Von der Afrikanischen Schweinepest (ASP) über Laborfleisch bis zu Coronahilfen reichte die Tagesordnung der Sitzung der Arbeitsgemeinschaft Schweinehaltung des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH) am Montag (21. März) in Rendsburg. Der Vorsitzende Dietrich Pritschau wies darauf hin, dass trotz kräftig steigender Schweinepreise viele Baustellen bleiben. Es werde nach 100 Tagen im Amt deutlich, dass die Landwirtschaft bei der Bundesregierung nicht an erster Stelle rangiere.
Karsten Hoeck, Marktexperte der Landwirtschaftskammer berichtete, dass der Fleischkonsum weiter rückläufig sei. Der Zuchtsauenbestand sei drastisch gesunken. So habe es in Schleswig-Holstein 2020 noch 750 Schweinehalter gegeben, im vorigen Jahr waren es nur noch 650, ein Minus von 13,5 %. Die Zahl der Mastschweine sei innerhalb eines Jahres um 5,6 % gesunken, die Zahl der Sauen um 7,2 %. Trotz eines deutlichen Preisanstiegs rechne sich die Schweinehaltung nicht, so Hoeck. Er sprach die Kostensteigerung bei Mischfutter an. Teilweise sei es schwierig, Futter zu bekommen, da Eiweißträger aus der Ukraine fehlten. Teilnehmer der Sitzung machten deutlich, dass der Mastschweinepreis bei 2,60 €/kg Schlachtgewicht liegen müsse, um rentabel zu sein.
Dr. Gabriele Wallner, Referentin für das Veterinärwesen im Kieler Landwirtschaftsministerium (Melund), berichtete zur Afrikanischen Schweinepest (ASP). Derzeit liege man bei etwa 3.600 ASP-Fällen bei Wildschweinen. In Brandenburg seien die Zäune nach Polen fertiggestellt, in Sachsen noch nicht. In den betroffenen Bundesländern setze man auf doppelte Festzäune im Kerngebiet. Damit komme das Geschehen offenbar zum Stillstand. In der weißen Zone zwischen den Zäunen werde eine stille Jagd durchgeführt. In Schleswig-Holstein lagerten 100 km Festzaun und 100 km Elektrozaun für den Ernstfall, versicherte Wallner. Bei einem Seuchenausbruch werde der E-Zaun schnell aufgebaut und nach Eingrenzung des Geschehens durch einen festen Zaun ersetzt.
Detailliert ging sie auf die Verbringung von Ferkeln aus einer Restriktionszone bei ASP im Hausschweinebereich ein. Ein ASP-freier Betrieb in Zone 3 könne in Zone 2 liefern. Betriebe müssten vor der Verbringung eine Betriebskontrolle zur Biosicherheit und eine virologische Untersuchung über sich ergehen lassen. Nach 15 Tagen sei bei Einhaltung der Biosicherheitskriterien und einem negativen virologischen Befund der Tiertransport möglich, jedoch nur zu einem Betrieb der Lieferkette. Nur bei Betrieben mit regelmäßiger amtlicher Kontrolle und Untersuchung verendeter Tiere sei eine Lieferung aus einer Restriktionszone ohne Zeitverzögerung möglich.
Pritschau forderte die Betriebe auf, weiter alle Schritte zur Einhaltung der Biosicherheit umzusetzen. Er weist darauf hin, dass die Lieferkette eine Möglichkeit sei, Tiere aus Sperrzonen abfließen zu lassen. Man müsse die Kette aber in „Friedenszeiten“ festlegen.
Achim Münster, Geschäftsführer der Vermarktungsgenossenschaft ZNVG, berichtete vom EIP-Projekt EQA Wissen, dass die ZNVG als Lead-Partner führt. Es geht um die Begleitung der Transformation der Schweinehaltung in die Haltungsstufen 2 bis 4 des Lebensmitteleinzelhandels. Das Projekt startet im Mai und soll ein digitales Dienstleistungspaket für Betriebe in Bezug auf Haltung, Fütterung und Ressourcenverbrauch entwickeln. Damit will man die Umstellungsrisiken mindern und die Einhaltung von Haltungsstandards digital nachweisbar machen.
Claas-Peter Petersen, Referent für Steuern und tierische Erzeugung beim Bauernverband, erläutert den aktuellen Stand zu Coronhilfen. Die Investitionsbank als bewilligende Stelle sehe Probleme, weil sie auf den Durchschnitt der Bewilligungsmonate abstelle. Wegen der Umdeutung der Härtefälle sehe sich die I-Bank derzeit außerstande, Bewilligungen auszusprechen. Der Bauernverband habe an Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholtz (FDP) geschrieben und gefordert, Entscheidungen zu beschleunigen und Corona-Anträge gegebenenfalls als Härtefälle zu werten. Dann müsse die Obergrenze von 290.000 € je Betrieb und Zeitraum, die die EU ausdrücklich vorsehe, aber zwingend auch für Härtefälle gelten. Die Sitzungsteilnehmer kritisierten die Umsetzung in Schleswig-Holstein als unverhältnismäßig und wettbewerbsverzerrend. Laut Pritschau ist der Geduldsfaden der Landwirte deutlich strapaziert. Viele Betriebe seien nicht mehr in der Lage, ihre Futtermittel zu bezahlen.
Berichtet wurde von Gesprächen mit einem Start-Up, das sich mit der zellbasierten Fleischerzeugung beschäftigt. Das Start-Up stellt sich vor, dass Betriebe mit Tierhaltung Inkubatoren auf dem Hof betreiben, entweder in ehemaligen Ställen oder einem Containersystem. Die Tierhaltung soll dabei Teil des Systems bleiben. Die Ausschussmitglieder diskutierten diese Idee und waren sich einig, die Entwicklung zu begleiten. Es wurde allerdings davor gewarnt, dass die Landwirtschaft nur genutzt werde, um ein schwer zu erklärendes Produkt „salonfähig zu machen“.
Dr. Sophie Diers, Fachbereichsleitung Schweinehaltung der Landwirtschaftskammer, berichtete von dem Start einer Perspektivberatung für Sauen haltende Betriebe, finanziert durch das Land. Diers bezeichnet es als „Anstoßberatung“ mit zwei kostenfreien Modulen. Im ersten Modul geht es um die Erfassung der betrieblichen Situation, im zweiten werden erste planerische Überlegungen für einen Um- oder Neubau angestoßen, die den Planungsprozess aber nicht ersetzen.
Pritschau berichtete von Anstrengungen, Werbung für Schweinefleisch zu machen. Auch im Rahmen der Zentralen Koordination Handel Landwirtschaft (ZKHL) werde darüber diskutiert.
Dagmar Klingelhöller vom Netzwerk Sauenhaltung berichtete aus der Arbeitsgruppe Image in der ZKHL. Hier gehe es vor allem um die Aufklärung über Fleisch und dessen Produktion. Als Finanzansatz würden 5 bis 10 Mio. € diskutiert. Man werde neben dem Handel auch Großverbraucher einbeziehen.