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Gut bekränzt zur Sonnwendfeier

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Der betörende Duft von Sommerblumen lang in der Luft, als der KreisLandFrauenverband Steinburg und die ihm angeschlossenen Jungen LandFrauen in der großen Scheune von Hof Schwartkop in Kremp­dorf ihr Mittsommerfest feierten.

Martina Greve begrüßte die Gäste als Kreisvorsitzende, während Wencke Ahmling und Stefanie Albers von den Jungen LandFrauen gemeinsam mit den LandFrauen Blumenkränze und Anstecksträußchen banden. „Wir haben von überall her Blumen aus den Gärten bekommen, ganz wunderbar“, freuten sich die beiden.

Doris Olschewski, Stefanie Krey und Birte Oesau (v. li.) mixten den Florida-Cocktail.

Ab 21. Juni wird üblicherweise die Sommersonnenwende gefeiert, die am 24. Juni mit dem Johannistag endet. In der Landwirtschaft ist dieser ein wichtiges Datum. Das Korn reift auf den Feldern, die Johannisbeeren können geerntet werden im Gegensatz zum Rhabarber, der dann Bitterstoffe bildet, und die Spargelsaison endet. Früher wurden Johanniskränze aus sieben Kräutern gebunden. In der Johannisnacht wurde über das Feuer gesprungen oder morgens im Tau gebadet, um Krankheiten abzuwenden. Das ließen die LandFrauen bleiben, Spaß stand trotzdem im Vordergrund.

Die Trachtengruppe der Wilstermarsch führte traditionelle Tänze zu flotter Musik auf, und Marion Redmann aus Neuendorf sorgte mit Gitarre und Gesang für Unterhaltung.

Zur Stärkung wurde Kulinarisches aus der Region angeboten. Elisabeth Manthey servierte Pellkartoffeln aus Hohenlockstedt mit Creme, Glückstädter Matjes und Grevenkoper Putenbrust. Für eine Abkühlung sorgte unter anderem die „Florida-Bowle“ aus dem Steinburger LandFrauenkochbuch. Birte Oesau und Doris Olschewski mischten dazu Orangen- und Zitronensaft mit Grenadinesirup und Mineralwasser. Im Außenbereich präsentierte der Eiswagen von Hof Hochgenuss aus Elskop das Eis aus eigener Herstellung. 

Die LandFrauen tanzten in den Trachten der Wilster- und der Krempermarsch.

Bodenorganismen fördern

Mit einer bodenschonenden ­Bewirtschaftung können diese Bodenorganismen und ihre Leistungen gelenkt und nachhaltig höhere Erträge erzielt werden. Wie das geht, zeigt die neue Broschüre „Lebendige Böden, fruchtbare Böden“ des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL).

In der 48-seitigen Broschüre wird die komplexe und facettenreiche Welt der Bodenorganismen in kompakten Texten übersichtlich dargestellt und dabei direkt mit an der landwirtschaftlichen Praxis orientierten Informationen verknüpft. Damit richtet sie sich an die landwirtschaftliche Beratung, Landwirtinnen und Landwirte sowie an Studierende der Agrarwissenschaften und verwandter Disziplinen.

Arbeitswelt unter Tage

Bodenorganismen sorgen für fruchtbare Böden und fördern das Pflanzenwachstum. Wird das Netzwerk zu stark gestört, bemerken Landwirte dies an aufkommenden Pflanzenkrankheiten, mangelnder Nährstoffversorgung der Pflanzen, einem ungünstigen Bodengefüge und letztlich an der Ernte.

Eingangs bietet die Broschüre einen schnellen, fachlich fundierten Einstieg in die Vielfalt und Lebensbedingungen von Bodenlebewesen in Ackerböden und auf Grünlandstandorten wie Regenwürmer, Laufkäfer, Pilze, Bakterien und andere Mikroorganismen. Ihre Beteiligung an den Prozessen im Boden werden anschließend erklärt und ihre Ökosystemleistungen abgeleitet.

Bodenlebewesen gezielt fördern

Praktisch wird es im Kapitel „Maßnahmen in der Landwirtschaft zur Förderung des Bodenlebens“: Hier beschreiben die Autoren, wie der Eintrag von organischem Material in den Boden gesteigert, wie eine ganzjährige Bodenbedeckung etabliert oder die Diversifizierung für mehr Bodenleben gefördert werden können. Die Broschüre „Lebendige Böden, fruchtbare Böden“ wurde von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft sowie Bundesforschungseinrichtungen, den Landwirtschaftsministerien und Beratungsorganisationen der Länder entwickelt. Sie kann unter der Bestellnummer 1020 im BLE-Medienservice unter www.ble-medienservice.de kostenlos bestellt oder heruntergeladen werden.

Heimat hat ihren Platz in der Welt

Musik und Tanz waren Trumpf, aber auch viele anderen Vereine konnten sich präsentieren beim Schleswig-Holstein-Tag, den der Schleswig-Holsteinische Heimatbund nach der erzwungenen Corona-Pause endlich wieder veranstalten konnte. Als bestens geeignet bewährte sich der Ort der Austragung – das Freilichtmuseum in Molfsee mit seinem historischen und zugleich freizeittauglichen Ambiente.

„Wir brauchen noch ein Paar – und hier noch einen einzelnen Herren. Diese Reihe ist noch nicht voll, ihr müsst schneller aufstellen!“ Die Anweisungen von Frank Bohnsack schallen durchs Mikrofon. Es dauert nicht lang, bis sich die Gruppen zusammenfinden zum „Großen Triolett“ – „Wir machen nur eine Kehre, die konzentrischen Kreise lassen wir weg.“

Schon beginnt die Musik, und fast 100 Personen beginnen ihren gemeinsamen Tanz. Die unterschiedlichen Trachten von den Nordfriesischen Inseln bis zum südlichen Elbvorland mischen und drehen sich umeinander. Dass das so gut klappt, ist erstaunlich und lässt die paar Ansagen vor Beginn verständlich erscheinen. Tatsächlich gab es vor dem Auftritt keine gemeinsame Probe. „Die Gruppen kennen die Tänze und proben sie unter sich, und wir treffen uns oft gemeinsam zum Tanzen“, erklärt Bohnsack, der Beisitzer im Vorstand des Landestrachtenverbands ist und zusammen mit Katrin Rathjen das Programm zusammengestellt hat. Es sind Tänze aus Schleswig-Holstein, dem übrigen Norddeutschland, aber auch dem baltischen und skandinavischen Raum bis hin zu Griechenland. Über 60 Mitgliedsgruppen sind im Landestrachtenverband organisiert, mehr als 30 sind heute dabei. „Singen und Tanzen verbindet“, bringt es Bohnsack auf den Punkt.

SH ist international

Die ukrainischen Mädchen begeisterten mit ihren gut choreografierten Darbietungen,

Auch anderswo auf dem Gelände wird viel getanzt und gesungen, auf Platt- und Hochdeutsch, auf Griechisch oder Philippinisch. Und da sind die ukrainischen Mädchen, unterstützt von einem kleinen Chor und der Solosängerin Larissa, auch diese aus der Ukraine: traurige Lieder und fröhliche Tänze, sauber choreografiert mit Bänderschwenken, Radschlagen und Spagat, wenn auch mit ernstem Gesicht, was nicht verwundert. Ist das eine jahrelang eingeübte Musikgruppe? Nein, der Plöner Ukraine-Freundeskreis hat das mit den Geflüchteten, die sich dort in der Sammelstelle eingefunden haben, in kurzer Zeit organisiert. „Wir haben gefragt, was wollt ihr gerne machen?“, erklärt Annika Bornholdt vom Freundeskreis. Natürlich haben sie schon zu Hause getanzt und gesungen, aber eben nicht zusammen. Die Zuschauer sind verzaubert.

An den Ständen präsentieren sich rund 30 Vereine und Institutionen aus Schleswig-Holstein. Viele sind Untergruppen des SHHB, volkskundliche Museen, das Plattdeutsch-Zentrum mit einem Quiz (Wat heet Döntje, vigeliensch, Dwarslööper?), aber auch drei Suchtberatungsvereine und der historische Mercedes-Benz-Club. Der LandFrauenverband erklärt sein Archiv, das im Freilichtmuseum beheimatet ist. Die Eckernförder Originale„Stine“ und „Fiete“ ziehen mit ihrem Handwagen umher und bieten Sprotten und Köm an.

„Kopp in‘ Nacken!“ – bei „Stine“ aus Eckernförde (li.) gab es leckere Sprotten.

Wir schreiben das Jahr 1812

Ganz hinten unterhalb der alten Meierei haben sich Preußen niedergelassen – Tagelöhner, die sich von der schweren Arbeit ausruhen, eine Stoffdruckerin, der Landvermesser „Knufinke“. Wir schreiben das Jahr 1812, und die Preußen sind aus den von Napoleon besetzten Gebieten ins freie dänische Holstein geflohen. Und sie haben Wissen und Fertigkeiten mitgebracht, etwa die modernste Vermessungstechnik. Knufinke erklärt sein Instrument, den Teodolith, mit dem er Triangulation vornimmt – Dreiecksmessung. Hinter den Akteuren dieser Szenen verbergen sich Mitglieder der Interessengemeinschaft historischer Alltag, die die Zeit möglichst originalgetreu darstellen.

Das Publikum ist auch bis hier oben gekommen. Trotz großer Besucherbeteiligung verläuft es sich angenehm locker auf dem weitläufigen Gelände, sodass man nirgends ins Gedränge kommt. Und vor allen beschallen sich die Darbietungen nicht gegenseitig, wie es bei manchen früheren Schleswig-Holstein-Tagen leider der Fall war. So kann man alles in Ruhe genießen. 

Erschöpfte Tagelöhner nach der harten Feldarbeit – die Interessengemeinschaft historischer Alltag stellte Szenen aus dem Jahr 1812 nach.

Noch mehr Exaktheit bewirken

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In der aktuellen Zeit steht für viele der chemische Pflanzenschutz extrem in der Diskussion – in mancherlei Hinsicht jedoch zu Unrecht, stellt er doch die Basis zur Erzeugung von Nahrungsmitteln in ausreichendem Umfang dar. Obwohl der Standard in der Pflanzenschutztechnik schon sehr hoch ist, findet die Landtechnikbranche immer wieder Möglichkeiten, den Pflanzenschutz noch exakter und nachverfolgbarer zu machen.

Die Trends der Agritechnica 2019, zum Beispiel Weiterentwicklungen im Bereich der Hacktechnik, Prognosemodelle, Bandspritzungen et cetera, haben größtenteils schon Einzug in die Praxis gehalten, wurden aber auch noch entscheidend weiterentwickelt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass gerade Themen wie Künstliche Intelligenz (KI) auch bei Hacken, Striegeln und Spritzen in die Diskussion kommen, denn die öffentliche Hand wird sicherlich in absehbarer Zeit noch mehr Nachverfolgbarkeit der Pflanzenschutzmaßnahmen fordern, sodass es hier eine Möglichkeit gibt, den zweifellos schon sehr hohen Standard auch nach außen dokumentieren zu können.

Schlagkraft weiterhin erhöhen

Die Struktur der Landwirtschaft unterliegt einem Trend, der durchaus zu größeren Flächen hingeht, denn immer mehr Landwirte geben ihre Flächen zur Pacht frei, weil sie den eigenen Betrieb nicht mehr weiterführen. Hier spielen immer größere Fassvolumina der Feldspritzen eine entscheidende Rolle, denn bei immer größeren Feld-Hof-Entfernungen muss die Befüllstrategie der Spritze überdacht werden. Dies bedeutet, die Befüllung im Feld könnte in naher Zukunft mehr an Bedeutung gewinnen. Hierbei können auch geschlossene Befüllsysteme (CTS) einen positiven Beitrag leisten, um Spritzen in der Fläche „ohne zu kleckern“ zu befüllen.

Aktuell laufen auch entsprechende Studien bei der Anwendung von CTS-Systemen zur Anwenderkontamination. Die ist wichtig, um vielleicht positive Signale von Seiten der Zulassungsbehörden zu bekommen, um eine größere Akzeptanz in der Praxis zu erhalten. Auch Direkteinspeisungssysteme tragen ihren Teil zur Erhöhung der Schlagkraft bei, denn wenn durch solche Techniken extra Überfahrten eingespart werden und nur dort behandelt wird, wo es unbedingt notwendig ist, ist dies ein schöner Schulterschluss zwischen ökonomischem und umweltrelevantem Vorgehen der landwirtschaftlichen Praxis.

Photoheyler vom Planungsbüro Heinrich – das neue Rotorkonzept schneidet durch Schrägstellung immer exakt im 90°-Schnittwinkel in der Reihe.

Auch das Jahr 2021 hat gezeigt, dass nicht alle Probleme pauschal mit der Hacke zu lösen sind. Denn wenn es draußen zu feucht ist, kann die Hacke nicht immer einen guten Job machen. Hier kommen dann Anbausysteme, die auf eine Kombination von Hacke und Bandspritze in den unterschiedlichsten Ausbaustufen zum Tragen. Doch bei all der immer schneller und größer werdenden Technik darf der Anwender auch die Anforderungen an den Traktor bezüglich Achslasten, vor allem bei Fronttanksystemen, zulässiges Gesamtgewicht et cetera nicht außer Acht lassen. Hier wird deutlich, dass neben den technischen Aspekten die Bedingungen auf dem Feld und der entsprechenden Anbauregion oftmals die bestimmenden Faktoren sind – was geht und nicht geht.

Intelligente Pflanzenschutztechnik

Über alle Spritzsysteme hinweg ist ein Trend unübersehbar: Die Auslastung der Spritze kann und muss noch gesteigert werden. Hierbei stellen sicherlich die elektronischen Hilfsmittel einen entscheidenden Faktor dar. Dies fängt schon bei entsprechenden Diagnose- beziehungsweise Prognosemodellen an. Denn als erstes sollte natürlich bekannt sein, wie die Situation im Feld ist. In der jüngeren Vergangenheit war der Wunsch nach Lösungen in Echtzeit – alles während einer Überfahrt zu lösen – die Vorgabe. Doch auch hier gibt es Ansätze, die Erstellung der Applikationskarten im Vorfeld durch Multikopter oder Drohnen zu erstellen.

Der große Vorteil liegt darin begründet, dass bei solchen Systemen die exakte Behandlungsfläche berechnet werden kann. Dann wird im Nachgang auch nur so viel Spritzbrühe bereitgestellt, wie unbedingt nötig ist, und somit entstehen auch keine Restmengen, die dem Praktiker sonst oft Schwierigkeiten in der Entsorgung bereiten würden. Zudem können auch aufwendigere und exaktere Sensoren in der Erkennung eingesetzt werden, da hier eben nur ein Sensor benötigt wird. Möchte man auf der Spritze im Gestänge den gesamten Arbeitsbereich abdecken, bräuchte es viel mehr Sensoren, die selbstverständlich den Preis der Maschine enorm in die Höhe treiben würde. So können sich unterschiedliche Techniken optimal ergänzen, um einen noch exakteren Pflanzenschutz zu erzielen.

Aber bei aller elektronischen Unterstützung und Vielzahl an einzelnen Modulen werden Bedienerfreundlichkeit und Gesamtlösungen immer häufiger aus der Praxis nachgefragt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass herstellerübergreifende offene Lösungen benötigt werden, die ein intuitives Entscheidungsunterstützungssystem zur zielorientierten, termingerechten und präzisen Applikation von Pflanzenschutzmitteln umsetzen. Besonders die Unterstützung im Bereich der legalen Anwendung von Pflanzenschutzmittel bis hin zur Dokumentation weisen hier den größten Praktiker Nutzen aus.

Düsentechnik – ein Dauerbrenner

Gerade bei der ­Düsentechnik liegt das Hauptaugenmerk schon seit vielen Jahren bei Düsen, die neben einer guten biologischen Wirkung gleichzeitig auch schützenswerte Saumstrukturen im Auge behalten. Gerade die Anpassung unterschiedlicher Düsenbauformen für den Einsatz bei PulsweitenModulationsSystemen (PWM) ist ein Trend, der unübersehbar ist. Denn hier kann man nicht pauschal die vorhandenen Injektordüsen einfach in die PWM-Systeme einbauen und losfahren. Auch der Bereich der Flüssigdüngung mit Systemen zur variablen Ausbringmenge gewinnen immer mehr an Bedeutung. Gerade die „Bauernmilliarde“ hat im Bereich der PWM-Systeme einen Schub in der Praxis gegeben. Denn über diese Technik spricht man doch schon seit mehreren Jahrzehnten.

Doch nun tauchen Systeme auf, die mit Frequenzen von 20 bis 100 Hz zuverlässig arbeiten und diverse Möglichkeiten wahr werden lassen. Neben Kurvenkompensation, Spot Spraying, Einzeldüsenüberwachung und Reduzierung der Aufwandmengen innerhalb des Gestänges zeigen diese Systeme ein enorm großes Potenzial auf, um den stetig steigenden Anforderungen und Auflagen in der Praxis gerecht zu werden. Es muss natürlich nicht immer PWM sein, denn elektrisch beziehungsweise pneumatisch geschaltete Düsenkörper können ein Schritt in eine ähnliche Richtung des vielfältigen Einsatzes darstellen. Bei allen Möglichkeiten darf man die Praxis nicht vergessen, denn der Landwirt muss die ganze Technik am Ende auch noch bezahlen können.

Fazit

Alle Techniken und Neuheiten verfolgen am Ende dasselbe Ziel: nur so viel Pflanzenschutzmittel so exakt und nachhaltig wie möglich auszubringen, um flächendeckend den integrierten Pflanzenschutz in der Praxis umzusetzen.

Marktkommentar, Marktlage und Markttendenz KW 26

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Die Terminkurse für Agrarrohstoffe sind abwärtsgepoltert. Sie machen teilweise monatelange Preisanstiege wett. Der Weizenkurs ging in Paris um fast 50 €/t zurück, in Chicago etwas mehr. Entsprechend kostet Weizen jetzt wieder so viel wie im April. Raps hat in Paris rund 100 €/t verloren und fällt mit der niedrigsten Notierung am vorigen Donnerstag auf das Niveau vor dem Kriegsausbruch in der Ukraine zurück. Mais ist in einer Woche rund 30 €/t zurückgegangen. Sojabohnen erreichten noch am 9. Juni ein Allzeithoch mit rund 615 €/t, nun notiert der Kurs erneut im Bereich der 550-€-Marke, die jeweils einmal im Mai und im April touchiert worden war und ansonsten seit Mitte Februar nicht unterschritten wurde. Diese Preise machen erst einmal Sorge, viele Erzeuger sehen den Zug für eine lukrative Ernte abfahren. Das Interesse an Vorkontrakten ist kurzfristig angestiegen. Dennoch bleibt das Preisniveau weit über den Vorjahren. Was hat zu dem Kursverfall geführt?

Angst vor Rezession

Die Stimmung an den Finanz- und Aktienmärkten ist pessimistisch. Durch die hohe Inflation in vielen Ländern verschieben sich die Geldströme. Für die meisten Anleger ist Sicherheit das Gebot der Stunde, sie wollen ihr Geld vor der wirtschaftlichen Abwärtsspirale retten. Doch Sicherheit findet sich selten im Bereich der Rohstoffe. Daher verhalten sich die Agrarrohstoffe derzeit preislich wie Dominosteine: Sobald es merklich abwärtsgeht, wollen viele Teilnehmer des Börsengeschäfts aussteigen und beschleunigen damit die Fahrt. Andersherum geht es oftmals eher deutlich als nur leicht aufwärts. Für Anleger und Fonds, die an den Terminmärkten agieren, stehen auch die Ergebnisse zum Quartalsende auf dem Spiel. Im hiesigen Geschäft drückt das Ende des Wirtschaftsjahres auf die Handels­aktivitäten. Tatsächlich ist der jüngste Kursverfall eine Ausprägung der allgemeinen Unsicherheit am Markt. Neben den Inflationssorgen ist weiterhin unklar, wann und in welchen Mengen Agrarrohstoffe aus der Ukraine und auch aus Russland kommen, wie sich die Energiepreise entwickeln und wann sich die Probleme in der Logistikbranche abbauen. Vieles hängt von der diesjährigen Ernte ab und davon, ob die Exportländer einerseits die erwarteten Mengen und Qualitäten liefern und andererseits ihre Vorräte wieder aufstocken können, um Puffer zu gewinnen.

Erntebeginn in Europa

Hierzulande lässt die Gerste noch auf sich warten, in frühen deutschen Gebieten wurde schon geerntet. Teilweise sind die Erzeuger zufrieden, andernorts hat der Mangel an Niederschlag eine Notreife bedingt. Im Dürremonitor ist der Großteil Deutschlands rot bis dunkelrot markiert, sprich von moderater bis extremer Trockenheit geprägt. Schleswig-Holstein stellt im Bundesgebiet die Ausnahme dar, ebenso wie der Südostrand Bayerns. Auch im restlichen Europa ist das Thema Dürre dominant, in Ländern des Mittelmeers, im Bereich der Westukraine mit Nachbarländern sowie im Baltikum und an der deutsch-polnischen Grenze. Vielerorts wurden die Ernteerwartungen deshalb zurückgenommen, von Mai auf Juni nochmals deutlich. Betroffen sind europaweit vor allem Hartweizen, Roggen, Weichweizen und Raps. Dennoch bleiben die Schätzungen positiv gestimmt, was den Vergleich zum Vorjahr anbetrifft. Im Nachbarland Frankreich sind die Ernteergebnisse in der Gerste qualitativ okay, in der Menge aber enttäuschend. Ein Viertel der Wintergerste wurde bereits eingebracht und die Ernte des Winterweizens hat begonnen. In Frankreich steigen die Prämien auf Exportgetreide, das spricht für eine potenziell hohe Nachfrage nach neuer europäischer Ernte. Der Markt braucht Ware, viele Importländer schreiben Tender aus. Ob das Argument des Angebotsdrucks die Erntezeit übersteht, bleibt abzuwarten. Im vorigen Jahr war es damit schnell vorbei.

Marktlage für die Woche vom 27.6. bis 3.7.2022

Getreide: Die fortschreitenden Erntearbeiten sowie auch die Angst vor einer Rezession setzen die Terminkurse global unter Druck.

Raps: Der Rapskurs ist im Sog der Pflanzenöle abgestürzt. Eine Rezession könnte die Nachfrage deutlich reduzieren.

Futtermittel: Die Sommerpause einiger Ölmühlen reduziert das Angebot an Rapsschrot auf den vorderen Terminen, der Rapskurs drückt von oben.

Kartoffeln: Deutsche schalenfeste Frühkartoffeln sind nun nahezu überall im Lebensmitteleinzelhandel zu finden und ergänzen das noch vorhandene alterntige Angebot.

Schlachtrinder: Das Angebot an Schlachtbullen steigt leicht. Das Preisniveau für weibliche und männliche Tiere steigt weiter.

Schlachtschweine/-sauen: Trotz Preisanstieg kommt es nicht zu einer höheren Abgabebereitschaft für lebende Tiere. Die Fleischpreise verharren.

Ferkel: Eine flottere Nachfrage kennzeichnet den Ferkelmarkt. Die Preise steigen leicht an.

Milch: Die wirtschaftlichen Sorgen verunsichern auch die Milchbranche, Marktteilnehmer verhalten sich abwartend.

Schlachtlämmer/-schafe: In einem ruhigen Marktumfeld haben die Kurse der Vorwoche Bestand.

Markttendenz für die Woche vom 4. bis 10.7.2022

Getreide: Trotz des auf den Markt kommenden Angebots aus der neuen Ernte bleibt die Bedarfsdeckung knapp, das zeigt sich im schon gebremsten Preisverfall.

Raps: Schnäppchenjäger am Terminmarkt fangen den fallenden Kurs zunächst auf.

Futtermittel: Sojabohnenbestände in den USA werden genau beobachtet, vielerorts fehlt Regen. Der Sojaschrotpreis bleibt daher fest.

Kartoffeln: Die Bestände entwickeln sich gut, wobei anhaltende Wärme sich auch negativ auf die Erträge und Qualitäten auswirken könnte.

Schlachtrinder: Mit Ferienbeginn wird eine ruhigere Nachfrage erwartet. Die Preisentwicklung wird als stabil bis fest eingeordnet.

Schlachtschweine/-sauen: Der Absatz von Schweinefleisch ist zu impluslos für einen stärker anziehenden Kurs für schlachtreife Tiere.

Ferkel: Eine stärkere Nachfrage der Mäster könnte zu weiteren Kurssteigerungen führen.

Milch: Milchprodukte werden weiterhin gut nachgefragt, hohe Energie- und Transportkosten stützen die Preise.

Schlachtlämmer/-schafe: Vorbestellungen und spontane Nachfrage zum Opferfest werden abgewickelt. Preislich wird keine Änderung erwartet.

Seitenwechsel und Brückenbau

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Es könnte die Geschichte werden von einem klugen oder gar schlauen Ministerpräsidenten und einem mutigen Landwirtschaftsminister. Die Landwirte in Schleswig-Holstein freuen sich, die Umweltverbände und Mitstreiter aus der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) gratulieren voller Hochachtung (siehe Seite 11) und die Grünen sind enttäuscht. Werner Schwarz, seit zwölf Jahren und bis Dienstag dieser Woche Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, ist der neue Minister für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz im schwarz-grünen Kabinett von Daniel Günther (CDU).

Günther musste sich gleich zum Start der neuen politischen Partnerschaft etwas einfallen lassen, um zwei wichtige Partner zufriedenzustellen. Die Landwirte, die vertrauensvoll für ihn gestimmt haben und denen er im Wort steht, und die grünen Koalitionspartner. Dafür musste nun das zuletzt grün geführte Ressort mit dem sperrigen Titel Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, kurz Melund, herhalten. Es wurde nicht nur fachlich geteilt in die beiden Ressorts Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur und in das Ministerium für Landwirtschaft, sondern auch parteipolitisch geteilt in Schwarz und Grün, ganz so wie in Berlin.

Es heißt, dass die CDU das eigenständige Landwirtschaftsministerium gegen das Plädoyer der Grünen durchgesetzt habe. Tobias Goldschmidt (Grüne), der neue Umweltminister und ehemalige Staatssekretär im Melund, machte klar, dass die Grünen beide Bereiche gern in einem Ministerium gehalten hätten. „Ich bin jemand, der Landwirtschaft und Naturschutz zusammendenkt“, sagte er bereits in einem Interview. Das muss aber nicht zwangsläufig ein Hinderungsgrund für eine Männerfreundschaft werden. Mit Werner Schwarz hat Günther einen Minister der besonnenen Art berufen. Einen Spezialisten für schwierige Aufgaben, der Diskussionen nicht aus dem Weg geht, sondern sie beginnt und einfordert wie im Dialogprozess zur Zukunft der Landwirtschaft, der sich nicht scheut, Wahrheiten auszusprechen, sowie Veränderungswillen besitzt und verlangt. Dass er dazu in der Lage ist, ideologische Gräben zu überwinden, ergebnisorientiert zu moderieren und zu vermitteln, hat er beeindruckend als Mitglied der ZKL bewiesen, wo er eine Vermittlerrolle zwischen den verschiedenen Interessen- und Gesellschaftsgruppen eingenommen hat.

Daniel Günther versteht sein Handwerk. Er hat das Landwirtschaftsressort fachlich hervorragend besetzt, genau so, wie Landwirte und Bauernverband es seit Jahren gefordert haben. Werner Schwarz beweist Mut durch seinen Seitenwechsel. An ihn wird in seiner neuen Rolle die Aufgabe fallen, auch schwierige Wahrheiten gegenüber dem Berufsstand zu vertreten und durchzusetzen. Das gehört zum Geschäftsmodell eines Ministeramtes. Schwarz‘ Großvater gleichen Namens war in den 1960er Jahren unter Konrad Adenauer (CDU) Bundeslandwirtschaftsminister. In seiner Amtszeit ging es um die Frage, ob die Bundesrepublik bereit sei, die deutschen Getreidepreise – die höchsten auf dem damaligen Gemeinsamen Markt – zu senken, wie es der Mansholt-Plan vorsah. Die Getreidepreise in der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sollten auf einen gemeinsamen Mittelpegel reguliert werden. Und auch Dr. Robert Habeck (Grüne) hat wahrscheinlich nicht gedacht, dass er irgendwann Flüssiggas einkaufen muss. Es gibt viel zu tun für den Brückenbauer. Viel Erfolg und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!

Schweinehaltung ist massiv auf dem Rückgang

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Die Ergebnisse der Viehzählung für den Monat Mai zeigen in den ersten Bundesländern rückläufige Zahlen. Sowohl bei den Tierzahlen wie bei den Tierhaltern findet ein fortgesetzt starker Rückgang statt. Die Schweinehaltung in Deutschland hat den niedrigsten Stand seit 1990 erreicht, berichtet das Statistische Bundesamt (Destatis).

Zum Stichtag 3. Mai 2022 wurden nach vorläufigen Ergebnissen in Deutschland 22,3 Millionen Schweine gehalten. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, ist das der niedrigste Schweinebestand seit der deutschen Vereinigung im Jahr 1990. Damals wurden noch 30,8 Millionen Schweine gehalten. Gegenüber der Viehbestands­erhebung zum Stichtag 3. November 2021 sank die Zahl der Schweine um 6,2 % oder 1,48 Millionen Tiere. Dies ist der dritte deutliche Rückgang in Folge. Verglichen mit dem Vorjahreswert vom 3. Mai 2021 ist der Bestand um 9,8 % oder 2,42 Millionen Tiere zurückgegangen.

Für die einzelnen Tierkategorien der Schweinehaltung ergibt sich folgendes Bild: Zum Stichtag 3. Mai 2022 wurden 10,3 Millionen Mastschweine in Deutschland gehalten, das waren 6,7 % beziehungsweise 735.800 Tiere weniger als ein halbes Jahr zuvor. Auch die Zahl der Jungschweine bis unter 50 kg Lebendgewicht ging deutlich um 10,1 % (423.000 Tiere) auf 3,8 Millionen Tiere zurück. Die Zahl der Zuchtsauen verringerte sich im Vergleich zu November 2021 um 6,2 % beziehungsweise 98.700 auf 1,5 Millionen Tiere.

Neben den Beständen war auch die Zahl der Schweine haltenden Betriebe rückläufig. Zum 3. Mai 2022 gab es 17.900 Schweine haltende Betriebe. Das waren 5,2 % oder 1.000 Betriebe weniger als noch im November 2021. Der deutsche Schweinebestand ging damit im vergangenen Halbjahr prozentual stärker zurück als die Zahl der Betriebe. Im Vergleich zum Vorjahr lag der Rückgang der Schweine haltenden Betriebe bei 9,6 % (1.900 Betriebe).

Auch der Zehnjahresvergleich zeigt die abnehmenden Tendenzen bei den gehaltenen Schweinen und Betrieben: Die Zahl der Schweine sank seit 2012 um 20,8 % oder 5,8 Millionen Tiere, während die Zahl der Betriebe sogar um 41,0 % (12.400 Betriebe) abnahm. Da die Zahl der Betriebe stärker abnahm als die Zahl der gehaltenen Schweine, erhöhte sich der durchschnittliche Schweinebestand in den vergangenen zehn Jahren von 929 auf 1.248 Schweine je Betrieb.

Somit ist die Anzahl der Schweine haltenden Betriebe als auch die Zahl der gehaltenen Schweine stark zurückgegangen. Trotz der zuletzt deutlich gestiegenen Preise für Schlachtschweine bleibt die wirtschaftliche Lage vieler landwirtschaftlicher Betriebe unter anderem aufgrund von gesteigerten Energie-, Düngemittel- und Futterkosten und damit höheren Produktionskosten weiterhin schwierig. bb

Prognose für Weltgetreideernte nach oben korrigiert

IGC-Bericht verstärkt schwächeren Grundton an den Terminbörsen

Die Weltgetreideernte 2022/23 wird voraussichtlich etwas größer ausfallen als bislang prognostiziert. Der Internationale Getreiderat (IGC) hat jetzt die betreffende Vorhersage um 4 Mio. t auf 2,255 Mrd. t Getreide heraufgesetzt. Die Rekordmenge aus der noch laufenden Kampagne 2021/22 von 2,290 ​Mio. ​t wird damit aber immer noch um 35 Mio. t verfehlt. Im Einzelnen sieht der IGC die globale Maiserzeugung im nächsten Wirtschaftsjahr aktuell bei 1,19 Mio. t; die Mai-Prognose lag 6 Mio. t darunter. Dagegen wurde die Schätzung für das globale Weizenaufkommen unverändert bei 769 Mio. t belassen. Die weltweite Getreidenachfrage 2022/23 veranschlagt der Getreiderat auf im Monatsvergleich praktisch unveränderte 2,28 Mrd. t. Beim Weizen liegt der Verbrauch mit geschätzt 779 Mio. t um 10 Mio. t unter der laufenden Produktion. Dadurch schmelzen die Reserven beim weltweit wichtigsten Nahrungsgetreide im Saisonverlauf auf 263 Mio. t ab, womit der Weizenmarkt alles andere als komfortabel versorgt ist. In den wichtigsten Weizenexportländern – neben der EU sind dies Argentinien, Australien, Kanada, die USA, Kasachstan, Russland und die Ukraine – sollen am Ende der Saison 2022/23 nur noch 62 Mio. t Weizen lagern. Beim Mais kann der globale Verbrauch in Höhe von 1,204 Mrd. t ebenfalls nicht vollständig aus der für 2022/23 erwarteten Erzeugung gedeckt werden, sodass die Lagerbestände bei diesem Grobgetreide im Saisonverlauf um 14 Mio. t auf 271 Mio. t abgebaut werden dürften. Den zuletzt bärischen Grundton an den internationalen Getreidemärkten dürfte der neueste IGC-Bericht weiter verstärken: Seit der vordere Terminweizen zur Abrechnung im September 2022 an der Matif vor Monatsfrist bei 440,50 €/t sein bisheriges Jahreshoch markierte, haben die Notierungen um gut 80 €/t nachgegeben. Am 24. Juni ging der Frontmonat in Paris mit 358,75 €/t aus dem Handel. Verantwortlich war der frühe Start des Weizendruschs in Frankreich und den USA, beides große Exportländer. Hinzu kam, dass die Wiederaufnahme der Agrarexporte über die ukrainischen Schwarzmeerhäfen laut einer Regierungsmitteilung aus der Türkei immer näher rückt. Dann könnten auch wieder größere Weizenmengen aus der Ukraine auf den Weltmarkt gelangen.

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Klaus-Peter Lucht kommissarischer Präsident

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Werner Schwarz wurde am Mittwoch als neuer Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein vereidigt. Vor diesem Hintergrund hat er sein Amt als Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH) am Dienstag niederlegt.

Der BVSH-Landesvorstand und die Kreisvorsitzenden haben sich in ihrer Sitzung am Mittwoch einstimmig dafür ausgesprochen, dass Klaus-Peter Lucht (Foto) als 1. Vizepräsident satzungsgemäß die Aufgaben des Präsidenten bis zum regulären Neuwahltermin wahrnehmen soll. Diese Vorgehensweise werde dem Landeshauptausschuss vorgeschlagen. Der Vorteil seien unbeeinflusste Wahlgänge auf Orts-, Bezirks-, Kreis- und Landesebene. Eine Nachbesetzung des Präsidentenamtes und Ergänzung des Landesvorstandes bis September würden laut BVSH nicht von der vollständigen Neuwahl im Januar 2023 entbinden, hätte also nur wenige Monate Gültigkeit. Bereits Anfang Oktober beginnen im Verband reguläre turnusgemäße Wahlen auf Orts-, Bezirks- und Kreisebene. 

Vom Moderator zum Minister

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Werner Schwarz nimmt die Herausforderung eines Seitenwechsels in die Landespolitik an. Er stand 14 Jahre als Präsident an der Spitze des Bauernverbandes Schleswig-Holstein und war zehn Jahre Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat den Landwirt als Minister für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz in das neue Kabinett berufen.

Herr Schwarz, wie wurde die Frage, Minister im neuen Kabinett zu werden, an Sie herangetragen?

Werner Schwarz: Ministerpräsident Daniel Günther hat mich angesprochen, ob ich mir vorstellen könne, dieses Amt zu übernehmen.

Wie fühlen Sie sich?

Aufgeregt. Das ist eine riesige Aufgabe. Ich bin gespannt auf die kommende Tätigkeit.

Sie standen bis jetzt auf der anderen Seite. Welche Konflikte sehen Sie zu Ihrer bisherigen Tätigkeit als Bauernpräsident?

Das ist ein 100%iger Seitenwechsel. Ich war als Präsident des Landesbauernverbandes Interessenvertreter für die Landwirtschaft. Ich werde weiter auch die Interessen der Landwirtschaft vertreten, aber aus einer anderen Sicht, und zwar aus der Sicht der Gesellschaft. Denn eine Regierung ist das Abbild der Gesellschaft und hat auch gesellschaftliche Ansprüche zu verfolgen.

Meine Nähe zum Bauernverband ist sicherlich für viele eine Herausforderung, aber ich bin dem Parlament verantwortlich und zukünftig auch dem Kabinett. Insofern werde ich mich sehr schnell von dem lösen, was der Bauernverband in der Vergangenheit an Forderungen gehabt hat. Für mich ist es grundsätzlich wichtig, Schutz und Nutzen zusammenzubringen und nicht einseitige Klientelpolitik zu betreiben.

Wie werden Sie Ihre bisherigen Erfahrungen aus Dialogprozess und der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) umsetzen?

Diese Erfahrungen werden mit Sicherheit nutzen. Ich werde offen auf diejenigen zugehen, die andere Herausforderungen in der Landwirtschaft sehen, als es vielleicht die Landwirtschaft selbst sieht. Das erfordert durchaus auch eine Mediatorenrolle. Die Aufgabe endet nicht bei Mediation oder Moderation, sondern Politik steht auch in der Verantwortung der  Entscheidungsfindung. Ich bin zuversichtlich, dass das möglich ist.

Wie glücklich sind Sie mit dem neuen Zuschnitt des Ministeriums und der Trennung von Landwirtschaft und Umwelt?

Schon seit der Wahl und davor habe ich und hat ebenso der Bauernverband die Position vertreten, dass Landwirtschaft und Umwelt zusammenbleiben sollten. Mit dieser Einstellung sind wir nicht allein gewesen. Sowohl die Bioanbauverbände wie die Umweltorganisationen hatten erklärt, sie sähen ein gemeinsames Haus als sinnvoll an. Nun ist es anders gekommen. Das hängt mit dem Koalitionsproporz zusammen. Ich bin aber zuversichtlich, denn der Koalitionsvertrag ist ziemlich klar in der Kompetenzverteilung, und ich denke, dass wir einen einvernehmlichen Weg für die Zukunft der Landwirtschaft, der Umwelt und des Naturschutzes finden.

Haben Sie keine Sorgen, dass es in Schleswig-Holstein zu ähnlichen Blockbildungen oder Haltungen zwischen den Ressorts Landwirtschaft und Umwelt kommen könnte, wie wir das vor allem in der letzten Legislaturperiode in Berlin gesehen haben?

Eine solche Situation werden wir aus meiner Sicht nicht wieder bekommen, denn wir haben Erfahrungen aus dem Zukunftsdialog in Schleswig-Holstein und aus der Zukunftskommission auf Bundesebene, und diese Blockadehaltung war eben vor der Zukunftskommission. Wir, und ich ganz persönlich, haben eine ganze Menge daraus gelernt, und ich bin mir sicher, dass wird sich auch in der Regierungsarbeit abbilden.

Sehen Sie keine Ressortüberschneidungen bei Umwelt-, Natur- und Klimafragen?

Diese Themen liegen eindeutig im zukünftigen Ministerium für Umwelt- und Klimaschutz, Naturschutz. Und ich werde natürlich auf den Minister zugehen, um zu sehen, wie wir gemeinsam gestalten können. Wir wollen ja nicht verhindern oder Druck ausüben, sondern ich halte es für wichtig, dass wir gerade in einem Flächenland und einem agrarisch geprägten Land wie Schleswig-Holstein Lösungen finden. Und ich bin zuversichtlich, dass wir das hinkriegen.

Der neue Zuschnitt des Ministeriums beinhaltet auch ländliche Räume und Europa. Welche Schwerpunkte wollen Sie in diesem Bereich setzen?

Die Landwirtschaft zählt zu den Kernelementen im ländlichen Raum mit ihrem vor- und nachgelagerten Bereichen. Hier wird es um die Stärkung der Wirtschaftsleistung, die Eigenständigkeit und Funktionsfähigkeit gehen auch mit Blick auf die Arbeitsplätze. Die Europapolitik spielt für Schleswig-Holstein eine große Rolle mit Themen wie dem ökologischen, digitalen und demografischen Wandel und seinen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen gerade für die junge Generation.

Welche Ziele nehmen Sie mit ins Ministerium?

Die Landwirte brauchen eine wirtschaftliche Perspektive, ebenso wie Perspektiven für ihre Zukunftsgestaltung auf den Betrieben. Wir haben große Herausforderungen in der Wirtschaft zwischen Nutzen und Schutz. Ich würde mich freuen, wenn die Differenzen kleiner oder gänzlich aufgelöst würden. Und drittens freue ich mich, wenn wir nicht nur die Landwirte und Nichtregierungsorganisationen einbinden, sondern auch die Gesellschaft mit in diesen Prozess einschließen können. Interview: mbw

Werner Schwarz wechselt die Seiten

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Die Mitglieder des neuen Kabinetts wurden am Mittwoch vereidigt. Die CDU stellt außer dem Ministerpräsidenten und dem Staatskanzleichef fünf Ministerinnen und Minister. Eine der Neubesetzungen im Kabinett ist der jetzt ehemalige Präsident des Landesbauernverbandes, ­Werner Schwarz, als Landwirtschafts­minister.

Am Montag dieser Woche haben beide Partner des schwarz-grünen Bündnisses dem Koaltionsvertrag auf Parteitagen in Neumünster zugestimmt. Am Mittwoch wurde Daniel Günther (CDU) im Landtag wieder zum Ministerpräsidenten gewählt und die Minister vereidigt. Jetzt kann die Arbeit der ersten schwarz-grünen Landesregierung starten. Es wird einige Veränderungen geben, denn die Zuständigkeiten der Ministerien wurden neu zugeschnitten. Zu den großen Umgestaltungen zählt, dass Landwirtschaft und Umwelt getrennt werden. Das ist ein Resultat aus dem Parteienproporz. Für ihn gehe es darum, kluge Schnittstellen zum Umweltressort zu schaffen, sagte Ministerpräsident Günther dazu gegenüber Medien und verteidigte die Trennung der beiden Abteilungen.

Zukünftig wird es unter Minister Tobias Goldschmidt (Grüne), dem ehemaligen Staatssekretär im Umweltministerium (Melund), das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur geben und unter Minister Werner Schwarz das Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz. Staatssekretärin unter Schwarz wird Anne Benett-Sturies. Sie leitete zuletzt die Abteilung „Ländliche Entwicklung“ im Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume. Das Landwirtschaftsministerium wird in das ehemalige Gebäude der Investitionsbank in Kiel einziehen.

Sein Amt als Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein hat Werner Schwarz am Dienstag dieser Woche niedergelegt. Auf dem Grünen-Parteitag wurde die Personalie Schwarz durchaus kritisiert mit der Befürchtung, der Tier- und Umweltschutz könne leiden, weil Schwarz die Interessen der Bauern vertreten werde.

Wie bereits bekannt wurde, sollen in Zukunft Entscheidungen, die die Landwirtschaft betreffen, aber in der Zuständigkeit des Umweltressorts liegen, wie der Artenschutz – zum Beispiel im Bereich Gänsemanagement und Wolf – sowie die Biodiversität, im Sinne der gegenseitigen Information und Abstimmung vom Agrarressort mitgezeichnet werden.


Lob und Erwartung begleiten Schwarz ins Ministerium

Herzliche Glückwünsche des Vorstandes und der Kreisvorsitzenden des Bauernverbandes Schleswig-Holstein begleiten Werner Schwarz in das Amt des Landwirtschaftsministers. Vizepräsident Klaus-Peter Lucht betonte: „Es erfüllt uns mit Stolz, dass Werner Schwarz als Landwirt und Vertreter des Berufsstandes dieses hohe Amt angetragen wird.“ Schwarz bringe nicht nur den erforderlichen Sachverstand mit, sondern habe durch seine Arbeit im Dialogprozess zur Zukunft der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein und vor allem in der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) bewiesen, dass er die Fähigkeit habe, auf Kritiker zuzugehen und Konsense zu erreichen. Damit habe er es verstanden, den Prozess der Modernisierung und Transformation der Landwirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit entscheidend voranzubringen.

„Wenn Werner Schwarz sein Ministeramt so lebt, wie ich ihn in der ZKL kennenlernte, kann er ein Gewinn für uns alle sein“, sagte der Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR), Prof. Kai Niebert. Es sei nicht unkritisch, wenn Spitzenvertreter von Lobbyorganisationen in Regierungsämter wechselten. Doch Schwarz habe den Reformbedarf im Ernährungssystem nicht nur erkannt, sondern in der ZKL auch deutlich gemacht, „dass er ihn angehen will“. BUND-Chef Olaf Bandt verwies auf die Rolle von Schwarz in der ZKL: Er sei dort „ein wichtiger Brückenbauer zu Umwelt- und Naturschutzverbänden für neue Zukunftsperspektiven der Landwirtschaft mit ökonomischen und ökologischen Lösungen“ gewesen.

„Es ist absolut begrüßenswert, dass ein ausgewiesener Fachmann dieses Amt zukünftig bekleidet“, sagt Thilo von Donner, Vorsitzender des LSV Schleswig-Holstein und Hamburg. Sicher werde es eine große Herausforderung für den neuen Landwirtschaftsminister, dem Trend des Strukturbruchs im ländlichen Raum entgegenzuwirken. Andererseits sei es eine einmalige Chance, die eigenen Forderungen aus der Zeit als Bauernpräsident nun im Ministerium umsetzen zu können.

Dass Schwarz seine Positionen im Sinne einer zukunftsfähigen Landwirtschaft auch umsetzen könne, wünschte Oliver Kumbartzky, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion. Schwarz komme aus der Praxis und kenne die Sorgen und Nöte seiner Berufskollegen. Entsprechend hoch seien die Erwartungen an ihn. „Wir werden ihn an seinen Taten messen und regelmäßig an frühere Aussagen erinnern“, so Kumbartzky. bb