungen: Kein Bock blieb zurück, und der Durchschnittspreis von 953 € verdeutlicht die Spitzenklasse der Tiere sowie die anhaltende Nachfrage nach Texeln. Auktionator Alf-Thomas Feddersen kam dabei ordentlich ins Schwitzen. Nicht nur die hohen Preise, sondern auch die vielen Gebote forderten ihren Tribut, und seine Stimme war gegen Ende des Tages hörbar angeschlagen. Ein erfolgreicher Tag, der den Züchtern Zuversicht für die Zukunft der Texelzucht in Schleswig-Holstein gibt.

Zweiter Texel-Tag: Hochspannung zum Finale

Zum großen Finale der Husumer Bockauktionen standen die Texel aus Eiderstedt und dem übrigen Schleswig-Holstein im Rampenlicht. Von 116 im Katalog geführten Tieren, wurden 109 aufgetrieben. Für die Prämierungskommission, Ingo Penn, Angelus Brandt und Gernand von Massow, war die Auswahl der Sieger keine einfache Aufgabe, da sich die Böcke in Bestform zeigten. Dabei gelang der Zucht Martin und Hans-Erhard Luhn ein seltenes Kunststück, denn sie erhielt sowohl die Auszeichnung für den Rasse- als auch den Reservesieger.

Den Rassesieg sicherte sich der Lammbock mit Kat.-Nr. 76, der sich vor seinem älteren Stallkollegen, dem Jährlingsbock mit Kat.-Nr. 13, durchsetzte. Zum Fleischsieger wählte Carl Olchewski, Schlachterei Burmeister, als Vertreter für die WDL den Bock (Kat.-Nr. 49) aus der Zucht von Kai Fischer. Alle drei Böcke zeigten die typischen Merkmale der Texel und überzeugten so Jury und Käufer gleichermaßen. Der Rassesieger wechselte für 1.350 € den Besitzer, der WDL-Sieger erzielte 1.300 €, der Reservesieger holte mit 2.250 € den höchsten Tagespreis. Die Gebote flogen nur so durch die Halle, sodass am Ende des Tages alle aufgetriebenen Tiere einen Käufer für durchschnittlich 931 € fanden.

Hochwertige Sieger der Texel im Husumer Finale

Qualität, Vielfalt und Treffpunkt der Branche

Vier Tage lang verwandelten sich die Husumer Messehallen in die Bühne der norddeutschen Schafzucht. Von den ursprünglich 527 im Katalog aufgeführten Tieren wurden 56 nicht aufgetrieben, sodass insgesamt 471 Böcke und Schafe unter den Hammer kamen. Verkauft wurden 442 Tiere – ein beachtliches Ergebnis, das die hohe Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Tieren unterstreicht. Der Durchschnittspreis lag bei 799 €, während der teuerste Bock, ein Charollais, mit 2.550 € einen klaren Höhepunkt setzte.

Bei den Preisverleihungen gab es große Anerkennung für die Züchter. Die Rassesieger erhielten Ehrenpreise des Ministeriums für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz des Landes Schleswig-Holstein sowie Medaillen und Kammerplaketten der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Die Reservesieger wurden mit einem Glaspokal des Landesverbandes geehrt. Die Züchter der Fleischsieger erhielten eine Urkunde der Wirtschaftsvereinigung Deutsches Lammfleisch (WDL) und die Käufer dieser Tiere durften sich über Ankaufsgutscheine über 100 € freuen.

Die Husumer Bockauktionen bleiben ein unverzichtbares Highlight für Züchter und Käufer. Sie bietet Züchtern die Möglichkeit, ihre besten Tiere zu präsentieren, und Käufern, geprüfte und leistungsstarke Böcke zu erwerben. Für die Zukunft wird es wichtig sein, eine ausgewogene Auswahl zu bieten, sowohl teure Spitzenböcke als auch Tiere, die für kleinere Bestände erschwinglich sind. Nur so bleibt der Markt für alle Teilnehmer attraktiv.

Weizen: Talfahrt ohne Ende?

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Wer noch vor einigen Wochen glaubte, die Weizenpreise hätten ihren Tiefpunkt erreicht, wurde inzwischen schon fast von Woche zu Woche eines Besseren belehrt. Die Erntemeldungen, die jetzt nach der hiesigen Weizenernte in regelmäßigen Abständen eintrudeln, überbieten sich laufend in Bezug auf die Erträge. Die europäische Crop-Monitoring-Agentur Mars beziffert die europäische Weizenernte inzwischen auf 132,6 Mio. t und hat damit weitere 4,5 Mio. t auf ihre vorangegangene Schätzung aufgeschlagen. Wäre dies nun ausschließlich in der EU der Fall, wäre das kein Problem. Aber so wie der Mars-Report sehen alle Berichte und Reports aus sämtlichen Weizen-Exportregionen der Welt aus. So ist das US-Landwirtschaftsministerium inzwischen bei einer US-Weizenerntemenge von umgerechnet 57 Mio. t, das sind 1,5 Mio. t mehr als im vorangegangenen Bericht. In Russland geht das Landwirtschaftsministerium letztendlich nun doch von 90 Mio. t aus. Das Ganze lässt sich dann auch auf Argentinien, Australien und Kanada übertragen. Die globale Weizenproduktion erreicht damit einen neuen Rekordwert von gut 816 Mio. t. So können sich auch die seit Jahren sinkenden globalen Endbestände wieder auf geschätzte 264 Mio. t erholen. Damit wurde dann auch das letzte Argument für langfristig steigende Weizenpreise vom Tisch gefegt. Und wer jetzt glaubt, diese Berichte über die abgelaufene Ernte dürften allmählich an Einfluss verlieren, dem sei die Prognose des ukrainischen Wirtschaftsministeriums über die dortigen Anbauflächen für die Weizenernte 2026 ans Herz gelegt. Diese lobt nämlich eine Steigerung von satten 9 % gegenüber dem Vorjahr aus.

Nachfrage zieht an

Nun stößt dieses extrem niedrige Preisniveau bei den Weizenimporteuren auf reges Interesse. So sind verschiedene Importeure wie Algerien, Jordanien, Südkorea und Marokko, also auch klassische Kunden für europäischen Weizen, wieder mit Ausschreibungen auf dem Weizenmarkt aktiv. Zwar wäre der europäische Weizen auf dem aktuellen Preisniveau durchaus konkurrenzfähig, wenn da nicht der aktuell sehr starke Euro wäre, der den hiesigen Exporteuren das Leben schwer macht, da er Exporte aus der EU deutlich verteuert. So ist es relativ wahrscheinlich, dass bei den aktuellen Ausschreibungen andere Exportregionen zum Zuge kommen werden. Es lässt sich bereits eine Nachfrageverschiebung von Weizen aus der Schwarzmeerregion hin zu US-Weizen feststellen.

Wenige Lichtblicke

Es ist jedoch nicht so, dass es überhaupt keine positiven und somit preisstützenden Meldungen gibt. Da wäre zum einen die Erhöhung der Exportsteuer in Russland. Die Regierung hat sie von Mitte dieser Woche an bis vorerst Mitte nächster Woche um umgerechnet 5,11 €/t angehoben. Zum anderen sind die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine auch vermehrt in der russischen Landwirtschaft zu spüren. Dort zeigt sich der Ausfall vieler russischer Raffinerien in deutlich gestiegenen Dieselpreisen beziehungsweise in deutlichen Engpässen in der Verfügbarkeit. Da sich das Aussaat-Zeitfenster dort langsam schließt, könnten viele Landwirte gezwungen sein, auf weniger ertragreichen Sommerweizen umzusteigen.

Dies bleiben allerdings nur kleine Lichtblicke. Die Großwetterlage sieht weiterhin düster aus und eine Erholung scheint vielen Analysten zufolge erst ab dem nächsten Frühjahr möglich.

Marktlage für die Woche vom 6. bis 12.10.25

Getreide: Der starke Euro bremste die Exportmöglichkeiten für europäischen Weizen im internationalen Handel. Andere Exportnationen kamen zum Zuge.

Raps: Die globalen Rapsmärkte standen weiterhin unter dem Einfluss einer sehr großen kanadischen Canola-Ernte, konnten sich jedoch im Wochenverlauf wieder etwas erholen.

Futtermittel: Rapsschrot befand sich weiterhin auf einem lukrativen Preisniveau, Sojaschrot blieb im Verhältnis dazu zu teuer. Mischfutter zeigte sich weiterhin stabil.

Kartoffeln: Das übermäßig große Angebot drückte nach wie vor auf die Erzeugerpreise. Der LEH gab die niedrigen Einkaufspreise nicht an die Kunden weiter.

Schlachtrinder: Jungbullen waren unverändert knapp, Kühe nahmen saisonbedingt mengenmäßig zu. Es wurde nicht mehr von einem knappen Angebot gesprochen, die Preise blieben aber unverändert.

Schlachtschweine/-sauen: Die Angebotsüberhänge verschärften sich weiter, es kam massiver Preisdruck auf. Der Fleischhandel zeigte sich weiterhin impulslos.

Ferkel: Durch den Angebotsdruck bei den Schlachtschweinen waren freie Ferkelpartien nur sehr schwer bis gar nicht zu platzieren.

Milch: Die Milchanlieferung war zwar wieder rückläufig, aber weiterhin weit über dem Vorjahresniveau bei gleichzeitig hohen Inhaltsstoffen. Dies belastete die einzelnen Teilmärkte erheblich.

Schlachtlämmer/-schafe: Besonders die sehr günstigen Importe belasteten den Schlachtlämmermarkt erheblich, sodass es weiterhin zu Überhängen kam. Die Preise blieben aber unverändert.

Markttendenz für die Woche vom 13. bis 19.10.25

Getreide: Die Erzeugerpreise tendieren weiter seitwärts. Eine Markterholung ist angesichts der weltweit hohen Erntemengen weiterhin nicht in Sicht.

Raps: Hohe Canola-Erntemengen aus Kanada und hohe Rapsölexporte aus Russland belasten die Ölsaatenmärkte. Sinkende Palm­ölbestände könnten aber für Entlastung sorgen.

Futtermittel: Die Nachfrage der Futtermischer nach Rapsschrot ist hoch, die Verfügbarkeit auf den vorderen Terminen nicht immer gegeben, dies könnte die Nachfrage beim Sojaschrot beleben.

Kartoffeln: Die Aussichten auf dem Kartoffelmarkt bleiben trübe, große Mengen gehen in alternative Verwertungen oder werden sogar auf den Äckern verbleiben.

Schlachtrinder: Das Angebot bei den weiblichen Kategorien wird noch weiter zunehmen, leichte Abschläge werden nicht mehr ausgeschlossen.

Schweine/-sauen: Durch chinesische Importzölle drängt dänisches Schweinefleisch auf den hiesigen Markt und verschärft die Marktlage noch weiter.

Ferkel: Durch die schwierigen Bedingungen auf dem Schlachtschweinemarkt wird auch bei den Ferkeln mit Abschlägen zu rechnen sein.

Milch: Bei Butter setzt eine Bodenbildung ein, Käse und Milchpulver tendieren weiterhin schwächer. Wenngleich die Abwärtskurve deutlich flacher verlaufen wird.

Schlachtlämmer/-schafe: Angebotsüberhänge bleiben weiterhin bestehen und drücken auf das Preisgebilde.

Neuer Imagefilm der Digitalen Patinnen

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Rund 20 Digitale Patinnen aus ganz Schleswig-Holstein trafen sich Ende September im KIN-Lebensmittelinstitut in Neumünster zum jährlichen Netzwerktreffen. Der Tag stand im Zeichen von Austausch, Weiterbildung und neuen Impulsen für die digitale Arbeit der LandFrauen.

Zum Auftakt wurde der neue Imagefilm der Digitalen Patinnen vorgestellt. Er entstand in Kooperation mit dem Breitband-Kompetenzzentrum (BKZ) Schleswig-Holstein e. V. und wurde durch das Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz (MLLEV) gefördert. Der Film zeigt eindrucksvoll, wie vielfältig das Engagement der Patinnen ist und welchen Beitrag sie für digitale Teilhabe leisten. Der Imagefilm wird künftig auf www.landfrauen-sh.de zu sehen sein.

LandFrauenvizepräsidentin Sylke Messer-Radtke, Staatssekretärin im MLLEV Anne Benett-Sturies und Johannes Lüneberg, Geschäftsführer des BKZ (v. li.) Foto: Meike von der Goltz

Impuls aus dem Ministerium

Im Anschluss richtete Anne Benett-Sturies, Staatssekretärin im MLLEV, ein Grußwort an die Teilnehmerinnen. Sie hob hervor, wie wertvoll die Arbeit der Digitalen Patinnen sei: „Die LandFrauen beschreiten mit dieser Qualifizierung neugierig neue Wege und bringen gerade die Generation 50plus dazu, mit der Digitalisierung zu gehen. Ich danke den Patinnen für ihren Einsatz und ihre Bereitschaft, ihr Wissen weiterzugeben.“ Das Projekt wächst stetig: Inzwischen wurden in 17 Kursen rund 150 Digitale Patinnen ausgebildet, die in ihren Regionen ihr Know-how weitertragen und den digitalen Wandel im Alltag vieler Menschen unterstützen.

Instagram im Fokus

Am Nachmittag stand ein praxisnaher Instagram-Workshop auf dem Programm. Jessica Jessen, Junge LandFrau aus Nordfriesland, vermittelte wertvolle Tipps und nannte wichtige Zahlen, Daten und Fakten rund um die Nutzung von Instagram. Besonders das Thema Datenschutz war ein wichtiger Bestandteil. Jessen machte deutlich, wie sich das Soziale Netzwerk verändert hat: „Instagram hatte früher eher eine Tagebuch-Funktion. Heute ist es eine wichtige Werbeplattform – auch für Vereine wie die LandFrauen.“ Dann folgten noch praktische Übungen – und die eine oder andere LandFrau ist nun um einen eigenen Instagram-Account reicher. 

Neben Fachimpulsen und jeder Menge neuem digitalen Wissen bot das Netzwerktreffen viel Raum für Austausch und Vernetzung. Damit setzen die Digitalen Patinnen ein starkes Zeichen für die digitale Teilhabe in Schleswig-Holstein. Die nächsten Qualifizierungen zur Digitalen Patin finden 2026 statt.

Jessica Jessen (M.) gibt den Digitalen Patinnen Hilfestellung bei der Bedienung von Instagram. Fotos: Meike von der Goltz Foto: Meike von der Goltz