„Pferdesport lebt von Feedback“, finden die Zuständigen der Stiftung Deutscher Spitzenpferdesport und haben daher den Bundestrainertag initiiert. Vereine, Betriebe und Stallgemeinschaften schickten insgesamt 290 spannende, witzige und emotionale Bewerbungsvideos, darunter auch das des Reit- und Fahrvereins Struvenhütten und Umgebung, Kreis Segeberg. Der kleine Verein ohne eigene Anlage gewann einen Tag mit Jonny Hilberath, der als Disziplintrainer Dressur sonst für die Olympia- und Perspektivkader und die Kaderanwärter zuständig ist.
„Für einen sehr ländlichen und kleinen Verein ohne vereinseigene Anlage und Räumlichkeiten ist es nicht immer einfach, ein vielfältiges Angebot für seine Mitglieder zu schaffen“, berichtet Jana Mohr, die erste Vorsitzende des Reit- und Fahrvereins Struvenhütten und Umgebung. Die Schwiegertochter des langjährigen Vorsitzenden Thorsten Mohr hat gemeinsam mit einigen anderen motivierten jungen Frauen im vergangenen Jahr den Vorstand übernommen. Oliver Haupt und Thorsten Mohr sind noch als Beisitzer beteiligt. Das neue Team schaffte es, trotz Pandemie die Mitgliederzahl zu verdreifachen. „Das macht uns sehr stolz“, verrät Mohr und fügt hinzu: „Es hat uns die Motivation gegeben, etwas größer zu denken.“
So kam die Idee auf, sich für den Bundestrainertag zu bewerben. Die Freude war groß, als klar wurde, dass der Verein einen der begehrten Termine mit einem Bundestrainer gewonnen hatte. Elf Reiterinnen des Vereins durften für jeweils 30 min mit Jonny Hilberath trainieren. Für den Bundestrainertag trafen sich die Vereinsmitglieder in Alveslohe, Kreis Segeberg, auf der Anlage von Jörn und Meike Boldt.
Prominenter Gast
Hilberath kam für den Termin in seine alte Heimat, denn der in allen Disziplinen bis zur Klasse S erfolgreiche Reiter wuchs in Kellinghusen, Kreis Steinburg, auf und machte seine Ausbildung bei Rosemarie Springer in Bad Bramstedt. Inzwischen ist er in Niedersachsen ansässig. Championatsreiter aus der ganzen Welt trainieren bei Hilberath, der als Bundestrainer das Deutsche Dressurteam bei den Olympischen Spielen in London zur Silbermedaille führte.
„Der Bundestrainertag ist eine spannende und wichtige Aktion“, sagte Hilberath dem ebenfalls angereisten NDR. Er hoffe, dass er irgendwann einmal einen Reiter aus dieser Region im Kader habe. „Je besser die Vereine funktionieren, je aktiver sie sind, umso besser ist es auch für uns – für den Spitzensport“, machte er deutlich.
Die elf ausgewählten Reiterinnen waren nicht nur dankbar für die Möglichkeit, sich Tipps und Tricks zu holen, sondern vor allem auch sehr aufgeregt. „Wir haben bei der Auswahl der Reiter besonderen Wert auf die Teilnahme an unserem Vereinsleben gelegt und waren begeistert darüber, dass wir eine sehr große Leistungsspanne zeigen konnten“, berichtet Jana Mohr. So nahm ihre achtjährige Tochter Isabell als jüngste Reiterin ebenso teil wie die erfolgreichste Vereinsreiterin Susanne Mohr, die in Intermediaire-Prüfungen startet.
Susanne Mohr ist die Schwester von Thorsten Mohr und war begeistert von der Möglichkeit, bei einem Bundestrainer zu reiten. Sie sprach von einer „einmaligen Chance“, die sie dem neuen Vorstand zu verdanken habe: „Der Verein war schon am Einschlafen. Was unser neuer Vorstand geschafft hat, muss man denen hoch anrechnen.“
Einsatz des Vorstands
Die halbe Stunde beim Bundestrainer hat sie vor allem in ihrer Herangehensweise bestätigt. Sie bekam den Tipp, mit ihrem gekörten Hannoveraner Hengst Schneefuß noch mehr an der Basis zu arbeiten. „Ich muss noch mehr an der Balance und der Kraft des Pferdes sowie an den Feinheiten arbeiten“, erklärt sie. „Mehr auf das Pferd hören und mit noch weniger auskommen. Man will immer zu viel.“
Begeistert war auch Juliane Petersen. Sie reitet auf A-Niveau und kam mit ihrem kleinen Deutschen Reitpferd. „Shanaya ist ein Koppelunfall“, erklärt sie lachend die Herkunft ihres Pferdes, das zu drei Vierteln Trakehner ist. Auch für sie war der Bundestrainertag sehr aufregend: „So oft fahre ich nicht los, auf dieser Anlage war ich noch nie und ein fremder Trainer ist immer spannend. Wenn es dann noch so ein prominenter ist, ist man umso angespannter“, verrät sie.
Doch Hilberath nahm ihr die Aufregung. „Er ist einfach supersympathisch und kann sehr anschaulich erklären“, berichtet Petersen. Auch die Zuschauer habe er gut mitgenommen und alles genau begründet.
Die Reiterin, die sonst mit ihrer Schwester trainiert, wollte gern an der Losgelassenheit und am Takt arbeiten. Hilberath riet ihr, sich vor allem auf das Geraderichten zu konzentrieren, dann kämen Takt und Losgelassenheit von allein. „Da mein Pferd auf der rechten Hand immer mit der Kruppe hereinkommt, soll ich auf dem Zirkel auf der rechten Hand Schulterhervor reiten und auf der linken Hand zur offenen Zirkelseite in die Konterstellung gehen“, erklärt Petersen die Anregungen. So soll ihr Pferd gerader vor die Hilfen kommen. Juliane Petersen hat jetzt ein Ziel, auf das sie hinarbeiten kann.
Überall Aufregung
Ähnlich lief es für Svenja Mohr: „Ich bin schon seit Wochen aufgeregt“, verriet sie dem Schleswig-Holstein-Magazin vor ihrer halben Stunde mit Hilberath: „Das ist ein großes Ding.“ Trotz der Aufregung präsentierte sie ihr Pferd sehr souverän und der Bundestrainer zeigte sich zufrieden: „Dein Pferd ist mit einem sehr guten Takt und Schwung ausgestattet“, lobte er. Am Ende war die Reiterin begeistert: „Das ist ein Wahnsinnsgefühl“, schwärmte sie und fügte hinzu: „Ich weiß, dass ich auf dem richtigen Weg bin.“
Glücklich waren aber nicht nur die Teilnehmerinnen. „Wir sind sehr stolz auf unseren Zusammenhalt und dass die Veranstaltung trotz der geringen Vorbereitungszeit reibungslos verlaufen ist“, resümiert Jana Mohr. Der Verein präsentierte an dem Tag auch eine Aufführung der Hobby-Horse-Gruppe mit Kindern ab fünf Jahren und ihren Steckenpferden. „Im Nachgang sind wir immer noch ergriffen von diesem Tag und werden dieses Erlebnis so schnell nicht vergessen. Jonny Hilberath hat so viele wertvolle Tipps gegeben, dass wir uns sicher sind, dass unsere Reiter noch lange an den Bundestrainertag zurückdenken werden“, schwärmt die Vorsitzende.
Doch auch ihre eigene Arbeit wird gewürdigt. Juliane Petersen lobt: „Das hat der Reitverein gut gewonnen.“ Sie freute sich besonders darüber, dass nicht nur die Besten zum Trainertag geschickt wurden, sondern darauf geachtet wurde, dass alle etwas mitbekamen. „Der Vorstand hat da ganz tolle Arbeit geleistet. Es war sehr gut organisiert“, fasst sie zusammen.