Die Wahl des idealen Einstreumaterials für Liegeboxen ist von vielen Faktoren abhängig. Der Kuhkomfort sollte an erster Stelle stehen, aber auch der Komfort für den Landwirt (Stichwort Arbeitsaufwand) sollte nicht außer Acht gelassen werden. Eine große Rolle spielen die Art der Liegeboxen sowie die lokalen Kosten und die Verfügbarkeit der jeweiligen Einstreuprodukte.
Oftmals stehen verschiedene Ziele im Widerspruch zueinander, so kann beispielsweise die beste Einstreumethode zur Bekämpfung von Lahmheiten der Sauberkeit des Euters abträglich sein. Es wird also immer ein Kompromiss zwischen Kuhkomfort, Hygiene und Arbeitsaufwand notwendig sein, um das jeweils zum Betrieb passende Einstreumaterial zu finden.
Warum Liegen nicht zu unterschätzen ist
Für Milchviehbetriebe steht zunächst einmal die Eutergesundheit im Vordergrund, und die Haltungshygiene ist ein wichtiges Kriterium bei der Entstehung von Euterentzündungen. Aber natürlich erreicht man keine hohen Leistungen, wenn sich die Tiere nicht wohlfühlen und nicht lange genug hinlegen können oder wollen. Die Liegebox ist sozusagen der Arbeitsplatz der Kuh, nur wenn die Kühe lange liegen, können sie viel Milch bilden. Das hat mehrere Gründe:
Die Durchblutung des Euters steigt bei längeren Liegezeiten, dies erhöht die Milchleistung und verbessert die Infektionsabwehr im Euter.
Während der Liegephasen werden die Gliedmaßen entlastet, die Klauen können abtrocknen, damit nimmt die Häufigkeit von Klauenproblemen in einer Herde mit langen Liegezeiten ab.
Im Liegen ist die Wiederkauaktivität effektiver, dies erhöht die Futterverwertung; einer Übersäuerung wird durch die höhere Speichelbildung vorgebeugt.
Worauf ist bei der Liegebox zu achten?
Zunächst einmal unabhängig von der Art des Einstreumaterials sollten die Abmessungen der Liegeboxen an die Größe der Kühe angepasst sein, das Ziel ist ein möglichst niedriger Keimdruck durch eine perfekte Boxengestaltung. Die Liegeboxen müssen in ihren Abmessungen zur Größe der Kuh passen, da sich die Kühe ansonsten fehlerhaft ablegen und die Liegeflächen, insbesondere die Abschnitte der Box, die mit dem Euter in Kontakt kommen, mit Kot und Harn verschmutzen. Die Kühe sollten über die Hinterkante der Box hinaus koten und harnen, um das Kontaminationsrisiko durch umweltassoziierte Mastitiserreger möglichst gering zu halten. Planungs- und Abmessungshinweise zur Liegeboxengestaltung für Milchkühe sind im DLG-Merkblatt 379 zu finden.
Merkmale optimaler Einstreu im Überblick
Die Einstreu spielt eine Schlüsselrolle für den Komfort und die Hygiene der Liegefläche. Anforderungen an das Einstreumaterial sind:
· weich, minimale Reibungseffekte
· verformbar
· trocken und feuchtigkeitsbindend, hohes Wasseraufnahmevermögen
· keimarm
· alkalisch (pH-Wert > 9)
· ausreichende Wärmedämmung
· kostengünstig
· arbeitswirtschaftlich, leicht zu handhaben
· nicht staubend, nicht reizend
· sowohl arbeitsmedizinisch als auch in Bezug auf Rückstände unbedenklich
· passend zum Betriebskonzept (Haltungssystem, Verfügbarkeit, Entmistungssystem)
Eine sorgfältige Liegeboxenpflege ist für jedes Einstreumaterial Pflicht.
Worauf bei Tiefboxen zu achten ist
Haben sie die Wahl, legen sich Kühe häufiger und länger in mit viel Material eingestreuten Boxen hin als auf weiche Gummimatten. Sie bevorzugen Tiefboxen. Dazu kommt, dass in Tiefboxen Sprunggelenksverletzungen weniger häufig vorkommen und weniger schwer verlaufen. Bei Tiefboxen müssen zunächst die Matratzen aus organischem Material aufgebaut werden, sie entstehen nicht mit der Zeit von selbst. Wird dies nicht beachtet, kann es leicht zu Schäden, beispielsweise an den Karpalgelenken kommen. Zur Auswahl stehen verschiedene Materialien, die zum Teil auch kombiniert werden können. Dabei ist wichtig, dass verschiedene Materialien gleichmäßig vermischt und vor allem effektiv verdichtet sind. Dies gelingt beispielsweise mit Rüttelplatten.
Wie sieht es mit Stroh aus?
Stroh bietet einen hohen Liegekomfort. Die alleinige Verwendung von Stroh für die Matratze birgt allerdings das Risiko, dass die Kühe viel Material aus der Box herauswühlen, da es sehr schwierig zu verdichten ist. In der Folge muss viel Stroh nachgestreut werden. Im Hinblick auf die Eutergesundheit ist Stroh vergleichsweise unproblematisch, da der pH-Wert meist über sechs liegt und damit die Keimflora ausgeglichen ist (keine alleinige Vermehrung von umweltassoziierten Mastitiserregern).
Um eine bessere Verdichtung zu erzielen, bietet sich die Kombination von Kalk und Stroh an. Die Matratzenschicht wird aus einer Mischung aus einem Teil Stroh, einem Teil Wasser und drei Teilen Kalk hergestellt (nach Gewicht) und anschließend sehr gut verdichtet. Damit die Tiere nicht mit dem Kalk in Kontakt kommen und zu stark verschmutzen, wird über die Matratze eine Deckschicht Stroh gestreut (auch gehäckseltes Stroh ist möglich). Der Kalk in der Matratzenmischung kann Feuchtigkeit binden, zusätzlich wird durch die Alkalität eine Vermehrung von Keimen erschwert. Weiterhin besteht die Möglichkeit, auch Sägespäne oder Sägemehl in diese Mischung mit einzubeziehen.
Auch eine Mischung aus Stroh und Rinder- beziehungsweise Pferdemist für die Matratzen ist möglich. Nach gleichmäßiger Vermengung von festem Mist mit trockenem Stroh wird diese Mischung in den Boxen stark verdichtet und abschließend mit einer Schicht aus reinem Stroh abgedeckt, damit keine direkte Berührung mit dem Mist möglich ist. Es sollte nur Mist von gesunden Tieren eingesetzt werden. Mist aus Abkalbeställen sowie Kälbermist eignet sich nicht, da zu viele Erreger enthalten sein könnten.
Tiefboxen müssen täglich gereinigt werden (Entfernung von Kot oder anderen Verschmutzungen), feuchte oder sogar nasse Stellen sollten entfernt oder mit trockenem Material abgestreut werden. Liegemulden sollten eingeebnet werden. Es empfiehlt sich, einmal wöchentlich Stroh nachzustreuen und alle sechs Wochen die Grundmaterialien aufzufüllen und ausreichend zu verdichten. Das alleinige Nachstreuen mit Stroh führt zu keiner belastbaren Verbindung mit der Matratze, es wird dadurch wieder sehr schnell von den Kühen aus der Box herausgedrängt. In der Folge würden die Liegeboxen uneben und hart werden.
Der verringerte Liegekomfort wird von den Kühen durch vermehrtes Stehen in den Boxen bis zum Abliegen und durch insgesamt verkürzte Liegephasen angezeigt. Bei unzureichend gepflegten Tiefboxen treten häufig Schäden an den Karpalgelenken auf, da sich das gesamte Gewicht der Kühe sowohl beim Ablegen als auch beim Aufstehen auf die Karpalgelenke konzentriert. Ist zu wenig Einstreu vorhanden, stützen sich die Kühe jedes Mal direkt auf Beton und belasten die Karpalgelenke übermäßig.
Wann kann man Sand einsetzen?
Die Verwendung von Sand muss bereits bei der Betriebsplanung berücksichtigt werden, da sie baulich besondere Anforderungen stellt. Sand bietet einen hohen Kuhkomfort, in den USA wird er in vielen Betrieben als Einstreu in Tiefboxen eingesetzt. Mithilfe von Spülenmistungssystemen wird der Sand später aus dem Flüssigmist wieder abgetrennt. Es wird die gesamte Liegebox bis zur nötigen Höhe der Liegefläche (15 bis 20 cm) allein mit Sand befüllt. Neben der täglichen Reinigung ist zu beachten, dass auch täglich erhebliche Mengen an Sand (bis 15 kg je Box) nachgefüllt werden müssen. Ist die Einstreuhöhe zu gering (unter 10 cm), steigt die Gefahr von Sprunggelenksschäden. Die Vorteile der Sandeinstreu liegen in der sehr guten Verformbarkeit und der Hygiene, da dieses anorganische Material Mikroorganismen keine Lebensgrundlage bietet.
Sägespäne/-mehl oder lose Schüttungen?
Diese Art von Boxen werden sehr gut von den Kühen angenommen, bei richtiger Boxenpflege sind die Tiere aufgrund der Materialstruktur sehr sauber. Das Material hat eine sehr hohe Fähigkeit, Wasser zu binden, und kann beispielsweise das Schwitzwasser der Kühe gut aufnehmen. Es muss allerdings darauf geachtet werden, dass die Schütthöhe an der dünnsten Stelle nicht unter 10 cm liegt. Es wird durch die Späne keine Matratze gebildet und somit durch die Bewegungen der Tiere viel aus der Box herausgetragen. Der Materialverbrauch und der Arbeitseinsatz sind dadurch recht hoch (arbeits- und kostenintensiv). Wird aber zu wenig nachgestreut, steigt die Gefahr von Verletzungen, insbesondere an den Sprunggelenken, deutlich an.
Sägespäne beziehungsweise -mehl können je nach Trocknungsgrad einen hohen Keimgehalt aufweisen. Die große Oberfläche dieses organischen Materials mit einem sauren Milieu (pH-Wert unter sechs) bietet coliformen Erregern optimale Vermehrungsbedingungen. Deshalb muss es unbedingt trocken und sauber gelagert werden (der Bezug in Folienballen ist eine gute Option), um einen möglichst niedrigen Ausgangskeimgehalt zu gewährleisten.
Besonders im Sommer kann eine Nasslagerung zu einer erhöhten Mastitisrate führen. Die Verschmutzung durch Harn und die Feuchtigkeit in der Stallluft haben einen großen Einfluss auf den Keimgehalt, es muss also stets darauf geachtet werden, dass die Einstreu möglichst trocken ist. Durch die Zumischung von Kalk und die damit einhergehende Austrocknung und Erhöhung des pH-Wertes können coliforme Keime reduziert werden.
Was ist bei Hochboxen zu beachten?
Eine Hochbox, bestehend aus einem Betonsockel und einer darauf liegenden weich-elastischen Matratze, benötigt auch immer Einstreu, die Flüssigkeiten (Milch, Kot, Harn und Schweiß der Kuh) binden kann. Wird die Flüssigkeit nicht aufgenommen, so kommt es zu Haarausfall und Irritationen der Haut, die damit ihre natürliche Schutzfunktion nicht mehr wahrnehmen kann. In der Folge kommt es insbesondere an den Gelenken zu Verletzungen. Häufig verwendete und bewährte Materialien sind gehäckseltes Stroh, Sägemehl oder Kalkgemische. Auch Strohmehl oder gemahlene Strohpellets sind eine mögliche Option.
Hochboxen sollten mindestens zwei Mal pro Tag gepflegt werden. Zum einen ist hierbei die Entfernung von Kothaufen wichtig, zum anderen ist das Einstreuen der gesamten Liegefläche (100 %) von großer Bedeutung. Da die meisten Einstreumaterialien schlecht an den Boxenbelägen haften, kann dadurch ein- bis zweimal tägliches Einstreuen notwendig sein.
Je nach Härte, Feinheitsgrad und Feuchtigkeitsgehalt des jeweiligen Einstreumaterials kommt es in Kombination mit den synthetischen Belägen zu Schmirgelwirkungen, insbesondere an den Gelenken. Zur Überprüfung kann man eine Reibeprobe mit Einstreumaterial auf dem eigenen Handrücken durchführen. Sägespäne haben einen extremen Schmirgeleffekt, daher sind Produkte aus Weichhölzern (meist Nadelhölzer) besser geeignet als solche aus Harthölzern (zum Beispiel aus Buche oder Eiche). Da reiner Kalk leicht zu Hautirritationen führt (er trocknet die Haut aus, es kommt zum Haarausfall), ist eine Mischung mit anderen Materialien notwendig.
Fazit
Neben dem Kuhkomfort und dem Arbeitsaufwand ist die hygienische Beschaffenheit ein wichtiges Kriterium bei der Wahl des optimalen Einstreumaterials, denn diese hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Eutergesundheit. Eine Reduzierung von Mastitisfällen durch die Senkung des Keimdrucks ist ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung.