StartNachrichtenMarktMarktkommentar, Marktlage und Markttendenz KW 1922

Marktkommentar, Marktlage und Markttendenz KW 1922

Was bewegt den globalen Getreidemarkt?
Von Caroline Hertell, LK-Markt
Foto: Pixabay

Es ist der 9. Mai und somit der vorletzte Handelstag für Weizenkontrakte an der Matif mit Liefermonat Mai. Als neuer Frontmonat rückt der September nach. Für Raps war dieser Termin schon zwölf Tage zuvor und hat einen Preissprung nach unten verursacht. Der neue Liefertermin August liegt in der Erntezeit und notiert rund 200 €/t unter dem ausgelaufenen Rekordkontrakt Mai 22. Bei Weizen ist das nicht der Fall, es wird keinen vergleichbaren Preisverfall geben. Der nächste Matif-Termin im September steht der jetzigen Notierung nur um wenige Euro nach. Was für eine Erntemenge antizipiert dieser Kurs? Beim Raps ist am Preis eindeutig abzulesen, dass von einer zum Vorjahr erhöhten Ernte auszugehen ist. Was gilt für die Stimmung der Börsenteilnehmer am Getreidemarkt, wie knapp ist die Versorgungslage, mit der sie rechnen? Ein Anhaltspunkt sind die Daten des USDA, wonach sich das Defizit am Weltmarkt einordnen lässt. Nach Aufsummierung der geschätzten Mehr- und Minderernten in den Exportregionen der Welt und unter gewissem Einbezug der Auswirkungen des Ukraine-Krieges könnten bis zum Ende der Saison knapp 10 Mio. t Weizenangebot fehlen. Kann die nächste Ernte das herausholen?

Exportregionen

Tatsächlich besteht Anlass zum Stirnrunzeln in vielen Getreideanbauregionen rund um die Welt. Es gibt überall Gebiete mit ungünstigen, teils extremen Witterungsverhältnissen, Russland mal ausgenommen. Prägnant sind vor allem die Regionen mit zu großer Hitze, etwa in Teilen Indiens, Südeuropas und der USA. In den USA liegt mehr als die Hälfte der Anbauflächen für Gerste, Sorghum, Sonnenblumen, Hart- und Winterweichweizen in Gebieten mit kritischem Feuchtigkeitsmangel. Die Aussaat von Sommergetreide und Mais liegt deutlich hinter dem Zeitplan. In Indien sollte die Gunst der Stunde genutzt und die Weizenexportmenge mindestens verdreifacht werden, um die Position am globalen Markt zu verbessern, doch das verhindert ein historischer Hitzesommer. Zeitlich nur kurz zurück liegen die drastischen Rücknahmen der Sojabohnenernte in Südamerika, Weizen wurde in Argentinien jedoch sehr gut geerntet und auch Mais soll aus Brasilien in Rekordmengen kommen. Im mittleren und nördlichen Europa war es in den vergangenen Wochen kälter als normal und in südlichen Ländern teilweise sehr trocken. In den Anbaustatistiken vieler Länder sind Anpassungen an die spezielle Marktlage zu sehen, es gibt Verschiebungen zugunsten von derzeit hochpreisigen und weniger düngeintensiven Kulturen. Die Frühjahrsaussaat kann beziehungsweise konnte darauf noch reagieren.

Importregionen

Die Käuferseite am Weltmarkt hat mit den hohen Preisen zu kämpfen, repräsentativ dafür ist der Weizenmarkt. Geografisch konzentrierte sich der Bedarf im Vorjahr einerseits in Nordafrika, Nigeria und im Nahen Osten, dorthin gingen 52,8 Mio. t Weizen. Andererseits kauften China und andere Länder Südostasiens 28,3 Mio. t. Dieses und andere Getreide wie Mais oder Hirse kommen zum großen Teil aus der Ukraine. Lieferungen von dort sind aber nach wie vor nicht in großem Stil denkbar. Ausfuhren per Schiene können nur ein Zehntel des eigentlichen Volumens bewegen. Auch bei derzeitigen Exportpreisen von rund 400 €/t für EU-Weizen oder 365 €/t für Gerste aus dem Schwarzmeergebiet gibt es laufend Ausschreibungen von Importländern. Nicht zuletzt die Erinnerungen an den Arabischen Frühling lassen die Regierungen weiter Getreide kaufen, auch wenn sie sich die Preise kaum leisten können. Die Substitutionsmöglichkeiten sind begrenzt. Wie sich der Weltmarkt entwickelt, ist für diese Länder im wahrsten Sinne des Wortes überlebenswichtig, Ukraine hin oder her. Es ist offensichtlich, dass russische Exporte ihren Weg zum Käufer finden oder, wie Putin sagt, in „befreundete Länder“. Die nächste Ernte entscheidet zwar maßgeblich über das Weltmarktangebot, aber die größte Unbekannte bleibt Russland.

Marktlage für die Woche vom 9. bis 15.5.2022

Getreide: In der Vorwoche standen die Maitf-Weizenkurse etwas unter Druck, konnten sich am Ende jedoch über 400 €/t behaupten.

Raps: Das Exportverbot von Palmöl steht vor dem Aus. Der schwächere Sojamarkt reduziert nun auch die Rapsnotierungen.

Futtermittel: Auch die US-Sojakurse sind zuletzt nicht weiter gestiegen. Die Aussaatbedingungen in den USA sind gut.

Kartoffeln: Der Markt ist ausgeglichen. Es ist ausreichend Ware bis zum Saisonende vorhanden. Importe ergänzen das Angebot.

Schlachtrinder: Das Angebot ist knapp ausgefallen. Die Preisabschläge für Jungbullen konnten sich nicht durchsetzen.

Schlachtschweine/-sauen: Trotz Grillsaison ist die Nachfrage ruhig. Der Vereinigungspreis wurde in der Vorwoche deutlich reduziert.

Ferkel: Die Notierungen wurden in der Vorwoche deutlich herabgesetzt, um den Absatz zu mobilisieren.

Milch: Die Kurse für Milchprodukte im LEH zogen zuletzt nochmals deutlich an. Auf dem Exportmarkt zeigt sich Preisdruck.

Schlachtlämmer/-schafe: Die Nachfragebelebung durch das Fastenbrechenfest ist geringer als erwartet ausgefallen.

Markttendenz für die Woche vom 16. bis 22.5.2022

Getreide: Es wird nur noch über die neue Ernte gesprochen. Mittlerweile wird Weizen aus dem Schwarzmeerraum exportiert.

Raps: Es scheint, als hätten die Rapskurse den Höhepunkt vorerst überschritten. Man diskutiert den künftigen Umfang der Biodieselproduktion.

Futtermittel: Die Kurse für Futtergetreide und Ölschrote tendieren eher schwach. Der schwache Euro sorgt für teure Importkomponenten.

Kartoffeln: Die Kurse für die alte Ernte sollten sich kaum noch ändern. Importe nehmen stetig zu, bleiben jedoch relativ teuer.

Schlachtrinder: Erneut ist von zunehmendem Preisdruck die Rede. Die Rindfleischnachfrage ist saisonbedingt ruhig.

Schlachtschweine/-sauen: Die Nachfrage bleibt trotz des Preisabschlages ruhig. Es werden günstige Importschweine angeboten.

Ferkel: Auch in der laufenden Woche gaben die Kurse weiter nach. Die Mäster beobachten den Schweinehandel und die Futterkosten.

Milch: In den kommenden Monaten werden weitersteigende Erzeugerpreise erwartet. Die Preis­aufschläge fallen unterschiedlich aus.

Schlachtlämmer/-schafe: Man geht auch weiterhin von einer ruhigen Nachfrage und einem relativ geringen Angebot aus.

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