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Frauen als Hofnachfolgerinnen

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Es kommt immer häufiger vor, dass Frauen einen Hof übernehmen. Genauso ist es auch bei uns der Fall – wir wollen die Milchviehbetriebe von unseren Eltern übernehmen. Wir sind Laura Stolley (22) aus Selk und Wiebke Wendt (24) aus Westermoor.

Beide haben wir eine landwirtschaftliche Ausbildung auf verschiedenen Betrieben gemacht, dabei waren wir auf Milchviehbetrieben mit Ackerbau und teilweise Biogas oder Schweinemast. Nach unserem praktischen Jahr haben wir die Landwirtschaftsschule und anschließend die Fachschule für Landwirtschaft in Rendsburg besucht. Rückblickend auf unsere Berufsschulzeit waren noch nicht so viele Mädchen und Frauen in unserer Klasse. Heute sind es schon deutlich mehr und es ist nichts Ungewöhnliches mehr. Oft wird unsere Entscheidung, den Hof zu übernehmen, als schockierend wahrgenommen, jedoch ist es für uns etwas ganz Normales und macht keinen Unterschied zu einem männlichen Hofnachfolger.

Vielleicht haben wir sogar einen Vorteil, da erfahrungsgemäß eine Vater-Tochter-Beziehung oft einfacher funktioniert. Heutzutage kommt es nicht ausschließlich auf die körperliche Tätigkeit an, sondern es steckt viel mehr dahinter, wie zum Beispiel die organisatorische Arbeit im Büro. Die tägliche Arbeit kann und wird uns durch den technischen Fortschritt und Maschinen erleichtert werden. Wir beide haben unseren Traumberuf gefunden und es gibt viele Faktoren, die uns darin bestärken. Der familiäre Zusammenhalt und das generationsübergreifende Arbeiten sind in der Landwirtschaft besonders ausgeprägt und so, in dieser Art und Weise, woanders kaum zu finden.

Die Traditionen und die Betriebsentwicklungen, die über viele Jahre gewachsen sind, weiterzuführen, macht uns stolz. Man wohnt, lebt und arbeitet dicht beieinander und miteinander. Die Kommunikation ist dabei das A und O. Wichtig ist uns, dass anstehende Entscheidungen im Familienverband getroffen werden, da diese oft unsere gemeinsame Zukunft bestimmen. Beide planen wir einen Kuhstall mit Melkrobotern, um das Tierwohl zu verbessern, die Arbeit zu erleichtern und flexibler zu gestalten. Dem Problem des Fachkräftemangels versuchen wir so auch entgegenzuwirken.

Es gibt viele Dinge, die uns jeden Tag aufs Neue motivieren. Dazu gehört die Vielseitigkeit, sich die Arbeit draußen und drinnen selbst einzuteilen. So widmet man sich bei schlechtem Wetter dem Büro, damit man bei gutem Wetter die anfallenden Arbeiten draußen machen kann – und wenn man sich dabei noch einen wunderschönen Sonnenauf- oder -untergang anschauen kann, ist man direkt doppelt motiviert. Der Umgang mit den Tieren liegt uns besonders am Herzen, die Geburt eines Kalbes ist immer wieder ein besonderer Moment, bei dem man den Alltagsstress für einen kurzen Moment vergisst. Genauso cool ist es, wenn man abends noch mal in den Stall geht und alle Tiere glücklich und zufrieden sind. Dann wird einem bestätigt, dass man tagsüber alles richtig gemacht hat. Wir motivieren uns immer wieder selbst mit kleinen Erfolgen, wie zum Beispiel vielen positiven Trächtigkeitsuntersuchungen. Landwirtschaft bedeutet für uns Leidenschaft mit vielen neuen Ideen trotz einiger Herausforderungen, dazu lest ihr mehr im zweiten Teil.

Unsere Väter stärken uns den Rücken

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ergangene Woche berichteten zwei junge Frauen über die Heraus­forderung, in der Landwirtschaft immer mehr Verantwortung zu übernehmen. Im zweiten und abschließenden Teil geht es vor allem um die damit verbundenen zukunftsprägenden Entscheidungen und das Hin­einwachsen in die neue Rolle als Unternehmerin und Betriebsleiterin. Dazu haben Laura Stolley (22) aus Selk und Wiebke Wendt (24) aus Westermoor ihre Gedanken aufgeschrieben.

Als Junglandwirtin denkt man über viele wichtige Entscheidungen nach. Die Gedanken drehen sich um die Zukunft. Man ist jung, motiviert und plant, wie es betrieblich weitergehen kann. Von außen prasseln Nachrichten über politische Entscheidungen, Informationen über landwirtschaftliche Neuerungen und unterschiedliche Meinungen auf einen ein und beeinflussen die Gedankengänge mal mehr und mal weniger.

Nach Schule und Ausbildung mussten wir feststellen, dass wir uns noch nicht ansatzweise bereit fühlten, einen Hof zu übernehmen. Vielmehr ging es darum, das theoretische Wissen in die Praxis umzusetzen – und das ist leichter gesagt als getan. Also wachsen wir beide nun langsam in unsere zukünftige Rolle als Unternehmerin und Betriebsleiterin hinein. Von außen wird man immer mal wieder belächelt, wenn man als Frau einen Hof übernehmen möchte. Wir können jedoch sagen, dass wir bis jetzt alle Aufgaben meistern konnten. Auf dem Betrieb übernehmen wir zunehmend mehr Aufgaben und Verantwortung, die bisher von unseren Vätern übernommen wurden. Allmählich aber wird immer klarer, dass ein Wandel stattfindet: Wir sind diejenigen, die die Entscheidungen bald allein treffen müssen. Noch stehen uns unsere Väter immer mit einem guten Rat zur Seite und stärken uns den Rücken. Das ist ein sehr gutes Gefühl, gibt uns Zuversicht und bestärkt uns in dem, was wir tun.

In letzter Zeit beschäftigen uns besonders negative Schlagzeilen über die Landwirtschaft wie die Berichterstattung über Nitrat im Grundwasser, eingebracht durch landwirtschaftliche Nutzung, oder das Töten männlicher Kälber. Man muss lernen, damit umzugehen. Das ist bestimmt nicht leicht, aber es nützt auch nichts, sich davon herunterziehen zu lassen. Wir wissen, was wir tun, und vor allem, dass wir das gut machen. Das müssen wir auch nach außen repräsentieren. Die große Öffentlichkeitsarbeit ist nicht jedermanns Sache, unsere auch nicht, aber es bringt schon eine Menge, wenn man seinen Freunden, Nachbarn und dem Dorf zeigt, was man macht und mit wie viel Leidenschaft man dabei ist. Politische Entscheidungen kann man vielleicht etwas schwerer beeinflussen, jedoch ist es uns wichtig, unsere Meinung über die Interessenvertretung mit einzubringen, deswegen sind wir Teil des Sprecherteams im Agrarausschuss des Landjugendverbandes. Hier können wir die Meinung der Junglandwirte vertreten. Durch die Landjugend und gerade den Agrarausschuss beschäftigen wir uns mit vielen (agrar)politischen Themen. Durch den intensiven Austausch, der sich teilweise deutschlandweit vollzieht, hat man einen noch weiteren Blick über den Tellerrand und kann seinen Horizont erweitern. Bei der Landjugend sind immer alle offen und motiviert, das spornt uns noch mehr an und manchmal bekommen wir auch dadurch noch jenes Quäntchen Mut zugesprochen, das bisher fehlte.

Gerade wenn es darum geht, neue Dinge auszuprobieren, ist es einfacher, wenn man jemanden fragen kann, der schon Erfahrungen damit gesammelt hat. Gesellschaft und Politik sind so schnelllebig geworden. Gefühlt lebt jeder in seiner Blase und oft wird etwas getan, ohne zu wissen, was es eigentlich für Auswirkungen auf andere haben könnte. Mit politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen wird es nie langweilig und man hat immer neue Herausforderungen zu meistern und muss auch mal über sich hinauswachsen. Den Kopf in Sand zu stecken, ist für uns keine Option. Auch wenn es hin und wieder mal schwierige Phasen gibt, wo es nicht so läuft, gibt es genug positive Dinge, die uns zurückholen und uns zeigen, warum wir unseren Traumberuf gerne ausüben.

Die Westliche Hemlocktanne

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Als weitere Nadelbaumart, um sich im Wald zukünftig angesichts des sich abzeichnenden Klimawandels noch besser und breiter aufzustellen, kommt die Westliche Hemlocktanne (Tsuga heterophylla) in Betracht. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet liegt im westlichen Nordamerika zwischen Alaska und dem nordwestlichen Kalifornien sowie in einem schmalen Streifen in der Nähe der Grenze zwischen den USA und Kanada. Günstig für den Anbau sind Böden mit guter bis mittlerer Wasser- und Nährstoffversorgung. Sehr trockene und sehr nasse (auch staunasse und moorige) Böden gelten als nicht geeignet.

Die Westliche Hemlocktanne verträgt Schatten sehr gut und kann daher ähnlich wie Fichte und Douglasie behandelt werden. In der Jungwuchsphase erfolgt der erste Pflegegang, bei dem gegebenenfalls Zwiesel und ganz krummwüchsige Bäume entfernt werden. Ähnlich wie Douglasie wächst sie nicht ganz so homogen wie die Fichte und neigt etwas mehr zu Zwieselbildung, Krummschäftigkeit und Grobästigkeit. Sofern der Bestand eng begründet wurde, wird die Stammzahl auf etwa 2.500 Stück je Hektar reduziert.

Der Stamm einer etwa 50-jährigen, geasteten Westlichen Hemlocktanne in Ostholstein

Ab einer Oberhöhe von 8 bis 10 m wird ein Feinerschließungssystem angelegt und durchforstet. Nach derzeitiger Einschätzung sollten im Endbestand nach zirka 60 bis 80 Jahren auf dem Hektar noch etwa 400 Bäume (mindestens in Bauholzqualität) stehen. Ab einem Alter von etwa 20 Jahren beginnt die Westliche Hemlocktanne zu fruktifizieren.

Chancen auf
dem Holzmarkt

Nach derzeitiger Einschätzung hat das Holz der Westlichen Hemlocktanne durchaus Chancen auf dem Holzmarkt, da es qualitativ gute Eigenschaften hat. Die Hemlocktanne produziert ein helles und leichtes Holz, das gut zu bearbeiten, aber im Außenbereich wenig dauerhaft ist. Das Holz wird in Amerika für viele Bereiche vor allem im Innenausbau genutzt und dürfte somit auch hier Chancen haben, wenn es in größeren Mengen angeboten werden kann. So gilt es zum Beispiel auch für den Saunabau als sehr gut geeignet, da es relativ harzarm ist und sich gut bearbeiten lässt.

Typisch für die Westliche Hemlocktanne ist die gebogene Baumspitze.

Die Hemlocktannen
im Anbau

Im Bereich der Forstbetriebsgemeinschaft Hohenwestedt gibt es die ersten Anbauten der Westlichen Hemlocktanne im Bereich der Gemeinde Aukrug seit knapp 25 Jahren. Sie hat sich hier sowohl auf den einfachen, schwach nährstoffversorgten Sandböden wie auch auf den besseren – mäßig bis ziemlich gut nährstoff- und wasserversorgten – Böden gut etabliert. Die Hemlocktanne zeigt sich hier sehr wüchsig und sehr gut schattenertragend. Der auf dem ersten Foto gezeigte Baum hat bereits nach 23 Jahren (aufgewachsen auf einer Freifläche) eine Höhe von 20 m erreicht. Diese Baumart lässt sich hier auch gut ohne Zaun neu begründen. Bezüglich des Verbisses ist die Baumart hier kaum gefährdet. Gelegentlich werden aber Bäume durch Rehböcke gefegt.

Die Hemlocktanne ist schattenertragend und kann somit auch im Voranbau eingesetzt werden, wie hier mit Naturverjüngung von Fichte.

Nach den hier gemachten Erfahrungen sollte die Kulturbegründung relativ eng und nicht im Weitverband erfolgen, damit genügend qualitativ gute, feinastige Bäume in den Beständen stehen, die dann im Zuge von Pflegemaßnahmen herausgepflegt werden können. Auch die Wertästung sollte bei der Westlichen Hemlocktanne in Erwägung gezogen werden, um möglichst wertvolles Holz produzieren zu können. Als heimische Mischbaumarten bieten sich für die schleswig-holsteinischen Verhältnisse vor allem Rotbuche oder Hainbuche an, die unter den hiesigen Verhältnissen zum Teil mitwachsen und dabei auch eine dienende Funktion in der zweiten Baumschicht übernehmen können.

Die Hemlocktanne ist auch in der Lage, sich bei schwierigen Bodenverhältnissen, etwa in Konkurrenz mit dem Adlerfarn, zu etablieren.

Im Alltag den Überblick behalten

„Der Tag hat 24 Stunden – wenn das nicht reicht, nehmen wir noch die Nacht dazu.“ Eigentlich ist dieser Spruch scherzhaft gemeint. Mancher Milchviehhalter kann hingegen gar nicht darüber lachen, denn vielfach ist auf dem Betrieb mehr als genug zu tun. Neben den Routinearbeiten wie Melken, Füttern und Kälbertränken bringen die Arbeitstage täglich neue Herausforderungen mit sich: kranke Tiere, Schwer- oder Frühgeburten oder defekte Maschinen sind nur einige davon, und nebenbei muss auch noch die Büroarbeit organsiert werden. Gefühlt läuft man dann permanent der Zeit hinterher. Auf Dauer führt das zu Stress und ­Unzufriedenheit.

Nicht alle Betriebsleiter sind mit ihrer Arbeitssituation unzufrieden, wie eine aktuelle Onlinebefragung des Fachbereichs Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel zeigt.

Während ungefähr ein Drittel der Befragten die betriebliche Arbeitsbelastung als zu hoch em­p­fand, war ein weiteres Drittel der Befragten mit ihrer Work-Life-Balance zufrieden. Dabei hing die Bewertung augenscheinlich nicht von der Betriebsgröße ab, denn die bewirtschaftete Fläche und die Zahl der Kühe waren in diesen beiden Gruppen auf ähnlichem Niveau. Unterschiede zeigten sich hingegen bei der Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitskräfte. Auf den Betrieben der unzufriedenen Betriebsleiter wurden durchschnittlich 1,7 zusätzliche Vollarbeitskräfte beschäftigt. Trotzdem musste der Chef pro Woche sogar fünf Stunden mehr arbeiten, als dies in der Gruppe der zufriedenen Betriebsleiter der Fall war. Das lässt den Schluss zu, dass es an der Arbeitsorganisation und dem Personalmanagement hapert. Beiden Punkten kommt eine Schlüsselfunktion für die Zufriedenheit, aber auch für den wirtschaftlichen Erfolg zu.

Arbeitserledigung als wichtige Kostenposition

Die Arbeitserledigungskosten stellen in Milchviehbetrieben eine wichtige Kostenposition dar. Mit einem Anteil von ungefähr 25 % an den Vollkosten sind die Arbeitserledigungskosten nach den Futterkosten die zweitgrößte Kostenkomponente. Sie setzen sich zum einen aus den variablen und fixen Maschinenkosten für die Melk- und Fütterungstechnik und zum anderen aus den Personalkosten zusammen. Die Personalkosten, die sowohl die Löhne für angestellte Mitarbeiter als auch einen Lohnansatz für die Unternehmerfamilie umfassen, machen dabei knapp drei Viertel der Arbeitserledigungskosten aus. In der Praxis wird die Bedeutung der Personalkosten – gerade in Familienbetrieben – häufig unterschätzt, da es sich beim Lohnansatz um kalkulatorische Kosten handelt, die sich nicht direkt auf das Portemonnaie auswirken. Die Effizienz des Arbeitseinsatzes stellt jedoch einen der größten Wirtschaftlichkeitshebel für eine ökonomische Milchproduktion dar.

Oft hilft der Blick von außen, um Zeitfresser auszumachen und Abläufe zu verbessern. Foto: Isa-Maria Kuhn

Immer Prioritäten richtig setzen

Um eine hohe Arbeitseffizienz zu erreichen, geht es nicht nur darum, die Dinge richtig zu tun, sondern vor allem darum, die richtigen Dinge zu tun. Viele Aufgaben werden nicht wegen ihrer Wichtigkeit, sondern aufgrund von Vorlieben, äußerem Druck oder aus reinem Zufall vorrangig erledigt. Es sollte regelmäßig hinterfragt werden, welche Dinge zuerst und von der Betriebsleitung selbst zu erledigen sind, welche Aufgaben delegiert werden können und ob zu bestimmten Arbeiten auch mal bewusst Nein zu sagen ist. Die Strukturierung der Arbeit und das Delegieren von Aufgaben werden umso wichtiger, je mehr Mitarbeiter im Betrieb vorhanden sind. Die Erstellung von Wochenarbeitsplänen und von sogenannten Standardarbeitsunterweisungen kann in diesem Zusammenhang sehr hilfreich sein, um die Arbeitszeit effektiver zu nutzen.

Die Zeitfresser identifizieren

Einen ersten Ansatzpunkt zur Optimierung der Arbeitszeit bildet die Überprüfung der Melkroutine, denn das Melken macht in der Regel mehr als 50 % der täglichen Arbeitszeit in Milchviehbetrieben aus. Mittels entsprechender Handy-Apps ist die Zeiterfassung und -auswertung heute sehr einfach möglich. Die in Übersicht 2 dargestellte Praxiserhebung verdeutlicht, dass die Melkzeit in einem 2×12-­Fischgrätenmelkstand durch einen zweiten Melker nicht halbiert, sondern lediglich um ein Drittel verkürzt werden kann. Während des Melkens ist die zweite Arbeitskraft nicht voll ausgelastet. Dies ist vorteilhaft, wenn viele Tiere zu selektieren sind oder neue Färsen angelernt werden müssen. Es kostet den Betrieb pro Tag aber ungefähr 100 min an Arbeitszeit. Einzelbetrieblich ist bewusst abzuwägen, ob das Melken zu zweit wirklich notwendig ist, denn bei einem Stundensatz von 15 €/h entstehen am Tag Mehrkosten von 25 €.

Neben der Höhe der Investition spielt auch die Lust an Technik eine wichtige Rolle. Foto: Isa-Maria Kuhn

Auch Kleinigkeiten kosten Zeit

Neben den großen Baustellen gibt es in der Praxis aber auch viele Kleinigkeiten, die im Alltag Zeit kosten. Die Reparatur eines schwergängigen Gatters oder die Investition in einen zusätzlichen Besen rentieren sich sehr schnell, wenn man sich nur einmal vor Augen führt, dass jede zusätzliche Minute pro Tag auf das Jahr gesehen eine Mehrarbeit von sechs Stunden ausmacht. Hier hilft es, die Arbeitsabläufe kritisch zu beleuchten und regelmäßig mit den Mitarbeitern über Verbesserungen zu sprechen. Auch ein Blick von außen durch Berater oder Berufskollegen kann wertvolle Anregungen bringen.

Gezielt Investitionen vornehmen

Gute Dienste zur Erleichterung der täglichen Routinearbeiten im Stall leisten dabei technische Geräte wie Einstreuverteiler, automatische Spalten- und Futterschieber, Milchtaxi oder Brunsterkennungssystem. Häufig erleichtern diese Geräte nicht nur täglich anfallende Arbeiten, die andernfalls auch gerne vernachlässigt werden, sondern helfen dadurch auch, die Produktionstechnik (Stallhygiene, Futteraufnahme, Zwischenkalbezeit) zu verbessern. Die Investitionssummen sind mit Beträgen zwischen 5.000 € und 25.000 € meist überschaubar und zahlen sich schnell aus.

Bei größeren Technikinvestitionen, wie zum Beispiel automatischen Melk- und Fütterungssystemen, sollte hingegen genauer gerechnet werden. Betrachtet man nur die Kostenseite, sind erhebliche Zeiteinsparungen pro Jahr notwendig, damit sich die Investitionen rentieren (vergleiche Übersicht 3).

Bei einer Investition in eine automatische Fütterungsanlage für 200.000 € mit einer Nutzungsdauer von 15 Jahren müssen – je nach Stundensatz – im Jahr zwischen 1.000 und 1.350 Stunden eingespart werden. Wer jedoch mit so spitzem Bleistift rechnet, muss sich auch Gedanken über mögliche Leistungssteigerungen durch gezieltere Futtermischungen und mehrmaliges Füttern pro Tag machen. Daneben spielen Aspekte wie die Affinität zu Technik und die zukünftige Verfügbarkeit von Arbeitskräften auch eine wichtige Rolle.

Fazit

Trotz oder gerade wegen der hohen Arbeitsbelastung sollten Milchviehhalter regelmäßig reflektieren, welche Aufgaben delegiert werden können und wie eine effizientere Gestaltung der Arbeitsabläufe möglich ist. Dies sollte auch mit allen Mitarbeitern regelmäßig besprochen werden. Es geht insbesondere darum, die Zeitfresser im Betrieb zu finden, damit die Arbeitsbelastung für die Unternehmerfamilie nicht zu hoch wird. Da man selbst zu Betriebsblindheit neigt, kann die Einbindung von Berufskollegen und Beratern sinnvoll sein. Hinzu kommt, dass es gerade für wachsende Milchviehbetriebe zunehmend schwerer wird, gute Mitarbeiter zu finden. Deshalb sollten kleinere Investitionen, die die tägliche Arbeit erleichtern und die Arbeitsmotivation erhöhen, vorrangig umgesetzt werden. Größere Investitionen in arbeitssparende Stalltechnik sollten hingegen gezielt geplant und umfassend einzelbetrieblich kalkuliert werden.

Mit Digitalisierung Wasser sparen

In Zeiten zunehmender extremer Witterungsereignisse erfordert das landwirtschaftliche Beregnungsmanagement eine genauere Planung der Beregnungsgänge bei gleichbleibenden Erträgen und konstanter Qualität. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der teilschlagspezifischen Beregnungsplanung, also der Ausbringung unterschiedlicher Beregnungsmengen je nach den physikalischen und hydraulischen Bodeneigenschaften, dem Entwicklungsstand der Kultur und den aktuellen meteorologischen Bedingungen innerhalb eines Schlages. Dies erfordert die Nutzung von vielfältigen Messdaten und Tools zur effizienten Beregnungssteuerung unter Einbindung der landwirtschaftlichen Erfahrung und Expertise. Das Projekt AgriSens Demmin 4.0 untersucht Fernerkundungstechnologien für die Digitalisierung in der Landwirtschaft.

Das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderte Verbundprojekt ­AgriSens Demmin 4.0 (agrisens-­demmin.de) untersucht die Eignung von Fernerkundungstechnologien für die Digitalisierung in der Landwirtschaft. Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und das Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) untersuchen im Anwendungsfall „Bewässerung“ die ressourcenschonende Anwendung von Zusatzberegnung zur Ertrags- und Qualitätssicherung von Kartoffeln. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) werden anhand dieser Informationen in Kombination mit aktuellen Wettervorhersagemodellen optimierte teilflächenspezifische Bewässerungsszenarien erarbeitet.

Das vorhandene Klimamessnetz in Demmin (betrieben durch das GFZ und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, DLR) liefert ausreichend Daten, um die benötigten Wassermengen auf einem Schlag zu berechnen, hingegen können diese noch nicht teilflächenspezifisch geplant werden. Genau hier setzt der Anwendungsfall „Bewässerung“ an: Eine teilflächenspezifische Planung der Beregnungsmengen und -zeitpunkte würde das Wasser bedarfsgerecht ausbringen, sodass eine Übernutzung des Wassers vermieden wird und gleichzeitig die Wasserentnahmeorgane entlastet werden.

Der „smarte Wettersensor“ der Firma Arable Labs. Neben allgemeinen meteorologischen Parametern (Temperatur, Niederschlag, Luftfeuchte, Strahlung) wird auch die Reflektion von Licht in sieben Kanäle des spektralen Spektrums aufgezeichnet. Diese Kanäle stimmen mit den Aufnahmekanälen der gängigen Satelliten überein und können somit zur besseren Beurteilung räumlicher Phänomene dienen. Die Wettersensoren lassen sich mit weiteren Messgeräten (Wind, Bodenfeuchte) erweitern. Foto: Thomas Piernicke

Das ist der Ansatz

Der Anwendungsfall „Bewässerung“ verbindet aus Fernerkundungsdaten abgeleitete Informationen zur räumlichen Verteilung von Boden- und Vegetationsparametern, In‐situ-Messungen der Bodenfeuchte und kulturspezifischen Faktoren in Modellen, welche eine räumliche Verteilung des Bewässerungsbedarfs zum Ergebnis haben. Diese Modelle sollen die Grundlage für eine Implementierung von digitalen Prozessen in die Landwirtschaft sein und somit als Entscheidungshilfe dienen.

Um eine ressourcen- und umweltschonende Ausbringung von Beregnungswasser zu ermöglichen, sollen Informationsprodukte, die von existierender Software der Bewässerungssteuerung aufgegriffen werden, nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich differenziert den aktuellen Bewässerungsbedarf aufzeigen. Zusätzlich bietet die Verbindung von Fernerkundungsdaten und Daten der lokalen Messstationen die Chance einer Optimierung von Betriebsabläufen zur effizienteren Beregnungsplanung und -steuerung.

Zielführend ist daher eine Verringerung der unproduktiven Wasserverluste durch die Anpassung der Diagnose- und Prognosemodelle für das Beregnungsmanagement, das heißt eine schnellere Reaktion auf den aktuellen Witterungsverlauf. Optional kann das eingesparte Wasser für eine Zusatzversorgung parallel wachsender Bestände genutzt werden.

Der Untersuchungsort Bentzin liegt in Mecklenburg-Vorpommern, unmittelbar südlich der Peene. Das Gebiet hat einen mittleren Jahresniederschlag von etwa 550 mm bei ausgeprägter Vorsommertrockenheit. In den Monaten April bis Juni fallen zirka 70 bis 150 mm Niederschlag. Die Böden der Region weisen Bodenpunkte im Bereich 18 bis 37 auf. Aufgrund der zu geringen Niederschläge reagieren vor allem die wasserintensiven Kulturen Zuckerrübe und Kartoffel mit deutlichen Ertragseinbußen.

Eine optimal eingesetzte Beregnung kann den Ertragseinbußen erfolgreich entgegenwirken. Der gegenwärtige Stand der Beregnung wird durch zwei elektrisch und eine mit Dieselaggregat betriebene Pumpstationen mit einer Leistung von insgesamt 1500 m3/h realisiert. Die Wasserentnahme erfolgt aus der ­Peene (110 kW, zirka 1.300 m3/h bei 12 bar) und dem Zarrenthiner Kiessee (200 m3/h bei 12 bar). Dabei werden 13 mobile Beregnungsmaschinen (Schlauchtrommel), teils mit Regner­einzug oder Maschinenvorschub, verwendet. Die Pumpstationen können mittels PC oder Smartphone überwacht und alle Steuerungsaktionen ausgelöst werden.

Drohnenaufnahmen (Videos und Fotos) können helfen, den Pflanzenbestand von oben zu betrachten und intrafeldspezifische Heterogenitäten zu erfassen. Insbesondere Thermal- (Temperatur-) aufnahmen zeigen Heterogenitäten. In dieser Abbildung sind die unterschiedlichen Temperaturen zwischen Kartoffeldamm (türkis) und Furche (orange) zu erkennen. Momentan ist die Hemmschwelle, Drohnendaten zu nutzen, aufgrund hoher Kosten und Datenaufbereitungsprozessen noch sehr hoch. An dieser Stelle setzt Anwendungsfall 4 „Bewässerung“ an und wird niederschwellige und frei verfügbare Lösungen insbesondere zur Datenprozessierung anbieten. Foto: Thomas Piernicke

Der Feldversuch im Überblick

Für eine teilschlagspezifische Beregnungsplanung sind neben Wetterdaten insbesondere Bodeninformationen und die Besonderheiten bestimmter Kulturen und Sorten erforderlich. Diese lassen sich ganzheitlich üblicherweise nur im Rahmen großflächiger Feldversuche erfassen.

In einem ersten Feldversuch wurden 2021 die Auswirkungen unterschiedlicher Bewässerungsmengen auf den Ertrag und die Qualität von Stärkekartoffeln am Beispiel der Hochamylopektinkartoffelsorte ,Henriette‘ sowie auf das Pflanzenwachstum und die Bodenfeuchtedynamik untersucht. Die Versuchsfläche befand sich auf dem Schlag „Schwämme“ der Bentziner Ackerbau GmbH.

Auf einer homogenen sandig-­lehmigen Fläche wurden innerhalb eines Beregnungstransektes vier unterschiedliche Beregnungsmengen getestet (Normalberegnung = 100 %, Überberegnung = 120 %, sowie zwei defizitäre Beregnungen, 80 % und 90 %). Die Beregnungsmengen der Normalberegnung waren 20 mm zu Beginn der Saison, 22,5 mm bis zum Blühbeginn und 25 mm bis zur Kraut­abreife, je nach aktuellen Bodenfeuchtebedingungen und der Wettervorhersage. Dafür befindet sich in jedem Plot eine Klimastation der Firma Arable Labs, die die Lufttemperatur, den Niederschlag und über zugeschaltete Bodenfeuchtesensoren die Bodenfeuchte in 10-cm-Schritten bis 60 cm Tiefe in Echtzeit aufnimmt.

Der derzeitige Stand

Die bisher erhobenen Feldmesswerte der Meteorologie, der phänologischen Entwicklung und der Bodenfeuchtedynamik werden zusammen mit den Labordaten der bodenphysikalischen und bodenhydraulischen Eigenschaften (unter anderem Porosität, Wasserhalte- und -leitfähigkeit des Bodens, Korngrößenverteilung) in einen integrativen Zusammenhang zueinander gebracht.

Die erhobenen Labordaten werden im Agrarmeteorologischen Modell zur Berechnung der aktuellen Verdunstung (AMBAV), das vom Zentrum für Agrarmeteorologische Forschung (ZAMF) des Deutschen Wetterdienstes in Braunschweig entwickelt wurde, genutzt. AMBAV dient der Berechnung und der Simulation der standörtlichen Bodenfeuchtedynamik. Insbesondere in Bezug auf die Überschaubarkeit der Parametrisierung und einer vorhandenen Benutzeroberfläche als EDV-Anwendung stellt AMBAV ein interessantes Tool zur agrarmeteorologischen Modellierung für verschiedene Bereiche der landwirtschaftlichen Praxis dar.

Momentan wird mithilfe von flächenhaften Fernerkundungs- und Drohnendaten untersucht, inwieweit die Entwicklung der oberirdischen Biomasse mit den Erträgen und der Qualität unter unterschiedlichen Beregnungsstufen zusammenhängt. Dadurch könnte potenziell eine Ertragsvorhersage auf Basis digitaler Tools in Verbindung mit räumlich verteilten Bodenwasserhaushaltsmodellen ermöglicht werden.

Ausblick in die Zukunft

In den kommenden Vegetationsperioden werden weitere Bodenvarietäten und Kartoffelsorten beprobt, um eine genauere Vorhersage der Bodenfeuchtigkeit auf Betriebsebene zu ermöglichen. Darüber hinaus steht die Gewinnung weiterer Modellkategorien zur ganzheitlichen Parametrisierung räumlicher Bodenfeuchtemodelle im Vordergrund.

Fazit

In Kürze wird ein Instrument für das Bewässerungsmanagement auf Betriebsebene entwickelt, das von den Bodenbedingungen und der Fruchtfolge abhängig ist. Dadurch wird es möglich sein, wissenschaftlich fundierte Entscheidungen zum Beregnungsmanagement auf Basis verschiedener Datenquellen (Wetter, Boden, Pflanze, Fernerkundung) digital treffen zu können.

Krieg in der Ukraine: Agrarmärkte im Krisenmodus

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Was viele nicht für möglich gehalten haben, ist tatsächlich eingetreten: Aus der Krise ist ein Krieg geworden. Aus Machtgier schickt ein skrupelloser Diktator Tausende Menschen in den Tod und bringt Millionen in Not und Elend. Dagegen sind die wirtschaftlichen Folgen dieses Konfliktes eigentlich eher zweitrangig. Dennoch kann dieser Krieg weitreichende Auswirkungen haben.

Ausfuhren fehlen

Zum einen ist die Ukraine ein wichtiger Exporteur von Marktfrüchten, vor allem von Getreide, Körnermais und Ölfrüchten. Sollten diese Mengen am Weltmarkt fehlen oder zurückgehen, sind Engpässe zu erwarten. Zum anderen sind aber auch indirekte Folgen durch die jetzt beschlossenen Sanktionen gegen Russland möglich. So ist Russland einer der bedeutendsten Weizen­exporteure auf dem Weltmarkt. Dieser Handel könnte durch den jetzt beschlossenen teilweisen Ausschluss aus dem weltweiten Finanztransfersystem Swift deutlich zurückgehen. Als direkte Reaktion auf den Kriegsausbruch stiegen die Terminkurse für Weizen und Raps deutlich an. Zum Ende der vergangenen Woche gaben die Notierungen wieder nach, da Gewinne realisiert wurden. Die Ankündigung von Sanktionen gegen Russland sorgte zum Wochenbeginn für wieder steigende Kurse. Höhere Preise für Marktfrüchte sind für die hiesigen Erzeuger jedoch nur die eine Seite der Medaille, denn ein begrenzter Handel mit Russland verringert auch die Importe von zum Beispiel Erdgas oder Düngemitteln. Hier sind weiterhin hohe Belastungen für die hiesigen Landwirte zu erwarten. Die höheren Kosten werden wahrscheinlich die gestiegenen Erlöse übersteigen, dies auch vor dem Hintergrund, dass viele Landwirte bereits jetzt große Mengen der neuen Ernte durch Vorkontrakte verkauft haben. Zudem kann man wohl die Hoffnung auf reduzierte Preise beim Düngemittelbezug aufgeben. Viele Landhandelsfirmen haben vorerst die Preisnotierungen für Getreide, Raps und Düngemittel ausgesetzt und warten die Entwicklung ab. Auch die übrige Wirtschaft wird empfindlich getroffen, unter anderem der Export von hiesiger Landtechnik. In seiner Gesamtheit kann dieser Konflikt die globale Wirtschaftsentwicklung deutlich bremsen. Ein weiterer Anstieg der Inflationsraten ist zu erwarten. Insgesamt werden die Sanktionen für jeden Bürger Auswirkungen haben, dies ist jedoch der Preis dafür, um Russlands Aggression entgegenzutreten.

Versorgungssicherheit wird wieder Thema

Aktuell zeigt sich, wie wichtig eine sichere Versorgung mit Lebensmitteln und Energie ist. Der Handel mit autoritär geführten Ländern ist ein wichtiges Instrument der Verständigung, er darf jedoch nicht zu Abhängigkeit führen. Derzeit gibt es viele Stimmen, die den raschen Ausbau der Erneuerbaren Energien fordern, um unabhängiger von zum Beispiel Kohle- und Gasimporten zu werden. Vereinzelt wird ein Ausbau von Biogasanlagen gefordert, um die Versorgungssicherheit mit Strom zu erhöhen. Daneben muss der Ausbau der Wasserstoffwirtschaft forciert werden, um den zeitweise überflüssigen Strom zu speichern. Vorerst soll mit höheren Gasimporten aus anderen Herkunftsländern der Bedarf gedeckt werden. Dazu soll auch der Bau von neuen Flüssigerdgas-Terminals beitragen. Diese können jedoch frühestens in vier Jahren fertiggestellt werden. Mit Blick auf die anstehende Agrarreform gibt es Meinungen, die eine zu starke Extensivierung der Landwirtschaft bremsen wollen, damit die kostengünstige Lebensmittelversorgung weiterhin möglich ist. Andere Beteiligte sehen gerade durch mehr Ökolandwirtschaft die Möglichkeit, weniger auf Düngemittellieferungen angewiesen zu sein.

Die weiteren Folgen des Konfliktes sind schwer einzuschätzen, da sie von der Dauer der Kampfhandlungen und der Wirkung der Sanktionen abhängen. Derzeit ist viel Unsicherheit am Markt. Der Terminhandel mit Marktfrüchten reagiert mit Preisausschlägen auf jede Nachricht aus diesem Bereich. Die jüngsten Ereignisse werden auf jeden Fall weitreichende Folgen für die hiesige Landwirtschaft haben.

China ruft Warnstufe zwei aus

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Nicht nur in Deutschland, sondern auch in China stehen niedrigen Schlachtschweinepreisen hohe Futterkosten gegenüber. Weil sich dieses Verhältnis zuletzt weiter verschlechterte, hat die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission in Peking in der vergangenen Woche die zweite von insgesamt drei Warnstufen ausgerufen.

Nach den Erhebungen der chinesischen Entwicklungs- und Reformkommission lag die Relation von Schweinepreis zum Futtermittel- beziehungsweise Getreidepreis in der letzten Januarwoche bei 5,5 zu eins und damit die dritte Woche in Folge in dem die zweite Warnstufe auslösenden Bereich von fünf zu eins bis sechs zu eins. Laut den 2021 beschlossenen Stabilisierungsmaßnahmen wird nun geprüft, welche lokale Regierungen mit dem Ankauf von Schweinefleisch für die Lagerhaltung beginnen oder diese vorbereiten sollen. Erst in Warnstufe eins werden solche Ankäufe zwingend.
Nach Ende des Frühlingsfestes Anfang Februar hat sich die Marktsituation noch verschlechtert, zumindest was die Schlachtschweinepreise angeht. Der landesweite Durchschnittspreis wurde in der­ 7. Kalenderwoche (KW) mit­ 13,05 CNY (1,79 €) je Kilogramm Lebendgewicht (LG) angegeben; das waren 4,2 % weniger als Ende Januar und 57,5 % weniger als vor einem Jahr. Nach dem Neujahrsfest wird die aktuelle Schweinefleischnachfrage von Marktbeobachtern als schwach eingestuft. Die Schlachtbetriebe arbeiten mit niedriger Kapazität, was zu einem mehr als ausreichenden Lebendangebot führt.
Laut Analysten ist auch in den kommenden Monaten mit einer guten Versorgung des chinesischen Schweinemarktes zu rechnen. Der Bestand an Sauen hatte im Juni 2021 ein Hoch erreicht, was bis Mitte 2022 ein großes Angebot an Schlachtschweinen erwarten lässt. Die kaum kostendeckenden Schlachtschweinepreise dürften deshalb zunächst auf einem niedrigen Niveau bleiben, allenfalls moderat zunehmen. So sieht man es auch am Terminmarkt für Lebendschweine, an der Dalian Commodity Exchange (DCE). Der Settlementkurs für den März-Future lag dort am 1. Februar mit 13,44 CNY/ kg­ (1,85 €) nur wenig über dem aktuellen Kassamarktpreis. Kontrakte mit Fälligkeit im Mai 2022 wurden mit 14,74 CNY/ kg (2,03 €) und für September mit 17,00 CNY/kg (2,33 €) abgerechnet.

Strategien zur Bekämpfung der Stängelschädlinge

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Die Wirkstoffklasse der Pyrethroide dominiert die Schädlingsbekämpfung im Raps. Alternative Wirkstoffe sind kaum noch verfügbar. Mit dem Wirkstoff Indoxacarb (Produkte Avaunt, Sindoxa) gegen Rapsglanzkäfer verschwindet 2023 eine weitere Möglichkeit für den wichtigen Wirkstoffwechsel aus dem Markt (Aufbrauchfrist 2022). Da einige Schädlinge, wie Rapserdfloh, Gefleckter Kohltriebrüssler und auch Kohlschotenrüssler, zeitlich übergreifend auftreten können, sind diese Populationen mit verstärktem Einsatz von Pyrethroiden zwangsläufig einem höheren Selektionsdruck ausgesetzt. Höherer Selektionsdruck bedeutet auch eine schnellere Resistenzentwicklung. Somit muss jeder Insektizideinsatz wohlüberlegt platziert werden.

In die Bewertung müssen Termin und Schwere der Schädigung durch das jeweilige Insekt einfließen. Denn die Anwendungshäufigkeit ist der Motor der Resistenzentwicklung. Um das tatsächliche Geschehen auf dem eigenen Rapsschlag zu bemerken, ist die Gelbschale das uneingeschränkte Hilfsmittel. Auch wenn es diese mittlerweile schon als elektronische Variante gibt, einiges bleibt: die Eigenverantwortung für das Aufstellen, die regelmäßige Kontrolle und das Wechseln des Wassers.

Die Lage der Gelbschale bestimmt deren Fängigkeit. Rapsstängelrüssler kommen von vorjährigen Befallsflächen. Foto: Manja Landschreiber
Nur mit Gelbschalen kann man die Stängelschädlinge erfassen. Ein Gitter schützt die ebenfalls zeitig fliegenden Hummeln (nächstes Bild). Foto: Manja Landschreiber
Foto: Manja Landschreiber

Der Große Rapsstängelrüssler erwacht schon bei Bodentemperaturen von zirka 5 °C auf den vorjährigen Rapsflächen. Das kann, wie 2021, bereits Ende Februar sein. Da führte die plötzliche Erwärmung zu einem geballten Zuflug der Stängelschädlinge. Wer zu diesem Zeitpunkt seine Gelbschalen nicht auf dem Acker hatte, verpasste dieses wichtige Ereignis.

Da der Große Rapsstängelrüssler auf den vorjährigen Rapsflächen überwintert und folglich auch dort erwacht, ist es ratsam, eine Schale dort aufzustellen. Dadurch wird das Erwachen der Käfer festgestellt. Gehört die Vorjahresbefallsfläche einem Berufskollegen, sollte die Schale im eigenen Raps, wo der Zuflug dann überwacht wird, zu dieser Seite hin ausgerichtet werden. Somit wird der Weg kurz gehalten. Über die Frage, wie viele Gelbschalen im Raps stehen sollen, wird häufig diskutiert. Dafür spielt die Flächengröße eine wesentliche Rolle. Mehrere Schalen auf großen Flächen spiegeln natürlich eher die tatsächlichen Gegebenheiten wider.

Der Große Rapsstängelrüssler ist durchgängig schwarz gefärbt, wirkt aber durch die Behaarung eher grau. Foto: Manja Landschreiber

Begrenzen Knicks oder Waldränder einen aktuellen Rapsschlag, sollten auch dort Gelbschalen stehen. In diesen Bereichen überwintern Gefleckter Kohltriebrüssler und Rapsglanzkäfer. Sind die Gelbschalen gut platziert, ist deren Fängigkeit deutlich höher. Regelmäßige Kontrollen mit Wasserwechsel verstehen sich von selbst.

Der Große Rapsstängelrüssler sucht unmittelbar nach dem Erwachen die nächstgelegenen Rapsschläge zur Eiablage auf. Die Weibchen sind sofort geschlechtsreif und beginnen nach der Paarung, ihre Eier abzulegen. Mit dem Vollzug der Eiablage beginnt auch schon die Schädigung des Rapses. Das Weibchen scheidet bei der Herstellung der Einischen Wuchsstoffe aus, die für die typischen Verdrehungen der Stängel verantwortlich sind. Diese Verdrehungen sind sehr auffällig und nicht zu verkennen. Die Bekämpfung muss demzufolge zeitnah (innerhalb von drei Tagen) nach dem Zuflug (Bekämpfungsschwellen!) vor der Eiablage erfolgen. Resistenztechnisch ist die Welt beim Großen Rapsstängelrüssler noch in Ordnung.

Der Gefleckte Kohltriebrüssler ist graufleckig gefärbt mit einem auffälligen weißen Fleck auf dem Rücken und rotbraunen Füßen. Foto: Manja Landschreiber

Der Gefleckte Kohltriebrüssler benötigt normalerweise etwas höhere Temperaturen. Ihn erkennt man an dem weißen Fleck auf dem Rücken. Nach dem Erwachen im Winterquartier und dem Einflug in die Rapsbestände vollzieht er erst einen ausgiebigen Reifungsfraß, bevor er mit der Eiablage startet. Somit stehen für eine eventuelle Bekämpfung je nach Witterung zehn bis 14 Tage zur Verfügung. Nach erfolgter Eiablage wachsen die Rapsstängel gerade weiter, sodass die Larven oft unentdeckt bleiben. In Resistenztests des Julius-Kühn-Instituts (JKI) konnte beginnende Resistenz gegen die Pyrethroide festgestellt werden.

Um die Insektizidmaßnahme richtig zu terminieren, ist es von großer Bedeutung, die Schädlinge zu unterscheiden. Es gilt, vor allem den Großen Rapsstängelrüssler sicher zu erkennen. Seine größere Schadwirkung wird auch in der niedrigen Bekämpfungsschwelle von nur fünf Käfern je Gelbschale innerhalb von drei Tagen sichtbar. Der Große Rapsstängelrüssler ist komplett schwarz gefärbt, wobei er durch seine dichte Behaarung eher grau wirkt. Hingegen hat der Gefleckte Kohltriebrüssler, wie der Name es auch schon verrät, einen weißen Fleck auf dem Rücken sowie rotbraune, feingliedrige Füße.

Da im vorherigen Jahr zum Teil stärkerer Befall mit beiden Schädlingen zu beobachten war, könnte es durchaus sein, dass bei günstigem Frühjahrswetter auch dieses Jahr die Stängelschädlinge eine Rolle spielen. Besonders durch Rapserdfloh geschwächte Bestände bedürfen größerer Aufmerksamkeit.

Stängel- und Triebrüssler ohne Rapsglanzkäfer können mit Pyrethroiden der Klasse II (zum Beispiel Karate Zeon oder andere) in Schach gehalten werden. Treten allerdings neben den Stängelschädlingen auch gleichzeitig bekämpfungswürdige Rapsglanzkäfer auf, sollte Trebon 30 EC (B2) (Pyrethroid Klasse I) zum Einsatz kommen. Mavrik Vita/Evure (B4) hat gegen die Stängelschädlinge keine Zulassung.

Fazit

Eine Behandlung sollte nur nach Überschreitung von Bekämpfungsschwellen erfolgen. Die Resistenzsituation der Pyrethroide ist inzwischen bei einigen Rapsschädlingen sehr angespannt. Eine separate Betrachtung der einzelnen Schädlinge ist nicht mehr zielführend. Hier muss eine Gesamtbewertung zum Tragen kommen. Ein Pyrethroideinsatz, beispielsweise gegen den Rapsglanzkäfer, betrifft auch späte Kohltriebrüssler und zusätzlich frühe Kohlschotenrüssler. Zusätzlich befinden sich fast ganzjährig Rapserdflöhe im System. Diese Tiere sind dann alle als Nebeneffekt von der eigentlichen Maßnahme betroffen. Und das sind im Übrigen auch die Rapsschädlinge, die am stärksten von der Pyrethroidresistenz betroffen sind. So schließt sich der Kreis.

Das Verdrehen und Aufplatzen der Stängel, verursacht durch den Rapsstängelrüssler, kostet Ertrag. Die im Stängel fressenden Larven (siehe nächstes Bild) höhlen diesen aus. Foto: Manja Landschreiber
Foto: Manja Landschreiber

„Wenn wir heute schweigen, sind wir morgen verschwunden.“

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„Wir sind heute morgen in einer anderen Welt aufgewacht.“ Auf diesen knappen Nenner brachte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) den Schock des russischen Überfalls auf die Ukraine. Damit ist auch der Bruch in der europäischen Nachkriegsgeschichte benannt, der mit diesem Akt der militärischen Aggression einhergeht. Europa ist seit dem 24. Februar nicht mehr das, was es war. Die militärische Logik ist zurückgekehrt in die europäische Politik. Die neue Bundesregierung war zu diesem Zeitpunkt erst 79 Tage im Amt und erlebt eine weltpolitische Krise, die wahrscheinlich weit jenseits unserer Vorstellungskraft lag. In der Ukraine zeigt ein Präsident, der noch vor vier Jahren Komiker und Schauspieler war, in der Stunde größter Not staatsmännisches Format und kommunikative Stärke. Wolodimir Selenski warnte schon vor dem Einmarsch der Russen: „Wenn wir heute schweigen, sind wir morgen verschwunden.“

Welchen Preis die Sanktionen gegen Russland haben werden, wird sich zeigen. Mögliche wirtschaftliche Folgen sind Cyber-Angriffe auf die kritische Infrastruktur, etwa auf die Energieversorgung. Der Betrieb Tausender Windkraftanlagen in Europa ist aktuell wegen eines Hackerangriffs und Störung der Satellitenverbindung weiter eingeschränkt. Ein Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine wird nicht ausgeschlossen.

Ein existenzieller Preis ist die Ernährungssicherheit. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine und die EU-Sanktionen gegen Moskau werden Landwirten, Verbrauchern, Düngemittelherstellern und Agrarexporteuren in der EU schaden. Die Ukraine und Russland sind wichtige Exporteure auf dem globalen Getreidemarkt und vereinigen zusammen fast ein Drittel der globalen Weizenexporte auf sich. Deutschland importiert einen großen Teil Raps und Sonnenblumenkerne aus der Ukraine. Es ist zu erwarten, dass die ukrainische Aussaat von Mais und Sommergetreide im Frühjahr gestört wird. Dadurch wird die Krise sich auch mittelfristig auswirken und die diesjährige Ernte beeinflussen. Durch höhere Gas- und Energiepreise können sich die Sanktionen gegen Russland auf die Düngemittelpreise und -verfügbarkeit auswirken.

Der Getreidemarkt zeigt derzeit eine beispiellose Volatilität, was dazu führte, dass der physische Handel teils ausgesetzt wurde (siehe Seite 82). An den Börsen hat sich ein Fenster für Spekulanten geöffnet, die in solchen Krisensituationen gleich bereitstehen. Auch am Kassamarkt ist Vorsicht geboten, da sich die Preise innerhalb weniger Minuten um mehrere Prozentpunkte ändern können. 
Ein fataler Effekt ist auch, dass mehr als die Hälfte der Nahrungsmittel, die das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) in Krisenregionen verteilt, aus der Ukraine stammt.

Spätestens nach der ersten Empörungswelle werden wir uns fragen müssen: Welchen Preis sind wir tatsächlich bereit dafür zu zahlen, Putin und seine Kriegsmaschine zu stoppen? Die Zielkonflikte liegen auf der Hand. Flächen­einschränkungen und die absehbare Reduktion des Ertragsvolumens durch pflanzenbauliche Einschränkungen, die mit dem Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie einhergehen, werden ihren Preis haben. Einen Vorgeschmack liefert die derzeitige Inflation. Höhere Ausgleichszahlungen helfen vielleicht der Landwirtschaft, machen aber keinen satt, wenn nichts angebaut werden kann. Wie weit ist die Gesellschaft tatsächlich bereit, die Sanktionen mitzutragen? Im Zweifel wird man im nächsten Winter mit Pullover in der Wohnung sitzen und auf die eine oder andere Delikatesse verzichten. Oder doch lieber ein Arrangement mit dem Aggressor? Dem steht entgegen, dass es bei Putins Krieg gegen die Ukraine auch um einen Krieg gegen westliche Demokratien geht.

Nach populärer Interpretation symbolisieren die Farben in den Flaggen ein typisches Landschaftsbild der Kornkammer Europas. Als Zeichen unserer Solidarität und für den Wunsch nach einem schnellen Frieden in der Ukraine haben wir das Bauernblattlogo auf der Titelseite bis auf Weiteres geändert.

Krieg in der Ukraine verändert die Welt

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Der russische Überfall am 24. Februar war die Eröffnung des Angriffskrieges gegen die Ukraine. Seitdem ist in dem stark von der Landwirtschaft geprägten Land nichts mehr, wie es war. Ein großer Flüchtlingsstrom ist Richtung Westen in Bewegung, es sind Frauen und Kinder. Männer zwischen 18 und 60 dürfen das Land nicht mehr verlassen. Westliche Unternehmen reagieren mit Rückzug und Stillstand ihrer Geschäfte in Russland.

Am Donnerstag voriger Woche wurde der Militärflughafen der westukrainischen Stadt Luzk von russischem Militär bombardiert und lahmgelegt. Am Freitag nach dem Angriff hat Vitalij, ein befreundeter ukrainischer Landwirt, mit dem Düngerstreuen begonnen. Sein Betrieb ist 20 km von Luzk entfernt. Seine Mitarbeiter sind nicht geblieben und schnell wieder nach Hause gegangen. „Meine Leute haben Angst vor den Feldarbeiten wegen Luftschießerei“, schrieb er in seiner WhatsApp-Nachricht. Seit dem Wochenende ist es wieder ruhig. Einige Mitarbeiter sind zurückgekehrt und haben Vorschusszahlungen erhalten – für Lebensmitteleinkäufe und Benzin.

Am Mittwoch dieser Woche ging es weiter mit dem Düngerstreuen auf den Rapsschlägen, und am Wochenende soll der Weizen dran sein, aber die Dieselreserven werden knapp. „Wir haben noch zwei Tonnen Diesel. Ich habe vor dem Krieg gekauft, aber es wurde nicht mehr rechtzeitig geliefert“, berichtet Vitalij. In der Zwischenzeit hat er die Armee unterstützt und Getreide verladen. 5 t Weizen wurden getauscht gegen Mehl, das direkt von der Mühle nach Kiew geliefert werden soll. Neue Schlepperreifen, die er bestellt hatte, sind einen Tag zu spät gekommen, die polnische Grenze war schon dicht, und der österreichische Spediteur hat die Reifen in Polen beim Zoll abgeladen, unerreichbar aus heutiger Sicht.

Wie es weitergeht weiß Vitalij nicht. Aufgeben kommt nicht infrage. Bis zur Ernte kann noch niemand denken. Mit diesen Sorgen kämpfen alle Betriebe in der Ukraine, egal welcher Größe. Ausländische Betriebsleiter konnten das Land verlassen und haben die Betriebsleitung Mitarbeitern überlassen.

Nach dem Bombenangriff auf den Flughafen bei Luzk wurden die Feldarbeiten wieder aufgenommen. Foto: privat

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, verurteilt den Krieg in der Ukraine aufs Schärfste: „Die deutschen Bauern stehen solidarisch an der Seite des ukrainischen Volkes und sind in Gedanken bei unseren Berufskolleginnen und -kollegen und deren Familien, die massiv unter den russischen Angriffen leiden. Als Deutscher Bauernverband tragen wir die gegen Putin gerichteten Maßnahmen der Bundesregierung mit, auch wenn es für unsere Branche zu großen Herausforderungen kommen könnte.“

Flächenstilllegung aussetzen

Der DBV hat aber auch dazu aufgerufen, die EU-Agrarpolitik zu hinterfragen. So sagte Rukwied gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, nicht nur die Außen- und Sicherheitspolitik müsse neu gedacht werden, auch die Liefer- und Logistikketten. Die Versorgungssicherheit für Energie, Rohstoffe und Nahrungsmittel müsse dabei im Mittelpunkt stehen. „Können wir es uns noch leisten, Flächen stillzulegen?“, fragte Udo Hemmerling, der stellvertretende DBV-Generalsekretär.

Ernährungssicherheit

Alle Mitglieder von Copa-Cogeca, der Dachorganisation der europäischen Landwirtevereinigungen und landwirtschaftlichen Genossenschaften, haben in der vorigen Woche anlässlich der Präsidiumssitzungen ihre Solidarität mit dem ukrainischen Volk zum Ausdruck gebracht. Die Solidarität beschränke sich nicht auf Worte, Copa-Cogeca werde in den kommenden Tagen entsprechend der Entwicklung des Konflikts konkrete Maßnahmen umsetzen. In Kriegszeiten erlange der Fokus auf Ernährungssicherheit entscheidende Bedeutung, und es sei essenziell, frühzeitig die notwendigen Schritte zu unternehmen, um sicherzustellen, dass die am stärksten betroffenen Menschen in der Ukraine und weltweit weiterhin mit Lebensmitteln versorgt werden könnten. Dies sei der Moment, um die geeinte europäische und internationale Zusammenarbeit weiter zu stärken.

Frauen und Kinder flüchten mit dem Zug aus der Ukraine Richtung Westen. Foto : Imago
Menschen, die die Ukraine verlassen wollen, stehen in kilometerlangen Schlangen an der Grenze. Foto : Imago
Majdan Nesaleschnosti, der Platz der Unabhängigkeit in Kiew, zwei Tage vor dem Überfall. Foto : Imago


Märkte überwachen

Die französische Ratspräsidentschaft hat sich angesichts der zu erwartenden Verwerfungen in der europäischen Agrar- und Ernährungswirtschaft dafür ausgesprochen, die Überwachung sämtlicher relevanter Märkte maximal auszuweiten und dafür den Europäischen Mechanismus zur Krisenvorsorge und Krisenreaktion im Bereich der Ernährungssicherheit (EFSCM) einzusetzen. Besondere Aufmerksamkeit erfordert nach Einschätzung der Franzosen die Versorgung der Tierhalter und insbesondere der Schweinehalter mit Futtermitteln.

Die polnische Agrarbranche sieht durch den Krieg und die dadurch ausgelösten Verwerfungen an den Agrar- und Energiemärkten vorläufig keinen Spielraum zur Umsetzung des Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie. Fachverbände der polnischen Landwirtschaft, Agrarhändlern und Züchter forderten die EU-Kommission auf, das Inkrafttreten der Strategien zu verschieben.

Landtechnikindustrie

Die Landtechnikindustrie blickt mit Sorge auf die zu erwartenden Folgen des Krieges, doch die Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung steht im Vordergrund. Der Maschinenbauverband VDMA spricht gewiss für die allermeisten, indem er den Angriffskrieg gegen die Ukraine scharf verurteilt und die Sanktionen des Westens gegen die russische Regierung eindeutig unterstützt. „An erster Stelle steht die Sorge um das Wohl der Menschen in der Ukraine“, sagt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann: „Daraus ergibt sich auch die Herausforderung, mit wirksamen und konsequenten Sanktionen zu einem Ende der Gewalt beizutragen.“

Das Landtechnikgeschäft mit Russland sowie der Ukraine hat sich in den vergangenen Jahren stark ausgeweitet mit Tendenz nach oben vor der Krise. Der VDMA schätzt den Umfang des Exports 2021 auf rund 500 Mio. €, dazu komme noch einmal die etwa gleiche Höhe von Umsätzen in den Produktionsstätten vor Ort, mit der Ukraine sei Landtechnik im Wert von 300 Mio. € gehandelt worden. So betreiben in Detschino (Kaluga) 200 km südwestlich von Moskau die Firmen Grimme, Lemken, Big Dutchman und Wolf System Niederlassungen, Amazone hat einen Standort in Samara gut 1.000 km weiter östlich an der Wolga. Claas betreibt ein Werk in Krasnodar, nur 150 km von der Halbinsel Krim, Horsch über die Tochterfirma Horsch Rus eines in Roshchinskiy 600 km vor der kasachischen Grenze. Die Firma hat auch eine ukrainische Tochter in Velyka Soltanivka nur 40 km südwestlich von Kiew.

Tenor der gesamten Branche ist, dass man noch nicht abschätzen könne, wie sich Kriegshandlungen und Sanktionen oder Gegensanktionen auswirken werden. Es würden verschiedene Szenarien entwickelt und die Entwicklung beobachtet. Doch nicht nur wirtschaftliche Aspekte stehen dabei im Vordergrund, sondern auch die Sorge um die Sicherheit der Kollegen, die sich in Russland oder gar noch in der Ukraine befinden.

Lebensmittel

Verschiedene deutsche Lebensmittelgroßhändler haben vor Kriegsbeginn den Eintritt in das Geschäft mit der Ukraine gar nicht erst aufgenommen oder rechtzeitig gestoppt, etwa die Schwarz-Gruppe, Kaufland oder Lidl. Metro hingegen betreibt 93 Filialen in Russland mit rund 10.000 Mitarbeitern und 26 in der Ukraine mit 3.400 Mitarbeitern. Das Geschäftsvolumen beträgt insgesamt mehr als 3 Mrd. €. Entsprechend hart werden die Ereignisse den Konzern treffen. 16 ukrainische Metro-Filialen wurden vorsorglich geschlossen. Andererseits will der Großhändler die Versorgung der örtlichen Bevölkerung so gut wie möglich aufrechterhalten. Dies gilt auch für die ukrainischen Marktführer wie ATB oder Fozzy, die ihre Läden möglichst offenhalten wollen. „Wir arbeiten, backen Brot und finden kreative Wege, um Waren hereinzubringen“, heißt es bei der Supermarktkette Silpo von der Fozzy-Group.

Im Importgeschäft werden nun vielerorts russische Lebensmittel aus dem Sortiment verbannt, so bei Aldi, Rewe und Netto, Edeka prüft noch einen Boykott. Zwar finden sich hierzulande nicht allzu zahlreiche russische Produkte in den Supermärkten, sie haben aber Symbolkraft: So soll es bei Aldi keinen Wodka mehr geben. Viele Solidaritätserklärungen mit der Ukraine lanciert der Lebensmitteleinzelhandel. Aldi Nord bekennt sich zu Europa mit „gemeinsamen Werten und einer demokratischen Grundordnung“. Edeka zeigt die ukrainische Flagge in den Sozialen Medien mit dem Motto „Freiheit ist ein Lebensmittel“. mbw, kel, age

Beschäftigung ukrainischer Staatsangehöriger

Im Zuge des Krieges stellen sich auch Fragen im Zusammenhang mit der Beschäftigung ukrainischer Staatsangehöriger.

Ukrainische Staatsangehörige, die sich bereits in Deutschland aufhalten, können bei ihrer zuständigen Ausländerbehörde die Erteilung oder Verlängerung ihres Aufenthaltstitels beantragen. Es ist ihnen nicht zumutbar, das Visumverfahren einzuhalten.

Personen, deren Aufenthaltstitel oder visumfreier Aufenthalt in Kürze endet, sollten baldmöglichst einen Aufenthaltstitel beantragen. Es wird derzeit geklärt, ob in diesen Fällen eine Arbeitsaufnahme ohne weitere Prüfung zu genehmigen ist.

Um eine schnelle Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge zu ermöglichen, wird derzeit auf EU-Ebene geprüft, ob die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie angewendet werden kann. Geflüchteten könnte danach ein Aufenthaltstitel unbürokratisch von den Ausländerbehörden erteilt werden. Dieser würde für ein Jahr erteilt und könnte auf bis zu drei Jahre verlängert werden. Der Arbeitsmarktzugang würde ohne Einschränkung bereits mit Zustimmung der Ausländerbehörde gewährt. Auch der Zugang zu Integrationskursen wäre möglich. Wenn der Lebensunterhalt nicht selbstständig gesichert werden könnte, wäre eine Lebensunterhaltssicherung möglich. Der Zugang zu den regulären Asylverfahren würde jederzeit offenstehen. Lena Preißler-Jebe, bvsh