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Backhaus verteidigt Vorgehen

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Im Streit um die Ausweisung der Roten Gebiete in Mecklenburg-Vorpommern bleiben die Fronten verhärtet; allerdings ist die Tür für Gespräche wohl noch nicht ganz zugeschlagen. Mit Treckerkorsos und einer Kundgebung vor der Schweriner Staatskanzlei protestierten nach Angaben des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern rund 500 Landwirte – auch aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen – am vergangenen Freitag gegen die aus ihrer Sicht verfehlte Umsetzung der Nitratrichtlinie im Nordosten.

In einem offenen Brief kritisieren die Landwirte den Entwurf der neuen Düngelandesverordnung. Sie werfen der Landesregierung vor, dass mit der Neuregelung die Möglichkeiten einer genauen Ursachenforschung und ‑beseitigung für erhöhte Nitratmesswerte im Grundwasser nicht ausgeschöpft würden. „Wir wollen eine Düngeverordnung, die das Wasser wirklich schützt und nicht nur Landwirte sanktioniert“, erklärte der Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Detlef Kurreck, bei der Übergabe des Briefes an die Landesregierung.

„Ignoranter Umgang“

Kurreck stellte die Frage, ob dies nicht auch ein Anliegen der Regierung sein sollte. Der „ignorante Umgang“ des Landwirtschaftsministeriums mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Greifswald und die jüngste Bauernschelte von Ressortchef Dr. Till Backhaus (SPD) sprächen aber eine andere Sprache. Backhaus äußerte seinerseits Verständnis für den Unmut der Bauern, blieb aber in der Sache hart. Er wies darauf hin, dass 84 von 552 Grundwassermessstellen im Land zu hohe Nitratgehalte aufwiesen. Belegt seien teils auch hohe Werte von Ammonium und Phosphat sowie in 77 % der Landesmessstellen Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. „Das sind Fakten“, stellte der Minister klar. Nach seinem Verständnis ist die Umsetzung von Schutzmaßnahmen für das „wichtigste Lebensmittel“ Wasser das Gegenteil von Willkür und unumgänglich. Alles andere grenze an Realitätsverweigerung.

Kurreck stellte die Frage, ob dies nicht auch ein Anliegen der Regierung sein sollte. Der „ignorante Umgang“ des Landwirtschaftsministeriums mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Greifswald und die jüngste Bauernschelte von Ressortchef Dr. Till Backhaus (SPD) sprächen aber eine andere Sprache. Backhaus äußerte seinerseits Verständnis für den Unmut der Bauern, blieb aber in der Sache hart. Er wies darauf hin, dass 84 von 552 Grundwassermessstellen im Land zu hohe Nitratgehalte aufwiesen. Belegt seien teils auch hohe Werte von Ammonium und Phosphat sowie in 77 % der Landesmessstellen Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. „Das sind Fakten“, stellte der Minister klar. Nach seinem Verständnis ist die Umsetzung von Schutzmaßnahmen für das „wichtigste Lebensmittel“ Wasser das Gegenteil von Willkür und unumgänglich. Alles andere grenze an Realitätsverweigerung.

Emotionen kochen hoch

„Dass Fakten unter die Räder kommen, wenn die Emotionen hochkochen, ist bekannt. Und ich habe sogar Verständnis für die Emotionen, denn in einigen Bereichen der Landwirtschaft herrscht seit Langem der Krisenzustand“, räumte Backhaus ein. Er lud deshalb Verbände und Initiativen ein, sich an der Entwicklung der „Landwirtschaft der Zukunft“ zu beteiligen. Am Dienstag vergangener Woche hatte sich Backhaus im Gespräch mit Journalisten allerdings noch vehement gegen Vorwürfe des Bauernverbandes gewehrt, das Land sei bei der Erarbeitung der Düngelandesverordnung 2022 intransparent und willkürlich vorgegangen. In die wissenschaftlich fundierte Erarbeitung der alten Düngelandesverordnung 2020 sei der Bauernverband immer eingebunden gewesen, versicherte er. Das damals entwickelte zwei­stufige Ausweisungsverfahren mit letztlich 13 % nitratbelasteten Gebieten habe verhindert, dass weite Teile der Landwirtschaftsfläche pauschal als „belastet“ eingestuft worden seien. Damit stehe der Nordosten zudem vergleichsweise gut da.Wie Backhaus außerdem erklärte, habe das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Greifswald gegen die alte Landesdüngeverordnung zur Folge, dass die regionalisierte Gebietsausweisung mit 13 % Roten Gebieten nun nicht mehr möglich sei. Dies hätte ohne Nachfolgeverordnung den Effekt, dass nach der dann geltenden Bundesverordnung 77 % der Nutzflächen als belastet gelten müssten.

Um die Lage für die Landwirte nicht noch weiter zu verschärfen, habe das Land Beschwerde gegen das Urteil eingelegt, das nun an das Bundesverwaltungsgericht weitergegeben worden sei. Bis zu dessen Entscheidung gelte der Stand der Landesverordnung 2020 mit 13 % Roten Gebieten.Der neue Verordnungsentwurf 2022 mit den ebenfalls vom Berufsstand scharf kritisierten 46 % als nitratbelastet eingestuften Nutzflächen befindet sich nach Angaben des Landwirtschaftsministers derzeit im Anhörungsverfahren und soll im März in Kraft treten. Backhaus sieht das ursprünglich von seinem Haus entwickelte Berechnungsmodell, bei dem die Ertragsleistung und die Nährstoffspeicherung der Böden mit in die Ausweisung nitratbelasteter Gebiete einfließt, dennoch als gute Blaupause für ein möglichst bundesweit vereinheitlichtes Verfahren.

Till Backhaus
Detlef Kurreck

Gänse fressen Schafen das Futter weg

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Die Deichschäferei ist vor allem aus Gründen des Küstenschutzes wichtig. Man sollte erwarten, dass die Landespolitik die Deichschäfer nach Kräften unterstützt. Deichschäfer haben aber große Probleme.

Henning Hecker aus dem Sönke Nissen-Koog hält seine Schaffe auf dem Küstendeich und den Salzwiesen davor. Er sieht den Vorteil einer geringen Pacht und der Instandhaltung des Zaunes durch den Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN).

Wolf und Weidehaltung funktioniert nicht

Der junge Nordfriese macht darauf aufmerksam, dass die extensive Schafbeweidung der Salzwiesen aus Gründen der Artenvielfalt und des Vogelschutzes sinnvoll sei. Die Nutztiere schaffen offene Bereiche im Vorland und eröffnen damit für viele Vogelarten ein wertvolles Biotop. Leider würden die Gänse diese Stellen schnell besetzen und damit andere Vogelarten verdrängen. Hecker hofft, dass die Landespolitik das Gänseproblem durch Entschädigung, Bereitstellung anderer Flächen oder ein anderes Gänsemanagement endlich angeht. Auch beim Wolf fordert Hecker praktikable Lösungen: „Wolf und Weidehaltung – das funktioniert nicht“, so sein Schluss. Sollte sich nichts ändern, denkt er an betriebliche Umstrukturierungen, eine Einzäunung der Schafe im Winter sei jedenfalls arbeitsmäßig nicht zu schaffen. Neben seinem Onlineshop und Hofladen würde er gern eine Verkaufsstelle am Übergang zur Hamburger Hallig bauen.

Große psychische Belastung

Schäfer Christian Peter Carstensen aus Galmsbüll ist Demeterlandwirt und darf seine Schafe deshalb nicht am Küstendeich weiden. Das LKN behält sich vor, mit Pflanzenschutzmitteln regelnd einzugreifen, sollte sich die Zusammensetzung der Grasnarbe aus Sicht des Küstenschutzes negativ verändern. Carstensen beweidet die zweite Deichlinie und berichtet, dass der Gänsefraß inzwischen über den Winter bis ins Frühjahr reicht. Dadurch können die Schafe erst später auf den Deich, der aber die Futtergrundlage seiner Tiere darstelle. Der Wolf sei zwar nicht am Deich, Gefahr drohe aber im Binnenland auf der Geest, wo die Deichschafe im Winter laufen. Carstensen macht darauf aufmerksam, dass Schafrisse eine große psychische Belastung für Halter und Herde darstellen. Er schlägt vor, den Wolf in Gebiete mit weniger Weidetieren anzusiedeln. Die vorgeschriebenen Wolfschutzmaßnahmen halten die Tiere nicht ab, der Vergleich mit Tierparks, die Wölfe halten, macht es deutlich, sagt der Nordfriese. Deichschutz sei für alle Küstenbewohner ein wichtiges Thema. Wenn Deiche brechen, sei das kein rein landwirtschaftliches Problem.

Zwischen Superfood und No-Go

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Sie ist gesund, vielseitig, regional und natürlich. Die Milch vereint alle Eigenschaften eines modernen „Superfood“. Diese Botschaft muss allerdings noch besser an den Verbraucher vermittelt werden. Dass dies gelingen könne, davon zeigten sich die Referenten des Nordwestdeutschen Milchtreffs, der am Dienstag digital stattfand, überzeugt.

Milch ist nicht nur ein Lebensmittel, sondern ein globales Thema der Zukunft. „Wir werden zehn Milliarden Menschen ernähren müssen“, betonte Prof. Gunther Hirschfelder von der Universität Regensburg. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Aus seiner Sicht wird Europa der große Gewinner der Agrartransformation in den nächsten Jahrzehnten sein, weil der Bedarf an Lebensmitteln auf dem Weltmarkt steige. Das erhöhe die Exportchancen für die heimische Produktion.

Ein altes Superfood

Dass ­Milchproduktion auch Kritik ausgesetzt ist, begründet der Hochschullehrer damit, dass sie ein bisschen „aus unserem Nahbereich verschwunden ist“. Immer weniger Leute hätten mit der Agrarproduktion zu tun. „Je mehr wir uns entfremdet haben von der Landwirtschaft, desto mehr sind wir dahin gekommen, dass die Milch von einem Erfolgs- zu einem Skandalprodukt geworden ist“, erläuterte Hirschfelder. Das müsse und könne man umkehren.
Ihm zufolge haben junge Menschen oft Angst vor der Zukunft und vor einer Welt, in der man nicht mehr leben kann. Es würden dann Sündenböcke gesucht, meistens aus dem Nahbereich. Dagegen helfe, faktenbasiert zu diskutieren. „Die meisten Menschen kann man mit normalen Argumenten überzeugen“, ist Hirschfelder überzeugt. Gegen die Argumente der Hardcore-Veganer könne man jedoch nicht diskutieren. Diese Gruppen würden zumeist einen anonymen Hof oder die gesamte Branche skandalisieren. Bei einer Person, die auf einem Hof arbeite, sei das jedoch erst mal nicht so einfach.
Hirschfelder sieht die Lösungen für die Anforderungen an die Milchproduktion im „technischen Fortschritt, der menschen- und naturgerecht“ sei. Mit Technik und Sachargumenten lasse sich jedoch nur eingeschränkt werben. „Wir können zwar über Ernährung aufklären, aber Essen und Trinken sind emotionale Sachen“, betonte der Wissenschaftler. Die Milch biete allerdings auch „im Fashion-Bereich“ viele Möglichkeiten, weil sie vielfältig sei und viele Produkte daraus erzeugt werden könnten. „Wir haben ganz vergessen, dass Milch ein ganz altes Superfood ist“, betonte Hirschfelder.
Er sieht zwei große Trends bei der Ernährung. Das seien „medical food“ und „health food“. Essen soll also einen gesundheitlichen Mehrwert bieten. Auch hier könne die Milch als gesundes Lebensmittel nur punkten. Dafür müsse aber wieder mehr über die Milch geredet werden, über die Produkte und über die Kuh. Hirschfelder erklärte: „Marken könnten Orientierung bieten.“ Insbesondere junge Leute seien sehr markenorientiert und würden von den Versprechen der Werbung beeinflusst, dass sie durch den Konsum bestimmter Produkte „schöner, gesünder oder schlauer“ würden. Werbung sei schon lange keine reine Verbraucherinformation mehr. Mit Blick auf die Produktvermarktung attestierte der Wissenschaftler der Milchbranche noch großes Steigerungspotenzial.


Es wird unpersönlicher

Klaus-Peter Lucht

Dem stimmte Klaus-Peter Lucht zu. Der Milchviehhalter aus Mörel, Kreis Rendsburg-Eckernförde, und Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH) erklärte: „Wir haben zu lange nicht mehr über uns gesprochen und es rächt sich ein bisschen, dass wir die CMA aufgelöst haben.“ Er betonte die Bedeutung der Branchenkommunikation und der Initiative Milch, die im vergangenen Jahr ihre Arbeit aufgenommen hat. Die Initiative sei überwiegend digital unterwegs und eine gute Möglichkeit, bei Fehlinformationen direkt dagegenzuhalten, zum Beispiel in den digitalen Medien. Auch die Verbreitung positiver Botschaften über die Milch gehöre zu den Aufgaben der Initiative. Davon gebe es genug. „Wir sind weltweit führend, was die Emissionen pro Kilo Milch angeht“, betonte Lucht. Das sei Klimaschutz. Wenn die Produktion hingegen verlagert und importiert werde, schädige dies das Klima. Seine Forderung: Wenn die Gesellschaft in Deutschland und Europa wolle, dass Landwirte weit über den sonstigen Standards arbeiten müssten, dann müsse das auch bezahlt werden.
Lucht mahnte in diesem Zusammenhang einen zu raschen Strukturwandel an. „Wir haben bereits die ersten bauernlosen Dörfer“, so Lucht. Das führe dazu, dass sich das Land negativ verändere. Es werde unpersönlicher, wenn der Bauer fehle. Das soziale Leben im Dorf und beispielweise die Feuerwehr würden nicht mehr beschickt. Laut dem BVSH-Vizepräsidenten gibt es Landwirte, die zu Recht sagten: „Wir haben die Schnauze voll bei der öffentlichen Gegenwehr, die teilweise zu spüren ist.“ Aber es helfe nicht, „die Köpfe in den Sand zu stecken“, unterstrich Lucht. Er warb für Optimismus und motivierte: „Wenn die Menschen nicht zu uns kommen, müssen wir zu ihnen gehen, um sie zu überzeugen, dass wir gute Dinge machen.“
Nach seiner Wahrnehmung ist Ernährung eins der Themen, die am meisten in der Bildung vernachlässigt werden. Kinder müssten öfter in die Situation kommen, sich selbst Gedanken dazu zu machen, wo das Essen herkomme. Lucht habe in seinem Bekanntenkreis Schulgärten als gute Beispiele erlebt. Solche Projekte müssten mehr gefördert werden.

Erklärbär spielen

Katharina Leyschulte, Milchviehhalterin aus Nordrhein-Westfalen, ergänzte zum Thema Öffentlichkeitsarbeit: „Man kann viel über Kindergeburtstage machen.“ Dabei würden auch die Eltern geschult. Grundsätzlich sollten Landwirte aus ihrer Sicht die Liebe zum Umgang mit Natur – die jeder Bauer habe – stärker nach draußen tragen. „Man kann nicht überkommunizieren. Wir müssen immer weiter den Erklärbar spielen“, unterstrich sie. Landwirte seien zudem Landschaftsgestalter und Landschaftspfleger und machten beispielsweise Grünland über die Milchkuhhaltung für den Menschen nutzbar, nannte sie eine weitere positive Botschaft.
„Bei kritischen Medienberichten und uninformierter Berichterstattung versuche ich Kontakt aufzunehmen“, erklärte Helmut Evers, Milchviehhalter aus Niedersachsen. Er lade dann die verantwortlichen Journalisten auf seinen Betrieb ein, um miteinander zu reden und aufzuklären. Aufklärungsarbeit leistet Evers auch auf dem Videoportal MyKuhTube, wo er mit unterhaltsamen Kurzfilmen Einblicke in seine Betriebsabläufe gewährt. „Wir sind Museum, Zoo und Zirkus zugleich“, schilderte Evers. Neben der Kommunikation nach außen hält er es für wichtig, sich auch unter Kollegen auszutauschen, um immer besser zu werden. Politik lässt sich aus seiner Sicht von schnelllebigen Trends – auch durch die digitalen Medien – zunehmend treiben. „Wir müssen authentisch bleiben und an die Multiplikatoren herankommen, zum Beispiel Lehrer und Pastoren“, ist der Milchviehhalter überzeugt. Ihm ist für die Zukunft der Branche nicht bange, denn „wer heute diesen Job macht, hat eine Leidenschaft für die Tiere und brennt für die Arbeit“. 

Strategie zur Zukunft der Niederungen

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Um die Zukunft der Niederungen in Schleswig-Holstein sowie um bereits laufende Projekte in der Region ging es vorige Woche bei einem Besuch des Umwelt- und Landwirtschaftsministers, Jan Philipp Albrecht (Grüne), beim Schöpfwerk Sandschleuse in Meggerdorf. Dort stellte er die Niederungsstrategie 2100 vor, für die zusammen mit den Akteuren aus Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und Naturschutz bis 2023 Lösungen erarbeitet werden sollen, um den Herausforderungen des Klimawandels mit steigendem Meeresspiegel, schwankenden Wasserständen sowie zunehmenden Starkregenereignissen zu begegnen. „Und um eine gute Perspektive für die Niederungen zu entwickeln“, so Albrecht.

Das Großschöpfwerk Sandschleuse ist eines von 50 Schöpfwerken des Eider-Treene-Verbandes, das in der Region seit Jahrzehnten dafür sorgt, dass die Niederungsflächen bewohn-, befahr- und bewirtschaftbar bleiben. Es ist weitestgehend digitalisiert, hat ein Einzugsgebiet von zirka 28.000 ha und eine Leistung von
25 m3/s, „was eine sehr große Förderleistung ist“, erklärte Stephan Schwarz, zurzeit kommissarischer Geschäftsführer des Verbandes, den Anwesenden. „Dabei ist es uns wichtig, nur so viel wie nötig zu pumpen, damit die Flächen nass bleiben und Sackungen weitestgehend vermieden werden“, erläuterte zuvor Schöpfwerksmeister und ­Maschinenkonstrukteur ­Matthias Urbahns, der für die Betreuung von Technik und Gebäuden zuständig ist.
Neben dem Schöpfbetrieb ist der Verband auch für die Gewässerunterhaltung, den Hochwasserschutz und die Deichunterhaltung zuständig sowie für die Verwaltung und technische Betreuung der Mitgliedsverbände. „Vielen Menschen ist nicht mehr bewusst, was hier für Herausforderungen zu stemmen sind und täglich gestemmt werden“, sagte Albrecht anerkennend. Insbesondere die Niederungsbereiche – Flächen, die 2,5 m unter Normalnull liegen und gut ein Fünftel der Landesflächen ausmachen – seien auf leistungsfähige und funktionierende Entwässerungsanlagen angewiesen. Und die Herausforderungen würden für die in die Jahre gekommenen Anlagen aus den 1950er bis 1970er Jahren immer größer.
Der durch den Klimawandel steigende Meeresspiegel sowie zunehmende Starkregenereignisse, aber auch klimabedingte Veränderungen der Niederungsböden mit entsprechenden Treibhausgas­emissionen erforderten eine Anpassung der bisherigen Wirschaftsweisen von Wasser- und Landwirtschaft, um die ­Region als Lebens- und Wirtschaftsraum sowie die von Generationen nutzbar gemachten Flächen zu erhalten. „Wir müssen handeln“, betonte der Minister.
Ein Drittel der Niederungsbereiche wird von ehemaligen Mooren gebildet, die größtenteils für die Landwirtschaft entwässert wurden, um die Menschen nach dem Krieg ausreichend mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Was seinerzeit wichtig und richtig gewesen sei, sei heute für ein Fünftel der Treibhausgas­emissionen in Schleswig-Holstein verantwortlich. Die Vernässung dieser Böden sei biologischer Klimaschutz, so Albrecht.
Um diese Niederungsflächen dennoch für die landwirtschaftliche Nutzung sowie als Lebens- und Kulturraum zu erhalten, gleichzeitig der Biodiversität und dem Gewässer- und Klimaschutz den Stellenwert einzuräumen, den sie brauchten, sei es notwendig, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, die eine nachhaltige, wasserwirtschaftlich sinnvolle und finanziell abgesicherte Entwässerung organisiere. „Das ist eine ­Mammutaufgabe der Daseinsvorsorge“, so Albrecht.

„Wir wollen eine Win-win-win-Situation“

Die funktioniere aber nur, wenn alle betroffenen Akteure in diese Strategie mit eingebunden würden, und genau das solle mit der ­Niederungsstrategie 2100 des Landes erreicht werden, so der Minister weiter. Entsprechende Eckpunkte wurden bereits abteilungsübergreifend von Wasserwirtschaft, Klima- und Naturschutz sowie Landwirtschaft festgelegt und mit dem dafür eingerichteten Projektbeirat beraten. „Vor allem mit den Wasser- und Bodenverbänden, die die Entwässerung gewährleisten, aber besonders auch mit den nutzenden Landwirtinnen und Landwirten, mit den Menschen, die hier wohnen, aber auch den Akteuren, die sich um das Thema Klimaschutz, Gewässerschutz und Naturschutz kümmern, müssen wir gemeinsam an dieser Strategie arbeiten, um auch künftig eine Wertschöpfung in den Niederungen zu ermöglichen.“ Dabei müsse auch über neue Nutzungsformen wie die Paludikultur auf den Moorflächen nachgedacht werden, um den Kohlenstoffausstoß der Moorflächen zu reduzieren. „Wir wollen eine Win-win-win-Situation, wissen aber, dass das eine enorme, vor allem finanzielle Herausforderung wird“, so Albrecht.
„Diese drei Wins werden ohne die Landwirte, die die Flächen in den Niederungen pflegen und bewirtschaften, aber nicht funktionieren“, betonte Jan Rabeler, Marschenverbandsvorsitzender und Eiderstedter Oberdeichgraf. Es freue ihn, als Marschenverbandsvorsitzender an der Strategieentwicklung teilnehmen zu können: „Wir konnten in dieser Runde trotz Corona relativ flott Eckpunkte voranbringen und sie so zusammenschreiben, dass alle damit leben können. Nun geht es darum, die ganze Sache mit Leben zu füllen“, so Rabeler. Die enormen Kosten müssten dabei auf alle Schultern verteilt werden, „das können die Menschen, die hier wohnen, nicht alleine stemmen.“
Und auch Dr. Lennart Schmitt, Leiter der Umweltabteilung des Bauernverbandes Schleswig-Holstein und Mitglied im Projektbeirat, forderte die finanzielle Unterstützung durch das Land, um die Nutzer zu entlasten und die Kosten aufzuteilen. Zudem sei es wichtig, den Freiwilligkeitsgrundsatz für die Landwirte zu wahren. „Für uns beim Bauernverband knüpft die Niederungsstrategie 2100 daran an, wie wir Landwirtschaft und Moorschutz zusammenbringen können. Dafür haben wir vom Verband aus ein Posititionspapier gestaltet, das viele der Forderungen aufgreift“, so Schmitt. Man nehme die Veränderungen wahr, mittlerweile stünden viele Klimaschutzleistungen im Vordergrund, die bisher durch die Landwirte und Landnutzenden hier finanziert worden seien. Bei den Klimaaspekten gehe es aber auch um Gemeinwohlleistungen, die honoriert werden müssten.

Fotos: Iris Jaeger
Fotos: Iris Jaeger


Die Landwirte seien auf den Niederungsstandorten grundsätzlich bereit, auf freiwilliger Basis mehr für den Klima- und Naturschutz zu tun, vorausgesetzt, es bestünden für sie eine wirtschaftliche Perspektive und Planungssicherheit. Die brauche es auch für die vom Land vorgeschlagene Paludikultur (land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Hoch- und Niedermoore, wie beispielsweise der Anbau von Schilf für Dachreet, die energetische Verwertung von Niedermoorbiomasse, die Nutzung von Röhrichten für neue Baustoffe oder die Kultivierung von Torfmoosen als Torfersatz in ­Substraten für den Gartenbau). „Das sehen wir beim Verband noch skeptisch, solange es dafür noch keine klaren Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen gibt, die eine langfristige Planungssicherheit gewährleisten.“ Auch müsse es möglich sein, Flächen zu tauschen. Da wünschten sich die Landwirte mehr Flexibilität.

Sorgekoog-Projekt

Wie komplex die wasserwirtschaftlichen, hydrologischen, bodenkundlichen sowie klimatischen Zusammenhänge in den Niederungen tatsächlich sind, zeigte Kerstin Fuhrmann, ­Verbandsingenieurin, stellvertretende kommissarische Geschäftsführerin und Projektleiterin beim Eider-Treene-Verband anhand des Sorgekoog-Projektes in der Eider-Treene-Sorge (ETS)-Niederung. Mit einer Größe von rund 8.300 ha und einem Einzugsgebiet von rund 12.000 ha stehe der Sorgekoog seit Jahrhunderten stellvertretend für die übrigen Niederungsgebiete in der ETS-Region. „Es ist eine durch Wasser- und Landwirtschaft geprägte Kulturlandschaft. Wasser- und Landwirtschaft arbeiten dabei seit Jahrzehnten kooperativ und gut mit dem Naturschutz zusammen“, betonte Fuhrmann. Durch die Bewirtschaftung der Niederungsflächen hätten sich viele Wiesenvogelbestände etablieren können. Auch eine 2019 durchgeführte Agrarstrukturanalyse habe gezeigt, dass die Landwirtschaft eine für die regionale Wertschöpfung nicht unerhebliche Bedeutung habe.
Dabei wirtschafteten die Landwirte unter erschwerten Bedingungen auf Grenzstandorten, die durch Geländehöhenverluste und schwankende Wasserstände mit teils auch im Sommer übersättigten Böden gekennzeichnet seien. Der Geländehöhenverlust betrage auch in langjährig aufgestauten Gebietsbereichen durchschnittlich 0,7 cm pro Jahr. Die Untersuchungen hätten des Weiteren gezeigt, dass es keinen Zusammenhang zwischen Grabenwasserstand und dem Wasserstand auf den Flächen gebe, es sich dabei um zwei unabhängig voneinander bestehende Systeme handele. Die Wasserstände reagierten unabhängig voneinander auf Niederschläge und Verdunstung. Wichtig sei, das Wassermanagement in den Niederungen flexibel zu gestalten, um auf Hochwasserereignisse reagieren zu können, so Fuhrmann. Aber auch die sackungsgefährdeten Gebiete müssten hinsichtlich der Wasserstände optimiert werden. Sie wünsche sich eine Fortsetzung der ganzheitlichen Untersuchungen auch hinsichtlich der Treibhausgasminderungspotenziale der Böden sowie eine ergebnisoffene Diskussion, die alle einbeziehe.
Das wünscht sich auch Landwirt Jan Koll aus Meggerdorf, einer der Landwirte, die sich tagtäglich mit den erschwerten Arbeitsbedingungen auf den Niederungsflächen auseinandersetzen müssen. Ihm sei der Erhalt der Kulturlandschaft sehr wichtig. Seit Jahrzehnten engagierten sich die Landwirte in der Region für den Wiesenvogelschutz. Höhere Wasserstände, wie sie der Naturschutz fordere, würden dieses Engagement gefährden und zusätzliche Kosten verursachen. Die Bewirtschaftung sei jetzt schon arbeits-, zeit- und kostenintensiv und ohne finanzielle Unterstützung nicht machbar. „Wenn die Politik Veränderung will, muss das gut überdacht sein, denn mit unüberlegten Handlungen kann man auch viel kaputt machen“, so Koll.

Lebensraum für Amphibien und Vögel

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Eine Wiesen- und Weidefläche nahe der Brandsau bei Groß Rönnau, Kreis Segeberg, verändert derzeit ihr Gesicht. Auf eine 8-ha-Fläche entsteht eine naturnahe feuchte Niedermoor- und Auenlandschaft. Die Renaturierung liegt in den Händen der Ausgleichsagentur der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, die das Gebiet vor zirka 13 Jahren erworben hat.

Das Stiftungsland solle in eine bunte Vielfalts-WG zurückverwandelt werden, erläutert Projektmanager Philipp Meinecke von der Ausgleichsagentur. Er beschreibt: „Aus Einheitsgrün wird quirlig bunt. Ein neues Zuhause entsteht für Frösche, Kröten, Vögel, Insekten sowie heimische Pflanzen.“
Baggerfahrer Ernst Boljen aus Dithmarschen sorgt für den Aushub der Erde für die Anlage von drei Amphibiengewässern. Bedrohte Amphibien wie der grasgrüne Laubfrosch erhalten hier laut Meinecke ein ideales Feuchtbiotop. Die Maßnahme begleitet Florian Bibelriether von der Firma Amphi Consult. Der Amphibienexperte unterstützt den Baggerfahrer beim fachgerechten Anlegen der flachen Gewässer. Dabei prüft er auch die jeweilige Bodenqualität.
„Alte Entwässerungsrohre für die damalige Drainage der Wiesen werden gekappt“, erklärt Naturschützer Meinecke. So schüfe man eine wichtige Kohlenstoffsenke und ein natürlicher Wasserhaushalt werde wieder hergestellt. Das diene nicht nur der Artenvielfalt, sondern als auch dem Klimaschutz. „Außerdem werden die Flächen wieder für Feldlerche und Kiebitz – beides selten gewordene Vögel hier bei uns – attraktiv“, erklärt Meinecke. Das artenreiche Grünland werde unter Auflagen wieder an regionale Landwirte verpachtet. Im Sommer sollen Robustrinder, vor allem Galloways, die eingezäunte Fläche beweiden und auch die Gewässer somit offenhalten.

Bei Groß Rönnau im Kreis Segeberg verwandelt die Ausgleichsagentur der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein eine 8 ha große Wiesenfläche in eine naturnahe Niederungsmoor- und Auenlandschaft. Projektmanager Philipp Meinecke begleitet das Projekt. Im Hintergrund ein bereits fertiggestelltes flaches Kleingewässer für Laubfrösche und andere Amphibien. Foto: Karsten Paulsen

Info

Die Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein ist ein 100%iges Tochterunternehmen der Stiftung Naturschutz. Laut Projektmanager Philipp Meinecke sieht sie sich als Dienstleisterin an der Schnittstelle zwischen Vorhabenträger und Behörden, die Naturschutzauflagen festlegen, wenn Eingriffe in den Naturhaushalt vorgenommen werden. Mit Hilfe der Ökokonten der Stiftung Naturschutz könnten die Vorhabenträger ihrer Verpflichtung nachkommen und ein neues Stück intakte Natur schaffen, wie jetzt bei dem Projekt an der Brandsau bei Groß Rönnau.

Fortschritte bei Spitzengespräch

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Zwischen Schleswig-Holsteins Umwelt- und Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) und Werner Schwarz, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), fand vergangene Woche Freitag ein Austausch zu aktuellen agrarpolitischen Themen per Videokonferenz statt.

Schwarz thematisierte die absehbare Ausgestaltung der Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP). Der Verbandspräsident erneuerte die Kritik, dass außer Vertragsnaturschutz und Ökolandbauförderung keine geeigneten wirtschaftsnahen Maßnahmen in der Zweiten Säule vorgesehen seien. Insgesamt sei das Konzept der Eco-Schemes nicht attraktiv, vor allem für die Grünlandwirtschaft und den Ökolandbau, da diese jeweils wenige Möglichkeiten hätten, Eco-Schemes auf ihren Betrieben umzusetzen. Entsprechende Forderungen hatte der erweiterte BVSH-Landesvorstand schon vor Weihnachten in einer Resolution formuliert (siehe Ausgabe 51/2021).

Albrecht zeigte sich dafür nun offen und kündigte nicht nur mögliche Änderungen bei den Eco-Schemes ab dem Jahr 2024, sondern auch bei den Eler-Maßnahmen und im Rahmen der Neuaufstellung der GAK-Mittel ab 2023 an. Die Einführung einer Diversifizierungs- und einer Weidehaltungsförderung befinde sich in der Prüfung. Als Klimaschutzmaßnahme zur Humusbindung schlug Schwarz neben einer Honorierung von Humusbilanzen einen Kostenzuschuss für Saatgut von winterharten Zwischenfrüchten vor.

In dem Gespräch, an dem auch Staatssekretärin Dr. Dorit ­Kuhnt aus dem Kieler Landwirtschaftsministerium (Melund) sowie BVSH-Generalsekretär Stephan Gersteuer und sein Stellvertreter Michael Müller-Ruchholtz teilnahmen, wurden zudem die Forderungen der EU-Kommission nach einer Ausweitung der Roten Gebiete im Rahmen der Düngeverordnung diskutiert. Der Bauernverband drängte außerdem darauf, die im Insektenschutzpaket enthaltene Ausnahme zum Glyphosateinsatz entsprechend der Handhabung anderer Bundesländer auch bei der Bekämpfung von Problemunkräutern wie Ackerfuchsschwanz und Windhalm vorzusehen. Schwarz betonte die politische und rechtliche Einschätzung des Bauernverbandes, dass die Herausgabe von Pflanzenschutzmitteldaten von Landwirten zwecks Weiterleitung an Naturschutzorganisationen nicht gefordert werden könne.

Weiteres Thema war die vom Bauernverband vor zwei Jahren angeschobene Entbürokratisierungsinitiative, die, wie Schwarz ausführte, bislang keine konkreten Ergebnisse gebracht habe. Albrecht sagte zu, die Chancen der Digitalisierung dafür stärker als bisher zu nutzen. 

Werner Schwarz. Foto: kis

Mit Actionbound um den Plöner See

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Nicht um Schnelligkeit, sondern um das geschickte Knobeln und Lösen von Aufgaben ging es bei der Autorallye des Kreislandjugendverbandes (KLV) Plön vor gut zwei Wochen. Alles war coronakonform vorbereitet und rund 50 Mitglieder der Ortsgruppen trafen sich zur Einweisung in Lepahn in der Gemeinde Lehmkuhlen.

Ein Team aus dem Vorstand erstellte die Rallye mithilfe der App Actionbound. Die App ist sehr praktisch und nutzerfreundlich, man braucht weder Papier noch Stift, um die Rätsel zu lösen. Alles läuft übers Smartphone. Für besondere Herausforderungen bei der Fahrt der zehn Pkw um den Plöner See sorgte das Sturmtief „Zeynep“. Trotzdem machten sich die Teams an die Aufgaben, schossen Gruppenfotos vor dem Plöner Schloss oder drehten Videos von lustigen Szenen im Auto. Auch der Holzberg­turm in Neversfelde in der Nähe von Malente musste bestiegen werden, um die Anzahl der Stufen anzugeben. Zwischen den Stationen waren Quizfragen rund um die Ortsgruppen der Landjugend des Kreises Plön zu beantworten. Bei allen Aufgaben konnten Punkte gesammelt werden und das Team mit den meisten Punkten und den lustigsten Beiträgen gewann einen Pokal und auch viel Anerkennung von den anderen Rallyefahrern. Vor allem aber hatten alle Teams unabhängig vom Kampf um die Platzierung sehr viel Spaß. 

Unsere Väter stärken uns den Rücken

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Laura Stolley (22) aus Selk und Wiebke Wendt (24) aus Westermoor berichten über die Heraus­forderung, bei der Hofübernahme  immer mehr Verantwortung zu übernehmen und wie gut es sich anfühlt, dass ihnen ihre Väter dabei den Rücken stärken. 

Als Junglandwirtin denkt man über viele wichtige Entscheidungen nach. Die Gedanken drehen sich um die Zukunft. Man ist jung, motiviert und plant, wie es betrieblich weitergehen kann. Von außen prasseln Nachrichten über politische Entscheidungen, Informationen über landwirtschaftliche Neuerungen und unterschiedliche Meinungen auf einen ein und beeinflussen die Gedankengänge mal mehr und mal weniger.

Nach Schule und Ausbildung mussten wir feststellen, dass wir uns noch nicht ansatzweise bereit fühlten, einen Hof zu übernehmen. Vielmehr ging es darum, das theoretische Wissen in die Praxis umzusetzen – und das ist leichter gesagt als getan. Also wachsen wir beide nun langsam in unsere zukünftige Rolle als Unternehmerin und Betriebsleiterin hinein. Von außen wird man immer mal wieder belächelt, wenn man als Frau einen Hof übernehmen möchte. Wir können jedoch sagen, dass wir bis jetzt alle Aufgaben meistern konnten. Auf dem Betrieb übernehmen wir zunehmend mehr Aufgaben und Verantwortung, die bisher von unseren Vätern übernommen wurden. Allmählich aber wird immer klarer, dass ein Wandel stattfindet: Wir sind diejenigen, die die Entscheidungen bald allein treffen müssen. Noch stehen uns unsere Väter immer mit einem guten Rat zur Seite und stärken uns den Rücken. Das ist ein sehr gutes Gefühl, gibt uns Zuversicht und bestärkt uns in dem, was wir tun.

In letzter Zeit beschäftigen uns besonders negative Schlagzeilen über die Landwirtschaft wie die Berichterstattung über Nitrat im Grundwasser, eingebracht durch landwirtschaftliche Nutzung, oder das Töten männlicher Kälber. Man muss lernen, damit umzugehen. Das ist bestimmt nicht leicht, aber es nützt auch nichts, sich davon herunterziehen zu lassen. Wir wissen, was wir tun, und vor allem, dass wir das gut machen. Das müssen wir auch nach außen repräsentieren. Die große Öffentlichkeitsarbeit ist nicht jedermanns Sache, unsere auch nicht, aber es bringt schon eine Menge, wenn man seinen Freunden, Nachbarn und dem Dorf zeigt, was man macht und mit wie viel Leidenschaft man dabei ist. Politische Entscheidungen kann man vielleicht etwas schwerer beeinflussen, jedoch ist es uns wichtig, unsere Meinung über die Interessenvertretung mit einzubringen, deswegen sind wir Teil des Sprecherteams im Agrarausschuss des Landjugendverbandes. Hier können wir die Meinung der Junglandwirte vertreten. Durch die Landjugend und gerade den Agrarausschuss beschäftigen wir uns mit vielen (agrar)politischen Themen. Durch den intensiven Austausch, der sich teilweise deutschlandweit vollzieht, hat man einen noch weiteren Blick über den Tellerrand und kann seinen Horizont erweitern. Bei der Landjugend sind immer alle offen und motiviert, das spornt uns noch mehr an und manchmal bekommen wir auch dadurch noch jenes Quäntchen Mut zugesprochen, das bisher fehlte.

Gerade wenn es darum geht, neue Dinge auszuprobieren, ist es einfacher, wenn man jemanden fragen kann, der schon Erfahrungen damit gesammelt hat. Gesellschaft und Politik sind so schnelllebig geworden. Gefühlt lebt jeder in seiner Blase und oft wird etwas getan, ohne zu wissen, was es eigentlich für Auswirkungen auf andere haben könnte. Mit politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen wird es nie langweilig und man hat immer neue Herausforderungen zu meistern und muss auch mal über sich hinauswachsen. Den Kopf in Sand zu stecken, ist für uns keine Option. Auch wenn es hin und wieder mal schwierige Phasen gibt, wo es nicht so läuft, gibt es genug positive Dinge, die uns zurückholen und uns zeigen, warum wir unseren Traumberuf gerne ausüben.

Uwe Stolley mit seiner Tochter Laura bei den Kälbern, die in kleinen Gruppen gehalten werden. Immer mit von der Partie: Hofhund Liz Foto: privat 
Wiebke Wendt Foto: D. Dammann
Laura Stolley Foto: M. Reimer

Fit ins neue Jahr mit Sit-ups und Protein

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Viele kennen die guten Vorsätze zum neuen Jahr, mit gesunder Ernährung und mehr Bewegung den gewohnten, vielleicht ungesunden Lebensstil umzu­krempeln. 25 Junge LandFrauen aus Rendsburg-Eckernförde haben sie erfolgreich in die Tat umgesetzt. Über vier Wochen stellte ihnen Fitnesstrainerin Finja aus Schafflund per WhatsApp täglich neue Aufgaben.

Dabei ging es nicht nur um sportliche Betätigung, sondern auch um gesunde und ausgewogene Ernährung. Das begann gleich damit, mit einem Glas warmem Wasser in den Tag zu starten. Das sende dem Darm erste Verdauungsimpulse, der Körper fange an, Energie zu erzeugen, und auch Schadstoffe könnten so besser gelöst und abtransportiert werden, erläuterte uns unser Coach. Davon, wie wichtig Kohlenhydrate, Ballaststoffe, Proteine und gute Fette für den Körper sind, hatte man sicher schon mal gehört, aber durch die Fitnesswochen mit Finja wurden uns diese Dinge wieder ins Bewusstsein gerufen, sodass wir wieder mehr darauf achteten. Viele von uns waren überrascht, wie lange ein proteinreiches Frühstück sättigt und man sich all die Snacks zwischendurch sparen kann und somit Kalorien vermeidet. Über einen ausgewogenen Säure-Basen-Haushalt waren viele von uns nicht informiert. Dank Finja ist uns bewusst geworden, was wir tun können, um den Körper nicht zu übersäuern. Das ist nämlich heutzutage aufgrund der Art, sich zu ernähren, bei vielen der Fall.

Die Bewegung kam natürlich auch nicht zu kurz. Es begann fast harmlos. Dann aber steigerte sich das Pensum von Woche zu Woche merklich. Anfangs wurden „nur“ Schritte gezählt, dann kamen Work-outs mit Kniebeugen, Ausfallschritten, Planks, Wandsitzen, Sit-ups und anderen schweißtreibenden Übungen dazu. Es wurde aber auch thematisiert, wie wichtig Bewegungspausen zur Regeneration sind.

Einige Junge LandFrauen waren „stille Teilnehmerinnen“ und haben die Infos und Aufgaben von Finja allein umgesetzt. Andere pflegten einen regen Austausch in der Gruppe. Hier gab es zum Beispiel Tipps zu Apps, mit denen man Trinkmenge und Essverhalten überprüfen kann, es wurden Rezepte getauscht und über Muskelkater berichtet. Die Motivation untereinander war großartig und sehr hilfreich.

Schlechtes Wetter gibt es nicht, ob mit oder ohne Gummistiefel. Foto: JLF Rendsburg-Eckernförde

In der letzten Woche stand eine Challenge an. Täglich konnten wir bei Erfüllung der gestellten Aufgaben Punkte sammeln und die drei erfolgreichsten Jungen LandFrauen wurden mit Preisen belohnt. Für den ersten Platz erhielt Kerstin Pahl ein hochwertiges Junge-LandFrauen-T-Shirt, mit gleicher Punktzahl gab es zwei Zweitplatzierte. Alma Meyer und Yvonne Braun wurden mit einem Buch über die Säure-Basen-Balance und Tanja Anders als Dritte mit einer Kraftbündel-Trinkflasche belohnt. Nun hoffen wir, dass die Gruppe bestehen bleibt und sich auch weiterhin gegenseitig motiviert.

Wer Lust bekommen hat, auch mal mit Finja gute Vorsätze einzulösen, kann sich melden unter
finja94jessen@gmail.com oder auf Ins­tagram unter @kraftbuendel.

Die Bewegung begann fast harmlos mit dem Schrittezählen. Aber von Woche zu Woche steigerte sich das Pensum. Foto: JLF Rendsburg-Eckernförde

Corona: Brennglas für gesellschaftliche Defizite

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Das Land und die Menschen machen sich bereit für die Lockerung der Corona-Maßnahmen. Dabei dürfe aber nicht aus dem Blick geraten, was die Familien, insbesondere die Mütter, in den vergangenen zwei Jahren erlebt und geleistet hätten, so Anke Homann, Vorsitzende des LandesFrauenRates (LFR). In einer gemeinsamen Studie mit dem Institut für Interdisziplinäre Genderforschung und Diversity der Fachhochschule Kiel (IGD) legt der LFR gesellschaftliche Defizite bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie offen, die durch Corona wie unter einem Brennglas besonders deutlich zutage traten.

Ziel der Studie war es, Erfahrungen von erwerbstätigen Eltern (aus Paarhaushalten sowie Alleinerziehende) mit betreuungspflichtigen Kindern während der Lockdowns im Umgang mit Arbeitsorganisation, Distanzlernen und Kinderbetreuung in Gruppeninterviews zu sammeln sowie Ideen und Vorschläge vorzustellen, wie Eltern und insbesondere Mütter künftig in ähnlichen Situationen besser entlastet werden können. Unter dem Titel „Neue Perspektiven für Familien durch die Herausforderungen der Pandemie?“ wurden jetzt die Ergebnisse der Studie und sich daraus ergebende Verpflichtungen für die Gesellschaft in einem Onlineseminar vorgestellt. Daran nahmen auch Vertreterinnen des LandFrauenverbandes Schleswig-Holstein teil, der Mitglied im LFR ist.

„Die Studie gibt insbesondere Müttern eine Stimme und zeigt die strukturellen Dimensionen hinter den individuellen Erlebnissen auf“, so Prof. Dr. Britta Thege, Leiterin des IGD. Durch den Wegfall der Ganztagsbetreuungsangebote und durch die Schließung der Schulen mussten Familien die Betreuung und Beschulung neben der eigenen umfangreichen Erwerbstätigkeit realisieren. „Die Hauptlast und Verantwortung trugen und tragen dabei nachgewiesenermaßen Frauen“, heißt es in der Studie. Mit dem Wegfall der Betreuungs- und Beschulungsinfrastruktur seien selbstverantwortliche Bewältigungsstrategien umso notwendiger geworden, um Erwerbs- und Care-Arbeit zu organisieren. Im Umkehrschluss zeige dies deutlich, wie sehr Eltern und ihre Kinder auf eine Familien unterstützende Infrastruktur angewiesen seien. Dazu formulierten die in der Studie befragten Eltern grundlegende Bedarfe wie das Homeoffice und die Reduktion der Erwerbsarbeitszeit als Entlastung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „Es müssen daher in den Berufen, wo es möglich ist, ein Rechtsanspruch auf Homeoffice und eine Reduktion der Erwerbsarbeitszeit installiert werden, um nicht nur Erwerbs- und Care-Arbeit zu koordinieren, sondern durch diese Flexibilisierung mehr Gleichberechtigung in der Übernahme der Sorgearbeit zu schaffen“, so eine der Schlussfolgerungen. Die Herausforderungen der Pandemie hätten gezeigt, dass die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit keine Privatangelegenheit sei, sondern nur durch Transformation gesellschaftlicher Rahmenbedingungen erfüllt werden könne, heißt es im Fazit der Studie, die unter landes​frauenrat-s-h.de vorliegt.