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Bäume auch nach 140 Jahren noch vital

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Es war ein Glücksfall, dass die Provinzialregierung Schleswig-Holsteins den Forstmann Carl Emeis (1831-1911) mit der Waldbildung devastierter Heideböden beauftragte. Was das mit der interessanten Baumart der Weißtanne bei uns im Norden zu tun hat, im folgenden Artikel.

Der königlich preußische Ober­förster Emeis schied 1884 aus dem Staatsdienst aus und wurde Forstdirektor der Provinzialverwal­tung. Er sollte auf den mehr oder weniger baumlosen „Ödlandflächen“ im Nordwesten des Landes Eckpfeiler gegen die ständigen Sandstürme anlegen und den brachliegenden Heideflächen einen Holzertrag abringen.

Intensiv hatte er sich mit der Bedeutung der Humussäuren, der Auswaschung des Oberbodens und der Ortsteinbildung beschäftigt und dazu mehrere wissenschaftliche Arbeiten verfasst. Eine gründliche Bodenbearbeitung hatte daher für ihn oberste Priorität. So ließ er die teilweise mannshohe Heide auf den armen Sandstandorten mit dem Bodenauswurf der Gräben übererden und gleichzeitig den Ortstein auf Streifen durchbrechen (Rabattenkulturen). Außer der intensiven Bodenvorbereitung war die Baum­artenwahl für die ungeschützten Freiflächen eine besondere Herausforderung. Abgestimmt auf die jeweiligen Bodenverhältnisse entwickelte der Forstmann spezielle Pflanzmuster mit bis zu 15 verschiedenen Arten.

Auf die Mischung von Laub- und Nadelbaumarten legte er einen besonderen Wert. Als Schutzbaum­art ließ er die Bergkiefer mit einem Anteil von rund 30 % pflanzen, sie wurde gefolgt von der Rotfichte mit rund 28 ​%. Laubbäume (Buche, Eiche, Birke und Erle) wurden mit rund 15 % gesetzt. Die Weißtanne (Abies alba), die er aus der Heimat seiner Frau im Bayerischen Wald kannte, beteiligte er mit rund 18 %. Ganz sicher ein Wagnis, die Weißtanne weit entfernt von ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet auf den ungeschützten Freiflächen pflanzen zu lassen. Dass dieses Experiment ein solches Erfolgsmodell werden sollte, hat er damals vermutlich nicht ahnen können. Auch wenn die Stürme der 1960er Jahre viele Altbestände geworfen haben, hat sich die Weißtanne im Bestandesgefüge behauptet und sich zu der dominierenden Nadelbaumart entwickelt.

Stufige Mischbestände zu bestaunen

140-jährige Weißtannen mit einem Durchmesser in Brusthöhe von 70 bis 110 cm und Höhen um 30 m sowie einer Masse von 5 bis 8 fm. Zur Größenvorstellung hat sich der zwölfjährige Enkel des Autors, Rickert Lorenzen, danebengestellt. Fotos: Jürgen Lorenzen

Fast 3.000 ha Erstaufforstungen wurden in der Zeit von Carl Emeis im Nordwesten Schleswig-Holsteins begründet. Hieraus haben sich vielfach stufige Mischbestände entwickelt, die von Forstleuten und Waldbesitzern aus vielen Ländern immer wieder bestaunt wurden. Im Gegensatz zu den Rotfichten, die aus der ersten Waldgeneration nicht mehr vorhanden sind, überzeugen die nunmehr rund 140-jährigen Weißtannen durch Vitalität und Zuwachsfreude. Durchmesser in Brusthöhe von 70 bis 110 cm, Höhen um 30 m und eine Masse von 5 bis 8 fm sind keine Seltenheit. Die überwiegend als Saatgutbestände zugelassenen Tannen werden in der Regel jährlich beerntet und liefern zusätzlich natürliche Verjüngung.

Zweifelsohne dürfte das humide Klima im atlantischen Klimakeil mit vergleichsweise hohen Niederschlägen und einer hohen relativen Luftfeuchtigkeit das Wachstum der Tannen begünstigt haben. Dennoch gibt es in Schleswig-Holstein genügend Beispiele, dass die Weißtanne auch in anderen Wuchsgebieten unseres Landes die Mischbaumart der Zukunft unter den Nadelbäumen sein kann.

Die Weißtanne steht stabil

Mit ihrem ausgeprägten Pfahl- und Senkwurzelsystem ist die Weißtanne in der Lage, sich stabil im Boden zu verankern. Ihr Sturmrisiko ist fünfmal geringer als das der Rotfichte. Damit gilt sie als die sturmsicherste der wirtschaftlich bedeutenden Nadelbaumarten in Deutschland. Mit ihrem Wurzelsystem kann sie außerdem Wasservorräte bis zu einer Tiefe von 1,60 m erschließen. Die Trockenperioden der vergangenen Jahre hat sie deutlich besser überstanden als andere Baum­arten – Eigenschaften, die sie für einen klimastabilen Zukunftswald geradezu prädestinieren.

Kein Problem mit Rotfäule

Ohne Rotfäule kann in der Regel der ganze Stamm verwendet werden, und es tritt kein finanzieller Verlust durch das Entfernen wertvoller Stammwalzen auf.

Die Weißtanne liefert ein begehrtes, qualitativ hochwertiges Holz, das sich kaum von dem der Fichte unterscheidet. Durch den kalamitätsbedingten Rückgang der Rotfichte und die damit drohende Verknappung von Nadelweißholz (zurzeit rund 75 % der Wertschöpfung von Forst-und Holzwirtschaft basieren auf die Nutzung und Verarbeitung von Nadelholz) kann die ebenso leistungsstarke Weißtanne durchaus zu einer gewissen Entlastung auf den Holzmarkt beitragen.

Die an Weißtanne gebundene Insektenfauna ist im Vergleich zu anderen Baumarten relativ unproblematisch. Ein weiterer Vorteil von Weißtanne gegenüber der Fichte ist die nicht auftretende Rotfäule. Somit kann in der Regel der ganze Stamm verwendet werden, und der finanzielle Verlust durch das Entfernen wertvoller Stammwalzen wird vermieden.

Als ausgeprägte Schattenbaum­art kann sie im tiefen Schatten des Waldes keimen und als junger Baum viele Jahrzehnte ausharren. Wenn sich ein Lichtschacht öffnet, ist sie in der Lage, mit lang anhaltendem Wachstum zu reagieren. Daher ist sie eine ausgezeichnete Baumart für den Voranbau. In Verbindung mit Buchen und anderen Nadelbäumen liefert sie die Voraussetzung für stufig aufgebaute Mischbestände, die bestenfalls nach den Grundsätzen des Dauerwaldes mit unterschiedlichen Höhen, Durchmessern und Altern zu bewirtschaften sind.

Zuwendung in der „Jugendphase“ benötigt

Die überwiegend als Saatgutbestände zugelassenen Tannen werden normalerweise jedes Jahr beerntet und liefern zusätzlich natürliche Verjüngung.

Bei allen genannten Vorzügen ist die Weißtanne selbstverständlich kein Allheilmittel. Gerade in der „Kindheits- und Jugendphase“ benötigt sie eine besondere Zuwendung. Wer die nicht gewährleisten kann, sollte von dem Anbau der Weißtanne absehen. Ein entscheidend begrenzender Faktor sind überhöhte Schalenwildbestände. Junge Tannentriebe und -knospen sind aufgrund ihres hohen Nährstoffgehaltes und der leichten Verdaulichkeit für das Schalenwild eine unwiderstehliche Delikatesse. Im Übrigen ist das Gelingen der Emeis-Kulturen sicher auch dem Umstand zu verdanken, dass es um die Jahrhundertwende in den Aufforstungsgebieten kaum Schalenwild gab.

Des Weiteren reagiert die Weißtanne äußerst empfindlich auf Spätfröste. Ausgesprochene Spätfrostlagen sollten daher bei der Etablierung der Weißtanne gemieden werden. Auch verlangt die „Königin unter den Nadelbäumen“ ein spezielles Denken im forstlichen Handeln. Sie eignet sich nicht für Reinbestände und Kahlschlagwirtschaft mit kurzen Umtriebszeiten.

Die Arbeitsgemeinschaft naturgemäße Waldwirtschaft Deutschland e. V. (ANW) hat sich bereits seit 2017 mit einer „Weißtannenoffensive“ für eine bundesweite Etablierung der Weißtanne engagiert. Das Positionspapier der ANW zur Weißtanne sowie die Broschüre „Die Weißtanne – Anregungen für den Praktiker“ stehen online unter
https://anw-deutschland.de/eip/pages/weisstanne.php als Download zur Verfügung.

Im Jahre 2020 startete die ANW das Folgeprojekt „Weißtanne 2.0“. Unter anderem geht es in dieser Kampagne darum, denjenigen, die mit der Weißtanne wirtschaften und/oder diese etablieren wollen, auch vor Ort Hilfestellung zu leisten.

Unter https://anw-deutschland.de/eip/pages/regionale-ansprechpartner.php sind entsprechende Ansprechpartner zu finden. Im Süden des Landes freut sich Moritz Löffelmann (loeffelmann@kreis-rz.de) und im Norden der Verfasser über das Interesse an der Weißtanne.

Weiterhin erfolgte im Rahmen des Projektes Weißtanne 2.0 die Anlage von bundesweit 59 Dauerbeobachtungsflächen, auf denen Weißtannen aus regional bewährten Vorkommen (nach Herkunftsempfehlung) sowie eine rumänische Provenienz (Valcele Talisoara St Georg) eingebracht wurden, deren Wuchsverhalten langfristig beobachtet wird. In Schleswig-Holstein befinden sich drei Dauerbeobachtungsflächen.

Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert.

Mareike Harm leistet Pionierarbeit

Beim Weltcupfinale der Vierspännerfahrer in Leipzig haben die beiden deutschen Teilnehmer Michael Brauchle und Mareike Harm die Plätze sechs und sieben belegt. Der Sieg ging an den amtierenden Europameister Bram Chardon aus den Niederlanden.

Schon in der Einlaufprüfung zeigte sich Mareike Harm aus Negernbötel, Kreis Segeberg, gut in Form. Für sie standen am Ende des Tages 163,89 s im Protokoll, das bedeutete Platz sechs. Mit einer flotten Runde und lediglich einem Abwurf hatte sie eine sehr gute Leistung erbracht, doch im Laufe des Parcours ein bereits durchfahrenes Hindernis noch einmal überfahren. Das erhöhte ihr Strafsekundenkonto um weitere 8 s. So gesehen spiegelte ihr sechster Platz nicht die eigentliche Qualität ihrer Vorstellung wider.

Für die Finalprüfung gab der Auftritt auf jeden Fall Anlass zur Hoffnung. Denn in der über den Sieg im Weltcup entscheidenden Prüfung am Sonntagmittag fing jeder Teilnehmer wieder bei null an, die Karten wurden also ganz neu gemischt.

Leider blieb der ganz große Erfolg auch im Finale aus. „Es war trotzdem ein tolles Erlebnis, hier in der Halle bei diesem großartigen Publikum zu fahren, auch wenn ich am Ende des Tages nur den siebten Platz belegt habe“, zog Mareike Harm ein Fazit aus ihrer ersten Teilnahme an einem Weltcupfinale. Die Negernbötelerin, die 2021 mit der Mannschaft Vizeeuropameisterin geworden war, erklärte ihr Ergebnis: „Meine Pferde haben toll mitgemacht. Mir waren die Leinen etwas durch die Hand gerutscht, deshalb musste ich einen zusätzlichen Bogen fahren, das hat ein besseres Ergebnis verhindert.“ So kam sie in 173,56 s ins Ziel. Michael Brauchle aus Baden-Württemberg, der mit einer Wildcard in Leipzig an den Start gehen durfte und 2021 in Budapest gemeinsam mit Mareike Harm Silber gewonnen hatte, fuhr in 166,79 s auf Platz sechs.

Keine Kraft nötig

Die „Navigatoren“ im Fahrsport sind häufig weiblich, das ist kein neues Phänomen. Neu ist jedoch die Teilnahme einer Frau als Fahrerin an dieser inoffiziellen Hallenweltmeisterschaft. Die Schleswig-Holsteinerin Mareike Harm ist die erste Frau, die sich in dieser bislang rein männlichen Domäne einen Platz erobert hat.

Der Medienrummel im Vorfeld des Weltcupfinales in Leipzig war daher außergewöhnlich. Der „Bild” war es einen Artikel wert, dass Mareike Harm dort als erste Frau mitfuhr, und selbst das Mittagsmagazin von ARD und ZDF sendete einen Beitrag über die erfolgreiche Fahrerin. „Das wäre bei einem Finale in Bordeaux deutlich weniger gewesen“, vermutete die Holsteinerin.

Sieger Bram Chardon erwähnte ausdrücklich: „Es ist gut, dass Mareike unter Beweis stellt, wie gut auch Frauen diesen Sport ausführen können. Fahrsport ist kein Kraftsport, mit der richtigen Ausbildung und der richtigen Ausrüstung können Frauen das ebenso erfolgreich wie Männer ausüben.“

Harm selbst erklärte: „Ich versuche natürlich, meine Pferde möglichst zu sensibilisieren, um es etwas leichter zu haben. Und ich kann mir auch vorstellen, dass manche meiner männlichen Kollegen mehr Kraft aufwenden. Aber nein, extra Krafttraining mache ich nicht. Muss ich auch nicht, das Training mit meinen Pferden reicht.“ Die Herausforderung sei ohnehin nicht die körperliche Anstrengung, sondern eher die Aufgabe, aus vier verschiedenen Pferden, vier unterschiedlichen Individuen, ein Team zu formen.

Ein weibliches Team

Im Weltcupfinale fuhr die 36-Jährige, die in ihrem Pensionspferdebetrieb 15 Fahrpferde im Training hat, im Unterschied zu vielen ihrer Konkurrenten kein spezielles Indoorgespann, sondern die Pferde, die sie das ganze Jahr hindurch auf Turnieren einsetzt. Eine Stütze des Gespanns ist Quebec Sautreuil, genannt Sepp. Der braune Wallach ist schon seit zehn Jahren dabei, er kennt den Sport in- und auswendig. Neben ihm geht Luxusboy als Vorderpferd, der ursprünglich den Einspänner zog und früher kein großer Freund von Indoorveranstaltungen war. „Jetzt hat er aber unheimlich Spaß daran“, freut sich seine Fahrerin. Zatijn und Zazou komplettieren das Gespann als Stangenpferde, das sind die hinteren Pferde in einem Vierspänner. „Einen Viererzug zu fahren, besonders auch im Marathon, hat mir so recht keiner zugetraut. Deshalb bin ich heute ein bisschen stolz, dass ich das so durchgehalten habe“, so Mareike Harm.

Mareike Harm hat als erste Frau an einem Weltcupfinale der Vierspännerfahrer teilgenommen. Auch ihr Team ist rein weiblich. Foto: Stefan Lafrentz

Der Fahrsport ist ein Teamsport, nicht nur vor, sondern auch auf der Kutsche. Das Team um Mareike Harm ist rein weiblich, auch das ist etwas Besonderes unter den Vierspännerfahrern. Wie auch sonst im Gelände stand in Leipzig Linda Tödten hinter der Fahrerin. Sie ist sozusagen die Co-Pilotin auf der Kutsche, gibt Anweisungen für den richtigen Weg und beobachtet gleichzeitig die Pferde. Seit sechs Jahren ist sie Mitglied des Teams und kennt sich bestens aus.

Nicole Bielemeier ist für die korrekte Gewichtsverteilung und die Balance der Kutsche verantwortlich. „Das ist eigentlich ein reiner Männerjob, aber Nicole macht das fantastisch“, erklärte Harm. „Immer das Gewicht aufs innere Hinterrad und dann gut festhalten. Hat ein bisschen was von Motorradfahren. Auch wenn Nicole jetzt nicht so viel Gewicht mitbringt wie viele Männer: Wir sind damit im wahrsten Sinne des Wortes gut gefahren und ‚Never change a winning team‘.“ Nicole hat ihre Ausbildung bei Mareike Harm gemacht und gehört seither zum Betrieb.

Marktkommentar, Marktlage und Markttendenz KW 1522

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Der Krieg in der Ukraine hält an und beeinflusst fortwährend drastisch den Weltmarkt für Agrarrohstoffe, insbesondere Weizen und Mais. In der Vorwoche stiegen die Kurse an den Terminbörsen wieder einmal deutlich an und glichen vorangegangene Kursschwächen aus. Heraus sticht die Notierung für Sojabohnen in Chicago, die erneut in Richtung des historischen Höchststandes von über 17 ​US-$/bu strebt. Dass die Sojabohnenernte in Südamerika nicht gerade erwartungsgemäß verlaufen ist, weil das Wetter ungünstig war, hätte unter normalen Umständen die Marktnachrichten dominiert. Als weniger wichtig erwiesen sich seit einigen Wochen die Wetterlage in Brasilien, der Wasserstand im Paraná-Fluss und die Käufe der Chinesen. Daher hier eine kurze Darstellung der Situation am Sojabohnenmarkt.

Ernteeinbußen verknappen Ölsaaten

Das Hauptproblem für die südamerikanische Sojaernte war die Witterung im Sommer der südlichen Hemisphäre. Im zweiten Jahr in Folge präsentierte sich das Wetterphänomen La Niña und brachte eine trockene Hitze über die Anbauregionen Brasiliens, Argentiniens und Paraguays. In Teilen Brasiliens kam es hingegen zu Überschwemmungen. Die Folge sind ständige Rücknahmen der Ernteprognosen seit Jahresbeginn. So ging etwa das US-Agrarministerium im Dezember noch von einer weltweiten Sojaernte von knapp 382 Mio. t aus, davon 206 Mio. t aus Südamerika. Das Vorjahresergebnis hätte damit übertroffen werden sollen. Im neuesten WASDE-Bericht vom April stehen nur noch 351 Mio. t weltweite Ernte und davon 175 Mio. t aus den südamerikanischen Herkunftsländern. Die knappe südamerikanische Ernte an Sojabohnen reiht sich ein in die Anlässe zur Sorge um die Bedarfsdeckung am internationalen Agrarmarkt. Zwar scheint der größte Sojaimporteur China in der laufenden Saison statt der erwarteten 100 Mio. t nur 91 Mio. t Sojabohnen (laut USDA) abzunehmen. Doch das entspannt den Markt kaum. Es werden äußerst geringe Lagerbestände für das Saison­ende erwartet. Am Terminmarkt in Chicago werden die Rekordpreise gemacht, hier sind die preislichen Auswirkungen einer dürftigen Ernte nur wenige Monate her. US-Bohnen konnten zwar eine Rekorderntemenge erreichen, doch Sommergetreide erfuhren historische Einbußen. Das Risiko von Ernteausfällen ist auch in diesem Jahr da, davor warnt besonders Kanada. Für den Bereich der Ölsaaten war der Produktionsausfall von kanadischem Canola fatal. Das brachte den Rapspreis über die 500-€-Marke. Dass sich dieser noch einmal fast verdoppeln würde, wer hätte es geahnt? Durch den Ausfall von Sonnenblumen aus Russland und der Ukraine ergibt sich eine weitere Lücke am Ölsaatenmarkt.

Teure Transporte

Der Hürden nicht genug, bereitet die Logistik global Probleme. Noch immer besteht der Stau in der weltweiten Schifffahrt, welcher auf die Pandemie zurückgeht. Die Frachtraten bleiben nicht nur teuer, sondern steigen mit den Rohölpreisen weiter an. Die wachsenden Spritkosten machen auch den Lkw-Fahrern rund um die Welt schwer zu schaffen. Besonders dort, wo große Distanzen überbrückt werden müssen, ist die Kaufkraft oft schlecht und nicht selten die Tankstelle leer. So zu sehen in Argentinien, wo deshalb gestreikt wird. Immerhin führt der Río Paraná als wichtigste Wasserstraße Südamerikas noch ausreichend Wasser, doch die Messungen sehen denen des Vorjahres verdächtig ähnlich und die kritischen Monate stehen noch bevor.

Ölsaatenpolitik

Auch wenn sich Soja, Raps und Sonnenblumen nur bedingt gegenseitig ersetzen lassen, so gibt es doch gemeinsame Verwendungszwecke, darunter die Herstellung von Biodiesel. Bei all den Zahlen, welche die Knappheit beziffern, sollten rationale Überlegungen über Sorgen stehen. Ist es wirklich richtig, aus Ölsaaten mehr Biodiesel als Lebensmittel herzustellen?

Marktlage für die Woche vom 11. bis 17.4.2022

Getreide: Das knappe Angebot aus der alten Ernte stützt den Markt. Die Kurse bleiben auf dem erhöhten Niveau.

Raps: Auch prompter Raps bleibt sehr knapp. Es fehlen die Importe aus der Ukraine. Höhere Sojakurse stützen auch die Rapskurse.

Futtermittel: Die US-Sojakurse haben sich wieder erholt. In Südamerika sorgt Trockenheit für reduzierte Erträge.

Kartoffeln: Die Preisspanne bei Kartoffeln hat sich, je nach Qualität, ausgeweitet. Die Angebotsmengen reichen für den Bedarf gut aus.

Schlachtrinder: Die Party ist vorbei. In der vorigen Woche gaben bereits die Jungbullenkurse spürbar nach.

Schlachtschweine/-sauen: In der Vorwoche blieb die Notierung unverändert. Die Angebotsmengen haben sich vor Ostern erhöht.

Ferkel: Die Nachfrage hat sich beruhigt. Die Notierungen sind im In- und Ausland stabil geblieben.

Milch: Die Milchproduktion bleibt weiter hinter den Vorjahresmengen zurück. Die Butter- und MMP-Preise sind weiter gestiegen.

Schlachtlämmer/-schafe: Die erhoffte Nachfragebelebung zum Osterfest hält sich in Grenzen. Die Kurse blieben zuletzt stabil.

Markttendenz für die Woche vom 18. bis 24.4.2022

Getreide: Den hiesigen Futtermischern fehlt das Getreide aus der Ukraine. Russland liefert an Abnehmer in Asien.

Raps: Auch die Gebote für die neue Ernte bleiben auf hohem Niveau. Es gibt hier nur noch wenige freie Mengen.

Futtermittel: Rapsschrot liegt preislich auf dem Niveau von Sojaschrot. Mischfutter bleibt weiter sehr teuer, auch nach leichten Korrekturen nach unten.

Kartoffeln: Importierte Frühware wird in größeren Mengen angeboten. Diese ist zu Ostern und zum Spargel gefragt.

Schlachtrinder: Die Nachfrage ist eingebrochen. Das Lebendangebot hat sich deutlich erhöht. Die Rindfleischpreise gehen wieder zurück.

Schlachtschweine/-sauen: Man hofft auf stabile Kurse über die Osterwochen und anschließend wieder rückläufige Angebotszahlen.

Ferkel: Viele Mäster beobachten den Schweinemarkt und die Futtermittelpreise, bevor neue Ferkel gekauft werden.

Milch: Es werden vonseiten der Molkereien recht attraktive Vorkontrakte angeboten. Hier gibt es Spielraum nach oben.

Schlachtlämmer/-schafe: Erste frische Lämmer sind im Handel und erzielen Preisaufschläge. Insgesamt bleibt das Angebot gering.

Ein Blick lohnt von allen Seiten

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Der Leuchtturm Kiel-Holtenau steht auf einem aufgeschütteten Hügel aus Erdaushub vom Bau des Nord-Ostsee-Kanals. Vom Fuße des Leuchtturms lässt sich so bei klarem Wetter ein atemberaubender Blick auf die Kieler Förde und den Eingang zum Kanal genießen. Solange die Bäume noch kein Laub tragen, hat man auch von hinten einen fast freien Blick auf den Leuchtturm.

Und dieser Blick lohnt sich. Denn der Leuchtturm sieht von hinten nicht nur anders aus als von vorn, sondern schöner als viele Leuchttürme von vorn. Mit der Kieler Förde im Hintergrund ist auch die Rückseite des Turms ein perfektes Fotomotiv. Um es auf den Punkt zu bringen: Der Holtenauer Leuchtturm ist zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert.

Stolzer Wächter am Eingang des Nord-Ostsee-Kanals: der Leuchtturm Kiel-Holtenau. Hier kann auch geheiratet werden.
Allegorie des Kanals über der Eingangstür: Die Meeresgöttinnen Ostsee und Nordsee reichen sich die Hände.

Für den Kanal gebaut

Der rote Backsteinbau ist 20 m hoch. Er ist von Anfang an auf das Engste mit dem Nord-Ostsee-Kanal verbunden. Die Grundsteinlegung des damaligen Kaiser-Wilhelm-Kanals erfolgte in seinem Fundament – schließlich wurde er ja eigens für den Kanal gebaut. „Der Leuchtturm markiert als Einfahrtsleuchte die Schnittstelle des Kanals mit der Kieler Förde“, heißt es auf einer Erklärungstafel.

Drei Kaiser, eine Briefmarke

In der Bauzeit des Nord-Ostsee-Kanals (1887-1895) regierten insgesamt drei Kaiser: Wilhelm I. von 1871 bis 1888, Friedrich III. 1888 und Wilhelm II. von 1888 bis 1918. Sie wurden in der Drei-Kaiser-Halle, die sich im achteckigen Unterbau des Leuchtturms befindet, verewigt. Kaiser Wilhelm II. weihte den Kanal am 21. Juni 1895 persönlich ein. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, wurde der Leuchtturm 1955 wieder instandgesetzt.

Es folgten Sanierungen und Restaurierungen in den Jahren 1995 und 2013/2014. Im Jahr 2017 schaffte es der Holtenauer Leuchtturm als Motiv in die Briefmarkenserie „Leuchttürme“ der Deutschen Post.

Der Leuchtturm ist als Eingangsfeuer in den Nord-Ostsee-Kanal bis heute in Betrieb. Öffentlich zugänglich ist er nicht. Allerdings finden zwischen Mai und September dort Trauungen statt – die Termine sind sehr begehrt.

Wege der Annäherung

Wer seinen Einkaufs- oder Behördentag in Kiel mit einem Kurzausflug zum Holtenauer Leuchtturm verbinden möchte, kann am Kieler Hauptbahnhof in den Bus steigen und bis zur Grundschule Holtenau fahren. Die Busse fahren halbstündlich, die Fahrzeit beträgt 35 min. Wer den Leuchtturm lieber vom Wasser aus sehen möchte, kann am Bahnhofskai in Kiel in die Fördefähre steigen. Leider legt sie weder in Holtenau noch in Wik an. Wer aber schon in Wik ist, kann mit der Kanalfähre nach Holtenau übersetzen.

Wer etwas mehr Zeit zur Verfügung hat, der kann den Ausflug zum Leuchtturm mit einem Besuch der Schleuse Holtenau-Wik verbinden. Für 1 € kann man die Aussichtsplattform auf der Wiker Seite der Schleuse betreten und den Schiffen beim Schleusen zuschauen. Einen wesentlich besseren Blick auf die Schleuse hat man bei klarem Wetter von der Levensauer Hochbrücke aus: einfach mit dem Fahrrad bis zur Mitte der Brücke fahren, absteigen und Fernglas auspacken!

Technik für Fans

Für Technikfreaks ist das nahe gelegene Maschinenmuseum Kiel-Wik, am Kiel-Kanal 44, ein Muss. Direkt gegenüber der Schleusenaussichtsplattform an der Uferstraße Kiel-Wik führt ein Fußweg hinauf zum Museum. Auch das Herz manches (alten) Landwirtes dürfte höher schlagen beim Anblick der sehr gepflegten Dampf-Lokomobile von 1954 und der Zugmaschine „Hanomag Granit 500“ von 1962. Hier gibt es Originale zu bewundern, wie die Tragkraftspritze TS 8/8 von 1963, alte Schiffsmotoren und Bohrmaschinen, voll funktionstüchtig versteht sich. Ein Gegenwindfahrrad ist ebenso zu sehen wie jede Menge Modelle von Motoren. In einer Kinderspielecke werden die Jüngsten spielerisch an die Technik herangeführt.

Historische Technik: Sönke Hansen an einer Dampflokomobile im Maschinenmuseum Kiel-Wik

Eine Gruppe von technikbegeisterten Ehrenamtlichen sorgt regelmäßig für die Funktionstüchtigkeit der Exponate. Einziger bezahlter Mitarbeiter ist Sönke Hansen. Der gelernte Kfz-Mechaniker kennt das Museum wie seine Westentasche, zeigt und erklärt gerne seine Schätze. Zu den normalen Öffnungszeiten (montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr) bleiben die alten Maschinen und die Modelle stumm, bei besonderen Veranstaltungen und Gruppenführungen werden sie zum Laufen gebracht. Der Eintritt ist frei, eine Spende wird erbeten. Für besondere Veranstaltungen werden Teilnehmerbeiträge erhoben. 

Atemberaubender Blick: Vor der Schleuse Kiel-Wiek kreuzt die Fähre.  Fotos: Sigrid Querhammer

Kammer-Fachausschuss Natur und Umwelt tagte online

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Die Mitglieder des Fachausschusses für Natur und Umwelt der Landwirtschaftskammer diskutieren wie bereits im Vorjahr erneut virtuell miteinander. Auf der Tagesordnung standen aktuelle Themen wie die Inhalte und Auswirkungen der zukünftigen GAP auf die landwirtschaftlichen Betriebe in Schleswig-Holstein sowie der Moor- und Klimaschutz.

Enno Karstens, Abteilungsleiter Bildung, Betriebswirtschaft, Beratung, referierte zu den Herausforderungen und Aufgaben der GAP. Dabei erklärte er, dass während der zahlreich durchgeführten Betriebsleiterseminare und bisher gehaltenen Vorträge mit verschiedenen Schwerpunkten wie Futter- und Ackerbau, Ökobetrieb oder Biogas deutlich wurde, dass durch die Neuorganisation der Agrarpolitik die offenen Fragen der Betriebsleiter zahlreich seien und die Beratungsnachfrage in Abhängigkeit der Betriebsausrichtung zum Teil erheblich sei. Um die anfallenden Fachfragen möglichst effizient beantworten zu können, arbeiteten die unterschiedlichen Abteilungen derzeit intensiv zusammen. Die „grüne Architektur“ der neuen GAP sehe insbesondere folgende Ziele vor: Umwelt- und Klimaschutz, Einkommenssicherung und Förderung ländlicher Räume, jedoch nicht die Ernährungssicherung. Weiterhin führte Karstens aus, dass die „neue Konditionalität“ mit den Glöz-Standards 1 bis 9 Leitplanken für die Mitgliedsstaaten wie zum Beispiel Schutz der Biodiversität, Fruchtwechsel, Stilllegung setze. Glöz stehe dabei für „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“. Des Weiteren könne die Basisprämie mit Maßnahmen der Eco-Schemes (Ökoregelungen) in der Ersten Säule sowie mit weiteren Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen in der Zweiten Säule (AUKM) wie zum Beispiel ökologischer Landbau und Vertragsnaturschutz aufgestockt werden.

Moorbewirtschaftung

In den folgenden Tagesordnungspunkten standen die Themen Moor- und Klimaschutz im Fokus. Kerstin Ebke und Dr. Lars Biernat aus dem Fachbereich Umwelt der Landwirtschaftskammer führten in die Thematik ein und berichteten dem Auditorium über aktuelle und abgeschlossene Arbeiten der Landwirtschaftskammer in diesem Zusammenhang. So wurden zwei Agrarstrukturanalysen in Niederungsbereichen durchgeführt. Die Landwirtschaftskammer ist Mitglied im Projektbeirat des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (Melund) zur Zukunft der Niederungen in Schleswig-Holstein.

Der Fachausschuss Natur- und Umweltschutz befasste sich in seiner jüngsten Sitzung mit der Bewirtschaftung von nassen Grünlandflächen und den Klimaschutzwirkungen von Wiedervernässungen. Foto: Kerstin Ebke

Die intensive Bewirtschaftung von entwässerten Moorflächen stehe, so die Referenten, aufgrund der klimaschädlichen Wirkung zunehmend im Fokus der Diskussionen. Das Wassermanagement der tief liegenden Flächen sehe derzeit oftmals eine technisch aufwendige Entwässerung vor. Viele Siele und Schöpfwerke im Land seien jedoch veraltet und sanierungsbedürftig. Zudem komme es durch die Sackungen von Moorflächen zu Schwierigkeiten mit Entwässerungstiefen, in Richtung Nordsee auch verbunden mit Problemen wie Meeresspiegelanstieg und Versandung von Außentiefs. Fragen des Wassermanagements würden immer wichtiger, wobei es nicht mehr ausschließlich um Entwässerung, sondern auch um Wasserhaltung in der Landschaft gehe, um auftretende Trockenperioden abpuffern zu können und dem Klimaschutz Genüge zu tun. Vor diesem Hintergrund diskutierte der Ausschuss rege über die künftige Nutzung von Moorböden mit einer im Sinne des Klimaschutzes möglichen nassen Bewirtschaftung. Dabei dürften agrarstrukturelle Belange und weitere Biodiversitätsleistungen, wie zum Beispiel der Wiesenvogelschutz in den typischen Moorregionen Schleswig-Holsteins, nicht zu kurz kommen. Neue Verwertungsmöglichkeiten von Biomasse aus den Moorregionen, die aus dem Anbau von Paludikulturen resultiert, waren Teil der Diskussion. Wichtig in diesem Zusammenhang sei die Entwicklung einer stabilen und rentablen Wertschöpfungskette für die erzeugte Biomasse aus dem Paludikulturanbau.

Biologischer Klimaschutz

An diesen Kontext schloss sich der nächste Tagesordnungspunkt „Biologischer Klimaschutz – Aktivitäten der Stiftung Naturschutz“, vorgetragen von Dr. Walter Hemmerling, dem geschäftsführenden Vorstandsmitglied der Stiftung Naturschutz, an. Im ersten Schritt stellte Hemmerling die Stiftung Naturschutz allgemein vor, die neben dem Agrarland und dem Tourismusland Schleswig-Holstein das „Naturschutzland“ mit etwa 38.000 ha Fläche verkörpert. Von diesen Flächen sind knapp 30.000 ha (entspricht 20 % der Moorflächen Schleswig-Holsteins) Gebiete im Moor und Randbereichen, sodass die Stiftung Naturschutz eigentlich eine Moorschutzstiftung darstelle. Über die Jahre wurden Flächenankäufe getätigt, sodass allein in der Eider-Treene-Sorge-Niederung über 10.000 ha Moorflächen angekauft wurden. Diese Flächen wurden freiwillig veräußert und trugen zum Beispiel auch zur Alterssicherung von Betriebsleitern bei. Sodann leitete Hemmerling über zum Landesprogramm Biologischer Klimaschutz, das aus folgenden Säulen besteht: Wiedervernässung von Mooren, Naturwaldneubildung, Waldumbau und Vernässung sowie Umwandlung von Ackerflächen zu Grünland. Die höchste Klimaschutzwirkung und Treibhausgaseinsparpotenzial liegt dabei in der Wiedervernässung von Mooren. Es bestehen weitere Synergieeffekte zu Naturschutz und Biodiversität, zum Gewässerschutz und zum Bodenschutz. Als Ziele werden die Sicherung und Vernässung von 8.000 ha zusätzlicher Moorfläche bis 2030 benannt.

Fazit

Der Fachausschuss wird sich dieses wichtigen Themas weiter annehmen und sich in diesem Spätsommer zu einer nächsten Sitzung vor Ort verabreden. Es ist geplant, die neu von der Stiftung Naturschutz eingerichtete Klimafarm in Erfde zu besuchen und Fragen der nassen Moorbewirtschaftung dort zu vertiefen.

Kultur der alten Mönche

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Das Kloster Cismar, nahe der Ostsee bei Grömitz gelegen, gehört zu den bedeutendsten Bauwerken lübischer Frühgotik im Lande. Die umliegende Parkanlage lädt zu einem kleinen Spaziergang ein und lässt sich zudem auf einem Naturlehrpfad erkunden. Ein Abstecher ins nahe gelegene Haus der Natur ist ebenfalls lohnend. Neben der größten Schnecken- und Muschelsammlung Deutschlands finden wir dort einen nach historischen Vorbildern angelegten Klostergarten.

Die mittelalterlichen Klostergärten dienten den Mönchen nicht nur zur Selbstversorgung mit Gemüse und Obst, sondern gewiss auch für kontemplative und medi­ta­tive Rundgänge. Die Unabhängigkeit von außen hinsichtlich Nahrung, Pflanzenmaterialien, aber auch medizinischen Heilpflanzen spielte eine große Rolle. Allerdings gibt es nur wenige archäologische Funde und auch kaum erhaltene schriftliche Aufzeichnungen über die Klostergärten. Bekannt ist aber, dass die Klöster viele Kontakte untereinander hatten. Sie pflegten einen regen Austausch von Samen, Pflanzenteilen, Büchern und Schriften, und es verbreitete sich auf diese Weise auch so manches Wissen über Pflanz- und Anbaumethoden sowie die erfolgreiche Kultur von Gemüse-, Obst-, Gewürz- und Heilkräutern. Ihre Erfahrungen und ihr Wissen haben die Mönche vor allem in den anliegenden Klostergartenanlagen erlangt.

Das Kloster

1231 wurden die Benediktinermönche aus dem Lübecker Johanniskloster in die Einöde von Cismar verbannt – es wurde ihnen vorgeworfen, in dem Lübecker Doppelkloster allzu eng mit den Nonnen zusammenzuleben. 1238 begannen sie in Cismar mit dem Bau des Klosters, heute als bedeutendes Bauwerk der Frühgotik bekannt. Der geschnitzte Flügelaltarschrein (1310/1320) gilt als der älteste, den die Kunstgeschichte kennt.

Als die wechselvolle Klosterzeit, unter anderem als bedeutender Pilgerort, vor 450 Jahren zu Ende ging, wurde das Kloster säkularisiert und war 400 Jahre Amtssitz, also Landratsamt. In dieser Zeit wurde mit der Umsiedlung von David Reinhold von Sievers von St. Petersburg als Amtmann nach Cismar das Laienschiff des eigentlichen Klostergebäudes zum Schloss umgebaut. Die Frau von Amtmann von Sievers entstammte der Familie des schleswig-holsteinischen Landesherren, Herzog Karl-Friedrich, und damit auch der Familie des russischen Zaren. Heute gehört das Kloster zu den Landesmuseen Schleswig-Holstein und zeigt wechselnde Kunstausstellungen. Die Kirche und die innere Klosteranlage sind im Rahmen von Führungen zu besichtigen, lediglich der Vorraum der Kirche ist während der Saison zu betreten. Es finden Gottesdienste, Feste, Kirchenmusiken, Konzerte, Kunst- und Kulturtage statt.

Der Klosterpark

Der Klosterpark in Cismar ist ein ungefähr 5 ha großes Areal mit schönem alten Baumbestand. Er bietet Erholungs- und Beobachtungsmöglichkeiten rund um das ehemalige Benediktinerkloster. Die Anlage umfasst vor allem die historischen Backsteingebäude auf der Halbinsel, die von einem Graben- und Ringwallsystem umschlossen sind. Der innere Ringwall ist ein beliebter Spazierweg. Die meisten pflanzlichen Bewohner des Parks sind typische Organismen der kalk­reichen Buchenwaldstandorte des Östlichen Hügellandes wie das Gelbe Windröschen oder der Mittlere Lerchensporn, die als ursprüngliche Bewohner des Klosterparks gelten. Die Parkanlagen gehörten später zum Sitz des Amtmanns, und vielleicht entstammen dieser Zeit die Ansiedlungen von Schnee- und Hasenglöckchen und Nickendem Milchstern. Die großen Bestände des Milchsterns waren in der Umgebung so bekannt, dass die Art von den älteren Einheimischen liebevoll „Klosterblume“ genannt wurde.

Auf den Tafeln des vom Haus der Natur eingerichteten Naturlehrpfades werden nicht nur die genannten Frühjahrsblüher dargestellt, sondern auch weitere Organismengruppen wie Reptilien und Amphibien, Totholz bewohnende Insekten oder Wasser- und Singvögel des Gebietes. Wichtige Baum­arten sind Rotbuche, Esche, Hainbuche, Bergulme, Feldahorn und Stieleiche, von denen die größte in der Südwestecke des Parks steht und etwa 400 Jahre alt sein dürfte. Noch älter sind nur die auf dem anliegenden Friedhof stehenden, als Naturdenkmal geschützten Eiben. Von den Sträuchern seien Weißdorn, Hasel, Holunder, Schnee­beere, Kartoffelrose und Roter Hartriegel erwähnt. Im Park machen vor allem die Baumbewohner wie Buntspecht, Kleiber oder Gartenbaumläufer auf sich aufmerksam, denn der alte Baumbestand weist vielfältige Höhlungen und Löcher auf. Außerdem wurden zahlreiche Nisthilfen aufgehängt, um den Park noch attraktiver für Tiere zu machen.

Zu einer kleinen Stärkung kann man sich ins Klostercafé begeben, das sich in einem Nebengebäude des Klosters befindet, in dem dereinst die Mönche schon zu speisen pflegten.

Der Mühlenteich

Naturkundlich interessant ist auch der dem Kloster gegenüber auf der anderen Seite der Bundesstraße liegende gestaute Mühlenteich. Er hieß bei den Mönchen Küchenteich, denn sein Fischbestand wurde für die Küche genutzt. Das Gewässer kann man von der Straßenseite aus gut beobachten. Vor allem Enten, Gänse, Rallen und Reiher sind häufig zu sehen, Kormorane übernachten am Mühlenteich, Rohrweihen brüten hier, und der Seeadler sucht seine Nahrung. Gelegentlich ist der farbenprächtige Eisvogel zu bewundern.

Haus der Natur

Nicht weit vom Klostergelände entfernt befindet sich das sehenswerte Haus der Natur, ein mit viel Engagement privat betriebenes Museum, das vor allem durch seine umfängliche Sammlung an Weichtieren, also Schnecken, Muscheln und Tintenfischen, weit über die Region hinaus bekannt ist. Hier kann man die ganze Vielfalt der bizarren Formen, faszinierenden Farbgestaltungen und zahlreichen ökologischen Besonderheiten des artenreichen Tierstammes erleben. Im Außenbereich wurde ein kleiner Kräutergarten nach historischem Vorbild angelegt. Der Rechteckaufbau der Beete dieses kleinen „Herbularius“ lässt mit der Ziegelsteineinfassung und der den Garten umschließenden Hecke noch ein bisschen Klostergartengefühl aufkommen. Heute werden natürlich neben den klassischen ungefähr 20 Klostergartenkräutern zahlreiche weitere und auch modernere Kräuter für die Küche kultiviert. Ein paar Heilkräuter sind auch dabei. Die Beschilderung liefert kurze Angaben zur Verwendung und zur Geschichte der Pflanzen.

Das Haus der Natur in Cismar ist ein Naturkundemuseum mit dem Schwerpunkt bei den Mollusken, also den Schnecken und Muscheln. Foto: Hans-Dieter Reinke

Kunst und Kultur

Im Umkreis des Klosters kann man zahlreiche Ateliers und Werkstätten der Künstler und Kunsthandwerker aufsuchen, beispielsweise die Kleine Werkstatt im ehemaligen Jägerhaus auf dem Klostergelände, wo Gaby Marschall Kreatives aus Holz und Stoff sowie Dekoratives für Haus und Garten anfertigt. Es gibt im Dorf aber auch Skulpturen und Plastiken, japanische Keramiken von Jan Kollwitz, Enkel der Künstlerin Käthe Kollwitz (Termin vereinbaren unter Tel.: 0 43 66-614, info@jankollwitz.de), Fotografien, Malkurse und Bildausstellungen, kunstvoll gefaltete Papiere, Vintage-Möbeldesign, maritime Skulpturen aus der Pottery-Werkstatt, alte Schriftkunst und manches mehr.

Viele Kulturschaffende und Kunsthandwerker haben ihre Werkstätten und Ateliers im Umfeld des Klosters Cismar, wie die kleine Werkstatt im ehemaligen Jägerhaus auf dem Klostergelände. Foto: Hans-Dieter Reinke

Wenige Kilometer vom Kloster entfernt in Grönwohldshorst liegt der biologisch-dynamisch bewirtschaftete Hof Klostersee, in dessen Hofladen Brote und Gebäck aus der eigenen Bäckerei, Käse wie die pikanten Rotschmiere-Käsesorten und Milchprodukte aus der eigenen Hofkäserei erworben werden können. In dem kleinen Café mit Terrasse gibt es dann, weil der Besuch des Klostercafés bereits so lange zurückliegt, nochmals Kaffee und hausgemachten Kuchen.

Aufs Korn genommen: Innovative Werbung 

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Erstaunlich, mit welch blumigen Worten für Artikel geworben wird! Das Mindeste, was ein neues Produkt sein muss, ist „innovativ“. Aber da geht sprachlich noch mehr:

„Wir haben ein Patent auf innovative Knieschoner erhalten“, wurden wir angeschrieben, allerdings mit den Einschränkungen: „Wer Knieschoner nur halbherzig schließt, kann keine Verbesserung erwarten“ und: „Hohe Polyesteranteile verhindern zwar einen schnellen Verschleiß an Hosen, aber auch die perfekte Anbindung zum Knieschoner.“

Wahre Künstler der Wortschöpfung sind auch die Bewerber eines innovativen Knoterapparates: „Er verbindet die hohe Einsatzsicherheit des Doppelknoters mit der Schnipselfreiheit des Cormick-Einfachknoters.“

Schon lange haben wir auf diese Meldung gewartet: „Ich darf Ihnen heute das Buch ,Das Kraftfahrzeug, sein Zubehör und vieles andere mehr – Fachwörterbuch deutsch-kroatisch und kroatisch-deutsch‘ vorstellen.“ Dieses „praxisbezogene Nachschlagewerk“ ist gewiss ein unverzichtbarer Reisebegleiter in nicht ungefährlichen Balkanländern, denn: „Es sollte zahlreiche Situationen abdecken, mit denen der Autofahrer in Konflikt kommen kann – aufgrund einer Verkehrskontrolle, eines Verkehrsunfalls oder sonstiger unliebsamer Ereignisse, die gelegentlich eine Reihe von Problemen nach sich ziehen.“

Zum Schluss die Nachricht: „Das Deutsche Tanzarchiv Köln soll zu einem Forschungs- und Kompetenzzentrum Tanz weiterentwickelt werden.“ Kompetenzzentrum klingt gut. Hoffen wir, dass es auch ganzheitlich und nachhaltig angelegt ist  – und innovativ!

Krieg in der Ukraine – Märkte in Aufruhr

Der Überfall von Russland auf sein Nachbarland Ukraine hat bislang schon zu dem Tod von tausenden Menschen geführt. Millionen sind auf der Flucht. Im Vergleich zu diesem Elend halten sich die Auswirkungen hierzulande in Grenzen. Themen wie Energieversorgungs- und Ernährungssicherheit sind jedoch wieder in den Vordergrund gerückt.

Besonders stark ist die hiesige Energiewirtschaft von Lieferungen aus Russland abhängig. Große Raffinerien in Ostdeutschland werden direkt mit russischem Erdöl über Pipelines versorgt. Kein anderes Land liefert mehr Erdgas nach Deutschland als Russland. Derzeit laufen die Importe noch. Politiker diskutieren jedoch darüber, diese Lieferungen zu begrenzen.

Die Märkte waren schon durch die Corona-Epidemie knapp versorgt. Bereits im vergangenen Herbst sorgten steigende Energiepreise und Logistikprobleme für Preisaufschläge in der gesamten Wertschöpfungskette. Zum Jahresbeginn begann sich die Lage etwas zu entspannen. Dann sorgte die Eskalation des Ukraine-Konfliktes für erneut deutliche Preisaufschläge in bislang unbekannter Größenordnung. Derzeit scheint der Faktor ‚Krieg‘ in vielen Bereichen eingepreist zu sein. Die Ausgaben für Agrarrohstoffe und Nahrungsmittel bewegen sich plötzlich in einer neuen Dimension. Jetzt sind Grundnahrungsmittel nicht mehr die große Inflationsbremse. Nach den Energiepreisen sind die Aufschläge für Nahrungsmittel derzeit am größten. Diese Entwicklung zeigt sich weltweit.

Dies bedeutet jedoch leider nicht, dass die Einkommen der Landwirte und Landwirtinnen endlich deutlich steigen. Denn auch die Produktion ist deutlich teurer geworden. Dies betrifft vor allem die Energiekosten für Diesel und Strom sowie für Futtermittel. Dramatisch erhöht haben sich die Düngemittel-Ausgaben. Aber auch für andere Betriebsmittel und Investitionsgüter sind Preise deutlich erhöht worden.

Nachfolgend soll die aktuelle Entwicklung auf den einzelnen Märkten kurz dargestellt werden.

Getreide- und Rapskurse plus 40 %

Sowohl die Ukraine als auch Russland gehören zu den wichtigsten Getreideexporteuren der Welt. Bei Weizen gehen etwa ein Drittel der globalen Exporte auf das Konto der beiden Länder. Allein die Ukraine lieferte zuletzt 14 % der am Weltmarkt gehandelten Getreidemengen an Weizen, Gerste und Mais. Aber auch als Lieferant von Raps- und Sonnenblumenöl hat das osteuropäische Land eine große Bedeutung. Problematisch ist vor allem auch die Versorgung mit Bio-Futtermitteln und mit GVO-freien Futtermitteln (Raps- und Sonnenblumenschrot fehlt). Die Matif-Weizenkurse stiegen bei Kriegsbeginn um 130 € auf fast 400 €/t. Mittlerweile haben sich die Kurse bei 370 €/t eingependelt. Importländer wie Ägypten signalisieren einen etwas geringeren Weizenbedarf. In der Ukraine hat in den Landesteilen, in denen es möglich ist, die Frühjahresaussaat begonnen, und die Landwirte haben trotz des Krieges 400.000 ha bestellt. In Südeuropa, aber auch bei der Mischfutterindustrie in Südoldenburg, fehlen die Maismengen, die ursprünglich aus der Ukraine für das Frühjahr und den Sommer 2022 erwartet wurden. Wegen des Krieges lagern in der Ukraine jetzt fast 13 Mio. Tonnen Mais und drei Mio. Tonnen Weizen. Jetzt versucht man, alternative Vermarktungswege per LKW und Bahn in die Osteuropäischen Länder zu finden. Damit sollte ein großer Teil der geplanten Ausfuhren abgewickelt werden können. Besonders stark sind die Rapskurse gestiegen. Zwischenzeitlich wurde die Schallmauer von 1.000 €/t überschritten. Leider hat kaum noch ein Landwirt Ware der alten Ernte, aber auch die Kurse für Kontrakte der neuen Ernte liegen über 700 €/t und damit auf Rekordniveau. Sonnenblumenöl und Raps aus der Ukraine wird wohl für viele weitere Monate vom Weltmarkt fernbleiben. Die Aussaat von Raps in der Ukraine im Spätsommer 2022 wird angesichts des anhaltenden Krieges und der Knappheit an Betriebsmitteln und Treibstoff wohl ebenfalls sehr schwierig.

Milchpreise: Börsenmilch fast 70 Cent

Derartig hohe Milchpreise hat es weder am Terminmarkt noch am physischen Markt jemals zuvor gegeben. Ursache ist der außergewöhnliche Preisanstieg und die offenbar zunehmend angespannte Versorgungslage bei Milchprodukten. Auf knapp 70 Cent je Kilogramm stieg der Börsenmilchwert Ende März. Das ist fast doppelt so viel wie vor einem Jahr und der höchste jemals erreichte Stand. Ursache sind Butterpreise von 7.200 Euro je Tonne und Magermilchpulverpreise von 4.200 Euro je Tonne. Die Zahl der Milchkühe ist in Deutschland im vergangenen Jahr um 2,3 % gesunken. Damit bleibt die aktuelle Milchanlieferung hinter den Vorjahreszahlen zurück. Die Erzeuger müssen jedoch viel von den Mehreinnahmen für die erhöhten Kosten – wie Mischfutter und Düngemittel – aufwenden.

Rinderpreise im Höhenrausch

Für Bullen verfehlen die Preise nur noch knapp die Sechs-Euro-Marke. Für Kühe mussten die Schlachter bis zu fünf Euro je kg zahlen. Damit erreichen die Preise eine völlig neue Dimension. Gründe für das Preishoch sind ein kleines Angebot an Jungbullen und ein noch knapperes an weiblichen Kategorien. Die seit Jahren rückläufigen Bestände wirken sich immer deutlicher aus. Außerdem ist die Nachfrage nach Rindfleisch im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) trotz steigender Erzeugerpreise bislang gut. Die Kurse für Schlachtrinder sind zuletzt jedoch nicht weiter gestiegen. Vor Ostern wurden wieder größere Stückzahlen zur Lieferung angemeldet. Viele Schlachtbetriebe hatten jedoch den Bedarf für die Feiertage bereits gedeckt und die Schlachtungen reduziert.

Kurse für Schlachtschweine sehr gesteigert

Mitte Februar lag der Vereinigungspreis für Schweine noch bei 1,25 €/kg SG. Ende März stand die Notierung plötzlich bei 1,95 €/kg SG. Auch hier zeigt der Abbau der Schweinebestände Wirkung. Wer jetzt Mastschweine vermarktet, kann somit von den zuletzt sehr günstigen Ferkelpreisen profitieren und hatte eventuell auch noch einen relativ günstigen Futtermittelkontrakt. Bei Verkauf des kommenden Durchgangs sind jedoch etwa 2,50 €/kg SG notwendig, um die erhöhten Ferkel-, und Futterkosten und andere Aufwendungen zu begleichen.

Düngerpreise steigen dramatisch

Seit Anfang 2020 haben sich die globalen Preise für Stickstoffdünger vervierfacht, und das wird wohl für längere Zeit so bleiben, glauben Analysten. Der starke Anstieg der Düngerpreise macht deutlich, wie abhängig Landwirte weltweit von russischen Exporten sind. Russland, auf das rund 14 % der weltweiten Düngemittelexporte entfallen, hat seine Ausfuhren vorübergehend ausgesetzt. Darüber hinaus ist das russische Gas ein wichtiger Kostenfaktor für die Düngemittelproduktion. Die sehr hohen Gaspreise haben zu einer Einschränkung der Dünger-Produktion in Europa geführt und einen ohnehin schon engen Markt weiter eingeschränkt.

Schwacher Euro als weiterer Kostenfaktor

Die internationalen Kurse sowohl für Stickstoffdünger als auch für Rohöl haben bereits schon mal auf dem aktuellen Niveau gelegen. Doch damals hat ein höherer Eurokurs die Importpreise nicht so stark wie jetzt steigen lassen. Der Kriegsausbruch hat zu regelrechten Hamsterkäufen beim Heizöl geführt. Entsprechend war auch der ‚baugleiche‘ Dieselkraftstoff plötzlich ausverkauft. Dieselimporte aus Russland fehlen jetzt und können nicht so schnell ausgeglichen werden. Damit könnte Diesel weiterhin genauso preisintensiver wie Superbenzin bleiben. Auch andere Energieträger werden wohl langfristig teuer bleiben. 

Eggen mit der Kette

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Ob bei der Stoppelbearbeitung, dem Einarbeiten von Zwischenfrüchten oder bei der Saatbettbereitung: In der Nutzung einer Kettenscheibenegge sieht Henry von Bülow aus Altbokhorst im Kreis Plön zahlreiche Vorteile. Die zuletzt genutzte klassische Kurzscheibenegge des Betriebes tauschte der junge Landwirt gegen die hierzulande noch recht unbekannte Scheibenegge auf Ketten aus.

Erstmals in Kontakt mit der ungewöhnlichen Scheibenegge kam Henry von Bülow auf seinem Lehrbetrieb Gut Sierhagen in Ostholstein. Von der unkomplizierten Bauart, der einfachen Arbeitsweise und den Ergebnissen war er schnell angetan: „Diese Art der Scheibenegge fand ich von Anfang an interessant. So ein Teil hatte ich bis da­hin noch nicht gesehen.“ Im vergangenen Jahr erkundigte sich der 30-­Jährige nach konkreten Angeboten und fand einige wenige Händler für den deutschen Markt. Für den eigenen Betrieb hat sie der Juniorchef, der mit seinem Va­ter Harry von Bülow 420 ha Ackerbau in der Fruchtfolge Raps-­Weizen-­Gerste­Ackerbohne-­Mais betreibt sowie 90 ha Wald bewirtschaftet, vor allem angeschafft, um die Stoppelbearbeitung zu verändern.

Henry von Bülow  Foto: Julian Haase

Er entschied sich für ein Modell des australischen Herstellers Kelly, das inzwischen auch im sächsischen Stolpen von der gleichnamigen Maschinenfabrik gefertigt wird. Ausschlaggebend für den Kauf war vor allem, dass Henry und sein Vater mit dem Arbeits­bild der auf dem Betrieb bis dahin genutz­ten Kurzscheibenegge nicht mehr richtig zufrieden waren: „Außerdem konnten wir damit nicht möglichst flach arbeiten, was wir beim Raps ja aber immer wollen.“

Das Prinzip der neu beschafften Kettenscheibenegge ist schnell erklärt: Vier Segmente mit ähnlich einer Kette ineinander gehängten Scheiben sind an einem klappbaren Rahmen befestigt. Bei einer Arbeitsbreite von 6 m sind 30 Scheiben pro Segment montiert. Betrachtet man die Konstruktion von oben, ergibt sich eine leicht verschobene Raute. Die über den Boden rollenden Scheiben der beiden vorderen Segmente werfen das Material in einem Winkel von rund 45° nach innen, die beiden hinteren wieder nach außen. Aufgrund des Gewichtes von etwa 11 kg pro Scheibe und der Fahrgeschwindigkeit arbeiten die aggressiv angewinkelten Scheiben sehr effektiv, es erfolgt ein ganzflächiger Schnitt. Die Arbeitstiefe lässt sich einstellen und reicht bis etwa 5 cm, der Winkel der Scheiben hingegen bleibt stets gleich. In dieser Größe hat die Kelly ein Gewicht von 2.800 kg. Arbeitsbreiten von 6, 9 und 12 m stehen zur Verfügung. Neu ist das Prinzip allerdings nicht: Schon seit Jahrzehnten findet die Kettenscheibenegge in vielen Tei­len der Welt Verwendung.

Hohe Flächenleistung und geringe Betriebskosten

Die Kette hat Henry von Bülow so gespannt, dass die Scheiben etwa 1,5 cm tief arbeiten. Foto: Julian Haase

Besonders die hohe Flächenleistung, die geringen Betriebskosten und das Anpassen der Kettenscheibenegge an die Bodenkontur seien die entscheidenden Vorteile, erklärt Henry von Bülow: „Je nach Geschwindigkeit schaffen wir etwa acht bis neun Hektar in der Stunde.“ Der Verbrauch liegt beim Fendt 828 bei lediglich etwa 2,5 l/ha bei rund 1.300 U/min, die gefahrene Geschwindigkeit betrage meist zwischen 13 und 14 km/h. Zugegebenermaßen sei die hohe Motorisierung an dieser Stelle eher Komfort als Notwendigkeit, denn die Kelly habe nur einen geringen Zugleistungsbedarf: Für die 6-m-Version genüge bereits eine Traktorleistung von 120 PS. Allerdings unterscheidet sich die benötigte Zugleistung auch durch die Bauart der verwendeten Scheiben. Verschiedene Versionen für unterschiedliche Anforderungen und Bodenverhältnisse stehen zur Verfügung.

Sämtliche Maispflanzen werden aus dem Boden herausgerissen und zerschlagen. Foto: Julian Haase 

Anfängliche Skepsis ist schnell gewichen

Anfangs sei die Skepsis in seinem Umfeld gegenüber der aus Down Under stammenden Kettenscheibenegge groß gewesen, erklärt von Bülow. Auch Henrys Vater, der sonst grundsätzlich offen für Neues sei, habe die Investition zunächst kritisch betrachtet. Schließlich konnte sich der Juniorchef durchsetzen: Seit August rollt nun die Kettenscheibenegge über die Flächen des Betriebes. Erfolgreich eingesetzt werden konnte die Neuanschaffung bereits im Sommer in den Raps- und Getreidestoppeln: „Der Auflauf des Ausfallgetreides war sensationell“, berichtet Henry von Bülow begeistert. Ein ähnliches Bild habe sich im Raps gezeigt, wo die Kelly die Stoppeln zuverlässig zerschlagen und Unkrauter herausgerissen, Ausfallraps hingegen aber nicht vergraben habe.

Zwei der Kettensegmente werfen das Material nach innen, zwei wieder nach außen. Foto: Julian Haase

Im Einsatz der Kettenscheibenegge sieht Henry von Bülow eine praktikable Alternative zum Einsatz von Glyphosat: „Mehrere flache Durchgänge sorgen immer wieder für neues Auflaufen der Unkrautwellen“, erklärt er. Beim Einsatz in den Maisstoppeln reißt die Kettenscheibenegge sämtliche Pflanzenreste heraus und zerschlägt sie, ohne sie zu vergraben. Für den Maiszünsler wird es so ungemütlich. Bei der Saatbettbereitung zerkleinert sie die dicken Kluten. Das Ergebnis sehe fast wie nach der Überfahrt mit einer Kreiselegge aus. Für Henry von Bülow ist die Kettenscheibenegge ein Allroundgerät, das sich auch zum oberflächlichen Einarbeiten von Zwischenfrüchten oder Ernterückständen eigne. Probleme mit Verstopfungen habe es dabei bislang keine gegeben. Durch Unterbrechen der Bodenkapillaren und die geringe Bearbeitungstiefe helfe die Kelly zudem, die Verdunstung aus dem Boden zu verringern.

Je nach Kettenspannung verändern sich Griffigkeit und Arbeitsbild. Die Kettenscheibenegge passt sich dabei den Bodenkonturen an. Foto: Julian Haase

Für die Wahl der richtigen Arbeitsgeschwindigkeit seien, je nach Beschaffenheit des zu bearbeitenden Bodens, etwas Erfahrung und Ausprobieren nötig: „Wenn die Kette anfängt zu poltern und zu springen, ist man zu schnell unterwegs.“ Für ein gutes Arbeitsergebnis dürfe jedoch auch nicht zu langsam gefahren werden. Grundsätzlich arbeite die Kelly auf leichten und feuchten Böden besser als auf schweren und trockenen. Das Aus- oder Anheben am Vorgewende entfalle darüber hinaus völlig, was die Arbeit für den Fahrer wesentlich entspannter mache.

Der Einsatz der Kettenscheibenegge stellt für Henry von Bülow eine praktikable Alternative zum Einsatz von Glyphosat dar. Foto: Henry von Bülow

Harte Böden zeigen Grenzen auf

Nachteile ergäben sich bei ausgetrockneten, schweren Böden. Vor allem auf ausgetrocknetem Stoppelland könne es passieren, dass die Kettenscheibenegge nur über den Boden hinwegrolle. „Wenn Weizenstoppeln monatelang keinen Regen bekommen haben und dort ein harter Boden vorherrscht, verrichtet die Kelly nichts, aber da kommen auch andere Scheibeneggen an ihre Grenzen. Etwas Feuchtigkeit ist immer von Vorteil“, erläutert von Bülow. Bei zu hoher Feuchtigkeit bestehe dagegen die Gefahr, dass die einzelnen Scheiben schnell „zuschmieren“.

Besonders in der Bearbeitung von Raps- und Maisstoppeln zeigte die Kelly gute Ergebnisse. Foto: Henry von Bülow

Verschiedene Einstellmöglichkeiten sorgen für die richtige Anpassung an unterschiedliche Böden: Mithilfe von Hydraulikzylindern können die Spannung der Kette und damit die Griffigkeit und das Arbeitsbild verändert werden. Ebenso bieten Distanzscheiben und eine einfache Aufhängung der Scheibenelemente am Rahmen Möglichkeiten zum Nachjustieren. Bei Bedarf können die Scheiben einzeln durch Herausschlagen eines Splintes gewechselt werden. Insgesamt sei die Kettenscheibenegge bislang verschleißfest und wartungsarm. Lediglich an etwa zehn Stellen müsse sie regelmäßig abgeschmiert werden. Auch der Hersteller Fliegl mit Sitz in Bayern produziert eine derartige Kettenscheibenegge.

Dank der Klappung ist die Kelly beim Straßentransport gut zu überschauen. Die Transportlänge beträgt 10,42 m, die Transporthöhe 4,10 m. Foto: Julian Haase

Ukraine-Krieg sorgt für eine Apfelschwemme in Polen

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Polens Obstbauern droht eine Wiederholung des Dramas um die ersten Sanktionen gegen Russland in den Jahren 2014 und 2015. Damals war den Apfelerzeugern mit dem EU-Embargo gegen Moskau auf einen Schlag der wichtigste Abnehmer im Ausland weggebrochen. Die Folge waren erhebliche Überschüsse und ein drastischer Preisrückgang, der viele Branchenbetriebe in wirtschaftliche Not stürzte.

Im Zuge der in den vergangenen Wochen nochmals verschärften Sanktionen gegen Russland sowie Weißrussland, aber auch durch die Kriegshandlungen in der Ukraine ist Polen nun nach Angaben von Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk erneut in eine unerwartete Überschusssituation bei Tafeläpfeln hineingerutscht. Der Minister schätzte die Menge, die ansonsten in Richtung Osten abgesetzt worden wäre, auf bis zu 500.000 t; das würde immerhin gut 12 % der Jahresernte entsprechen.

Die gesamten polnischen Ausfuhren an frischen Äpfeln hatten in früheren Jahren bei mehr als 1 Mio. t pro Jahr gelegen. Allein Russland hatte vor den ersten EU-Sanktionen rund 700.000 t Tafeläpfel importiert. Nach dem Embargo war Weißrussland zeitweise zum wichtigsten Abnehmer polnischer Äpfel aufgestiegen.

Um den heimischen Obstbau zu stabilisieren, will die Regierung in Warschau dem Obstsektor nun möglicherweise bis zu 43 Mio. € an Nothilfen bereitstellen. Kowalczyk erwägt zudem ein staatliches Aufkaufprogramm für die überschüssigen Mengen. Diese würden dann zu Konzentrat verarbeitet und wären damit länger lagerfähig. age