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Kreative Wollfans drehen am Rad

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Etwas Schönes mit den eigenen Händen zu gestalten und dabei das Stresslevel zu reduzieren, bedeutet für viele Menschen Ausgleich zum Berufsalltag. Andere starten, wenn die Kinder aus dem Haus sind, oder im Rentenalter noch einmal kreativ richtig durch. Eine Folge: Das Spinnen mit dem Handspinnrad ist im Kommen. Spinnkurse erfreuen sich wachsender Beliebtheit.

Fast 100 Spinner verwandelten am Sonnabend das Gettorfer Gemeindehaus in ein Zentrum wolliger norddeutscher Kreativität. Das privat organisierte Treffen von Handspinnern aus den norddeutschen Bundesländern fand zum ersten Mal 2008 statt und seitdem jedes Jahr im Januar, wenn nicht gerade Corona war. Kamen in den Anfangsjahren etwa 40 Spinner, sind es längst um die 100. Als der ursprüngliche Raum in Schinkelerhütten zu klein wurde, zog das Treffen in das Gettorfer Gemeindehaus um. „Es gibt kein Programm, aber dadurch, dass wir so viele verschiedene Teilnehmer sind, kann sich jeder viele Anregungen holen.“

Kuschelige Alpakawolle sowie gestrickte und gewebte Produkte aus Alpakawolle

Alle Teilnehmerinnen – es kommen überwiegend Frauen zu den Treffen – verbindet ihr Hobby des Handspinnens. Die meisten von ihnen sind aber nicht nur Spinnerinnen. Einige von ihnen halten auch Schafe oder Alpakas und verarbeiten die Wolle von Anfang an bis zum fertigen Kleidungstück. Sie waschen, kardieren und färben die Wolle selbst, sie filzen, spinnen, stricken, weben. Fast alle Teilnehmerinnen verarbeiten Schafwolle von den unterschiedlichsten Rassen. Aber auch Wolle von Alpakas, Kaninchen und Hunden wird verarbeitet, ebenso Seide und andere Edelfasern. Die meisten haben Kostproben ihres kreativen Schaffens mitgebracht oder tragen sie selbst.

Die meisten Teilnehmerinnen kommen nicht allein, sondern mit ihrem Spinnkreis. Spinnerinnen haben sich zu informellen Gruppen zusammengeschlossen, in denen sie sich regelmäßig zum Spinnen treffen, Material und Erfahrungen austauschen.

Benita Davidoff übergibt an Felmer Spinnkreis

Benita Davidoff aus Großkönigsförde, die das Nordspinner-Treffen erfunden und bisher jedes Jahr organisiert hatte, übergab ihr Amt bei diesem Treffen an ihre Nachfolgerinnen – die Frauen vom Felmer Spinnkreis. „Loslassen ist ja nicht immer leicht, aber jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Ich weiß, dass meine Nachfolger in guter Weise weitermachen werden. Sabine Bauer brennt so richtig für textile Techniken, dass ich mir da keine Sorgen machen muss. Sie übernimmt auch meine Kurse“, so die 71-Jährige. Sabine Bauer gehört zum Felmer Spinnkreis, der ab nächstem Jahr das Treffen organisieren wird. In diesem Jahr war es zum Übergang ein Gemeinschaftswerk.

Benita Davidoff hat früher in einer Behindertenwerkstatt gearbeitet. „Mich hat fasziniert, wie die behinderten Mädchen gesponnen haben. Das wollte ich auch.“ Sie hat dann schnell gemerkt, dass das Spinnen einfacher aussieht, als es tatsächlich ist. Sie vergleicht es gern damit, Autofahren zu lernen. „Da muss man Kupplung, Bremse und Gas bedienen können und außerdem noch auf den Verkehr achten.“ Beim Spinnen müsse man Hände und Füße koordiniert bewegen. Anfänger nutzten deshalb häufig ein Spinnrad, bei dem sie nur einen Fuß bewegen müssten.

Alpakas, Kaninchen, Schafe und Seidenraupen

Stefanie Kruth, Elke Mletzeck und Heidi Haltermann gehören zum Spinnkreis Barmstedt im Kreis Pinneberg. Ihre Wege zum Spinnen waren sehr unterschiedlich. Heidi Haltermann hatte mit ihrem Mann eine Baumschule betrieben. Als die nächste Generation übernahm, zog sie sich zurück und startete noch einmal neu durch – mit Alpakas. Eine Verwertungsmöglichkeit für die Wolle hatte sie anfangs noch nicht, also begann sie mit dem Spinnen. Stefanie Kruth lernte das Spinnen bereits sehr früh – in ihrer Schule in Friedrichsort – und sie bleib dabei. Elke Mletzeck erinnerte sich nach dem Tod ihrer Oma daran, dass die immer gesponnen hatte. Damals lebte sie im Ausland. Als sie zurückkam, war das alte Spinnrad bereits entsorgt. Sie appelliert an alle, die Spinnräder im Nachlass ihrer Lieben finden, diese nicht wegzuwerfen, sondern sie Handspinnern zu überlassen.

Heidi Haltermann, Stefanie Kruth und Elke Mletzeck (v. li.) vom Spinnkreis Barmstedt stricken mit verschiedenen Wollarten und Edelfasern.

Stefanie Kruth pflichtet ihr bei. Sie nutzt selbst ein sehr altes Spinnrad. Sie ist sich sicher, dass dieses Spinnrad mindestens vor dem Ersten Weltkrieg gebaut wurde. Trotz aller Nachforschungen hat sie bis heute noch nicht herausgefunden, von welcher Firma es gebaut wurde. Auch das Textilmuseum Neumünster, in dessen Besitz sich das gleiche Modell befindet, hat dies bisher nicht in Erfahrung bringen können. „Vielleicht weiß dies ja ein Leser des Bauernblattes?“, hofft sie. Sie selbst macht sehr gute Erfahrungen mit ihrem alten, unbekannten Spinnrad. „Ich kann auch sehr feine Fasern darauf spinnen“, sagt die passionierte Seidenspinnerin.

Die drei Frauen vom Spinnkreis Barmstedt ergänzen sich bestens. Während Heidi Haltermann eine ganze Herde von Alpakas in zwei verschiedenen Rassen hält, hat Stefanie Kruth beste Beziehungen zu einem Seide verarbeitenden Betrieb, von dem sie Reste aufkauft, die sonst weggeworfen würden. „Das ist Nachhaltigkeit.“ Elke Mletzeck schließlich hat Beziehungen zu einem Angorakaninchenzüchter in Schleswig-Holstein. Hier weiß sie, dass der Tierschutz eigehalten wird. „Ich würde nie Kaninchenwolle aus dem Ausland kaufen, wo ich befürchten muss, dass die Tiere gerupft werden.“ Schafwolle kaufen sie zu, denn keine der drei Frauen hält eigene Schafe. Die drei Spinnerinnen färben mit ökozertifizierten Farben, probieren aber auch Naturmaterialien zum Färben aus. Kreativ sind sie aber nicht nur beim Färben. Aufgrund ihrer Materialauswahl kreieren sie auch immer wieder neue Fasermischungen.

Wenn Beruf und Hobby eine Verbindung eingehen

Jutta Kohlbeck-Gangl betreibt mit ihrem Mann zusammen in Wahrendorf im Kreis Ostholstein einen Biobauernhof. Obwohl sie eigentlich bereits im Rentenalter ist, hält sie 80 Schafe, die sie direkt vermarktet. Zum Spinnen und Stricken bleibt da wenig Zeit. Denn um die Tiere kümmert sie sich allein, ihr Mann ist für die Technik zuständig. „Allein im letzten Jahr hatten wir 145 Lämmer.“ Doch den Spinnkreis am Bungsberg lässt sie sich nicht nehmen. Jutta Kohlbeck-Gangl kennt sich mit Schafen aus. Sie weiß, dass die Wolle von Milchschafen eine Wolle für Anfänger ist und dass sich die Wolle von Bergschafen besonders gut zum Filzen eignet. Die Vielfalt an Schafrassen in Schleswig-Holstein ist sehr groß, was für Spinnerinnen und Menschen, die gerne echte Schafwolle weiterverarbeiten, den Vorteil hat, dass sie eine große Auswahl haben, denn jede Rasse liefert andere Wolle, sodass die unterschiedlichsten Effekte erzielt werden können. Für professionelle Schafhalter ist das aber auch ein Nachteil. „Es gibt in Schleswig-Holstein meist nicht genug gleiche Wolle für eine Partie. Deshalb gibt es hier auch keine Firma, die professionell Schafwolle wäscht. Die nächste Firma ist in Belgien.“

Torsten Schumacher mit seiner Kardiermaschine

Einer der wenigen Männer im Raum ist Torsten Schumacher. Er leitet die tiergestützte Förderung in der Tagesförderstätte „Die EckernFörderer“, in der behinderte Menschen arbeiten. Damit hat er das Spinnen zum Beruf gemacht. „Die EckernFörderer“ halten aber nicht nur Schafe und verarbeiten die Wolle gemeinsam mit den Behinderten. Hier entstehen auch Spinnräder und Kardiermaschinen. Eine wichtige Besonderheit bei „Die EckernFörderer“ ist, dass die Schafe nicht geschlachtet werden. Die „Schaffelle“, die die Werkstatt verkauft, haben Schafen gehört, die immer noch auf der Weide unterwegs sind. Tatsächlich handelt es sich um keine echten Felle, sondern um Wollvliese, die auf der Rückseite so gut gefilzt sind, dass sie zusammenhalten wie ein Fell. In den Sommermonaten verkauft die Werkstatt ihre Produkte wieder auf dem Eckernförder Wochenmarkt. 

Susanne Scheidt aus Schönwalde und Jutta Kohlbeck-Gangl aus Wahrendorf (v. li.) an ihren Spinnrädern

Das neue Gold in der Landwirtschaft?

Organische Dünger, insbesondere Gülle aus Vieh haltenden Betrieben, werden in Zukunft in weitaus größerem Umfang in Ackerbaubetrieben eingesetzt werden müssen, um den Nährstoffbedarf der Kultur­pflanzen trotz knapper Mineraldünger zu decken oder um die regionalen Nährstoffüberschüsse in Gebieten mit hoher Vieh­haltungsdichte zu vermindern. Neben der Notwendigkeit, die Ausbringung organischer Dünger in Entstehungsregionen zu verringern, kann die effiziente Nutzung organischer Dünger zur Verminderung des Einsatzes mineralischer Dünger beitragen und somit die N-Intensität der deutschen Landwirtschaft insgesamt und die mineralische N-Düngung verringern.

Ein zentraler Grund für den hohen Mineraldüngereinsatz in Betrieben mit organischer Düngung ist, neben der zum Teil schwer kalkulierbaren zeitlichen Verfügbarkeit von Nährstoffen aus Wirtschaftsdüngern, die große Streuung der tatsächlichen Nährstoffgehalte (Abbildung 1), auch in vermeintlich homogenen Wirtschaftsdüngern, und die dadurch bedingte Unsicherheit bei der Düngeplanung und -applikation. Nennenswerte Fortschritte in der Nährstoffnutzungseffizienz sind zu erwarten, wenn Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter mit genauen Angaben zu den Nährstoffgehalten in Gülle und Gärrest planen und Düngesicherheitszuschläge in Form mineralischer Dünger reduzieren können. Dies gilt gleichermaßen für die Düngeplanung und -dokumentation in Wirtschaftsdünger abgebenden Betrieben als auch für aufnehmende Betriebe, sowohl in Überschuss- als auch in Zuschussregionen.

Wie die Nährstoffgehalte richtig ermitteln?

Nach den Vorgaben der DÜV müssen die Nährstoffgehalte in Wirtschaftsdüngern vor der Ausbringung bekannt sein. Die Ermittlung der Nährstoffgehalte kann dabei nach Standardtabellenwerten (Richtwerten für die Düngung) oder nach wissenschaftlich anerkannten Analysemethoden (im Labor) erfolgen. Die Deklaration der Inhaltsstoffe mit diesen Verfahren ist oftmals nicht ausreichend, da mit ihnen ungenaue Angaben erzeugt werden können.

Die größten Fehler bei der Quantifizierung der Nährstoffkonzentrationen mittels Laboranalyse entstehen bei der Probennahme und dem Homogenisieren der Lager. Viele Lagerbehälter lassen sich nur unzureichend aufrühren (zu kleine Rührwerke) oder können überhaupt nicht homogenisiert werden (Unterstalllagerung). Die hier genannten Fehlerquellen können auch durch eine genaue Laboranalyse nicht mehr ausgeglichen werden. Zudem vergehen von der Probennahme bis zur Vorlage der Analyseergebnisse teilweise bis zu zwei Wochen. Standardrichtwerte geben nur den Durchschnittswert aus einer Vielzahl von Betrieben mit dem gleichen Haltungs- und Fütterungsregime wieder. Es ist kein tatsächlicher Wert, der die Situation des Einzelbetriebes darstellt. Neben den ungenau erfassten Inhaltsstoffen in organischen Düngern und den unterschiedlichen Düngerbedarfen der verschiedenen Kulturen in Interaktion mit den Standorten besteht in der bedarfsgerechten flächigen Dosierung der Nährstoffe aus den organischen Düngern große Variabilität.

In Abbildung 1 ist die Variabilität von 41 Fassbefüllungen bei Sauengülle dargestellt, im Durchschnitt der 41 Messungen wurden 3,06 kg Gesamtstickstoff je Kubikmeter ausgebracht – im Minimum 1,70 kg/ m³ und im Maximum 4,30 kg/m³. Die betriebseigene Probe vor der Ausbringung betrug 1,83 kg N/m³ und der Richtwert der Landwirtschaftskammer Niedersachsen beträgt 3,70 kg N/ m³. Diese Streuung ist für eine bedarfsgerechte pflanzenbauliche Anwendung zu hoch und kann nur durch kontinuierliche NIRS-Sensormessungen hinreichend erfasst werden.

Zusätzlich zur schlechten Homogenisierung in den Lagerbehältern kann sowohl eine ungleichmäßige Nährstoffkonzentration der organischen Dünger in dem Transportbehälter (Sedimentation) als auch eine ungleichmäßige Ausbringung mit dem Applikationssystem zu diesem Problem beitragen. Eine zu geringe oder überhöhte Dosierung oder zu konzentrierte Ablage kann den Ertrag und die Qualität des Ernteguts beeinflussen. Dies kann von einer ungleichmäßigen Abreife über das Nichtausnutzen des standortspezifischen Ertragspotenzials durch Nährstoffmangel oder Lagerbildung, herabgesetzte Kornqualitäten bis hin zu einer lokal überhöhten Nährstoffversorgung mit gesteigertem Risiko von Nährstoffverlagerung und -verlust mit einem anschließenden Eintrag in Grund- und Oberflächengewässer führen.

Neben der Kenntnis der Nährstoffzusammensetzung der organischen Dünger vor der Ausbringung sind auch während der Applikation Informationen zur Zusammensetzung und Ausbringmenge erforderlich, um teilflächenspezifische Nährstoffmengen zu dokumentieren und zu bilanzieren. Dies ist vor allem bei inhomogenen Chargen wichtig. Hierfür stehen mit einer Echtzeitanalyse (Abbildung 1) durch reflexionsoptische Systeme (zum Beispiel Nah-Infrarot-Reflexions-Spektroskopie – NIRS) technische Lösungen zur Verfügung, die jedoch bis jetzt nur vereinzelt in der Praxis verbreitet sind.

36 m Schleppschlauchverteiler eines Lohnunternehmers in der Region

Welche Vorteile hat der Einsatz von NIRS?

Der Vorteil des Einsatzes der NIRS-Messmethode zur Bestimmung der Nährstoffkonzentrationen in flüssigen organischen Düngern liegt in der einfachen und kontinuierlichen Erfassung der Inhaltsstoffe und ihrer Konzentrationen während der Befüllung der Tankfahrzeuge beziehungsweise der Ausbringung der flüssigen Wirtschaftsdünger. Schwankungen der Nährstoffkonzentrationen könnten hierdurch erfasst und eine bedarfsgerechte Bestandsdüngung erleichtert werden. Zusätzlich ist durch die digitale Erfassung der Inhaltsstoffe eine deutliche Verringerung des Dokumentationsaufwands möglich.

Die Heterogenität in Boden und Relief bedingt sehr stark unterschiedliche N-Nachlieferungen und damit Düngebedarfe, die die Effizienz beeinflussen. Schleswig-Holstein ist durch seine drei Naturräume mit ihren naturräumlichen Eigenschaften und zusätzlich durch die Nähe zu Nord- und Ostsee geprägt. Getreide, Raps und Mais sind die wesentlichen Kulturen.

Die Effizienz von eingesetzten Wirtschaftsdüngern hängt neben standortspezifischen und klimatischen Faktoren maßgeblich vom TS-Gehalt der eingesetzten Wirtschaftsdünger ab. Daher ist die Erfassung der unterschiedlichen organischen Wirtschaftsdünger mittels NIRS-Technik die Basis für die Modellregion. Rinder-, Schweine- und Biogasanlagen liefern unterschiedliche Wirtschaftsdünger. Diese sind in ihrem TS-Gehalt und der inhaltsstofflichen Zusammensetzung sehr unterschiedlich. Die Praxis zeigt außerdem, dass auch die Nährstoffverteilung im Güllelager aufgrund der unterschiedlichen TS-Verteilung sehr verschieden sein kann, was durch Homogenisieren/Aufrühren zeitweise kompensiert werden kann. Auch hier gilt es, die Unterschiede zum Entnahmezeitpunkt mittels der NIRS-Technik zu erfassen und die Ausbringmenge daran anzupassen (Abbildung 1). Diese Unterschiede gilt es zu quantifizieren und bezogen auf die innerbetriebliche Nährstoffverteilung zu optimieren.

Kontinuierliche Beprobung macht Sinn

In der Tabelle sind die verschiedenen Messmethoden auf einem Betrieb in Schleswig-Holstein dargestellt, der die gesamte Rindergülle mit Zusatz Nachwachsender Rohstoffe (Nawaro) in der Biogasanlage verwertet. Auch hier ist das Ergebnis der einmaligen Beprobung das Maß für die Bemessung der auszubringenden Menge an Wirtschaftsdünger. Über die gesamte Frühjahrssaison wurde hier mit NIRS nährstoffabhängig dosiert. Da die Nährstoffgehalte geringer waren als bei der Beprobung, konnten insgesamt 1.537 m³ mehr ausgefahren werden, um die 170 kg N/ha zu erreichen. Die zum Versuch gezogenen Proben (n = 25) ergaben die niedrigste Nährstoffkonzentration. Es zeigt sich auch hier, dass eine kontinuierliche Erfassung der Nährstoffkonzentration dichter an der Wirklichkeit ist als sporadische Beprobungen mit zeitlichem Versatz, bis das Ergebnis vorliegt.

Ökologisches und ökonomisches Potenzial

Die Heterogenität der Naturräume bedingt auch die Nährstoffspeichervermögen und das Nachlieferungspotenzial. Das Herden- und Fütterungsmanagement beeinflusst die inhaltsstoffliche Zusammensetzung der organischen Wirtschaftsdünger. Angesichts weiterhin schlechter Grundwasser- und Luftqualität liegt in der Verbesserung der Verwertungseffizienz organischer Dünger im Ackerbau ein erhebliches ökologisches und ökonomisches Einsparpotenzial. Ausgehend von knapp 1 Mio. ha landwirtschaftlich genutzter Fläche in Schleswig-Holstein und einem angenommenen N-Einsparpotenzial von bis zu 50 kg N/ha bei einer von 50 auf 80 % gesteigerten Wirkung ergeben sich 50.000 t N-Einsparung pro Jahr. Gemäß Sachverständigenrat für Umweltfragen (2015) gelangen 70 % dieses Überschusses ökosystemwirksam in die Umwelt. Daraus lässt sich ableiten, dass der präzisen Abschätzung der N-Nachlieferung aus organischen Düngern eine zentrale Rolle zur Steigerung der N-Effizienz zukommt.

Wie Tabelle und Abbildung 2 zeigen, hat der Betrieb zu wenig Wirtschaftsdünger ausgebracht, einzig im Lager 4 wurde ein höherer Nährstoffgehalt mittels NIRS gemessen. Diesen Mangel hätte der Betrieb wahrscheinlich mit zusätzlichem Mineraldünger ausgeglichen, um seinen Ertrag zu sichern.

Wie verbreitet ist NIRS in der Praxis?

Der Sensoreinsatz gliedert sich in der Praxis meist in verschiedene Ausbaustufen. Strukturell bedeutet das: Die Erstnutzer von NIR-Sensoren sind meist die klassischen Vieh haltenden Betriebe, die sich klar auf das Herdenmanagement und die Prozesse im Stall konzentrieren. Für diese Betriebe kommt häufig eines der 356 landtechnischen Lohnunternehmen in Schleswig-Holstein beim Ausbringen der organischen Wirtschaftsdünger zum Einsatz. Die landtechnischen Lohnunternehmen bilden im Land den Multiplikator für die NIRS-Technik, vor allem auf dem Geestrücken in den Veredlungsregionen. Die landtechnischen Lohnunternehmen sind in Bezug auf die effiziente Arbeitserledigung hoch technisiert. In Bezug auf die NIRS-Technik sind derzeit allerdings nur etwa sieben bis zehn Lohnunternehmen mit der Echtzeitanalytik am Güllefass ausgestattet. Der Dienstleistungssektor in Schleswig-Holstein mit seinen Lohnunternehmen ist somit als relevante Anwendergruppe für den Sensoreinsatz auf allen Ausbaustufen im Modellvorhaben einzustufen.

Die Auswirkung auf die Lagerkapazität im dargestellten Beispiel ist nur kurzfristig wirksam, da der frei gewordene Lagerplatz über das Jahr wieder mit Wirtschaftsdünger gefüllt wird. Lediglich in dem Fall, dass weniger Gärreste ausgebracht werden als zuvor geplant, sollte an eine Separation gedacht werden oder eine Abgabe der Gärreste an Ackerbaubetriebe in Betracht gezogen werden.

Fazit

Die moderne NIRS-Technologie bietet mit der kontinuierlichen Messung viele Vorteile und ist mit hoher Wahrscheinlichkeit genauer als eine einmalige Beprobung. Mit dem Einsatz der Technik wird die Heterogenität von Gärrest und Gülle erfasst und für eine bedarfsgerechte Düngung nutzbar gemacht. Mit dem Wissen über die Nährstoffgehalte können folglich Stickstoffeinträge in die Umwelt und ein ineffizientes Nährstoffmanagement vermieden werden. Damit besteht rechnerisch bei fast allen Kulturen und dem geltenden Düngevorgaben die Möglichkeit, nahezu 100 % der Bestände aus Wirtschaftsdüngern zu versorgen. Das Modell- und Demonstrationsvorhaben wird gefördert aus Mitteln des BMEL.

Premiere up Platt in Dibberns Gasthof

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Eine Premiere up Platt erlebten 60 Zuschauerinnen und Zuschauer in Dibberns Gasthof. Erstmalig in der Vereinsgeschichte hatten die LandFrauen des OV Kaltenhof-Osdorf und Umgebung zu einem zweieinhalbstündigen bunten Abend eingeladen.

Zu dem plattdeutschen Theaterabend mit diversen Darbietunge, bei dem auch Raum für Begegnungen und Klönschnack blieb, kamen 60 Gäste. Margret Schröder und Maren Kohrt begeisterten das Publikum mit zwei Sketchen. Die beiden Freundinnen zogen herrlich bissig über das männliche Geschlecht und die verhasste weibliche Konkurrenz her. Dabei kam heraus, dass sie nicht nur bissig tratschen konnten, sondern auch über Leichen gingen. Mit vergifteter Pilzsuppe hatten sie nachgeholfen, wenn ihnen unliebsame Mitmenschen im Wege standen. Beim Schnack auf der Bank gerieten sie sich, sehr zum Vergnügen des Publikums, allerdings auch gegenseitig in die Haare, um am Ende aber wieder versöhnt Arm in Arm die Bühne zu verlassen.

Danach betrat Frauke Armborst die Bühne. Die LandFrau verstand es, die Zuhörerinnen und Zuhörer mit ihren vorgetragenen Geschichten, die besinnlich, aber auch heiter waren, in den Bann zu ziehen. Sie zog dabei Parallelen zu ihrer eigenen Geschichte und erntete oftmals verständiges Nicken und Schmunzeln des Publikums.

Ann-Kathrin Lorenz trug abschließend das Gedicht „De Harvst“, das die Vorzüge des Herbstes schilderte, sehr einfühlsam vor. Detlef Schröder stimmte zwischen den einzelnen Beiträgen vier plattdeutsche Lieder auf der Gitarre an, bei denen die Gäste gerne mitsangen. Das Publikum dankte allen Vortragenden mit viel Applaus.

Das Publikum erlebte bei der Premiere up Platt einen unterhaltsamen Abend.

Fotos: Marlies Sommer

Digitale Kommunikation  ohne „Funklöcher“

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Mit einem Praxisworkshop bietet der LandFrauenverband Schleswig-Holstein ein neues Seminar an, um die Vorstandsarbeit auf das digitale Zeitalter umzustellen. Am 17. und 24. März wird IT-LandFrau Inke Studt-Jürs die Teilnehmerinnen coachen, damit Terminplanung, Datenaustausch und Projektmanagement künftig möglichst effektiv digital laufen.

Erfahrungen hat Studt-Jürs dafür unter anderem im vergangenen Jahr bei den LandFrauen im Herzogtum Lauenburg gesammelt, die ihre Arbeit bereits umgestellt haben. Daher kennt sie auch die Probleme, die bisher auftraten, sehr genau. Oft scheitere die Kommunikation mit digitalen Medien an einer konsequenten Anwendung, so die IT-LandFrau gegenüber dem Bauernblatt. Das passiere zum Beispiel, wenn Absprachen zu einer Veranstaltung wechselweise per Whats­App und E-Mail getroffen würden. Wichtig sei ebenfalls ein digitaler Terminplan, der allen zugänglich sei. Genau darum geht es im Seminar, aber auch um den Datenaustausch über Clouds, das Erstellen von Anmeldeformularen auf der Webseite des Vereins, Online-Protokolle, die für alle Vorstandsmitglieder zugänglich sind, und die Planung von Veranstaltungen.

Das Seminar findet an beiden Tagen jeweils von 9 bis 16 Uhr im EDV-Raum der Deula in Rendsburg am Grünen Kamp statt. Anmeldung bis 2. Februar unter landfrauen-sh.de

Minimaler Rückgang für regionale Produkte

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Aus Medien wie Fernsehen und Internet ist bekannt, dass regionale Produkte von den Verbrauchern immer stärker gefordert werden. Während der Corona-Pandemie hat der Verkauf von regionalen Produkten stark zugenommen. Doch wie sah das im Jahr 2022 aus? Steigende Preise infolge der Inflation und des Krieges in der Ukraine haben das Jahr geprägt. Wie entwickelte sich daraufhin die Nachfrage nach regionalen Produkten? Antwort auf diese Fragen bekam der Agrarausschuss der Laju bei einem Treffen mit Vertreterinnen der Rewe Nord in Rendsburg.

Zunächst gaben die Gäste Isabel van der Walle (Category Management, Leiterin Regionalität) und Ute Lüthje (Lokalitätsbeauftragte für Schleswig-Holstein und Hamburg) einen Überblick über Rewe Nord und darüber, wie sich die über 800 Märkte des Unternehmens verteilen. Zum Einzugsgebiet der Rewe Nord zählen die Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen, der Nordosten von Nordrhein-Westfalen sowie die Freien und Hansestädte Hamburg und Bremen. Zudem wurde die Frage beantwortet, was eigentlich regionale Produkte sind. Bei Rewe muss der wertgebende Bestandteil des Produkts aus dem jeweiligen Bundesland oder einer topografischen Region wie dem Alten Land stammen, um als regional bezeichnet zu werden Des Weiteren muss der Verarbeitungsort/Firmensitz im selben Bundesland oder derselben topografischen Region liegen. Hierbei wird der erste und gegebenenfalls auch der zweite Produktionsstandort berücksichtigt. Zu den am meisten regional vermarkteten Produkten gehören vor allem Eier, Obst und Gemüse, Backwaren sowie Fleisch- und Milchprodukte.

Mit der Lokal-Partnerschaft bietet Rewe auch kleineren Betrieben die Möglichkeit, ihre Produkte regional zu vermarkten. Hierbei spielt eine nachhaltige Zusammenarbeit eine wichtige Rolle. Die Rewe Group und ihre Kaufleute haben vier Themenfelder definiert, die für den Konzern die Grundlage für die Zusammenarbeit mit regionalen Lieferanten bilden. Diese reichen von der verlässlichen Vertragspartnerschaft über die faire Bezahlung von Lieferanten und die Nutzung gemeinsamer Netzwerke bis hin zur Umsetzung gemeinsamer Projekte zum Schutz von Tier und Umwelt.

In der anschließenden Diskussion wurden viele weitere Fragen beantwortet und ein Einblick in die Vermarktung von regionalen Lebensmitteln gegeben. So interessierte die Mitglieder des Agrarausschusses, wie ein Betrieb lokaler Partner von Rewe werden kann. Zunächst werde im gemeinsamen Gespräch geprüft, wie die Partnerschaft aussehen könnte. Gespräche würden dabei stets auf Augenhöhe geführt, betonten die Gäste. Die gegenseitige Wertschätzung sei hierbei enorm wichtig für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Für den Vertrieb werde zunächst festgestellt, wie weit das Produkt vertrieben werden soll. Anfangs werde mit einem Radius von 50 km um den Betrieb gestartet. Hierbei habe der Lieferant die Auswahl, einen oder auch mehrere Märkte zu beliefern. Dies werde komplett an die Bedürfnisse des Lieferanten angepasst.

Auf die Frage, welcher Bedarf an regionalen Erzeugnissen weiterhin in Schleswig-Holstein und Hamburg bestehe, wurden Produkte wie Honig, Säfte, Molkerei- und Wurstprodukte genannt.

In den Märkten sind die lokalen Artikel auf Sondermöbeln zu finden, die mit dem gelben Schild „Aus deiner Region“ gekennzeichnet sind. Ein Beispiel für die Lokalpartnerschaft ist die Kooperation mit der KäseStraße in Schleswig-Holstein.

Aber wie sieht der Trend für die Nachfrage nach regionalen Produkten aus? Aufgrund der Inflation sei ein minimaler Rückgang zu verzeichnen, so die Antwort der Rewe-Vertreterinnen. In dieser Zeit sei es ein Anliegen von Rewe, die Lieferanten zu halten und vor allem weiterhin zu unterstützen. In Notsituationen solle nach Möglichkeit eine Lösung gefunden werden. Bei Rewe sei man sich sicher, dass die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln auch in Zukunft bestehen werde, betonten die Gäste von Rewe. Deshalb setze das Unternehmen weiterhin auf Regionalität und Projekte wie „Rewe gibt Bienen ein Zuhause“, bei dem Bienen in geschützten Außenbereichen von Rewe-Märkten gehalten werden und der dabei gewonnene Honig in diesen Märkten vertrieben werde. Rewe arbeite bei diesem Projekt vor Ort eng mit Imkern zusammen. Zudem würden die Kunden durch verschiedene Kampagnen auf die Themen Regionalität und Saisonalität aufmerksam gemacht und für einen bewussten Einkauf sensibilisiert.

Mitglieder des Agrarausschusses informierten sich unter anderem über die aktuelle Nachfrage nach regionalen Produkten. Foto: Felix Dähn

Vom lebenden Tier zu Rinderhälften

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Früher war Schlachten auf dem eigenen Hof eine Selbstverständlichkeit. Heute gibt es das kaum noch, und wenn, dann unter höchsten Auflagen. Sogar nur gut ein Drittel der Fleischerbetriebe schlachtet noch selbst. Bei Innungsmeister Roland Lausen in Silberstedt, Kreis Schleswig-Flensburg, durfte der Bauernblattreporter bei einem Schlachtvorgang dabei sein – vom lebenden Tier bis zu den Rinderhälften.

Hier noch am Leben: der eindreiviertel Jahre alte Ochse aus Demeter-Haltung

„Komm, mein Süßer!“, lockt Roland Lausen das Rind in das Gatter – ein fast zwei Jahre alter Ochse von einem Demeter-Betrieb, rund 500 kg Lebendgewicht, ein schönes, sauberes Tier. Es ist unruhig, „aber nur weil das hier neu ist für ihn“, meint Lausen.

Plötzlich ein Schuss mit dem Bolzengerät auf die Stirn – sofort sackt das Rind zusammen. Dass es bewusstlos ist, erkennt der Schlachter daran, dass es keine Lidbewegungen mehr vollführt.

Aufgehängt an den Hinterbeinen, erfolgt die Tötung. Mit einem Messerschnitt schlitzt der Schlachter die Kehle auf bis zur Brust, das Tier verblutet. Das soll nicht fotografiert werden.

Kopf und Innereien für den Fleischbeschauer.

Dann folgt das Enthäuten, alles nur mit mit dem Messer aus der Hand, selbst das Entfernen des Kopfes. „Man muss nur wissen, wo man schneiden muss.“ Die Innereien werden entnommen – kein schönes Bild, aber kaum Geruchsentwicklung. Früher wurde alles weiterverarbeitet, auch das Blut, heute kaum etwas, es gibt keinen Bedarf. Zum Schluss wird das Rind zerteilt – der einzige Vorgang mit einer Maschine. Für den ganzen Prozess braucht Lausen normalerweise eine halbe bis eine Stunde.

Was bleibt von dem Erlebnis? Vor allem sehr viel Respekt vor dem Tier. 

Nach dem Teilen kommen die Rinderhälften ins Kühlhaus. Fotos: Tonio Keller

Berufsbildungszentrum am Nord-Ostsee-Kanal: Mit Erneuerbaren Energien zum Abitur

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Das Berufliche Gymnasium (BG) vermittelt durch berufsbezogene und allgemeinbildende Unterrichtsinhalte eine Bildung, die den Anforderungen für die Aufnahme eines Hochschulstudiums oder einer vergleichbaren Berufsausbildung entspricht.

Für das bundesweit einzige BG Technik mit dem Schwerpunkt „Erneuerbare Energien“ können sich interessierte Schülerinnen und Schüler für das Schuljahr 2023/24 bis zum 28. Februar 2023 bewerben.

Zum Besuch des Beruflichen Gymnasiums sind in der Regel Schülerinnen und Schüler berechtigt, die an einer Gemeinschaftsschule durch Prüfung oder in einem Bildungsgang der berufsbildenden Schularten einen Mittleren Schulabschluss (MSA) erworben haben und deren Noten über alle für den Mittleren Schulabschluss relevanten Zensuren höchstens eine 4 und keine 5 oder 6 aufweisen und darüber hin­aus einen Schnitt von mindestens „befriedigend“ auf MSA-Niveau in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch erreicht haben (qualifizierender MSA). Bewerben kann sich auch, wer an einer Gemeinschaftsschule mit Oberstufe oder an einem Gymnasium ein Zeugnis mit der Versetzung in die gymnasiale Oberstufe vorweisen kann.

Neben den vorgegebenen, allgemeinen Fächern der Stundentafel sind Mathematik beziehunsgweise Englisch und Erneuerbare Energien die Schwerpunktfächer. Als zweite Fremdsprache wird Spanisch unterrichtet. Schwerpunkt der fachbezogenen Ausbildung sind Klimaschutz, Windenergie, Energie aus Biomasse, solare Energiegewinnung und Energiespeicherung.

Interessierte sowie deren Eltern sind herzlich zu einer Informationsveranstaltung, die am Mittwoch, 1. Februar, um 18 Uhr im Beruflichen Gymnasium „Erneuerbare Energien“, Grüner Kamp 9 in 24783 Osterrönfeld stattfindet, eingeladen.

Weitere Informationen zu allen Inhalten, Anforderungen und zum Anmeldeverfahren sind über die Homepage bbz-nok.de unter Bildungsangebot/Vollzeitschulen zu erhalten. Auskünfte erteilt auch der Autor Hauke Theede unter Tel.: 0 43 31-84 14 54.

„Ich bin atmend mit meinem Pferd verbunden“

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In einem Online-Seminar der ­Persönlichen Mitglieder (PM) der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) referierten die ­Doppelolympiasiegerin Jessica von ­Bredow-Werndl und ihr Bruder, der Championatskaderreiter ­Benjamin Werndl, zum Thema „Mehr Ausdruck und Leichtigkeit in der Dressur“. Das Seminar richtete sich an ­fortgeschrittene Dressurreiter, auch wenn die ­Basisarbeit der beiden bestimmt für alle Reiterinnen und Reiter sinnvoll wäre.

„Es passiert nicht so oft, dass wir zwei der deutschen Topsportler als Referenten für ein Seminar haben“, führte Lina Otto in den Abend ein. Bekannt seien Jessica von Bredow-Werndl und ihr Bruder Benjamin Werndl nicht nur aufgrund ihrer Erfolge, sondern auch, weil sie Aushängeschilder für harmonisches Reiten seien. „Das Thema Ausdruck und Leichtigkeit ist daher besonders spannend“, befand Otto, die als Pferdewirtschaftsmeisterin, Trainerin A sowie Ausbilderin im Reiten als Gesundheitssport und Ausbildungsexpertin der PM genau weiß, wovon sie spricht. Mit der Frage, was Ausdruck und Leichtigkeit bedeuteten, übergab sie das Wort an die beiden im bayerischen Aubenhausen beheimateten Referenten.

„Es gibt zwei verschiedene Arten von Ausdruck. Wir wollen uns heute vor allem mit dem beschäftigen, der aus der Lockerheit herauskommt“, erklärte Benjamin Werndl in seiner Einführung. Es gebe auch Ausdruck, der aus der Spannung entstehe, manchmal sogar aus der negativen Spannung. „Das ist nicht das, was wir wollen. Wir wollen Kadenz aus der Leichtigkeit.“ Dies zu erreichen, sei mit jedem Pferd wieder eine Herausforderung.

„Als Erstes müssen die Grundvoraussetzungen stimmen“, nahm Jessica von Bredow-Werndl den Faden auf. Leichtigkeit komme aus der Losgelassenheit, aus dem Gleichgewicht und daraus, dass die Pferde gelernt hätten, sich zu tragen. Für die Entwicklung der Tragkraft wiederum brauchten die Pferde Zeit, denn sie müssten dafür alle Muskeln nutzen.

Zu diesem Thema kam später noch eine Frage auf: „Trainiert ihr die Kraftentwicklung nur über das Reiten?“, wollte einer der etwa 400 Teilnehmer wissen. „Wir haben eine Galopprennbahn, ein Ausreitgelände und einen Aquatrainer, arbeiten aber überwiegend durch das klassische Reiten“, beantwortete Jessica von Bredow-Werndl die Frage. Das dauere Monate oder sogar Jahre, aber diese Zeit müsse dem Pferd gegeben werden. Mit dem Intervall- und Konditionstraining begännen die Geschwister erst, wenn die Pferde ausgewachsen seien.

Bewegung im Schritt ist nie zu viel

Wichtig war es den Referenten, darauf hinzuweisen, dass Entwicklung nur in der Regeneration stattfinde. Pausen seien also unumgänglich. Doch das heiße nicht, dass das Pferd in der Box stehen bleibe. „Wir gehen ganz viel im Schritt. Man kann ein Pferd nicht oft genug im Schritt bewegen“, betonte von Bredow-Werndl. Den Schritt nutzen die beiden Dressurtrainer auch, um ihre Pferde zu loben. Nach einer gelungenen Lektion gibt es immer eine Schrittpause. „So können sie sich für uns mehr anstrengen“, erklärte Jessica von Bredow-Werndl.

Das Programm für ein ausgewachsenes, etwa siebenjähriges Pferd sieht auf der Anlage in Aubenhausen etwa so aus: Montag Gymnastizierung, Dienstag vor allem Trabarbeit, Mittwoch Galopparbeit und noch mal aufs Laufband. Donnerstag frei, also im Schritt in den Wald, auf die Koppel und den Paddock. Freitag Durchlässigkeitsarbeit und Übergänge, am Sonnabend dann Üben der Aufgabe oder von Ausschnitten daraus und dann Erholung. Dazu geht es mehrmals pro Woche in den Aquatrainer oder die Führanlage. Jedem Training gehen 15 min Schritt voraus, im Winter am besten länger, im Idealfall sogar eine kleine Runde im Gelände. Die eigentliche Arbeit sei dann nur eine halbe Stunde. „Länger kann ein Pferd sich nicht konzentrieren“, erklärten die beiden.

Deshalb halten sie auch die Lösungsphase möglichst kurz. „Wir beginnen mit einem simplen Warmjoggen und achten darauf, wie das Pferd heute so drauf ist“, erklärte Jessica von Bredow-Werndl. Die Lösungsphase sei dann so lang wie nötig und so kurz wie möglich, denn am Anfang sei die Konzentrationsfähigkeit am größten. Bei den Olympischen Spielen in Tokio sei Jessica ihre Dalera nur 18 min abgeritten. „Wir wollen auf dem Abreiteplatz nichts mehr üben. Das haben wir zu Hause gemacht“, erklärte von Bredow-Werndl, die damals zwei Goldmedaillen gewann.

Mit sehr feinen Hilfen arbeiten

Ein Schlüssel zur Leichtigkeit sei auch die Durchlässigkeit, also wie gut ein Pferd vorwärts, seitwärts und rückwärts am Sitz und an den Hilfen gehe. „Dazu muss man sich einfühlsam auf das Pferd einstellen und kann dann mit sehr feinen Hilfen arbeiten“, so die 36-jährige Dressurreiterin, die seit ihrem vierten Lebensjahr reitet. „Pferde merken jede Fliege am Körper. Da bedarf es keiner großen Einwirkung.“

Für die feinen Hilfen brauche es viel Körperbeherrschung und vor allem eine stabile Körpermitte. Ohne die könne die Hand nicht weich sein und der Reiter könne nicht mitschwingen. „Die feinen Hilfen müssen zu einer Selbstverständlichkeit werden“, meinte auch Benjamin Werndl.

In einem Video verdeutlichten die Geschwister unter anderem, wie die Zügelführung sein sollte: „Die Zügel sind wie Fäden, die nicht reißen dürfen. Wir ziehen nicht daran und wir tragen damit nicht das Pferd. Wir geben immer wieder vor und machen damit deutlich, dass sich das Pferd selbst tragen muss. So kommen wir zur Losgelassenheit.“ Eindrücklich demonstrierte der Reiter im Video diese Grundhaltung, indem er die Zügel nur zwischen den Fingerspitzen von Daumen und Zeigefinger führte.

Nach einer halbjährigen Pause und der Geburt ihres zweiten Kindes gewann Jessica von Bredow-Werndl im Oktober 2022 in Lyon nicht nur den Grand Prix, sondern auch die Kür des Weltcups. Foto: Imago

„Kontrolle haben wir über unseren Sitz“, erklärte Jessica von Bredow-Werndl. Im Video erläuterte sie, dass sie das Pferd über den Po aufnehme und nicht über die Hand. Man müsse schwer sitzen. Sie beschrieb: „Ich spanne den oberen Bereich meiner Bauchmuskulatur und meinen Po an. Dazu kippe ich das Becken. Wir pressen oder drücken aber nicht. Wir saugen uns an.“

Das sei gerade bei Pferden wichtig, die versuchten, dem Reiter unter dem Po wegzulaufen. Das Pferd werde zwar vielleicht erst einmal schneller, darüber müsse man aber ganz liebevoll hinwegreiten. „Wenn ich bei einem hektischen Pferd auch noch alles wegstrecke, komme ich eher zu einer negativen Spannung“, sagte Werndl. Bei einem eher gemütlichen Pferd versuche er, durch Impulse vom Bein wegzukommen. Es gehe immer darum, über die Lockerheit zur Gehfreude und Losgelassenheit zu kommen.

Das Pferd von der Hand wegbekommen

Dazu gehöre auch das richtige Treiben. „Wenn ich mein Bein locker an das Pferd fallen lasse, treiben meine Beine in einem natürlichen Rhythmus. Sie schlackern dabei aber nicht herum, es ist eine unsichtbare Verbindung“, erklärte Benjamin Werndl. Wenn man versuche, bewusst in irgendeinem Moment zu treiben, sei man sowieso schon hintendran.

Eine seiner Lieblingsübungen, um das Pferd von der Hand wegzubekommen, sei es, aus einem traversartigen Arbeitsgalopp in den versammelten Galopp zu wechseln. „Am Anfang fällt das Pferd dann vielleicht mal aus, aber das ist nicht schlimm. Ich galoppiere dann einfach wieder an.“ Beide Geschwister vertreten die Herangehensweise zu loben, wenn etwas gut klappt, und es zu ignorieren, wenn etwas nicht funktioniert.

In einem weiteren Video ging es ebenfalls darum, das Pferd von der Hand wegzubekommen. Werndl erläuterte: „Wenn ein Pferd vorn drückt, liegt der Grund zu 99 Prozent hinter dem Sattel, also dass es nicht genug trägt. Ich kann das Problem nicht vorn lösen, sondern muss das Hinterbein aktivieren. Wenn ein Pferd sich wirklich trägt, ist es leicht vorn. Der Prozess kann Jahre dauern, ist aber unserer Erfahrung nach der einzige echte Weg. So komme ich zum Loslassen.“

Dazu arbeiten die Geschwister ihre Pferde zu 70 % im Galopp, weil es so leichter sei, die Pferde unter den Schwerpunkt zu arbeiten. „Da kann ich sie wirklich über den Rücken reiten. Wenn ich das im Galopp kann, ist es leichter, das Pferd im Trab zum Schwingen zu bringen“, so Werndl.

Im Video demonstrierten die Referenten eine weitere Übung, die sie gern anwenden: die Übergänge. Dabei geht es nicht nur um Übergänge zwischen den Gangarten, sondern auch innerhalb einer Gangart, und hierbei auch um eine Änderung der Frequenz des Abfußens. Dafür müsse man schneller sitzen und schneller treiben. Die Erhöhung der Frequenz sei eine versammelnde Übung. Natürlich könne man auch in der Gangart zulegen und zurücknehmen. Am Ende liege die Wahrheit dann in der Mitte. Im Video war zu sehen, wie die Stute, die anfangs eher etwas matt wirkte, durch die Arbeit mit den Übergängen an Ausdrucksstärke gewann und schließlich mit Kadenz und Ausdruck ­trabte.

Mit Reiterfitness das Potenzial entfalten

Es gehe dabei vor allem um das Gleichgewicht. „Wenn ich das Pferd ins Gleichgewicht bringe, wird es schöner und richtet sich auf“, erläuterte Werndl. „Das bedeutet, dass ich mein Pferd nicht treiben und nicht halten muss. Ich strecke aber nicht alles weg, sondern bin immer atmend mit meinem Pferd verbunden. Dabei kann ich so fein sein, dass mein Pferd allein mit sich zurechtkommt.“ Das sei die Grundvoraussetzung für den wahren Ausdruck.

Benjamin Werndl kam mit seinem 18-jährigen Daily Mirror im vergangenen November in der Weltcupkür in Stuttgart auf den dritten Platz. Foto: Imago

Ein gutes Indiz sei, dass das Pferd bequem zu sitzen sei. „Wir wollen nicht auf dem Pferd, sondern im Pferd sitzen“, erklärte Jessica von Bredow-Werndl und sprach damit wieder das „Hineinsaugen“ an. Dafür brauche aber auch der Reiter die entsprechende Fitness. „Wenn wir Reiter nicht auch an der eigenen Beweglichkeit und Stabilität arbeiten, bleibt immer ein Faktor, der uns davon abhält, das volle Potenzial unserer Pferde zu entwickeln“, so die Geschwister.

Die eigene Fitness helfe auch beim Aussitzen von schwungvollen Pferden. Ansonsten könne man den Trab erst einmal kleiner halten, damit man das Pferd sitzen könne, erklärte Benjamin Werndl auf eine Teilnehmerfrage hin. Denn: „Kann das Pferd im Kleinen schwingen, kann es das auch im Großen.“

Viele weitere Fragen kamen von den Teilnehmern. Einige konnten beantwortet werden, andere blieben aufgrund der begrenzten Zeit offen. „Wir wollen euch mitnehmen auf eurer Reise“, sagte Jessica von Bredow-Werndl und fügte hinzu: „Wir haben die gleichen Herausforderungen wie ihr. Auch wir kochen nur mit Wasser. Aber wir beschäftigen uns sehr viel mit der Psyche des Pferdes und stehen für eine positive Partnerschaft.“ Die Entwicklung gehe für sie nie zu Ende. „Wir fühlen uns mitten im Prozess. Egal, mit welchem Pferd und bei welchem Ausbildungsstand“, erklärte die Reiterin.

Stromerzeugung aus Photovoltaik und Wind deutlich gestiegen

Die deutschen Photovoltaikanlagen haben 2022 insgesamt rund 58 TWh Strom erzeugt und etwa 53 TWh ins öffentliche Netz eingespeist. Durch den Zubau weiterer Anlagen und günstige Wetterbedingungen hat sich die Solarstromerzeugung gegenüber 2021 um 19 % erhöht.

Dies hat eine Auswertung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) zur Stromerzeugung in Deutschland im Jahr 2022 ergeben. Die Biomasse lag mit 42,2 TWh leicht über dem Wert des Vorjahres. Die installierte Leistung dazu hat sich indes kaum verändert. Bedeutendste Energiequelle unter den Erneuerbaren ist die Windenergie. Windkraftwerke produzierten im vorigen Jahr insgesamt rund 123 TWh und lagen etwa 10,4 % über der Produktion von 2021. Demnach wurde in Deutschland im vergangenen Jahr am meisten Strom aus Windenergie erzeugt, gefolgt von Braunkohle, Solaranlagen, Steinkohle, Erdgas, Biomasse, Kernkraft und Wasserkraft.

Das Jahr 2022 war dem ISE zufolge von hohen Preisen und einem starken Wachstum bei den Erneuerbaren Energien geprägt. Zusammengenommen produzierten die Erneuerbaren Energiequellen rund 244 TWh und damit etwa 7,4 % mehr als 2021. Ihr Anteil an der öffentlichen Nettostromerzeugung stieg im Vorjahresvergleich um 4 % auf 49,6 %. Allerdings erreichte laut ISE nur die Photovoltaik die von der Bundesregierung vorgegebenen Ausbauziele.

Die Nutzung von Erdgas zur Stromerzeugung sank von 52 TWh auf 47 TWh. Auch die Stromgewinnung aus der Kernkraft nahm ab, und zwar um 50 %. Die Last im Stromnetz verringerte sich um 20 TWh auf 484 TWh und belegt laut ISE das Stromsparen im Land. Als Gründe für die hohen Preise und die Veränderungen im Bereich Kohle und Gas führte das Institut den Angriff Russlands auf die Ukraine sowie den Ausfall der Hälfte des französischen Atomkraftwerkparks an.

Der Stromaußenhandel verzeichnete laut ISE einen Exportüberschuss von etwa 26 TWh; 9 TWh mehr als 2021. Der Großteil des exportierten Stroms floss nach Österreich und Frankreich. Deutschland bezog Strom vor allem aus Dänemark, Norwegen und Schweden.

Bei seiner Jahresauswertung betrachtet das ISE die Nettostromerzeugung. Damit ist der Strom gemeint, der ins Netz eingespeist wird; es handelt sich um die Differenz zwischen Bruttostromerzeugung und dem Eigenverbrauch der Kraftwerke. Das Institut berücksichtigt in der Analyse alle Stromerzeugungsdaten der European Energy Exchange in Leipzig und des europäischen Verbandes der Übertragungsnetzbetreiber Entso-E.

Schlösser am Westensee

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Inmitten des Naturparks Westensee liegt etwa auf halber Strecke zwischen Rendsburg und Kiel das Gut Emkendorf mit seinem eindrucksvollen Herrenhaus. ­Zusammen mit den unweit gelegenen Gütern von Deutsch-Nienhof und Schierensee spricht man auch von den drei Schlössern am Westensee, wenngleich die drei Herrenhäuser niemals Residenzen oder Nebenresidenzen eines ­Landesherren gewesen sind.

Den Park des Emkendorfer Anwesens kann man frei erkunden, und das Herrenhaus ist zu Führungen, Veranstaltungen und Festen zu besichtigen. Die Anlagen von Schierensee und Deutsch-Nienhof sind privat genutzt, aber Letzteres erweitert aktuell sein touristisches Angebot.

Historische Anfahrtsallee

Eindrucksvoll ist bereits die Anfahrt nach Emkendorf: Die alte Allee mit eindrucksvollen Baumgestalten führt seit etwa 250 Jahren in Richtung der Gutsanlage. Über eine Länge von 4 km erstrecken sich die alten Holländischen Linden, Rosskastanien und Bergahorne an der Kreisstraße. Es handelt sich um eine gemischte Allee verschiedener Baumarten, die seit 1936 als Naturdenkmal unter Schutz steht. Eine besondere Ehrung erfuhr sie 2022, als ihr in einem vom Schleswig-Holsteinischen Heimatbund (SHHB) und dem Bund deutscher Baumschulen (BdB) veranstalteten landesweiten Alleenwettbewerb der erste Preis zuerkannt wurde. Da einige der älteren Bäume im Laufe der Jahre aus Verkehrssicherheitsgründen gefällt werden mussten, konnten mittlerweile Nachpflanzungen durchgeführt werden. Dabei kamen neben den bewährten Arten Holländische Linde, Eiche und Bergahorn auch Hainbuche, Resista-Ulme (resistent gegen die Ulmenkrankheit), Rotblättriger Spitzahorn und Robinie zum Einsatz. Bei den jüngsten Nachpflanzungen wurde auf Rosskastanien und Eschen wegen der Krankheitsanfälligkeit verzichtet. Insgesamt prägen derzeit neben den über 340 Altbäumen fast 200 nachgepflanzte Bäume die Anfahrt zum Gut Emkendorf.

Eine hübsche, 4 km lange Allee aus Linden, Rosskastanien, Ahornen und anderen Bäumen führt zum Gut Emkendorf. Foto: Hans-Dieter Reinke

Herrenhaus und Blütezeit

Die erste Erwähnung Emkendorfs datiert aus dem Jahre 1190, als es zu einem System von Burganlagen des Rittergeschlechts derer vom Westensee gehörte. Als Adelssitz späterer Jahrhunderte, zunächst als Wasserburg und später als Gutsanlage mit Herrenhaus, wechselten die Eigentümer mehrfach, etwa Baudissin, Ahlefeld, Rantzau und Reventlow. Das ab 1730 zunächst im spätbarocken Stil erbaute Herrenhaus wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts klassizistisch überformt. Seither ist der zweigeschossige, verputzte Backsteinbau äußerlich nicht mehr wesentlich verändert worden.

Nachdem Detlev von Reventlow 1765 das Emkendorfer Gut erwarb und es 1783 an seinen Sohn Friedrich Graf Reventlow, genannt Fritz, vererbte, erlebte das Herrenhaus seine größte Blütezeit. Fritz war verheiratet mit Julia, geborene von Schimmelmann, und zusammen machten sie das Herrenhaus zu einem wichtigen geistigen und kulturellen Zentrum. Viele Persönlichkeiten der Zeit waren zu Gast im „Weimar des Nordens“, wie Emkendorf bisweilen bezeichnet wurde. Dem sogenannten Emkendorfer Kreis gehörten Persönlichkeiten wie die Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock, Heinrich Voß und Matthias Claudius, der Theologe Johann Caspar Lavater, der Reichsgraf Friedrich Leopold zu Stollberg, der Philosoph Friedrich Jacobi und weitere an. Mit dem Tode Julias endete 1816 die etwa 30-jährige Blütezeit.

Seit 1929 befindet sich Emkendorf im Besitz der Familie Heinrich. Der Verleger der „Kieler Nachrichten“, Christian Tobias Heinrich, und seine Tochter Christiane Carlson entscheiden aktuell über die Geschicke des Herrenhauses und der angeschlossenen, 1.110 ha umfassenden Land- und Forstwirtschaft. Das ganzjährige Veranstaltungsprogramm kann sich sehen lassen, und der jährliche Oster-, Herbst- und Adventsmarkt ist weit über die Region hinaus bekannt. Ebenso beliebt sind die Konzerte und Garten-Events, die im Rahmen des Schleswig-Holstein-Musik-­Festivals (SHMF) dort stattfinden. Auch herrschaftliche Übernachtungen in der Julia-Suite, im Rittmeister- oder Claudiuszimmer mit ihrem originalgetreu erhaltenen Ambiente können gebucht werden.

Die Gartenanlage in Emkendorf

Reste alter Gartenstrukturen im Rokokostil mit geometrischen Beeten, einem Wasserbecken mit Springbrunnen, geschnittenen Buchsbaumpflanzen und Rhododendren befinden sich auf der Südseite des Herrenhauses. Dieser Bereich ist allerdings nicht öffentlich zugänglich. Ab 1789 wurde der bis dahin formale Garten unter den Reventlows in vielen Bereichen in einen romantischen Landschaftsgarten umgewandelt. Die Gestaltung wurde von dem Bau- und Landschaftsarchitekten Carl Gottlob Horn vorgenommen, der auch die Umbauarbeiten am Herrenhaus und Neubauten in Emkendorf zu verantworten hatte. Er war ein Vertreter des klassizistischen Baustiles. Neben offenen Flächen und Waldarealen gab es geometrisch angeordnete Beete, ebenso Teiche, einen Bachlauf und skulpturengesäumte Beete sowie Aussichtspunkte, die in die hügelige Wiesen- und Waldlandschaft eingebettet waren. Einen Teil dieser parkartigen Anlagen kann man auf der westlichen Seite im rückwärtigen Herrenhausbereich besichtigen.

Der Hasensee lässt sich wandernd umrunden. Foto: Hans-Dieter Reinke

Hier liegt auch der idyllische Hasensee, den man in einer kleinen Wanderung von 2 km umrunden kann. Die etwas schnellere Rückkehr über die lange Brücke ist derzeit wegen deren Baufälligkeit nicht möglich. Bei der Umrundung kommt man vorbei an der kleinen, verwilderten Insel, auf der in früheren Zeiten wohl ein Garten mit Obst, Gemüse und Zierblumen angelegt war. Entlang der Mauer des ehemaligen Gärtnerei­areals geht es an einigen zum Gut gehörigen Gebäuden vorbei wie dem Matthias-Claudius-Haus, einem von Horn errichteten Gartenhaus, in dem Claudius zeitweilig wohnte. Bei der Alten Meierei, die heute auch für Wohnzwecke genutzt wird, biegt man wieder in Richtung Parkplatz mit dem Ensemble aus Wirtschaftgebäuden, Pferdeställen, dem Kuhhaus und der großen Kornscheune ein.

Das ehemalige Gartenhaus auf dem Gutsgelände wird auch als Matthias-Claudius-Haus bezeichnet, weil der Dichter hier einige Zeit wohnte. Foto: Hans-Dieter Reinke

Zwei weitere Schlösser am Westensee

Zu den eingangs erwähnten drei Schlössern gehört das wenige Kilometer von Emkendorf entfernte Gut Deutsch-Nienhof, das 1472 erstmalig als adeliges Landgut erwähnt wird. Das heutige Herrenhaus wurde Ende des 18. Jahrhunderts erbaut. Zu ihm gehört ein 12 ha großer Landschaftspark. Wichtige Betriebszweige des Gutes sind neben der Forstwirtschaft die Imkerei, Regenerative Energiegewinnung und der Schutz und die Haltung alter und gefährdeter Haustierrassen wie des Weißen Parkrinds oder des Shrop­shire-Schafs. Zudem betreibt die Besitzerfamilie Hedemann-Hes­pen auf dem Areal den nördlichsten Bioweinanbau Deutschlands. Die hofeigenen Produkte, darunter das Fleisch der extensiv gehaltenen Tiere und der Wein Kroon 54° 15‘, können im Onlineshop oder im Hofladen erworben werden. Außerdem bietet das Gut moderne Übernachtungsmöglichkeiten, und in dem neu eingerichteten Café „Galerie Gut Deutsch-Nienhof“ gibt es in gemütlichem Ambiente an Wochenenden Kaffee und selbst gebackenen Kuchen.

Die noch ein paar Kilometer weiter von Emkendorf entfernte dritte Gutsanlage ist die von Schierensee, deren Herrenhaus 1776 bis 1782 mit barocken und klassizistischen Elementen erbaut wurde. Das Gelände ist öffentlich nicht zugänglich. Das Gut befindet sich heute im Besitz der Günther-Fielmann-Stiftung. Neben der Forstwirtschaft und der biologischen Landwirtschaft werden Holsteiner Warmblutpferde, Limousin-Rinder und Kärntner Brillenschafe gezüchtet. Besonders beliebt ist der jährlich stattfindende Adventsgottesdienst im Rinderstall.

Der Ort Westensee mit Badestelle am gleichnamigen See, Einkehrmöglichkeit im dortigen Gasthaus und in der St. Catharinenkirche aus dem 13. Jahrhundert ist von Emkendorf aus ein ebenso interessantes Ausflugsziel wie eine Wanderung durch das nahe gelegene Naturschutzgebiet „Methorstteich und Rümlandteich“, deren Startpunkt sich etwa 4 km von Emkendorf in Richtung Haßmoor be­findet. 

Im nahe gelegenen Naturschutzgebiet „Methorstteich und Rümlandteich“ kann man gut wandern und die Natur beobachten. Foto: Hans-Dieter Reinke