Klimaaktivisten der Bewegung „Letzte Generation“ haben im Potsdamer Museum Barberini Kartoffelbrei auf ein Gemälde von Claude Monet geworfen. „Was soll das denn?“, fragte ich meine Partnerin, „was hat denn Monet mit dem Klima zu tun?“ – „Ganz einfach“, sagte sie, „du sprichst gerade darüber. Über andere Aktionen würdest du vielleicht nicht sprechen.“
Schon gibt es Nachahmungen, etwa bei „Der Schrei“ von Edvard Munch. Die Bilder waren unter Glas und blieben unbeschädigt. Das haben die Aktivisten laut eigener Aussage vorher bedacht, es gehe ihnen ja nicht um Protest gegen die Kunst. Nur die Rahmen trugen Schaden davon.
Doch ist es ein Wert an sich, für etwas Aufmerksamkeit zu bekommen, egal in welcher Art? Auch Landwirte stehen in diesem Dilemma, wenn sie für berechtigte elementare Anliegen kämpfen und mit Schlepperkorsos Straßen blockieren. Kritik an den Aktionen steht schon bei Fuß, auch unter den Aktivisten selbst: Man diskreditiere mit dergleichen den Inhalt des Anliegens und rufe unnötig Ablehnung in der Bevölkerung hervor. Was aber braucht es, um Aufmerksamkeit und Bewusstheit für wirklich dringende Probleme zu schaffen, wie es der Klimawandel ist? Oh, geredet wird durchaus viel darüber, aber wirkungsvolle Maßnahmen bleiben aus oder dauern sehr lange, und viel Zeit lässt das Problem der Menschheit nicht.
„Wenn die Anti-Atomkraft-Bewegung damals nur vom Sofa aus Petitionen unterschrieben hätte, wäre Gorleben heute ein Endlager“, gab eine Hörerin in der NDR-Info-Radiosendung „Redezeit“ zu bedenken. Allerdings hat die Bewegung nicht nur durch Spektakel auf sich aufmerksam gemacht, sondern vor allem durch Argumente überzeugt, etwa dass Plutonium-239 eine Halbwertszeit von rund 24.000 Jahren habe – ein Zeitraum, bei dem unmöglich von „Sicherheit“ gesprochen werden könne. Was wären heute gute Gründe für Aktionen der Klimabewegung? Vielleicht dieser, der auch in der Sendung genannt wurde: Das Bundesverfassungsgericht hat im März entschieden, dass die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen die Grundrechte der Bürger nicht ausreichend schützen. Das, so der Hörer, rechtfertige auch Aktionen, die über bloße Meinungsbekundung hinausgingen.
Fataler als Kartoffelbrei ist der Vorfall, dass eine Straßenblockade in Berlin einen Stau verursachte, der dazu führte, dass ein Rüstwagen der Feuerwehr zu spät zu einer Schwerverletzten durchkam und diese starb. Carla Rochel von der „Letzten Generation“ verteidigte in der TV-Sendung „Markus Lanz“, dass die Aktivisten selbst für Rettungsgassen gesorgt hätten und Staus, wie sie weiter hinten entstanden, alltäglich seien – „kein gutes Argument“, wie Moderator Lanz bemerkte.
Es kann nicht angehen, dass diejenigen ihre Forderungen durchsetzen, die am lautesten schreien oder am spektakulärsten agieren. Das würde in die Macht der Radikalsten münden, in gewisser Weise eine Form der Macht des Stärkeren oder der versuchten Erpressung.
Gute Argumente sind immer noch die besten Gründe. Wenn es um elementar Wichtiges geht, dürfen sie durchaus ein entsprechendes Maß an Aufmerksamkeit einfordern. Schädigung oder Gefährdung von Menschen auszuschließen, muss dabei oberstes Gebot sein. Kartoffelbrei gehört dabei wohl zu den vergleichsweise harmloseren Mitteln.