Musik und Tanz waren Trumpf, aber auch viele anderen Vereine konnten sich präsentieren beim Schleswig-Holstein-Tag, den der Schleswig-Holsteinische Heimatbund nach der erzwungenen Corona-Pause endlich wieder veranstalten konnte. Als bestens geeignet bewährte sich der Ort der Austragung – das Freilichtmuseum in Molfsee mit seinem historischen und zugleich freizeittauglichen Ambiente.
„Wir brauchen noch ein Paar – und hier noch einen einzelnen Herren. Diese Reihe ist noch nicht voll, ihr müsst schneller aufstellen!“ Die Anweisungen von Frank Bohnsack schallen durchs Mikrofon. Es dauert nicht lang, bis sich die Gruppen zusammenfinden zum „Großen Triolett“ – „Wir machen nur eine Kehre, die konzentrischen Kreise lassen wir weg.“
Schon beginnt die Musik, und fast 100 Personen beginnen ihren gemeinsamen Tanz. Die unterschiedlichen Trachten von den Nordfriesischen Inseln bis zum südlichen Elbvorland mischen und drehen sich umeinander. Dass das so gut klappt, ist erstaunlich und lässt die paar Ansagen vor Beginn verständlich erscheinen. Tatsächlich gab es vor dem Auftritt keine gemeinsame Probe. „Die Gruppen kennen die Tänze und proben sie unter sich, und wir treffen uns oft gemeinsam zum Tanzen“, erklärt Bohnsack, der Beisitzer im Vorstand des Landestrachtenverbands ist und zusammen mit Katrin Rathjen das Programm zusammengestellt hat. Es sind Tänze aus Schleswig-Holstein, dem übrigen Norddeutschland, aber auch dem baltischen und skandinavischen Raum bis hin zu Griechenland. Über 60 Mitgliedsgruppen sind im Landestrachtenverband organisiert, mehr als 30 sind heute dabei. „Singen und Tanzen verbindet“, bringt es Bohnsack auf den Punkt.
SH ist international
Auch anderswo auf dem Gelände wird viel getanzt und gesungen, auf Platt- und Hochdeutsch, auf Griechisch oder Philippinisch. Und da sind die ukrainischen Mädchen, unterstützt von einem kleinen Chor und der Solosängerin Larissa, auch diese aus der Ukraine: traurige Lieder und fröhliche Tänze, sauber choreografiert mit Bänderschwenken, Radschlagen und Spagat, wenn auch mit ernstem Gesicht, was nicht verwundert. Ist das eine jahrelang eingeübte Musikgruppe? Nein, der Plöner Ukraine-Freundeskreis hat das mit den Geflüchteten, die sich dort in der Sammelstelle eingefunden haben, in kurzer Zeit organisiert. „Wir haben gefragt, was wollt ihr gerne machen?“, erklärt Annika Bornholdt vom Freundeskreis. Natürlich haben sie schon zu Hause getanzt und gesungen, aber eben nicht zusammen. Die Zuschauer sind verzaubert.
An den Ständen präsentieren sich rund 30 Vereine und Institutionen aus Schleswig-Holstein. Viele sind Untergruppen des SHHB, volkskundliche Museen, das Plattdeutsch-Zentrum mit einem Quiz (Wat heet Döntje, vigeliensch, Dwarslööper?), aber auch drei Suchtberatungsvereine und der historische Mercedes-Benz-Club. Der LandFrauenverband erklärt sein Archiv, das im Freilichtmuseum beheimatet ist. Die Eckernförder Originale„Stine“ und „Fiete“ ziehen mit ihrem Handwagen umher und bieten Sprotten und Köm an.
Wir schreiben das Jahr 1812
Ganz hinten unterhalb der alten Meierei haben sich Preußen niedergelassen – Tagelöhner, die sich von der schweren Arbeit ausruhen, eine Stoffdruckerin, der Landvermesser „Knufinke“. Wir schreiben das Jahr 1812, und die Preußen sind aus den von Napoleon besetzten Gebieten ins freie dänische Holstein geflohen. Und sie haben Wissen und Fertigkeiten mitgebracht, etwa die modernste Vermessungstechnik. Knufinke erklärt sein Instrument, den Teodolith, mit dem er Triangulation vornimmt – Dreiecksmessung. Hinter den Akteuren dieser Szenen verbergen sich Mitglieder der Interessengemeinschaft historischer Alltag, die die Zeit möglichst originalgetreu darstellen.
Das Publikum ist auch bis hier oben gekommen. Trotz großer Besucherbeteiligung verläuft es sich angenehm locker auf dem weitläufigen Gelände, sodass man nirgends ins Gedränge kommt. Und vor allen beschallen sich die Darbietungen nicht gegenseitig, wie es bei manchen früheren Schleswig-Holstein-Tagen leider der Fall war. So kann man alles in Ruhe genießen.