Das Bundeskabinett hat beschlossen, dass alle Haushalte in Deutschland einen Rechtsanspruch auf ein Mindestmaß an Internetzugang haben. Doch die Schwellenwerte dafür sind niedrig. „Die Auswirkungen in Schleswig-Holstein werden überschaubar sein“, meint das Breitbandkompetenzzentrum Schleswig-Holstein (BKZSH) – und setzt weiterhin auf Glasfaserausbau. Geschäftsführer Johannes Lüneberg erklärt die Situation:
Der Beschluss des Bundeskabinetts hat eine Vorgeschichte: Mit Inkrafttreten des neuen Telekommunikationsgesetzes am 1. Dezember 2021 haben Endnutzer gegenüber Unternehmen einen Anspruch auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten. Im Rahmen des Gesetzes wurden keine konkreten Aussagen zu den Mindestanforderungen gemacht. Lediglich „Sprachkommunikationsdienste“ und ein „schneller Internetzugangsdienst für eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe“ wurden benannt. Näheres sollte eine Rechtsverordnung der Bundesnetzagentur (BNetzA) regeln. Der Entwurf dieser Rechtsverordnung wurde von der BNetzA erstellt und am 4. Mai vom Bundeskabinett gebilligt, muss aber noch im Digitalausschuss des Bundestages beraten werden und benötigt die Zustimmung des Bundesrates.
Niedrige Schwellenwerte
Inhaltlich hat die BNetzA in ihrem Entwurf folgende Schwellenwerte festgelegt, die bei Unterschreitung einen entsprechenden Rechtsanspruch auslösen können:
mindestens 10 Mbit/s im Download
mindestens 1,7 Mbit/s im Upload
Latenz von höchstens 150 ms
Aufgrund dieser Grenzwerte werden potenzielle Rechteinhaber nur in Außenlagen oder Außenbereichen von Städten und Gemeinden zu finden sein.
Die möglichen Anspruchsberechtigten haben ihren Anspruch im Rahmen eines standardisierten Verfahrens bei der Bundesnetzagentur nachzuweisen (mehrere Bandbreitenmessungen an unterschiedlichen Tagen zu unterschiedlichen Uhrzeiten). Die BNetzA prüft dann den Anspruch. Bei entsprechender Rechtmäßigkeit konsultiert sie den Markt, welches Unternehmen eine solche Versorgung aufbauen könnte, und verpflichtet bei Bedarf ein Unternehmen, den Anschluss herzustellen.
Da die benannten Schwellenwerte auch mit anderen Technologien als Glasfaserleitungen erreicht werden können, beinhaltet das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen nicht das Recht auf einen Glasfaseranschluss. Die Versorgung kann auch über niedrig fliegende Satelliten oder andere drahtlose Übertragungstechniken erfolgen.
Mögliche Auswirkungen
Schleswig-Holstein ist beim Glasfaserausbau auf einem bundesweiten Spitzenplatz. Mit einer Versorgung von 58 % der Hausadressen, an denen eine Glasfaserleitung vorbeiläuft und die einen Hausanschluss bekommen könnten, und 41 % aller Hausadressen, die bereits an das Glasfasernetz angeschlossen sind, liegt Schleswig-Holstein weit vor allen anderen Flächenländern. Aufgrund dieses fortgeschrittenen Glasfaserausbaus im ländlichen Raum und der niedrigen Bandbreitenschwelle werden nur wenige Einwohner einen Rechtsanspruch bekommen. Die Auswirkungen in Schleswig-Holstein werden also überschaubar sein. In anderen Bundesländern ist von mehr potenziellen Rechteinhabern auszugehen.
Fazit
Ziel muss es sein, das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen über eine Glasfaserleitung herzustellen, die tatsächlich allen Bandbreitenanforderungen derzeitiger und zukünftiger Anwendungen genügt. Da die Durchsetzung des Rechtsanspruches auch mit einem deutlichen Zeitaufwand verbunden ist, erscheint es daher sinnvoll, unter kommunaler Federführung Förderprojekte aufzusetzen, um mit Geldern des Bundes und des Landes Glasfaserleitungen zu allen Einwohnern zu verlegen. Dies wäre ein weiterer Schritt zur Zielerreichung des weitgehenden Glasfaserausbaus bis zum Jahr 2025 und die Voraussetzung für eine vollwertige digitale Teilhabe.