Der 63. Trakehner Hengstmarkt begeisterte Gäste aus 17 Nationen für die edlen Pferde. Im Fokus stand die Vergabe der begehrten Körprädikate sowie die Auswahl des Siegerhengstes. Eichenkönig von Kentucky-Hofrath schaffte es an die Spitze eines überdurchschnittlichen Jahrgangs. Zwei Auktionen, der Freispringcup, das Dressurpferdechampionat und einiges mehr rundeten das Programm ab.
Traditioneller Auftakt jeder Körung ist die Vorstellung der Youngster auf dem Pflaster. Hier beurteilte die fünfköpfige Körkommission die Korrektheit des Gebäudes und auf der Trabstrecke die Bewegungsqualität der potenziellen Zuchthengste. Bei Dauerregen und spätherbstlichen Temperaturen zeigte sich auch die Wetterfestigkeit der Vierbeiner und ihrer Vorführer. Doch die 35 Junghengste absolvierten den ersten Programmpunkt der viertägigen Veranstaltung wacker und zur vollen Zufriedenheit der Kommission. „Für den Jahrgang waren diese Wetterverhältnisse mit Regen und Sturm erst mal unangenehm. Die Hengste zeigten sich trotzdem sehr gut und wir konnten bereits jetzt einige hochqualitative Körkandidaten sehen“, beurteilte Körkommissar August Camp.
Am Freitagmorgen ging es weiter mit dem Freispringen in den festlich geschmückten Holstenhallen. Die Hengste absolvierten die Springgasse souverän und mit Übersicht. Ein im Vergleich zu den Vorjahren leicht veränderter Aufbau ließ alle Anwärter ihren Rhythmus und die gewünschte Losgelassenheit finden. Nach der Vorstellung über den Stangen präsentierten sich die Hengste im Schritt an der Hand ihrer Ausbilder und überzeugten die Kommission mit gutem Interieur.
Das Freilaufen der Hengste am Sonnabend fand nach dem holländischen Modell statt. Dabei galt es für die Hengste, ihre Galoppade und ihr natürliches Gleichgewicht zu demonstrieren. Die Verkündung der Körurteile nach der Mittagspause wurde für alle Züchter und Hengsthalter zu einem spannenden Moment. Von den 35 vorgestellten Hengsten erhielten 13 ein positives Urteil. Sechs von ihnen wurden als Prämienhengste herausgestellt. Die Spannung stieg, welcher Hengst die schwarz-rot-goldene Schärpe tragen würde.
Siegerhengst wurde Eichenkönig von Kentucky-Hofrath. Zuchtleiter Neel-Heinrich Schoof fand nur lobende und bewundernde Worte: „Ein richtiger Siegerhengst und ein wahrer König. Er ist eine Erscheinung, ein Kraftpaket, ein bewegungsopulenter Sportler. Der Antritt ist immer dynamisch und wird vollendet durch einen taktbeflissenen, bewegungsstarken und durch Mechanik geprägten Ablauf über die Schulter.“ Schoof befand: „Dieser Hengst besitzt ein naturgegebenes Auftreten und eine Strahlkraft, der sich kein Betrachter entziehen kann.“
Reservesieger aus Schleswig-Holstein
Seine durchdachte Dressurgenetik macht den Hengst besonders spannend. Der Vater Kentucky war Siegerhengst der Körung 2009. Er ist inzwischen in Mexiko beheimatet und nur noch über Tiefgefriersperma in der Zucht einsetzbar. Der belgische Züchter Daniel de Charleroy belegte seine Prämienstute Elize von Hofrath-Schwadroneur mit dem Elitehengst und hat zu dem diesjährigen Siegerhengst noch einen Vollbruder.
Als vielversprechendes Hengstfohlen wuchs Eichenkönig im belgischen Herselt heran. Im vergangenen Sommer entdeckte ihn dort Philipp Klingbeil. Der Pferde- und Agrarwissenschaftler, der schon Assistent der sächsischen Gestütsverwaltung und kurze Zeit Zuchtleiter in Westfalen war, ist selbst Züchter sowie Hengst- und Stutenvorbereiter. Er war überzeugt von der Qualität des Junghengstes, doch Daniel de Charleroy wollte das Pferd nicht in die Vorbereitung geben. So gründete Klingbeil gemeinsam mit fünf Freunden die Besitzergemeinschaft Eichenkönig. Er selbst übernahm die Ausbildung des Hengstes, und das mit Erfolg. Nach Kissinger (2013) ist Eichenkönig der zweite Trakehner Siegerhengst aus seiner Körvorbereitung.
Natürlich präsentierte Klingbeil den Hengst auch selbst bei der Auktion. Strahlend und sehr entspannt zogen die beiden ihre Runden, während sich ein Bieterduell entfachte. Am Ende bekam das Gestüt Sprehe von Albert Sprehe bei 405.000 € den Zuschlag. Eichenkönig wird somit in dem renommierten Gestüt in niedersächsischen Löningen stehen, genau wie Havertz, der Siegerhengst des vergangenen Jahres, und der Prämienhengst Kenneth.
Letzterer ist ein Sohn des Millennium, genau wie Impact, Siegerhengst der Körung 2021, der jetzt mit seinem Debütjahrgang vertreten war. Sein Sohn Goldwert wurde als erster Reservesieger herausgestellt und als eine Jahrgangsspitze mit Kraft und moderner Bewegungsmechanik gefeiert. Er entstammt einem bewährten mütterlichen Stamm des namhaften Züchterhauses Langels vom Gestüt Schäplitz in Sachsen-Anhalt. Für 61.000 € wechselte er ins Rheinland.
Zweiter Reservesieger wurde ein wunderschöner Rapphengst namens Hannu Haakon von Scaglietti aus der Zucht des Trakehner Gestüts Staffelde in Brandenburg. Die Schleswig-Holsteinerin Nicole Derlin aus Travenbrück, Kreis Stormarn, hatte den Hengst als Auktionsfohlen entdeckt und durfte sich nicht nur über einen Spitzenhengst der Körung, sondern auch über den Auktionspreis von 66.000 € freuen. Vorgestellt wurde Hannu Haakon von Anna Wolf, die mit Familie Derlin scheinbar ein Dreamteam bildet. Im vergangenen Jahr präsentierte sie deren Siegerhengst Havertz.
Bewährte Mutterstämme bei der Auktion
Drei weitere Prämienhengste wechselten über die Auktion die Besitzer. Top Star, ein Sohn des S-Siegers Kwahu, stammt aus der erfolgreichen Zucht der Familie Gellhaar aus Hessen. Als Auktionsfohlen entdeckt, wurde er als Köranwärter von der Besitzergemeinschaft Top Star ausgestellt. Die Hengststation Van Uytert aus den Niederlanden sorgte mit dem Erwerb des Hengstes für eine Sensation und erhielt bei 175.000 € den Zuschlag.
Mit Lucero tanzte ein Sohn des Easy Game – Vater des erfolgreichsten Dressurpferdes der Welt, TSF Dalera BB – ins Prämienlot. Taktsicher, sportlich und souverän eroberte er in den Holstenhallen eine Fangemeinde und wechselte für 65.000 € nach Bayern. Der Hengst stammt aus der Zucht von Stephanie Petersen von der nordfriesischen Insel Sylt.
Ebenfalls ein Schleswig-Holsteiner ist der beste Springhengst und Publikumsliebling, der hellbraune Beeten von Allns, der mit den Hengsten Tecumseh, Cavallieri xx, Donaumonarch und Sir Shostakovich xx eine einzigartige, blutgeprägte Leistungsgenetik für Busch und Parcours zu bieten hat. Seine Züchterin, Katharina Wißwe aus Jersbek, Kreis Stormarn, stellte ihn aus. Zum Zuschlagspreis von 71.000 € ging er ins Landgestüt Warendorf.
Sieben weitere gekörte sowie 15 nicht gekörte Hengste kamen über die Auktion zur Versteigerung. Der Durchschnittspreis der gekörten Hengste betrug 80.308 €. Für die nicht gekörten Hengste wurde ein Durchschnittspreis von 13.733 € erzielt.
Bereits am Abend vor der Hengstauktion waren die Stuten und Reitpferde dran. „Die Auswahl an hochwertigen, aus bewährten Mutterstämmen stammenden Stuten wurde vom Markt ausgesprochen positiv aufgenommen“, fasste Vermarktungsleiter Richard Langels zusammen. „Wir freuen uns, diese aufstrebenden jungen Spitzenstuten in guten Händen zu wissen, und sind uns sicher, in der Zukunft noch viel von ihnen hören zu dürfen.“
Gefeierte Preisspitze war die Prämien- und Staatsprämienstute Luxus von Freiherr von Stein, die für 72.000 € nach Hamburg ging. Die vierjährige Stute ist unter anderem Mitglied der amtierenden Trakehner Bundessiegerfamilie. Mit 48.000 € erzielte die zweijährige Helium-Tochter Hemera, die in enger Verwandtschaft zu den Spitzenstuten Hermine, Salvana’s Helene und Salvana’s Helena steht, den zweithöchsten Preis der Stuten. Florence von Schäplitzer, diesjährige Siegerstute der zentralen Eintragung in Niedersachsen Nord-West, wechselte für 45.000 € nach Nordrhein-Westfalen.
Teuerstes Reitpferd war der dreijährige Prämienhengst Kiano, ein Sohn des Siegerhengstes Rheinglanz, den der Auktionator Hendrik Schulze-Rückamp für 45.000 € zuschlagen konnte. Das Nachwuchstalent geht nach Sachsen in die fördernden Hände einer aufstrebenden Juniorin.
Dressurpferde beweisen ihr Können
Schon am Donnerstagnachmittag fand der zehnte Trakehner Freispringcup statt. Zehn drei- und vierjährige Trakehner hatten sich im Vorfeld qualifiziert und gingen in Neumünster an den Start. Hier hieß es „Die Letzten werden die Ersten sein“, denn der letzte Starter trug am Ende mit den Tagesbestnoten den Sieg davon. Dakota Blue Eyes heißt der vierjährige Fuchswallach, dessen Vater Tecumseh sich schon vielfach in schweren Springprüfungen bewährt hat. Seine Mutter ist eine auf der Rennbahn erfolgreiche Vollblutstute. Züchter des Springtalents, das durch sein schneeweißes Gesicht mit blauen Augen auch optisch sofort auffällt, ist Johann Scharffetter aus Nordrhein-Westfalen. Besitzer des Siegers ist der Vielseitigkeitsenthusiast Hendrik Reinelt aus Nordrhein-Westfalen, der bereits diverse Pferde erfolgreich sportlich gefördert hat.
Am Freitag erlebten Fans des Dressursports eine exklusive Besetzung der Einlaufprüfung im TSF Dressurchampionat. Die besten sieben- bis zehnjährigen Trakehner Dressurpferde hatten sich bundesweit in schweren Prüfungen qualifiziert. Das Spitzenfeld trat im Finale am Sonnabend mit einer Kürvorstellung auf St. Georg-Niveau noch einmal an.
Am Ende belegte der Däne Anders Sjöbeck Hoeck mit zwei Hengsten die ersten Plätze. Der Schwarzgold-Sohn Hallifax Lyng aus einer Aston Martin-Mutter eroberte mit 44,35 Punkten die Spitze, gefolgt von Hymnus von Grimani-Kentucky. Platz drei gab es für Lydia Camp-Riebau mit Silverstone von Hopkins. Den von ihrem Vater August Camp gezogenen Wallach hat die junge Profireiterin aus Nordrhein-Westfalen von der Pike an selbst ausgebildet und gewann mit ihm bereits die Einlaufprüfung. pm




