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Marktkommentar, Marktlage und Markttendenz KW 3422

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Die Getreideernte ist wie immer: plötzlich schon vorbei. Die allermeisten Landwirte erleben die fünfte Jahreszeit als schönste des Jahres und konnten sich in diesem Jahr über gute Erträge freuen. Auch im Handel freut man sich mit den Erzeugern und staunte über die zeitweise unendlichen Anlieferungen in der Getreideannahme. Die Erntelogistik ist in diesem Jahr besonders herausfordernd. Zu Beginn der Ernte wurden Gerste und Raps aus Ungeduld eher zu feucht geerntet und verursachten hohen Trocknungsaufwand. Angesichts guter Ernteergebnisse in der Gerste und dann auch im Raps und im Weizen galt es schließlich, Massen zu bewältigen. Der Abtransport der neuen Ernte vom Ort der Erfassung in Richtung der Käufer und Verarbeiter gestaltet sich allerdings nicht so einfach, es gibt einige Hürden.

Transportprobleme

Im Güterkraftverkehr mangelte es laut Bundesverband BGL schon vor dem Ukraine-Krieg an 60.000 bis 80.000 Fahrern in Deutschland. Strukturell würde nur die Hälfte der in Rente gehenden Berufskraftfahrer durch Berufseinsteiger ersetzt. Das Fehlen ukrainischer Fahrer verschärft die Situation im europäischen Raum, im Schwerpunkt bei polnischen und litauischen Unternehmen. Der Dieselpreis ist im März explodiert und seither zwar etwas zurückgegangen, liegt aber noch immer 56 % über dem Schnitt der vergangenen drei Jahre. Zusammen mit erhöhten Kosten für AdBlue, Fahrpersonal und Technik ist die Lage für Transportunternehmer oftmals existenzbedrohend. In der Binnenschifffahrt klagt man ebenso wie in der Landwirtschaft über die Dürre. Auf dem Rhein können viele Schiffe wegen Niedrigwasser weniger als ein Drittel ihrer Kapazität auslasten, auf der Donau können bei rekordtiefem Pegel abschnittsweise keine Güterschiffe mehr verkehren. Die Niederschläge der vorigen Woche heben den Pegel in beiden Flüssen nur vorübergehend an. Zudem konkurriert der Getreidetransport mit dem von Kohle. 2018 waren die Pegelstände im Rhein ähnlich niedrig, da gab es jedoch weniger Transportbedarf für Kohle und es waren insgesamt mehr Schiffe vorhanden. Die Ausweichmöglichkeiten für den Transport von Agrargütern sind begrenzt, im Exporthafen Hamburg kommt Getreide vermehrt per Schiene an. Die Lösungsansätze der Branchenverbände für mehr Warenbewegung per Lkw reichen von einer Aussetzung des Wochenendfahrverbots bis zu einer Erhöhung der Lkw-Nutzlast.

Marktlage

Neben den logistischen Schwierigkeiten beim Umschlag der neuen Ernte gibt es auch marktseitig Unklarheiten. Das turbulente Frühjahr hat zu Preiskapriolen geführt, die auf Erzeugerebene den Verkaufswillen förderten. Auf der Abnehmerseite sorgte die Rekord-Hausse für Zurückhaltung, doch mit der Erfahrung aus dem Vorjahr im Nacken entschieden sich vor allem Käufer aus dem Ausland zu Vorkäufen. Jetzt, wo die Ernte eingefahren ist und die Preise weit von den Höchstständen entfernt sind, steht das Geschäft still. Bei immer niedrigeren Terminkursen versuchen Marktteilnehmer, eine Position zu finden. Am internationalen Markt werden sinkende Preise immer wieder mit den Ausfuhren aus der Ukraine begründet, doch 25 bisher beladene Schiffe stehen nicht in Relation mit der scheinbaren Entspannung. Die Ernte ist hierzulande gut ausgefallen, beim Weizen ist die Frage nach den Qualitäten in Klärung. Brauchbare Zahlen werden auch auf globaler Ebene gesucht. Der sonst aussagekräftige USDA-Bericht hatte zuletzt zu Unverständnis geführt. Die Ernteprognose Russlands wurde mit 88 Mio. t Weizen so hoch angesetzt, dass man sie infrage stellt. Das Land selbst gibt noch größere Mengen an und will mit Abstand Spitzenreiter im Weizenexport werden. Die Glaubwürdigkeit Russlands ist seit dem Einmarsch in die Ukraine auf dem Tiefstand und trotzdem hängt der Weltmarktpreis maßgeblich vom russischen Getreideangebot ab. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor für die Markteinschätzung ist die unter Trockenheit leidende Maisernte in Europa. Wie sagt man so schön – bald wissen wir mehr.

Marktlage für die Woche vom 22. bis 28.8.2022

Getreide: Weizenexporte aus Russland und der Ukraine haben zuletzt die Terminkurse für Weizen unter Druck gebracht.

Raps: Die Matif-Rapskurse haben weiter nachgegeben und liegen jetzt wieder auf Vorjahresniveau.

Futtermittel: Die US-Sojakurse gaben zuletzt nach, da ausreichende Niederschläge fallen. Futtergetreide wird günstiger.

Kartoffeln: Die Haupternte hat begonnen. Der Markt ist ausreichend versorgt. Die Preise stehen unter Druck.

Schlachtrinder: Jungbullen- und Färsenpreise blieben stabil, die Preise für Schlachtkühe haben nachgegeben.

Schlachtschweine/-sauen: Der Preisanstieg hat sich in der Vorwoche fortgesetzt. Die Mäster liefern nur zögernd ab.

Ferkel: Die erhöhten Schlachtschweinekurse beleben die Ferkelnachfrage. Die Kurse steigen wöchentlich an.

Milch: Die Anlieferungsmengen bleiben weiter auf dem Vorjahresniveau. Die Kurse für Spotmilch bleiben vorerst recht hoch.

Schlachtlämmer/-schafe: Die zuletzt erhöhten Kurse können sich behaupten. Die Nachfrage bleibt rege.

Markttendenz für die Woche vom 29.8. bis 4.9.2022

Getreide: Weiterhin wird mit einer nervösen Marktlage gerechnet. Die Kurse reagieren auf jede Nachricht mit Ausschlägen.

Raps: Die gute EU-Ernte sorgt für Angebotsdruck, auch die schwachen Sojakurse drücken auf die Rapsnotierungen.

Futtermittel: Aus Nord- und Südamerika wird mit einem ausreichenden Sojaschrotangebot gerechnet.

Kartoffeln: In vielen Regionen erschwert die Trockenheit die Erntearbeiten. Die Qualitäten leiden.

Schlachtrinder: Trockenheit und Futtermangel sorgen vor allem bei Schlachtkühen für ein erhöhtes Angebot und Preisdruck.

Schlachtschweine/-sauen: Die hohen Temperaturen sorgen für eine belebte Grillfleischnachfrage und reduzierte Zunahmen in der Schweinemast.

Ferkel: Die reduzierten Sauenbestände können die belebte Ferkelnachfrage kaum bedienen.

Milch: Die Kurse für MMP stehen weiter unter Druck. Die Käse- und Butternachfrage bleibt stabil, die Kurse fest.

Schlachtlämmer/-schafe: Die überregionale Nachfrage sorgt für einen stetigen Absatz zu stabilen Kursen.

Hohe Verluste beim Körnermais erwartet

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Nachdem die Getreideernte eingebracht ist, richten sich jetzt die Blicke auf den Körnermais und die zu erwartenden Erträge. Die anhaltende Dürre hat nach Einschätzung des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) beim Körnermais massive Ertragsausfälle zur Folge. Gegenwärtig rechnet der Verband mit 600.000 t, die aufgrund von Hitze und Trockenheit verloren gehen dürften.

„Wir verlieren rund 15 Prozent der ursprünglich prognostizierten Erntemenge“, erklärte DRV-Getreidemarktexperte Guido Seedler in Berlin. Die Ertragserwartungen wurden in den vergangenen Monaten kontinuierlich zurückgenommen durch die anhaltende Trockenheit in den meisten Anbauregionen. Der Verband veranschlagt das Körnermaisaufkommen jetzt auf nur noch 3,61 Mio. t, nach 4,07 Mio. t im Juni und noch gut 4,3 Mio. t im Mai. Im vergangenen Jahr waren 4,44 Mio. t Körnermais eingebracht worden. Um die durch die Trockenheit entstehenden Lücken in der Futterversorgung zu schließen, dürften die Vieh haltenden Betriebe laut Raiffeisenverband zusätzliche Flächen als Silomais abernten, die ursprünglich für die Körnermaisernte vorgesehen waren.

Europaweit leidet der Mais ebenfalls unter der Trockenheit; lediglich in der Ukraine wurde die Ernteprognose angehoben. „Wir müssen uns beim Mais auf eine sehr enge Marktversorgung einstellen“, resümierte Seedler für diese Saison. age

Russland baut seine Position als Exporteur aus

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In diesem Jahr könnte Russland weitere Marktanteile gewinnen und seinen Vorsprung bei den Weizenexporten 2022/23 gegenüber den Wettbewerbern am Weltmarkt deutlich vergrößern, erwartet das US-Landwirtschaftsministerium (USDA). Die Ausfuhren werden jetzt bei 42 Mio. t Weizen gesehen; das wären 9 Mio. t oder 27,3 % mehr als im Vorjahr.

Im Juli hatten die Washingtoner Analysten die russischen Weizenexporte noch auf lediglich 40 Mio. t veranschlagt. Nach der USDA-Prognose dürfte die Europäische Union ihren zweiten Platz auf der Weltrangliste der Weizenexporteure in der laufenden Vermarktungssaison mit 33,5 Mio. t Weizen behaupten; im Vergleich zur Vorsaison wären dies 1,8 Mio. t oder 5,5 % mehr. Den dritten Rang werden sich nach Einschätzung der Washingtoner Beamten Australien und Kanada mit Ausfuhren von jeweils rund 26 Mio. t Weizen teilen; gegenüber 2021/22 wäre dies für die beiden Länder ein Minus von 100.000 t beziehungsweise ein Plus von 11 Mio. t. Für das eigene Land taxieren die US-Beamten die Weizenausfuhr in der laufenden Vermarktungssaison jetzt auf 23 Mio. t, was im Vorjahresvergleich einem Zuwachs um 1,5 Mio. t oder 7 % entsprechen würde. Die Plätze fünf und sechs dürften indes Argentinien mit 13,5 Mio. t und die Ukraine mit 11 Mio. t belegen; das wären 4,2 Mio. t beziehungsweise 7,8 Mio. t weniger als im Vorjahr.

Unterdessen kommen die EU-Weichweizenexporte recht flott voran. Nach Angaben der EU-Kommission exportierte die Gemeinschaft in den ersten beiden Augustwochen vom 1. Juli bis zum 14. August 2022 insgesamt schätzungsweise 3,58 Mio. t Weichweizen; damit würde der Vorjahresstand um etwa 440.000 t oder 14  % übertroffen. Die EU-Beamten wiesen allerdings darauf hin, dass die Daten noch nicht komplett seien. age

Vorsprung durch Wissen

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Gut informiert sein – das ist in Krisenzeiten noch viel wichtiger als ohnehin. Und obwohl die Erzeugerpreise hoch sind oder zumindest nach oben tendieren, befindet sich die gesamte Branche mitten im Transformationsprozess. Die Megatrends Tierwohl, Artenvielfalt und Klimaschutz bieten viele Chancen, aber auch große Unsicherheiten. 

Ein Besuch der Norla, die vom 1. bis 4. September in Rendsburg stattfindet, ist die Gelegenheit, sich auf den aktuellen Stand der Diskussionen zu bringen. Um den Norla-Besuch optimal zu planen, hilft ein Blick in die Messezeitung. Dort sind neben vielen nützlichen Tipps auch die Zeitpunkte und Orte aller Fachveranstaltungen aufgeführt.

Im Forum Schweinehaltung werden Experten beispielsweise die Nahrungskonkurrenz zwischen Mensch und Schwein diskutieren, die mit Blick auf die allgemeine Versorgungssicherheit bei Lebensmitteln an Bedeutung gewonnen hat. Ein weiterer Fokus liegt auf der Afrikanischen Schweinepest (ASP), die aktuell den Tierhaltern in der Überwachungszone um den Ausbruchsbetrieb in Niedersachsen zu schaffen macht. 

Es brennt derzeit an vielen Ecken in der Veredlungsbranche. Anlässlich des Gesetzentwurfs zur Haltungskennzeichnung des Bundeslandwirtschaftsministeriums warnt der Bundesverband Rind und Schwein (BRS), dass die Zukunft der tierhaltenden Betriebe in Deutschland gefährdet sei. Eine Haltungskennzeichnung bringe nichts, wenn nicht Anpassungen im Bau- und Immissionsschutzrecht vorgenommen würden, so der BRS. Hier schwingt der Vorwurf mit, dass es dem Berliner Agrarressort nicht wirklich um mehr Tierschutz in den Ställen gehe, sondern um eine deutliche Reduzierung der Betriebe.

Acker- und Futterbauern müssen sich derzeit mit dem Verordnungsvorschlag der EU-Kommission zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in Schutzgebieten auseinandersetzen. Brüssel fordert ein Komplettverbot, was bei Praktikern und einigen Agrarpolitikern zu Recht Kopfschütteln auslöst, weil man den Weg der guten fachlichen Praxis und kooperativer Ansätze verlasse. 

Wie sich hingegen Gewässerschutz konstruktiv und miteinander entwickeln lässt, zeigt auf der Norla das Gewässerschutzforum. Dort werden zudem Neuigkeiten zur Landesdüngeverordnung und zur neuen Nitratkulisse vorgestellt.

Kurzum: Die Norla ist und bleibt der wichtigste Knotenpunkt für den fachlichen Austausch und den Ausbau des persönlichen Netzwerks im Norden. Darüber hinaus ist sie das Schaufenster der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein. Neben dem Fachpublikum nutzen viele Verbraucher die Gelegenheit, sich über die Nahrungsmittelproduktion zu informieren und mit Landwirten ins Gespräch zu kommen. 

Die angestoßenen Dialogprozesse, die der Transformation der Branche Leitplanken geben, funktionieren schließlich nur mit einem offenen Austausch zwischen Erzeugern und Verbrauchern. Nur so kann zusätzlich zu dem hohen Vertrauen in die Qualität heimischer Produkte gegenseitiges Verständnis und damit Wertschätzung entstehen.

Dr. Robert Quakernack. Foto: bb

Würzige, heilkräftige Blattschmuckstauden

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Artemisien beeindrucken weniger durch ihre meist unscheinbaren Blüten als vor allem durch ihr oft fiedrig geschnittenes Laub, das bei vielen Arten blaugrau bis silbrig schimmert. Sowohl im Beet als auch in der Vase setzen Artemisien einen schönen farblichen Kontrast zu Blütenpflanzen. Aufgrund ihrer kräftigen Blatt­aromen sind viele Arten auch seit alters her als Heil- und Würzpflanzen in Gebrauch.

Weltweit gibt es etwa 200 bis 300 Artemisiaarten, die meisten stammen ursprünglich aus Osteuropa und Westasien; überwiegend handelt es sich um Stauden oder Halbsträucher. Typisch für die Gattung sind neben den meist gefiederten Blättern von oft bläulicher bis silbriger Farbe die sehr kleinen, in Rispen oder Trauben angeordneten Korbblüten. Häufig duften die Blätter, manchmal auch die Blüten, intensiv. Der Pflanze dienen die stark konzentrierten Inhaltsstoffe zur Abwehr von Fressfeinden. Im Garten wehren Artemisien Schnecken, Ameisen und Läuse auch von Nachbarpflanzen ab.

Das starke Wermutaroma gefällt nicht allen Nachbarpflanzen. Foto: Anke Brosius

In der Regel gedeihen Artemisien am besten an vollsonnigen Plätzen und auf durchlässigen, auch sandigen bis steinigen, eher trockenen Böden. Aufgrund dieser Ansprüche eignen sich viele Arten für Steppen- und Steingärten, niedrige und kriechende Arten auch zur Trockenmauerbepflanzung. Halbsträucher wie Wermut und Eberraute gedeihen auch gut vor einer sonnigen Hauswand oder Mauer. Beim Düngen sollte man zurückhaltend sein; ideal ist kalkhaltiges Steinmehl. Gegossen werden müssen die meisten Arten nur bei anhaltender Trockenheit. Ein Rückschnitt im Frühjahr sorgt für ein langes Pflanzenleben.

Die Herkunft des Gattungsnamens Artemisia ist umstritten, wahrscheinlich geht er aber auf die griechische Göttin Artemis zurück, die in frühester Zeit als Heilgöttin verehrt wurde. Tatsächlich wurden und werden Artemisien zwar schon früh auch als Gewürzpflanzen, zuvorderst aber als Heilpflanzen gebraucht.

Starke Würz- und Heilkraft

Die Verwendung als Küchenkraut vereint beide Aspekte, denn die in Beifuß, Estragon, Eberraute und Wermut enthaltenen ätherischen Öle und Bitterstoffe fördern die Verdauung und bringen bei Völlegefühl im Magen Erleichterung. Darüber hinaus wirken sie entzündungshemmend und anti­oxidativ.

Der gewöhnliche Beifuß, Artemisia vulgaris, war bis ins 18. Jahrhundert das häufigste in Europa genutzte Küchenkraut, vergleichbar der heutigen Petersilie. Seine Zugabe macht fette Speisen leichter verdaulich, weshalb er traditionell gerne als Gewürz für Schweine­braten verwendet wird. Eine Teezubereitung aus Beifuß wirkt entkrampfend bei Bauchschmerzen und Menstruationsbeschwerden.

Beifuß fühlt sich an der Grenze zwischen drinnen und draußen wohl. Foto: Anke Brosius

Die 1,5 m hohe Staude mit kräftigem Wurzelstock stammt ursprünglich aus der russischen Steppe. Alle Pflanzenteile, Wurzeln, Triebe und Blüten, duften. Für die Verwendung in der Küche werden die Blütenknospen kurz vor dem Öffnen geerntet und getrocknet. Der anspruchslose Beifuß wächst an vielen Stellen wild und braucht daher nicht unbedingt einen Platz im Garten. Wo er fehlt, kann man ihm seinem Charakter als Gartenflüchter entsprechend etwa einen trockenen, sonnigen Platz am Zaun geben.

Der Halbstrauch Wermut, Artemisia absinthium, wird etwa 50 bis 100 cm hoch. Seine gefiederten Laubblätter sind silbergrau und fein behaart. Bei Berührung verströmen sie das typisch herbe Wermutaroma. Wermut wird vor allem zu Wein, Schnaps und Likör verarbeitet, aber auch in der Küche in kleinen Mengen zu fetten Fleischgerichten verwendet. Den Wurzelausscheidungen des Wermuts wird eine wachstumshemmende Wirkung nachgesagt. Johannisbeeren allerdings profitieren von einer Nachbarschaft, weil Wermut auch Rostpilze abwehrt. Sofern sie kalkhaltig und nicht zu feucht sind, gedeiht Wermut auch auf stickstoffhaltigen Böden.

Wermut enthält Thujon, das in kleinen Mengen antibakteriell, krampflösend und anregend wirkt, bei Überdosierung als Nervengift aber auch zu Schäden führen kann. Wermutschnaps, Absinth, war im 19. und Anfang des 20. Jahrhundert sehr beliebt, wurde dann aber in mehreren europäischen Ländern verboten, wohl nicht nur aufgrund seiner anregenden und berauschenden Wirkung, sondern auch deshalb, weil die abortive Wirkung des Wermuts auch für illegale Abtreibungen genutzt wurde.

Artemisia pontica, der Römische Wermut, ist im Aroma milder als der echte Wermut. Außer in der Küche und für Alkoholika findet das Kraut auch als Badezusatz Verwendung. Das graugrüne, filzige Laub der aufrecht wachsenden Triebe ist fein gefiedert; die Staude wird etwa 40 cm hoch und eignet sich gut als Bodendecker zwischen Strauchrosen und anderen blühenden Gehölzen. Auf ihr besonders zusagenden sandigen, durchlässigen Böden bilden sich durch Ausläuferbildung leicht größere Flächen, die schwächere Nachbarpflanzen bedrängen können. Wo wenig Platz vorhanden ist, bietet es sich deshalb an, die Pflanze im Kübel zu ziehen. Artemisia pontica wurde bereits im europäischen Mittelalter auf Burgen kultiviert und wilderte von dort in die Umgebung aus (Burggartenflüchtling).

Die Eberraute, Artemisia abrotanum, ein aufrecht wachsender, wenig verzweigter Halbstrauch, zeichnet sich durch den zitrusartigen Duft der fein gefiederten, graugrünen Blätter aus. Die Unterart Artemisia abrotanum var. maritima ist ihres Duftes wegen auch als „Colastrauch“ bekannt. Die Blätter der Eberraute werden zum Würzen von Fleischgerichten und Soßen genutzt. Zwischen die Wäsche gelegt, sollen sie Motten fernhalten. Eberraute gehörte zum Inventar mittelalterlicher Klostergärten, wo sie als Würz- und Heilpflanze gezogen wurde.

Im Garten eignet sich Eberraute zur Anlage von Dufthecken und als Schnecken abwehrende Einfassung um den Gemüsegarten, aber man sollte sie dabei nicht mit der Baum­eberraute verwechseln. Während die gewöhnliche Eberraute etwa 80 bis 100 cm hoch wächst, kann die Baumeberraute, Artemisia abrotanum var. arborescens, bis zu 2,50 m hoch werden.

Estragon, Artemisia dracunculus, ist ein eher untypischer Vertreter seiner Gattung: Seine schmalen, länglichen Blätter sind grün und glattrandig; außerdem ist Estragon weniger trockenheitsverträglich als andere Artemisien und gedeiht am besten auf normal bis gut feuchtem, mäßig nährstoffreichem Gartenboden. Im Kräuterbeet passt er zu Zitronenmelisse, Schnittlauch und Sauerampfer.

Im Handel sind russischer und französischer Estragon. Die ursprüngliche russische Form ist robuster und winterhärter, aber weniger aromatisch und reagiert auf Hitze und Trockenheit mit der Bildung von Bitterstoffen. Französischer Estragon (Artemisia dracunculus var. sativus) wächst zierlicher und ist frostempfindlicher, besitzt dafür aber ein intensives, anisartiges Aroma und wird auch bei Hitze nicht bitter.

Als Heilpflanze spielt heute vor allem Artemisia annua, der Einjährige Beifuß, eine herausragende Rolle. Die Art wurde in China schon vor 2.000 Jahren als Heilmittel gegen Fieber und Malaria genutzt. Heute reicht das vielseitige Anwendungsspektrum von Verdauungsproblemen, Erkältungen, Menstruations- und Wechseljahresbeschwerden bis hin zu Krebs, Borreliose, Diabetes und neuerdings auch Covid 19. Wissenschaftlich erforscht ist vor allem das antiviral wirkende Artemisinin, dessen Anteil in der Artemisia annua sehr hoch ist. Tee aus den Blättern stärkt das Immunsystem, die Pflanzen lassen sich leicht selbst ziehen.

Ihrem Namen entsprechend wächst Artemisia annua einjährig. Die Pflanzen mit gefiederten, grünen Blättern werden bis zu 2 m hoch und brauchen einen sonnigen, warmen Standort sowie mäßig trockenen bis frischen Boden. Der Lichtkeimer kann ab März vorgezogen und im Mai im Garten ausgepflanzt werden. Es ist aber auch möglich, die Pflanzen den Sommer über im Kübel auf Terrasse oder Balkon zu ziehen. Im Garten kommt Artemisia annua durch Selbstaussaat wieder, wenn die Winter nicht zu kalt sind.

Silberne Flächen mit Artemisien

In der gärtnerischen Gestaltung wirken Artemisien vor allem durch ihr Laub. Zwischen blühenden Stauden und Gehölzen bilden sie ein ausgleichendes und beruhigendes Element. In ihren Ansprüchen an eher trockenen, durchlässigen Boden und Sonnen­einstrahlung lassen sich Artemisien gut mit Lavendel und verschiedenen Salbeiarten kombinieren, aber auch mit Sonnenröschen und Nelken, mit Ginster, Königskerzen und hohen Gräsern. Trockenheitsverträgliche Zwiebelblüher wie botanische Tulpen oder Zierlauch setzen in Artemisiaflächen eingestreut im Frühjahr farbige Akzente. Silberlaubige Artemisiaarten kontrastieren mit dunkellaubigen Pflanzen, höhere passen besonders gut zu Rosen und Pfingstrosen.

Artemisia stelleriana braucht sehr durchlässigen Boden; im Hintergrund Silberraute. Foto: Anke Brosius

Artemisia ludoviciana wird nach der Farbe ihrer aromatisch duftenden, filzigen Blätter als Weißer Beifuß oder Silberbeifuß bezeichnet. Verbreitet ist die Sorte ‚Silver Queen‘. Die sonnenliebende Staude braucht sandhaltigen, durchlässigen Boden. Sie wird etwa 0,5 m hoch und breitet sich durch Wurzelausläufer flächig aus. Auch in getrocknetem Zustand behalten die Blätter ihre weißsilbrige Farbe und eignen sich deshalb gut für Trockensträuße und Gestecke. Artemisia ludoviciana war und ist bei den nordamerikanischen Cheyenne eine wichtige Heil- und Räucherpflanze.

Eine eher unbekannte, aber ebenfalls schöne Artemisie für Beeteinfassungen oder flächigen Bewuchs ist Artemisia stelleriana, der Gabelblatt-Silberwermut. Die silberblättrige Staude mit handförmig geteilten Blättern wird nur etwa 20 bis 30 cm hoch und bildet dichte, hell schimmernde Flächen. Sie bevorzugt mäßig trockenen, lehmhaltigen Boden, der unbedingt sehr durchlässig sein muss, und fühlt sich in Steingärten wohl. Auch die Silberraute, Artemisia schmidtiana ‚Nana‘ bleibt mit 25 bis 30 cm niedrig und bildet mit ihren filigranen, tief eingeschnittenen Blättern silbrigweiße Polster in Steingärten und auf Trockenmauern. Die Silberraute bevorzugt kalkhaltige Böden und darf vor allem im Winter nicht zu nass stehen.

Die Rindermastbereisung führte rund um Neumünster

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Die Mutterkuhhaltung und die Bullenmast haben eine lange Tradition in Norddeutschland. EU-weit ist die Rindfleischproduktion rückläufig, dieser Trend zeigte sich auch hierzulande. Die Chancen für die verbleibenden Halter im Norden sind seit Corona durch eine veränderte Nachfrage weiter gestiegen, das wurde auf der Rindermastbereisung diskutiert.

Für Klaus-Peter Lucht, Präsident BVSH (li.), und Klaus Peter Dau, Vorstand BVSH (M.), hier mit Fynn Marquardt, zeigt die Rindermastbereisung das breite Spektrum der Tierhaltung im Land.

Die diesjährige Rindermastbereisung des Bauernverbandes Schleswig-Holstein führte die 70 Teilnehmer aus Landwirtschaft, Zucht- und Schlachtbetrieben, Wirtschaft und Politik in die Region Neumünster. Die Veranstaltung hat Tradition. Ende August wurden in alter Zeit die Tiere von den Weiden zu den großen Märkten von Tondern bis Hamburg getrieben. Auf dem Viehmarkt in Husum wurden Rinder angeboten, so weit das Auge reichte. Heute ist die Weidemast- oder Rindermastbereisung, wie sie nun heißt, zu einem festen Termin geworden, sich auszutauschen und mit der Situation in der Rindfleischproduktion auseinanderzusetzen.

Familiengeschäft vom Kalb bis Kuh und Bulle

Ein breites Spektrum der Rinderhaltung zeigten Christian und Eike Storm auf ihrem Betrieb. Neben der Milchkuhherde mit 130 Köpfen, um die sich drei Melker kümmern, betreibt der Familienbetrieb mit einem Festangestellten Kälber- und Jungrinderaufzucht sowie Bullenmast. Die Bullen hatten im vorigen Wirtschaftsjahr ein durchschnittliches Schlachtgewicht von 410 kg. Die Milchleistung lag im Mittel bei 9.500 kg. Für die Jungviehaufzucht wurde 2013 ein Stall mit 160 Plätzen gebaut. Storm hält ein Güllelager mit Kapazität für ein Jahr vor, um möglichen Engpässen und Wetterunbilden vorbeugen zu können. Der Maschinenpark wird zu 100 % mit dem Nachbarn in Gemeinschaft genutzt. Die Erntetechnik stellt ein Lohnunternehmer.

Eike und Christian Storm bewirtschaften in Schillsdorf ihren Acker- und Futterbaubetrieb. Die Kälber- und Jungviehaufzucht ist im modernen Laufstall untergebracht.
Christian Storm, Heiner Staggen, Minister Werner Schwarz im Bullenstall


Japanisches Kulturgut auf norddeutschen Weiden

Der Betrieb Marquardt in Negenharrie, Kreis Rendsburg-Eckernförde, ist auf die Mutterkuhhaltung der japanischen Rinderrasse Wagyu spezialisiert. Neben der Zucht und Vermarktung von Wagyurindern stellt die Gewinnung und Vermarktung von Genetik in Form von Sperma und Embryonen einen Betriebszweig dar. Fynn und Marisa Marquardt halten rund 200 Fullblood-Wagyurinder und zirka 20 Trägertiere. Versorgt werden die Tiere von zehn Mitarbeitern. Die betriebseigene Embryonentransferstation, die international zugelassen ist, leitet die Tierärztin Marisa Marquardt.

Wagyurinder zählen in ihrer japanischen Heimat als Kulturgut. Ihr Fleisch soll für Kenner und Genießer der Gipfel des Genusses sein, der auch hierzulande mit bis zu 300 €/kg entsprechend honoriert wird. Wagyus sind anpassungsfähige Rinder, die sich auch in unseren geografischen Breiten gut entwickeln können. Sie gelten als ausgeglichen, ruhig, robust und fruchtbar und sind für die Weidehaltung gut geeignet. Das Fleisch der Rinder ist aufgrund seiner feinen Marmorierung und Faserung als Delikatesse bekannt. Wagyus benötigen aufgrund ihrer langsamen Entwicklung fast doppelt so viel Zeit wie herkömmliche Fleischrassen, bis sie die Schlachtreife erreicht haben (30 bis 36 Monate).

Marisa und Fynn Marquardt betreiben eine über die Grenzen bekannte Wagyufarm, die neben Zuchttieren auch Sperma und Embryonen vertreibt.
Wagyurinder sind ruhig, fruchtbar und spätreif.


Eine feine, kleine Anguszucht präsentierte Matthias Einfeld, ebenfalls in Negenharrie. Das Besondere ist, dass die Herde zu einer Fleischerei gehört. Der Familienbetrieb besteht seit 1881 in fünfter Generation und betreibt eine Fleischerei mit eigener, EU-zugelassener Schlachterei. Qualität und Authentizität sind die Geschäftsprinzipien von Sina Einfeld-Tensfeldt und ihrem Bruder Matthias Einfeld, die das Geschäft gemeinsam führen – mit der aktiven Eltern- und Großelterngeneration an Bord. Die Rinder kommen aus eigener Zucht, die Schweine von bekannten Landwirten aus dem Umkreis von maximal 15 km.

Expansion und Zukauf von Fleisch anonymer Herkunft passen nicht ins Nachhaltigkeitskonzept der Einfelds, die ihre gesamte Produktion im eigenen Geschäft vermarkten. In den vergangenen Jahren sind die Auflagen gerade für kleine Schlachtbetriebe immer einschränkender geworden. Dazu zählt beispielsweise auch, dass es immer schwieriger wird, Tierärzte für die Fleischbeschau zu finden, sie müssen schließlich dreimal pro Schlachtung für Lebendbeschau, Schlachtkörperbeschau und Trichinenuntersuchung auf den Betrieb kommen.

Das Gewisterpaar Sina Einfeld-Tensfeldt und Matthias Einfeld führt die Tradition der Familienfleischerei fort. Das Fleisch kommt von der eigenen Angus-Mutterkuhherde. 


Alles neu für die nächste Generation

Einen ganz neuen Bullenmaststall mit 300 Plätzen, der erst im vorigen Jahr bezogen wurde, präsentierte Hans-Christian Braasch in Brokenlande, Gemeinde Großenaspe im Kreis Segeberg. Der Stall ist schon für die nächste Generation gebaut, die in den Startlöchern steht. Neben Bullenmast betreibt Braasch mit seinen beiden Söhnen Ackerbau und eine 250-kW-Biogasanlage, die zu 80 % mit Gülle betrieben wird, wobei der Nachbarbetrieb zuliefert. Der Ackerbau konzentriert sich auf den klassischen Marktfruchtbau von Zuckerrüben, Winterweizen, Wintergerste und -roggen, Raps und Mais für die Bullenmast. Der Landwirt ist zutiefst überzeugt, dass auf den Standorten in dieser Region Landwirtschaft ohne Tierhaltung nicht sinnvoll ist, und begründet damit seine Investition.

Hans-Christian Braasch hat 2021 in einen neuen Bullenmaststall investiert, den er nach eigenen Vorstellungen geplant hat. 300 Mastplätze und Ackerbau sollen den Betrieb für Braasch und seine Söhne in die Zukunft führen.


Werner Schwarz (CDU), zum ersten Mal als Landwirtschaftsminister bei der Veranstaltung, machte deutlich, dass ihm trotz positiver Marktentwicklung die Spannungsfelder auf den Betrieben bewusst sind, ebenso wie die Zielkonflikte zwischen gesellschaftlichen Anforderungen, Haltungsbedingungen sowie Klima- und Artenschutz.

Henrik Wiedenroth, Rinderreferent des Deutschen Bauernverbandes, wies auf das in den Bundesländern sehr unterschiedliche Regelwerk zur Rindermast und die Entfernung zur Praxis hin. Die Rindermast sei in den Blickpunkt der gesellschaftlichen Diskussion gerückt. Der Fokus werde in Zukunft auf zusätzlichem Platzangebot und Gestaltung der Haltungsumgebung liegen. mbw


Schlachtbetriebe konkurrieren um das knappe Rinderangebot

Die Krisen der vergangenen Jahre haben auch den Schlachtrinderbereich beeinflusst. Corona-Erkrankungen der Mitarbeiter führten auf vielen Schlachtbetrieben zu vorübergehenden Schließungen. Der fehlende Absatz an Kantinen und Restaurants sorgte zudem für einen Absatzeinbruch von Rindfleisch. Die Rindfleischkurse gerieten damit 2020 unter Druck. Da jedoch die Importe an Rindfleisch zurückgegangen sind, konnten sich die Kurse bald wieder stabilisieren. Ab Anfang 2021 zogen sie wieder deutlich an und erreichten zu Ostern dieses Jahres sogar Höchstwerte. Grund dafür sind die rückläufigen Rinderbestände und die Aufgabe der Bullenmast in vielen Betrieben. Derzeit liegt der Selbstversorgungsgrad für Rindfleisch wieder unter 100 %. Damit ist man in Deutschland auf Rindfleischeinfuhren angewiesen. Während der Schließung der Restaurants haben sich viele Verbraucher selbst mit Rindfleisch im LEH versorgt. Dabei wurde besonders nach regionaler Ware gefragt. Importartikel (aus Südamerika) wurden weniger abgesetzt. Dies stützte die Schlachtrinderkurse.

Bereits im Vorjahr zogen die Energiepreise deutlich an. Zugespitzt hat sich die Entwicklung durch den Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Dies führte dazu, dass die Kosten in der Rindermast deutlich gestiegen sind. Höhere Getreidepreise haben die Mischfutterkosten erhöht. Dazu kommen eine Preisexplosion bei Düngemitteln und die gestiegenen Kurse für Treib- und Heizstoffe. Im Fleischabsatz bremsen die erhöhten Lebenshaltungskosten nun auch die Rindfleischnachfrage. Man greift eher zu günstigen Produkten. Derzeit hält der Wettbewerb zwischen den Schlachtbetrieben um das knappe Rinderangebot noch die Erzeugerpreise hoch. Auch weiterhin rechnet man mit einem vergleichsweise knappen Angebot. Fraglich ist, ob die derzeit noch relativ hohen Preise für Jungbullen und Schlachtkühe weiterhin Bestand haben.

Global gesehen steigt die Fleischproduktion. Dabei bleibt vor allem die Rindfleischnachfrage hoch, während Schweinefleisch immer weniger abgesetzt wird. Zuletzt sind die Rindfleischimporte nach Deutschland wieder etwas gestiegen. Angebots- und Preisdruck nehmen dadurch etwas zu. Dem gegenüber steht jedoch eine EU-weit rückläufige Rindfleischproduktion. Aktuell stehen die Kurse für Schlachtrinder etwas unter Druck, weil Trockenheit und Futtermangel in vielen Regionen für ein höheres Rinderaufkommen sorgen.

Karsten Hoeck, LKSH

Wie den Rapserdfloh bekämpfen?

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Eine gute Bekämpfung des Raps­erdflohs ist mittlerweile zur großen Herausforderung im Rapsanbau geworden. Schlecht vorhersehbare Populationsdynamik und weitere Resistenzentwicklung gegenüber den Pyrethroiden ­erschweren die Bekämpfung.

Unglückliche Umstände wie eine regional wetterbedingt schlechte Etablierung der jungen Rapspflanzen, einhergehend mit sehr frühem und starkem Zuflug des Raps­erdflohs in die Bestände, erforderten im vergangenen Jahr bis Ende September schon mehrere Pyrethroidmaßnahmen. Somit ist das A und O einer guten Bekämpfungsstrategie die regelmäßige Bestands- und Gelbschalenkontrolle. Mit dem Auflaufen des Rapses bis weit in milde Wintermonate hinein sind regelmäßige Beobachtungen notwendig. Für die späte Eiablage sind die Weibchen verantwortlich, die bis dahin in den Rapsbeständen überlebt haben. Somit kommt der zielgerichteten Bekämpfung eine Schlüsselrolle zu.

Vorsicht vor solch einem Ausfallraps in der Nachbarschaft. Nach der Bearbeitung fliegen die sich dort aufhaltenden Rapserdflöhe in die umliegenden Rapsbestände.
Durch den starken Reifungsfraß des Rapserdflohs wird die Jugendphase des Rapses empfindlich gestört.

Bestands- und Gelbschalenkontrolle

Die Beurteilung der Käfersituation für die Neuaussaat beginnt mit der Beobachtung zur Raps­ernte. Aussagen wie „Die Rapskörner bewegen sich auf dem Wagen“ weisen auf ein stärkeres Auftreten von Käfern hin, die für die Sommerruhe bereit sind. Nach der Ernte findet man, je nach Wetter, die Käfer noch eine gewisse Zeit in den Rapsstoppeln, bevor sie für die Sommerruhe Knick- und Waldränder aufsuchen. Ist in der Zwischenzeit der Ausfallraps in den Rapsstoppeln zu einem dichten Bestand geworden, ist dieser ebenso für die Sommerruhe attraktiv. Unter dem dichten Blätterdach finden die Käfer ausreichend Kühle, Feuchtigkeit und Schatten. Wird dieser Bestand dann für die Getreideaussaat bearbeitet, fliegen die Käfer in die umliegenden Rapsbestände. Somit sollte man als Rapsanbauer auch die umliegenden Felder im Auge behalten und die Gelbschalen regelmäßig auf Zuflug kontrollieren.

Die neuen Rapsflächen werden, je nach Wetterlage, ab Mitte August bevorzugt bei Temperaturen von 16 bis 20 °C angeflogen. Das heißt aber nicht, dass ein Zuflug nicht auch bei niedrigeren oder höheren Temperaturen stattfinden kann. Der angegebene Bereich ist das Optimum. Mit der Aussaat sollte die Gelbschale auf dem Acker stehen. Die Rapserdflöhe hüpfen dabei zufällig in die Schale und fliegen nicht explizit auf die Farbe Gelb. Ein Eingraben erhöht die Fängigkeit der Schalen. Das sollte man bei Erreichen der Bekämpfungsschwelle (mehr als 50 Käfer pro Schale innerhalb von drei Wochen) beachten. 

Besonderes Augenmerk bei der Gelbschalenüberwachung gilt Flächen, die in der Nähe von Altrapsflächen liegen, wo im vorigen Frühjahr stärkerer Befall mit Rapserdflohlarven beobachtet wurde. Die Gelbschalen müssen dann in der Nachbarschaft zu Altrapsflächen beziehungsweise speziell in der Nähe der Sommerquartiere (Knicks, Waldsäume et cetera) aufgestellt (eingegraben) werden. Allerdings sollten sie auch gut erreichbar sein, damit die Bereitschaft für eine regelmäßige Kontrolle gegeben ist. 

Es lohnt sich durchaus, mehrere Schalen aufzustellen oder einzugraben. Bei stärkerem Zuflug innerhalb eines kurzen Zeitraums sollten die Gelbschalen täglich kontrolliert und das Wasser gewechselt werden. 

Inzwischen werden auch digitale Gelbschalen, MagicTrap, von der Firma Bayer angeboten. Diese Überwachungsmöglichkeit bietet sich besonders bei weit entfernten Schlägen an, da per App täglich zwei Fotos von der Schale übermittelt werden.

Neben den Gelbschalen muss aber bis zirka zum Vierblattstadium des Rapses auch der Blattfraß der Käfer im Auge behalten werden. Blattfraß wird immer dann kritisch, wenn viele Käfer auf einen sich schlecht entwickelnden Raps treffen. Die Pflanzen können den Fraßschäden quasi nicht davonwachsen und verlieren innerhalb kurzer Zeit viel Blattmasse. Das ist umso kritischer, je kleiner der Raps ist. Hier sind manchmal Tage für die Behandlung entscheidend. Bei gut entwickeltem Raps ist der Reifungs- beziehungsweise Blattfraß selten kritisch und darf nicht überbewertet werden. Anfangs auftretende kleine Fraßlöcher wachsen mit, sodass sie optisch dramatischer wirken, als sie wirklich sind.

Stark geschädigter Blattstiel durch Ein- und Ausbohrlöcher, verursacht durch die Larven
Diese Rapspflanze ist durch den Larvenfraß massiv am Vegetationskegel geschädigt.

Zur Biologie des Rapserdflohs

Mit dem Einflug der Käfer in den frischen Raps vollziehen diese einen Reifungsfraß an den Blättern und schreiten erst später, ab zirka Anfang Oktober, zur Eiablage. Mit Beginn des Reifungsfraßes setzt eine Lichtempfindlichkeit ein. Praxisbeobachtungen, wonach tagsüber keine Raps­erdflöhe im Bestand gesichtet wurden und die Gelbschale dann morgens gut gefüllt war, bestätigen den Effekt der Lichtempfindlichkeit. Das bedeutet, in der Dämmerung und nach Sonnenuntergang sind die Käfer in dieser Phase besonders aktiv. Eine in diesem Zeitraum eventuell notwendige Behandlung (Bekämpfungsschwelle 10 % Lochfraß plus Zustand der Pflanzen) sollte somit nachts erfolgen. Später, im Zuge der Eiablage, schwächt sich die Lichtempfindlichkeit ab beziehungsweise verschwindet ganz, sodass ab Oktober Käferaktivität tagsüber für eine erfolgreiche Behandlung förderlich ist. 

Anfänglich werden bevorzugt gestresste Rapspflanzen angeflogen (Anreiz durch Duftstoffe). Somit haben günstige Aussaatbedingungen (optimale Verteilung und Einmischung des Strohs der Vorfrucht, gut abgesetztes, feinkrümliges Saatbett, Walzen des Saatbetts, um Kluten als Versteck des Rapserdflohs zu minimieren) und eine ungestörte Jugendentwicklung durchaus positive Effekte. 

Ab Anfang Oktober legen die Weibchen ihre Eier ab. Dies ist temperaturgesteuert. Dabei kann ein Weibchen bei günstigen Temperaturen bis ins neue Frühjahr hinein durchschnittlich 600, in Einzelfällen wohl bis zu 1.000 Eier ablegen. Aus den Eiern entwickeln sich Larven, die sich in die Blattstiele einbohren und diese minieren. Sind die Larven einmal in den Blattstielen, ist die Bekämpfung deutlich schwieriger. Mit Pyrethroiden, die als Kontaktinsektizide fungieren, werden Effekte nur während des Ein- und Ausbohrens und bei der Fortbewegung der Larven auf den Blattstielen erzielt. Aufgrund der deutlich kühleren Temperaturen im Verlauf des späteren Herbstes hält das Pyrethroid allerdings länger durch. Trotzdem ist es sinnvoller, die Behandlung des Raps­erdflohs vor der Eiablage durchzuführen, um die Eiablage zu verhindern. Die Bekämpfungsschwelle liegt bei mehr als 50 Käfern pro Gelbschale innerhalb von drei Wochen. Der Fokus liegt dabei auf der Anzahl der Käfer und nicht auf der Zeitspanne. 

Allerdings sind 50 Käfer keine alleinige, fixe Größe. Begleit­umstände wie Zustand des Rapses, eventuelle Lichtempfindlichkeit und das Wetter sind weitere wichtige Einflussfaktoren. Ist beispielsweise die Bekämpfungsschwelle von 50 Käfern überschritten, der Wetterbericht verkündet aber ein Ende der warmen Phase in ein paar Tagen, so kann man durchaus, wenn es der Rapsbestand erlaubt, weiteren Zuflug zulassen und erst danach behandeln. Der Zusatz von beispielsweise Folicur (Auflagen beachten) verstärkt die insektizide Wirkung.

Wirkungsunterschiede und Resistenzen

Unter den Pyrethroiden gibt es Wirkungsunterschiede. Lamb­da-Cyhalothrin ist der stärkste Wirkstoff gegen den Rapserdfloh. Innerhalb der Lamb­da-Cyhalothrine gibt es wiederum Abstufungen, basierend auf der Formulierung. Die Unterschiede äußern sich in Wirkungsschnelligkeit und Dauer. 

Da die Resistenzentwicklung bei den Pyrethroiden unaufhaltsam voranschreitet, ist es besonders wichtig, die Anzahl der Pyrethroidmaßnahmen zu begrenzen und alternative Wirkstoffe zu nutzen. Für Letzteres besteht in diesem Herbst die Möglichkeit. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat Notfallzulassungen für die Produkte Minecto Gold und Exirel, beide mit dem Wirkstoff Cyantraniliprole, bekannt aus der Beize Lumiposa, ausgesprochen (siehe Übersicht). Beide Produkte funktionieren teilsystemisch, was einen Einfluss auf kleine Larven vermuten lässt. Besonders bei starkem Zuflug und vorher notwendigen Pyrethroidspritzungen wird die Anwendung innerhalb der Eiablage empfohlen. Für eventuelle Blattfraßspritzungen sind die Pyrethroide besser geeignet.


Rapserdfloh beim Reifungsfraß auf Keimblättern des Rapses

Rapserdfloh

Wichtiges kurz und knapp

Bekämpfungsschwelle:

 mehr als 10 % Blattfraß des Rapses –> besonders kritisch im Keimblattstadium bis ES 12
 mehr als 50 Käfer innerhalb von drei Wochen pro Gelbschale
 Lumiposa-Beize hat keinen Einfluss auf den
Befall mit Raps­erdfloh.

 Buteo Start besitzt Anfangswirkung in der frühen Jugendphase des Rapses. Das äußert sich in einem Entwicklungsvorsprung, besonders bei späteren Saatterminen von Vorteil.

Behandlung:

(1) Bekämpfung mit zugelassenem Pyrethroid, Wirkstoff Lamb­da-Cyhalothrin hat höchste intrinsische Wirkung –> Anwendungshäufigkeit der einzelnen Produkte beachten!
(2) ab dem Zeitpunkt der Eiablage und besonders dann, wenn aufgrund starken Zuflugs schon Pyrethroidbehandlungen erfolgt sind, auf Notfallzulassung von Minecto Gold oder Exirel zurückgreifen

Hinweise zur Behandlung:

 Behandlungen nach Überschreitung der Bekämpfungsschwelle –> Blattfraß (1); zur Eiablage (1) oder (2)
 In der Phase des Reifungsfraßes besteht Lichtempfindlichkeit der Käfer –> nachts behandeln!
 Zuflug aus dem Sommerquartier im Herbst bei Temperaturen von 16 bis 20 °C  schubweise in Abhängigkeit von vorheriger Larvenentwicklung (Herbst- oder Frühjahrslarven)
 Mildes Winterwetter beachten –> bei starker Aktivität (Ei­ablage) kann weitere Behandlung notwendig werden.


Grüne Pfirsichblattlaus und Mehlige Kohlblattlaus verursachen bei stärkerem Befall Saugschäden und übertragen das Wasserrübenvergilbungsvirus.

Blattläuse

Wichtiges kurz und knapp

 Blattläuse (Grüne Pfirsichblattlaus, Mehlige Kohlblattlaus) sind einerseits Saugschädlinge und andererseits Überträger des Wasserrübenvergilbungsvirus (TuYV).
 vermehrte Blattlausaktivität bei höheren Temperaturen im Herbst sowie milden Wintern
 Starkes Auftreten führt zu Saugschäden mit Pflanzenverlusten –> besonders in Einflugschneisen erkennbar.

 Blattläuse sitzen hauptsächlich an der Blattunterseite. –> Bekämpfung mit Pyrethroiden nicht wirksam!
 Es gibt keine Bekämpfungsschwellen! Für die Behandlungsentscheidung sind Befallsstärke, Wüchsigkeit des Rapses und die Folgewitterung maßgebend.
 Zugelassen gegen Grüne Pfirsichblattlaus: 100 g/ha Teppeki (ES 12 bis 18) –> Teppeki hat keine Wirkung gegen Rapserdfloh.
 Anbau von TuYV-resistenten Sorten möglich


Kleine Kohlfliege im Raps

Kleine Kohlfliege

Wichtiges kurz und knapp

 Der Zuflug ist starken Populationsschwankungen und Wettereinflüssen unterworfen.
 Eiablage am Wurzelhals der jungen Pflanzen
 Larven fressen an den Wurzeln –> befallene Wurzelfläche und Folgewitterung entscheiden über das Überleben der Pflanzen.
 Raps kann bei wüchsigen Bedingungen neue Seitenwurzeln bilden –> häufig aber Folgeschäden wie Wassermangel und verminderte Standfestigkeit.

Feststellung des Zuflugs mittels Gelbschalen –> bei stabilen Wetterbedingungen ist so Terminierung der Aussaat möglich.
 Kompromiss zwischen nicht zu frühem Drillen (erste Bestände werden angeflogen) und der Etablierung von starken Einzelpflanzen
 Zugelassene Beize Lumiposa vermindert Starkbefall; Beize Buteo Start hat keinen Einfluss.

Die Larven der Kleinen Kohlfliege verursachen Fraßschäden an den Wurzeln.

Verbraucher zahlen ihren Teil der Rechnung nicht

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In der Husumer Marienkirche wurde am 15. August nicht gepredigt, sondern diskutiert über die Zukunft der Landwirtschaft. Dabei ging es um Ernährungssicherheit, die Verantwortung der Landwirtschaft für Klimaschutz, Umwelt und Tierwohl und die Erzeugung gesunder Lebensmittel zu sozial verträglichen Preisen.

Hans Christian Hansen, Landwirt aus Ahrenviöl, leitet einen konventionellen Milchvieh- und Futterbaubetrieb, Jasper Metzger-Petersen leitet den Biobetrieb Backensholz in Oster-Ohrstedt, beide sind Landwirte mit Herzblut und Überzeugung und stehen unter demselben Veränderungsdruck. Das betrifft die Klimaanpassung genauso wie rechtliche und politische Vorgaben und betriebliche Anforderungen. So wird es für beide Betriebe immer schwieriger, geeignete Mitarbeiter zu finden. Innerbetrieblich belasten die Unternehmer der zunehmende Verwaltungsaufwand und die schleppende Digitalisierung in diesem Bereich. Seit Jahren wird aus breiten Kreisen der Gesellschaft der Druck stärker und die emotionale Schärfe nimmt zu. Damit hätte die Elterngeneration nicht in dem Maße zu kämpfen gehabt, waren die Landwirte einig. „Vor zehn Jahren haben wir über Kälberenthornung diskutiert. Heute diskutieren wir darüber, ob wir Tiere überhaupt noch essen sollen“, fasste Jasper Metzger-Petersen zusammen. Für den Biolandwirt ist Landwirtschaft ohne Tierhaltung kein Weg, schließlich gehe es um ökologische Kreislaufsysteme. Die zum Teil berechtigten Ansprüche der Verbraucher seien hoch, korrelierten aber meist nicht mit dem Kenntnisstand, wurde in der Diskussionsrunde mit Pfarrer Friedemann Magaard festgestellt. Dr. Juliane Rumpf, Vorsitzende der Agrarsozialen Gesellschaft und ehemalige Landwirtschaftsministerin, äußerte Verständnis dafür, dass die Landwirte sich angegriffen fühlen. „Gegenüber den Landwirten werden Vorwürfe und Forderungen erhoben, ohne dass der Verbraucher seinen Teil der Rechnung zahlt“, so Rumpf. Sie sprach damit an, dass Verbraucher eine Umstellung der Landwirtschaft fordern, beim Einkauf aber auf Billigware setzen. Vor diesem Hintergrund stellen sich für die Landwirte direkte Fragen, was die Umsetzung der neuen EU-Agrarpolitik und der Forderung im Koalitionsvertrag nach einer Ausweitung das Bioanbaus angeht. Für Rumpf steht fest: Gerade Regionen, in denen weniger intensiv gewirtschaftet werden könne, böten sich für ökologische Dienstleistungen an, um die Landwirtschaft zu erhalten und den ländlichen Raum zu stützen. Dafür sollten Gunststandorte aber genutzt werden, um zur Nahrungsmittelsicherung beizutragen. In seiner Quintessenz appellierte Magaard für einen Pakt zwischen Landwirtschaft, Politik und Verbrauchern. Ein Weiter-so könne die Gesellschaft sich nicht leisten.

Folgen von Hitzestress bei Milchkühen

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Es ist bekannt, dass Kühe mit hoher Milchleistung eine sehr hohe Stoffwechselintensität haben. Bei diesen Prozessen entsteht viel Wärme, welche von den Kühen an die Umgebung abgegeben werden muss. Bei hohen Umgebungstemperaturen gelingt dies aber nur noch bedingt oder eben gar nicht mehr. Das verursacht Hitzestress.

Untersuchungen der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern zeigten eindrucksvoll, dass zum Beispiel Kühe mit einer Tagesmilchleistung von über 35 kg bereits bei einer Umgebungstemperatur von 10 °C ihre Vormagen- und Körpertemperatur nicht mehr konstant halten konnten. Infolge dieser erschwerten Thermoregulation reagieren die Kühe vergleichsweise zeitnah auf hohe Temperaturen mit einer reduzierten Futteraufnahme. Dies verringert auch die Milchleistung. Des Weiteren zeigten Untersuchungen, dass Hitze die Anzahl von Epithelzellen im Euter der Kühe verringert, wodurch die Milchsynthese eingeschränkt wird. Auch erhöht Hitzestress das Risiko von Erkrankungen in der Frühlaktation, zum Beispiel Metritis und Mastitis, was wiederum im Zusammenhang mit der Milchleistung steht.

Hohe Umgebungstemperaturen beeinträchtigen weiterhin das Follikelwachstum und die Eizellenqualität, die frühe Embryonalentwicklung und das endokrine Milieu bei Milchkühen, was Auswirkungen auf Fruchtbarkeitsergebnisse hat. Ebenso können zurückliegende Krankheiten lang anhaltende Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben.

Luftfeuchtigkeitsindex bestimmt Hitzestress

Ob ein Tier eine hohe Umgebungstemperatur als Hitzestress empfindet, ist immer auch von der Luftfeuchtigkeit abhängig, daher werden beide Merkmale kombiniert im Temperatur-Feuchte-Index (THI) zusammengefasst (siehe Tabelle 1).

Allgemein wird bei einem Temperatur-Feuchte-Index ab 72 von (mäßigem) Hitzestress für das Tier gesprochen.

Studie in zwei amerikanischen Betrieben

US-amerikanische Wissenschaftler haben sich im Rahmen einer retrospektiven Analyse von Daten zweier Praxisbetriebe in Zentralkalifornien der Frage gewidmet, ob für Milchkühe Hitzestress vor oder nach der Kalbung schlimmer ist. Gerade in den Staaten Kalifornien, Texas und Florida herrschen oft und lang anhaltend hohe Temperaturen, kombiniert mit hoher Luftfeuchtigkeit.

Der Betrieb 1 melkte 1.630 Kühe, viermal täglich in der Frühlaktation, ansonsten zweimal täglich. Der gleitende Herdendurchschnitt betrug im Jahr 2013 12.500 kg Milch (fettkorrigierte Milch mit 3,5 % Fett). Im Betrieb 2 befanden sich 5.230 Kühe, die täglich dreimal gemolken wurden. Der gleitende Herdendurchschnitt betrug hier im Jahr 2013 13.635 kg Milch (fettkorrigierte Milch bei 3,5 % Fett).

Von diesen Herden wurden Daten zur Fruchtbarkeit, Gesundheit und Milchleistung von Kühen ausgewertet, die im April, Juni, Juli und September eines jeden Jahres (2012, 2013 und 2014) kalbten. Es handelte sich insgesamt um 2.325 Abkalbungen von Erstkalbinnen und 3.397 von Mehrkalbskühen. Diese Tiere wurden rückblickend anhand des Temperatur-Feuchte-Indexes (Wetterdaten stammten von einer 10 km entfernten Wet­terstation) in vier Klassen eingeteilt, und zwar je nachdem, ob dieser vor und/oder nach der Kalbung als Hitzestress für die Tiere zu beurteilen war (siehe Tabelle 2).

Auch Jungkühe reagierten ausgeprägt auf Hitzestress.

Datenerhebungen zu den Kühen

Die Datensammlung zur Gesundheit, Milchleistung, Fruchtbarkeit sowie alle Krankheitsdiagnosen konzentrierten sich auf die ersten 90 Laktationstage. Das Herdenpersonal untersuchte die Kühe täglich nach der ersten Melkzeit auf Anzeichen einer klinischen Erkrankung:

• Wenn die Nachgeburt nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Abkalben abgegangen war, wurde dies als Nachgeburtsverhalten dokumentiert.

• Metritis wurde durch eine rektale Untersuchung diagnostiziert.

• Eine Mastitis herrschte vor, wenn die Milch, mit oder ohne sichtbare Entzündung des Euters, sensorisch verändert war (Flocken).

• Lahmheit wurde auf Grundlage der visuellen Beurteilung des Lahmheitsgrades beim Stehen und Gehen diagnostiziert (locomotion score) und bei der routinemäßigen Klauenpflege.

• Kühe mit einer verminderten Futteraufnahme wurden auf eine Labmagenverlagerung hin untersucht.

• Eine Lungenentzündung wurde auf Grundlage einer erhöhten Atemfrequenz, des Vorhandenseins von abnormen Lungengeräuschen und Fieber diagnostiziert.

Als Kühe mit Morbidität während der ersten 90 Laktationstage wurden alle Tiere charakterisiert, die in diesem Zeitraum mindestens eine der beschriebenen Krankheiten aufwiesen.

Die Auswertungen wurden stets getrennt für Jung- und Mehrkalbskühe vorgenommen. Tabelle 3 zeigt die deskriptive Statistik aller Ergebnisse.

Verteilung der Kühe in einzelne THI-Gruppen

Wurden die Kühe beider Herden, wie bei der anschließenden Ergebnisdarstellung, zusammengefasst, so war deren Zuordnung in die vier Hitzekategoriegruppen folgendermaßen:

• Gruppe 1 (kein Hitzestress a. p. (vor der Kalbung) und p. p. (nach der Kalbung)): 17,8 % der Jungkühe und 18,4 % der Mehrkalbskühe

• Gruppe 2 (kein Hitzestress a. p., Hitzestress p. p.): 23,8 % der Jungkühe und 19,4 % der Mehrkalbskühe

• Gruppe 3 (Hitzestress a. p., kein Hitzestress p. p.): 28,4 % der Jungkühe und 37,0 % der Mehrkalbskühe

• Gruppe 4 (Hitzestress a. p. und p. p.): 29,9 % der Jungkühe und 25,2 % der Mehrkalbskühe

Hitzestress und Auswirkungen

Hitzestress in der Phase vor und nach der Kalbung ging mit einer verminderten Milchleistung einher, sowohl bei jungen als auch bei älteren Kühen (siehe Tabelle 4).

Der Erstbesamungserfolg war bei den Mehrkalbskühen grundsätzlich schlechter als bei den Jungkühen. Darüber hinaus war Hitzestress nach der Kalbung bei Jungkühen mit einer Verringerung des Erstbesamungserfolgs verbunden. Bei älteren Kühen war jedoch die Wirkung von Hitzestress nach der Kalbung abhängig davon, ob vor der Kalbung ebenfalls Hitze herrschte. Litten die Kühe vor der Kalbung nicht unter Hitzestress, reagierten sie auf Hitzestress nach der Kalbung mit einer Abnahme des Erstbesamungserfolges.

Insgesamt trat bei 8 % aller Jungkühe und bei 9,1 % der Mehrkalbskühe eine Nachgeburtsverhaltung auf. Unterschiede in Abhängigkeit von Hitzestress wurden bei den Jungkühen nicht festgestellt. Mehrkalbskühe hingegen, die vor und nach der Kalbung Hitzestress erlebten, hatten eine signifikant höhere Inzidenz im Vergleich zu den Mehrkalbskühen, die zwar ebenfalls vor der Kalbung Hitzestress, aber nach der Kalbung keinen Hitzestress hatten.

Auffallend waren bei den Jungkühen das mit 47,2 % gehäufte Auftreten von Metritis nach der Kalbung und der große und signifikant nachteilige Einfluss von Hitzestress, ganz gleich, ob die Tiere vor und/oder nach der Kalbung unter der Hitze litten. Bei den Mehrkalbskühen hatten 18,4 % eine Metritis. Hier zeigte sich kein Zusammenhang mit der aufgetretenen Hitze.

Trächtigkeitsverluste und Erkrankungen nahmen allgemein infolge von Hitzestress zu.
Zahlreiche Maßnahmen können dabei helfen, Hitzestress für Milchkühe zu reduzieren. 

Mastitis betraf insgesamt 3,9 % der Jungkühe und 8,3 % der Mehrkalbskühe. Gleichermaßen erhöhte Hitzestress nach der Kalbung tendenziell das Auftreten von Euterentzündungen.

Für 5,6 % der Jungkühe und 10,4 % Mehrkalbskühe wurde eine Lahmheit festgestellt, aber kein Zusammenhang zwischen Hitzestress während der Übergangszeit und dem Auftreten von Lahmheiten.

54,3 % der Jungkühe und 33,8 % der älteren Kühe waren in den ersten 90 Laktationstagen in irgendeiner Art von Krankheit(en) betroffen, und es bestand eine Wechselwirkung mit Hitzestress.

Die Sterblichkeit bis zum 90. Laktationstag betraf 1,1 % der Jungkühe und 3,0 % der Mehrkalbskühe. In dieser Zeit gingen insgesamt 6,9 % der Erstkalbskühe und 9,9 % der älteren Kühe ab. Bei den jungen Kühen zeigte sich ein tendenzieller Zusammenhang zwischen Hitzestress nach der Kalbung und erhöhter Sterblichkeit. Auch war Hitzestress vor der Kalbung mit einem erhöhten Abgang aus der Herde innerhalb der ersten 90 Laktationstage verbunden im Vergleich zu den Kühen, die vor der Kalbung keinem Hitzestress ausgesetzt waren. Hitzestress nach der Kalbung führte bei Jung- und Mehrkalbskühen zu signifikant mehr Abgängen.

Fazit

Trotz einiger Grenzen dieser Praxisstudie zeigen die Ergebnisse, dass Kühe, und zwar sowohl Jung- als auch Mehrkalbskühe, auf Hitzestress mit einer beeinträchtigten Leistung (bis zu 3 kg Milch am Tag), Fruchtbarkeit (um 5 bis 10 % geringerer Besamungserfolg) und Gesundheit (zirka 6 % mehr Abgänge) reagierten. Das unterstreicht nochmals sehr deutlich, dass jegliche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um Milchkühe in Zeiten hoher Umgebungstemperaturen bei ihrer Thermo­regulation zu unterstützen.

Skandinavisches Flair auf der Rennkoppel

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Alle zwei Jahre veranstaltet die Interessengemeinschaft Fjordpferd eine Fjordpferdwoche mit verschiedensten Aktivitäten. Das geschieht immer in der einzigen Woche, in der in ganz Deutschland Sommerferien sind. In diesem Jahr fand das Treffen in Bad Segeberg statt. Auch die Bundeshengstschau Fjordpferde wurde in das Programm integriert.

Die Regionalgruppe Schleswig-Holstein hatte das Programm bereits für 2020 vorbereitet, doch damals fiel die Veranstaltung aufgrund der Corona-Pandemie aus. Nun sorgten etwa 100 Fjordpferde für skandinavische Atmosphäre auf der Rennkoppel in Bad Segeberg. Bis Mittwoch gab es Dressur- und Springunterricht, geführte Ausritte, Kurse zur Vorbereitung auf den Fjordcup und zahlreiche Angebote ohne Pferd, wie Erste Hilfe am Pferd, Osteopathie, einen Anhängerfahrkurs und vieles mehr.

Sportliche Leistungen

Ab Donnerstag kam Turnierstimmung auf, denn beim Fjordcup zeigten die norwegischen Falben in Dressurprüfungen vom Führzügelwettbewerb bis zur Klasse L** sowie in Spring- und Allroundwettbewerben, zu welchen Leistungen sie fähig sind. Strahlende Siegerin der anspruchsvollsten Kombinationsprüfung, die aus A-Dressur, Hunterspringen und Aktionsparcours bestand und ebenfalls Fjordcup hieß, wurde Anne Neubauer mit dem 22-jährigen Hengst Sogneblakken, der damit unter Beweis stellte, dass ein Fjordpferd seines Alters noch keineswegs auf die Rentnerkoppel gehört. Um das zu unterstreichen, gewannen die beiden auch gleich noch das Springchampionat.

Siegerin des Fjordcups wurde Anne Neubauer mit dem bereits 22-jährigen Hengst Sogneblakken. Foto: Monika Lahann

Im Dressurchampionat setzte sich Solfin Skova mit seiner Reiterin Sina-Christin Joesten gegen starke Konkurrenz durch, im Breitensportchampionat und in der Ü30-Kombination siegte Johanna Ohm mit ihrer Lizza vom Eekbarg. Für Nachwuchstalente gab es eine Prüfung analog zum Bundeschampionat des Freizeitpferdes, bei dem Fjordhengste und -stuten im September in Hannover ihre Leistungsprüfung ablegen können.

Das Turnier wurde am Sonnabend durch die Bundeshengstschau der Fjordpferde unterbrochen, die erstmals nicht auf der Grünen Woche in Berlin stattfand. „Diese Lösung war ideal. So konnte die wichtige Verbindung zwischen Zucht und Sport demonstriert werden und alle Fjordpferdefreunde konnten in der Woche die Pferde sowohl aus züchterischer als auch aus sportlicher Sicht sehen“, resümierte Dr. Teresa Dohms-War­necke, stellvertretende Geschäftsführerin des Bereichs Zucht der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) und verantwortlich für die FN-Bundesschauen.

Hengste im Fokus

FN-Bundessiegerhengst der Althengste wurde der in Norwegen geborene Trollfin aus dem Besitz von Rieke Umlandt aus Dingen, Kreis Dithmarschen. Reservesieger wurde der ehemalige FN-Bundessieger der Junghengste, Solfin Skova aus der Zucht von Preben Olesen aus Dänemark. Ausgestellt wurde der Weißfalbe von Inka Störmann-Thies vom Gestüt Klosterhof in Flethsee, Kreis Steinburg.

Bundessieger Klosterhof‘s Troll Baron wurde Sieger der Junghengste. Er stammt aus der Zucht von Inka Störmann-Thies vom Gestüt Klosterhof in Flethsee, Kreis Steinburg. Foto: Monika Lahann

Störmann-Thies war züchterisch für den Sieger in der Altersklasse der Junghengste verantwortlich: Der Hellbraunfalbe Klosterhof‘s Troll Baron, ein Enkel von Trollfin, wurde von Hans Giesen aus Nordrhein-Westfalen ausgestellt. Reservesieger seiner Altersklasse wurde der Hengst Viking aus der Zucht von Elisabeth Eitenmüller aus Hessen und im Besitz von Francesca Wegmann-Staben aus Süderstapel, Kreis Schleswig-Flensburg.

Beendet wurde die Bundeshengstschau mit einem Auftritt der Schaugruppe der Regionalgruppe Schleswig-Holstein, die ironisch die hinter den Kulissen auftretenden Schwierigkeiten beim Erarbeiten eines Schaubilds darstellte. Am Ende waren sich alle einig: Die Fjordwoche war ein wunderbares Erlebnis.