Eine lange Blüh- und Reifephase mit ausreichenden Niederschlägen versprach im Sommer eine gute Ernte. Der Raps im Land konnte unter optimalen Bedingungen ausreifen und brachte in den Landessortenversuchen und in der Praxis oftmals über 50 dt/ha bei ebenfalls hohen Ölgehalten. Somit können die Landwirte ob der immer noch hohen Marktpreise auf eine wirtschaftlich erfolgreiche Ernte zurückblicken.
Der im Vergleich zum langjährigen Mittel immer noch sehr hohe Rapspreis lässt den Raps wieder Spaß machen. Dennoch gibt es Schwierigkeiten im Rapsanbau, die in der Anbau- und Sortenempfehlung für die kommende Aussaat berücksichtigt werden müssen. Welche Sorteneigenschaften die Bestandeskapitäne ihren Raps am sichersten um die Klimaklippen und durch die Untiefen des Zulassungssumpfes schippern ließen, ist mit zunehmender Wichtigkeit in die Sortenempfehlung eingeflossen.
Die Rapsaussaatperiode 2021
Ende August 2021 unterbrach ein Regentief die Aussaat des Rapses und läutete den Spätsommer ein. Wer aus Angst vor einem zu späten Saattermin dann in den zu nassen Boden gedrillt hat, hat dem Raps seine Jugendentwicklung deutlich erschwert. Der nach der ersten Septemberwoche einsetzende Regen war dem dann auflaufenden Raps zu viel. Diese Erfahrung musste man auch im Landessortenversuch in Kastorf machen. Der junge Raps, der in der Ein- bis Zweiblattphase Schwierigkeiten bekommen hat, ist besonders anfällig für den Rapserdfloh.
Dabei kristallisierte sich im Nachgang die Erkenntnis heraus, dass der Rapserdfloh, wenn er nicht mehr in den Stoppeln des gedroschenen Rapses zu finden ist, sich früh in die Sommerquartiere zurückgezogen hat. Ist das der Fall, wandert er auch sehr früh in großer Zahl in die Jungrapsbestände ein und verursacht große Schäden. Mit dem Wachsen der Blätter vergrößern sich die typischen Löcher, sodass der Schaden des massiv zugeflogenen Erdflohs auch mit dem Fraßschaden von Schnecken verwechselt werden kann. So mussten viele Landwirte feststellen, dass Schneckenkorn nicht gegen den Erdfloh hilft.
Hier nützten nur das frühe Aufstellen der Gelbschalen, deren tägliche Kontrolle sowie der rechtzeitige Einsatz eines Pyrethroides in den Abend- und frühen Nachtstunden. Warum so spät? Der Rapserdfloh ist ebenso lichtempfindlich wie nachtaktiv. Er verbringt den Tag nicht starr auf den Blättern des Rapses, sondern verborgen unter Kluten und Steinen im Ackerboden. Dort ist er tagsüber vor den direkt wirkenden Pyrethroiden geschützt.
Raps, der früher gedrillt werden konnte und in seiner Entwicklung Anfang September weiter und somit robuster war, konnte dem Reifungsfraß der Erdflöhe „davonwachsen“.
Winterhärte nicht gefordert
Im weiteren Jahresverlauf waren die Bedingungen für den Raps optimal. Die Feiertage um den Jahreswechsel waren zwar frostig, jedoch lag landesweit Schnee auf den Beständen, sodass diese vor dem Frost geschützt waren. Der Winter endete sehr nass, mit teils über 200 mm Niederschlag im Februar.
Mit dem Kriegsbeginn in der Ukraine wurde es auf dem Ölmarkt turbulent. Der Rapspreis explodierte und lag für alte Ware an der Börse im März kurzzeitig über 1.000 €/t. In dieser Zeit stellte sich auch die typische Omega-Wetterlage im Frühjahr ein, bei der ein stabiles Hoch den Zufluss feuchter Luft vom Atlantik blockiert und es über einen Zeitraum von sechs Wochen in weiten Teilen des Landes wenig bis gar nicht regnete. Glücklicherweise waren die Böden vom Februar her noch gut mit Wasser versorgt, und dem Raps stand in dieser Zeit ausreichend Wasser zur Verfügung.
Vegetationsverlauf im Frühjahr
Dennoch war die Nährstoffverfügbarkeit in dieser Zeit eingeschränkt. Bei Sorten mit einem frühen Austrieb und frühem Stängelwachstum steigt der Nährstoffbedarf zeitiger. Sorten mit frühem Längenwachstum reduzierten dann die Seitentriebe, und die Bestände streckten sich optisch dünn. Spät austreibende Sorten, wie ‚Ludger‘ oder ‚Ambassador‘, die in dieser Zeit noch im Endstadium ihrer Winterruhe sind, haben so früh noch keinen erhöhten Nährstoffbedarf. Dieser stieg erst mit dem Einsetzen der Regenfälle zum Ende der ersten Aprildekade mit besserer Nährstoffmobilität.
Früh austreibende Sorten, deren Bestand erst durch das Fehlen der Seitentriebe dünn war, schoben die Seitentriebe dann später nach und blühten an den Seitentrieben entsprechend später. Im weiteren Verlauf war der Sommer eher feucht und kühl, sodass die Bestände gut ausreifen und lange um- und einlagern konnten. Auch das war ein Glücksfall für Sorten, die früh reduziert hatten: Sie konnten noch Ertrag über die lang anhaltende Einlagerung und eine hohe Tausendkornmasse retten.
Der bundesweit heißeste Tag seit Beginn der Wetteraufzeichnung hat die Rapsernte in den letzten Tagen der Abreife noch einmal stark beschleunigt. Die Hitze an sich war kein Problem für den bis dahin schon reifen, aber noch feuchten Raps. Sie war eher nützlich, da sie Sorten mit starker Reifeverzögerung doch deutlich beschleunigte. So konnte in den Landessortenversuchen am 25. Juli der erste Raps mit unter 7 % Feuchtigkeit gedroschen werden.
Alles in allem war es ein weitestgehend zufriedenstellendes Rapsjahr mit einigen emotionalen Berg- und Talfahrten.
Einflüsse auf die Sortenempfehlung
Die Benotung der Entwicklung vor Winter in der Beschreibenden Sortenliste ist an die Eigenschaft der Stängelbildung vor Winter gekoppelt und nicht an die Massebildung der Pflanze im Allgemeinen. In den jüngeren Sorten trat, unabhängig von der Temperatursumme, vor der Winterruhe kein Stängelwachstum mehr auf. Wenn doch, führte das, selbst bei Verlust der Blattmasse, nicht mehr zur Auswinterung. Daher sind fast alle neuen Sorten in diesem Merkmal mit der Note 5 in der Beschreibenden Sortenliste eingestuft. Bei diesem Merkmal wird daher eher auf eigene Beobachtungen zurückgegriffen. Im Hinblick auf den immer weniger zu kontrollierenden Erdflohbefall im Herbst ist die frühe, schnelle Etablierung ohne Herbstdüngung essenziell, um eventuellen Fraßschäden durch massiven Erdflohbefall davonzuwachsen.
Zur Herstellung von Stickstoffdünger wird Erdgas benötigt. Einerseits stellt es den Wasserstoff zur Verfügung, um aus Luftstickstoff Ammoniak herzustellen, andererseits wird die Energie benötigt, um den Katalysator dafür auf zirka 500 °C zu heizen. Sowohl der Großteil des Erdgases wie auch der überwiegende Teil des Stickstoffdüngers kamen bis zum Kriegsbeginn in der Ukraine aus Russland. So scheint es immer noch große Ungewissheit zur Versorgungslage mit Stickstoffdünger zu geben. Sollte Stickstoff in der nächsten Zeit schwerer verfügbar sein, muss er da eingesetzt werden, wo er den größten Einfluss auf den Ertrag hat – im Frühjahr.
Also: keine Düngung im Herbst, Erdflöhe, wenige insektizide Wirkstoffgruppen, eventuell hohes Niveau an Pyrethroidresistenz in den Erdflohpopulationen – daraus folgt frühe Aussaat mit starkwüchsigen Sorten. Vom Prinzip her muss man den Raps im Herbst mit Vollgas anfahren, um dann die Handbremse in Form von Wachstumsreglern zu ziehen, um eventuelles Stängelwachstum zu bremsen. Je weniger Möglichkeiten in Form von Dünger und Pflanzenschutz zur Verfügung stehen, desto wichtiger werden ackerbauliche Maßnahmen wie Fruchtfolge, Saatzeit und Sortenwahl.
Leistung und Empfehlung für die Marsch
Wie im Vorjahr wurden im Sönke-Nissen-Koog und in Elskop insgesamt zwei Landessortenversuche (LSV) in der Marsch angelegt. Im Sönke-Nissen-Koog wurde der Versuch am 24. August gedrillt, der Versuch in Elskop am 2. September. Beide liefen zügig auf, wobei in Elskop ein stärkerer Erdflohbefall festgestellt werden musste und der Versuch etwas länger brauchte, um seine Reihen zu schließen. Im Koog konnten sich alle Versuche gut entwickeln. Über Winter gab es keinerlei Probleme. In den kalten Tagen über den Jahreswechsel lag auf allen Versuchen Schnee. Erst im Frühjahr zeigte sich, dass der Versuch im Sönke-Nissen-Koog doch stärker vom Erdfloh befallen war, als es im Herbst schien.
Wie im Bild zu sehen, wurde im Bestand nesterweise Besenwuchs festgestellt, der auftritt, wenn die Seitentriebe den Haupttrieb überwachsen. Der Versuch in Elskop ist im Frühjahr stark von Tauben geschädigt worden, sodass er auch seinen Blattapparat neu entwickeln musste und eher langsam in die Entwicklung ging. Glücklicherweise waren die Bedingungen nach dem Ende der Frühjahrstrockenheit bis zur Abreife ideal, sodass die Versuche erfolgreich beerntet werden konnten. Beide Versuche erreichten jedoch nur das Ertragsniveau des Vorjahres. Daher wird hier bei der Sortenwahl überwiegend die Hohenheimer Serienauswertung berücksichtigt.
Unter den drei- und mehrjährig geprüften Sorten konnten ‚Smaragd‘, ‚Ivo KWS‘ und ‚Ambassador‘ aufgrund der Serienauswertung empfohlen werden, wobei ,Smaragd‘ aufgrund des hohen Ölgehaltes in diesem Jahr bei der Marktleistung noch einmal zwei Prozentpunkte gegenüber dem Kornertrag zulegen konnte. Ebenso wie in Kastorf zeigt sich ‚Ernesto KWS‘ sehr robust bei Erdflohbefall, die Sorte konnte sich an den Befallsstandorten gegenüber der Serienauswertung verbessern.
Im zweijährig geprüften Sortiment zeigten ‚Daktari‘ und ‚Allesandro KWS‘ ein hervorragendes Ergebnis in der Serienauswertung. ‚Allesandro KWS‘ konnte sich durch ihren am Standort hohen Ölgehalt noch um zwei Prozentpunkte verbessern.
Im einjährigen Sortiment ist die Serienauswertung noch grau hinterlegt, sie besteht aus deutlich weniger Werten als die zwei- und dreijährigen Sortimente, gegebenenfalls ist die Sorte an einigen Standorten noch gar nicht geprüft. Diese Zahlen können sich zum nächsten Jahr noch einmal stark verändern, da nur die bis zum Jahr 2021 gelaufenen Versuche berücksichtigt sind.
Spannend in dem Sortiment ist die Sorte ‚PT 303‘, die eine starke Toleranz gegenüber Sclerotinia besitzen soll und sich in den Versuchen auch deutlich gesünder als die bekannten, eher anfälligen Sorten präsentiert hat. Außerdem sollten aufgrund des hohen Ertragsniveaus auch ‚Picard‘, ‚Scotch‘, ‚LG Adonis‘ und ‚Davos‘ im Auge behalten werden. Besonders ‚Davos‘ legt aufgrund ihres hohen Ölgehaltes noch einmal zwei Prozentpunkte in der Marktleistung gegenüber dem Kornertrag zu.
Sortenempfehlung für die Geest
Auf der Geest konnte im Herbst 2021 nur ein Landessortenversuch angelegt werden. Dieser konnte aber sehr gut etabliert werden und lief ohne weitere Schwierigkeiten durch den Winter. Die Trockenheit im Frühjahr war in Schuby deutlicher zu spüren, und so blieben die Bestände allgemein etwas dünner und niedriger als auf den besseren Standorten. Dennoch konnte auch in Schuby unter dem Düngeregime für Rote Gebiete ein Ertrag von 45 dt/ha erzeugt und somit der Vorjahresertrag um 6 dt/ha übertroffen werden.
Im dreijährigen Sortiment sticht einmal mehr die Sorte ‚Ambassador‘ heraus. Dies spiegelt sich auch in der Serienauswertung wider. In Schuby folgt auf Platz zwei ihre Vorgängerin ‚Architekt‘. Ebenfalls zeigen sich ‚Armani‘ und ‚Smaragd‘ sehr ertragsstark. Was für die Sorten eher untypisch ist, ist, dass ‚Ambassador‘ und ‚Architekt‘ aufgrund ihrer Ölgehalte in der Marktleistung noch einmal einen Prozentpunkt zulegen können. Bei ‚Armani‘ und ‚Ivo KWS‘ ist die Zunahme ebenso überraschend wie die Abnahme der Marktleistung um zwei Prozentpunkte bei ‚Smaragd‘.
Im zweijährigen Sortiment haben in den Vorjahren ‚Allesandro KWS‘ und ‚Daktari‘ hervorragend abgeschlossen. Die überdurchschnittlichen Kornerträge in der Serienauswertung stimmen jedoch nicht ganz mit den Ergebnissen aus diesem Jahr überein. Die Sorte ‚Aganos‘ stammt auch aus dem Hause Limagrain und geht auf dieselbe Genetik wie ‚Ambassador‘ zurück. Auf dem Standort Schuby weist diese Sorte im zweijährigen Sortiment den höchsten Kornertrag auf. Alle drei genannten Sorten konnten sich aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Ölgehalte um ein bis zwei Prozentpunkte in der Marktleistung verbessern.
Im dreijährigen Sortiment stechen ‚Picard‘ und ‚LG Adonis‘ heraus, wobei nur ‚LG Adonis‘ in der Marktleistung noch einmal einen Prozentpunkt zulegen konnte, aber dennoch nicht ganz an das Niveau von ‚Picard‘ heranreicht.
Standorte des Östlichen Hügellandes
In Loit und Futterkamp konnten die Versuche bereits im August gedrillt werden und sich im Herbst gut entwickeln. Dabei profitierte besonders Futterkamp von der Nähe zum Wasser. Aufgrund der höheren Temperaturen im Herbst ist die Vegetation dort ein paar Tage länger, und der Raps kann sich weiterentwickeln und mit höherer N-Aufnahme in den Winter gehen. Im Frühjahr hingegen erwärmt sich der Standort später. Dadurch ist Futterkamp in der Entwicklung immer etwas hinterher, was in diesem Jahr auch bei den frühen Sorten zu einem späteren Austrieb und somit höherem N-Bedarf erst nach der trockenen Phase geführt hat. Dadurch konnte sich der Raps eigentlich das ganze Jahr hindurch ohne Stress entwickeln und bei guter Wasserversorgung bis zur Ernte physisch voll ausreifen und trocken geerntet werden.
Diese Bedingungen spielen den Sorten mit norddeutscher Genetik in die Hände. Sie haben offenbar gegenüber den kontinentalen Sorten ein höheres Ertragspotenzial, das jedoch zur Ausbildung der vollen Erträge eine bessere Wasserversorgung benötigt. Bei Trockenheit fallen die Erträge schneller ab als bei Sorten mit kontinentaler Genetik. Jedoch verwäscht sich dieser Trend langsam, da die Züchter intensiv zusammenarbeiten. ‚Picard‘ etwa ist eine Hybride aus einer maritimen Mutterlinie und einer kontinentalen Vaterlinie und scheint in allen Bodenklimaräumen gut zurechtzukommen.
Im dreijährigen Sortiment gibt es daher wenig Überraschendes. Entsprechend der Serienauswertung sind ‚Ambassador‘ und ‚Smaragd‘ empfohlen. Unter den diesjährigen Bedingungen haben auch ‚Heiner‘ und ‚Ernesto KWS‘ die gleiche Leistung gezeigt. Am stärksten zeigt sich jedoch ‚Ivo KWS‘, die unter den Futterkamper Bedingungen noch einmal zwei Prozentpunkte in der Marktleistung gegenüber dem Ertrag zulegen konnte. Im Östlichen Hügelland präsentiert sich das gesamte zweijährig geprüfte Sortiment sowohl in der Ertragsleitung an den Standorten als auch in der Serienauswertung nur durchschnittlich.
Spannend ist auch hier der Blick in das einjährig geprüfte Sortiment. Hier muss erwähnt werden, dass die Datenbasis für die Serienauswertung noch gering ist und die Werte daher grau sind. Die Erfahrung zeigt auch, dass junge Sorten im ersten LSV-Jahr oftmals sehr ertragsstark sind. Dennoch liegt das Leistungsniveau von ‚Picard‘ und ‚LG Activus‘ mit rund 110 % auf einem Niveau, das auch in den kommenden Jahren überdurchschnittliche Erträge verspricht, zumal beide Sorten auch in den Wertprüfungen herausragende Erträge erzielt haben.
Ein Blick in die Serienauswertung verrät, dass ‚PT 303‘ sehr stark aus den Vorprüfungen kommt, aber dieses Jahr diese relative Leistung nicht zeigen konnte. Wenn man das aber umrechnet, dann sind 100 % von 57 dt immer noch 3 dt mehr als 106 % von 51 dt. Die Sorte selbst weist eine enorme Stängelgesundheit auf und zeigt sich auch bei Sclerotiniabefall in den Versuchen gesund.
Was noch zu erwähnen bleibt, ist, dass das mittlere Ertragsniveau in Futterkamp das Vorjahresniveau um 1 t überschreitet. Und auch Sorten, die im Vergleich zum Vorjahr in ihren Relativerträgen einige Prozentpunkte verloren haben, haben in diesem Jahr ihr Vorjahresniveau weit überschritten.
Die Leistungsprüfung der Kohlherniesorten findet sich hier.