Am 8. Dezember folgten rund 20 Landwirte, Tierärzte und Berater der Einladung zum Seminar nach Rendsburg. Ziel der Veranstaltung war es, den Teilnehmern zu vermitteln, wie die Nutzung der Befunde für die integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung zur Verbesserung der Herdengesundheit erfolgen kann, ein besseres Verständnis für Schlachtbefunde zu entwickeln, sowie die Auswertungsmöglichkeiten für Schlachtbefunde kennenzulernen.
Dr. Anne Hiller, Fachtierärztin für Fleischhygiene bei der Vion GmbH, eröffnete gemeinsam mit Maik Neßmann DVM, Tierarzt aus der Praxis am Sandkamp, Bad Oldesloe, den Tag. Dritter Vortragender war Aristotelis Zisis, Tierarzt im Projektmanagement Qualifood beim Fleischprüfring Bayern.
Welche Indikatoren zeigen unsere Milchkühe und Rinder im Bestand, und was kommt auf dem Schlachthof an? Neßmann erläuterte ausgewählte Abgangsursachen der Milchkühe und Rinder in unseren Beständen und zeigte anhand vieler Bilder, wie sich die Erkrankungen äußern können. Wie sich diese anschließend bei der Befundung auf dem Schlachthof zeigen, erläuterte Dr. Anne Hiller ergänzend.
Erkrankungen der Klauen und Gliedmaßen
Erkrankungen der Klauen sowie der Knochen und Gelenke haben auf die Schlachtfähigkeit einer Milchkuh in der Regel zwar keinen direkten Einfluss, es muss aber, unter Hinzuziehung eines Tierarztes, entschieden werden, ob die Transportfähigkeit gegeben ist.
Die Befundung der potenziell lahmen Tiere erfolgt am Schlachthof hauptsächlich am lebenden Tier, denn die Gliedmaßen werden im Zerlegungsprozess recht früh vom restlichen Schlachtkörper getrennt.
Ursachen für Klauenerkrankungen im Bestand sind multifaktoriell, lassen sich aber durch Lahmheitsindikatoren und Sensortechnik frühzeitig erkennen und durch gutes Management (Bodenbeschaffenheit, Liegeboxengestaltung, Sauberkeit und Klauenpflege) verringern, bevor schwerwiegende Erkrankungen entstehen, die in eine nicht stattgegebene Transportfähigkeit münden.
Abszesse, Schwanznekrosen oder Hämatome
Durch eine falsche und/oder nicht angepasste Haltungsumwelt und falsche Handhabung bei Medikationen kann eine Vielzahl von Verletzungen entstehen, die nicht selten zu Erkrankungen führen, die später bei der Schlachttieruntersuchung als Befund aufgenommen werden. So führen beispielsweise falsch gesetzte Einstichstellen oder verschmutzte Injektionsnadeln zu einer Schädigung des umliegenden Gewebes. Auch Geschwüre an beispielsweise Nacken oder Keule verursachen oft umfangreiche Entzündungen in den tiefer liegenden Gewebeschichten, bis hin zu einer Allgemeinerkrankung, wenn die Keime beziehungsweise deren Abbauprodukte über die Blutbahn verteilt werden.
Auch Rangordnungskämpfe (vor allem bei behornten Tieren oder in überbelegten Ställen) können umfangreiche Blutungen (blutig-sulzige Stellen) im Unterhautfettgewebe und der Muskulatur und Knochenbrüche verursachen.
Krankheiten des Stoffwechselkreislaufes
Chronisch auftretende Stoffwechselerkrankungen oder eine Leberinsuffizienz haben vielseitige Symptome. Bei einem Leberegelbefall zeigt das betroffene Tier reduzierte Fresslust und Abmagerung und leidet unter chronischem Durchfall. Nicht zuletzt kann ein Milchrückgang beobachtet werden.
Am Schlachtkörper zeigt sich der Leberegelbefall durch weißlich-gelbliches Narbengewebe, ausgelöst durch Wanderung des jungen Egels, und durch die Verdickung der Gallengänge. Eine wirksame Leberegelbehandlung beim Rind sollte immer auch weide- und futterhygienische Maßnahmen beinhalten.
Das Fettlebersyndrom tritt häufig bei sichtbar verfetteten Kühen auf und äußert sich in einer reduzierten Futteraufnahme und den damit einhergehenden raschen Verlust an Körpersubstanz.
Am Schlachtkörper der erkrankten Tiere lässt sich eine hellbraune Farbe der Leber, die Schwellung des gesamten Lebergewebes sowie eine brüchige Konsistenz des Lebergewebes feststellen.
Bei vermehrt auftretenden Fällen von Fettleber bei der Schlachtdatenauswertung sollten das Futtermanagement und die Körperkondition in allen Leistungsgruppen im Bestand überprüft und optimiert werden.
Erkrankungen der Atemwege
Die Feststellung von Atemwegserkrankungen erfolgt auf dem Schlachthof anhand einer veränderten Oberfläche und Farbe des Lungengewebes. Ursachen für eine Lungenerkrankung und Schädigung des Lungengewebes sind häufig zu spät oder nicht behandelte Atemwegserkrankungen mit bakteriellen, parasitärem oder virologischen Ursprung im Jungtieralter. Bei den Tieren im Bestand äußern sie sich später oft durch eine verminderte Mast- oder Milchleistung.
Chronisch zehrende Erkrankungen
Werden länger andauernde Entzündungen (etwa an Klauen oder Gebärmutter) nicht behandelt, sind Veränderungen der Nieren, des Herzens, der Leber oder der Milz zu sehen. Erreger siedeln sich an die Herzklappen an und führen dort zu einer Entzündung. Die Streuung von Bakterien erfolgt über die die Blutbahn durch den Körper. Am Schlachtkörper werden blumenkohlartige Wucherungen im Bereich der Herzklappen festgestellt, und bei einer bakteriologischen Untersuchung dieser Tiere wird die gänzliche Genussuntauglichkeit des Tieres festgestellt.
Die Anzeichen am lebenden Tier sind divers. So kann beispielsweise ein Abfall der Milchleistung, Steifheit, Lahmheit, schnelle Ermüdung, ein veränderter Herzschlag und wiederkehrende erhöhte Körpertemperatur festgestellt werden.
Nutzung der erhobenen Daten
Ein umfassendes Tiergesundheitsmonitoring basiert auf vielfältigen Informationen aus dem Erzeugungsprozess, die aus verschiedenen Blickwinkeln einen Einblick in den Ist-Zustand des Erzeugerbetriebs ermöglichen. Im Rahmen verschiedener Projekte wurde in Bayern die Informationsplattform Qualifood (www.qualifood.de) zur Verbesserung der Tiergesundheit und des Tierwohls auf Basis der Befunde aus der amtlichen Fleisch- und Schlachttieruntersuchung entwickelt. Mittels Qualifood wurde eine internetbasierte Rückmeldesystematik von Schlachtbefund- und Klassifizierungsdaten an den Erzeugerbetrieb ermöglicht.
In Bayern hat sich Qualifood mittlerweile als eine zentrale Schnittstelle zwischen Landwirten, betreuenden Tierärzten, Schlachtbetrieben, der Qualitätssicherung und Beratungsorganisationen etabliert. Durch die Funktion des bereits integrierten Beratermoduls können nur die Betriebsleiter – unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen – betriebsbezogene Daten für die jeweils bestandsbetreuenden Tierärzte freigeben.
Ein zentrales Tool in Qualifood ist die schnelle Rückmeldung an den Erzeugerbetrieb am Tag der Schlachtung in Form des „Schlachtprotokolls“. Dieses umfasst alle relevanten Informationen aus der aktuellen Schlachtung beziehungsweise Lieferung. Angezeigt werden zum Beispiel die Anzahl der geschlachteten Tiere, das Gewicht pro geschlachtetem Tier und das Durchschnittsgewicht der Schlachtpartie, die Handelsklasse, die Fettstufe, die Qualitätsprogramme und alle Veterinärbefunde. Schlachtprotokolle werden nach Schlachtjahr, Schlachttag und Schlachthof geordnet archiviert und können im PDF-Format heruntergeladen, gedruckt oder weitergeleitet werden. Das Schlachtprotokoll verschafft somit einen ersten Überblick über die Tiergesundheit der geschlachteten Nutztiere. Gleichzeitig sind anhand der gemeldeten Werte (Schlachtgewicht, Handelsklasse, Fettstufe) und Qualitätsprogramme weitergehende Auswertungen für die Landwirte möglich. Durch diese Funktion verschafft Qualifood eine Verbindung zwischen Wirtschaftlichkeit und Tiergesundheit.
Fazit
Qualifood begünstigt eine zeitnahe und bedarfsorientierte Unterstützung für jeden Erzeugerbetrieb. Die unkomplizierte und schnelle Informationsbeschaffung von Veterinärbefunden hilft, Stärken und Schwächen im Betrieb besser einzuschätzen. Teilbereiche der Tiergesundheit, in denen Optimierungsbedarf vorhanden ist, sind per Mausklick einsehbar.
In Zusammenarbeit mit den Betriebsleitern können Hoftierärzte Qualifood als eine Grundlage für eine zukunftsorientierte Beratung in der tierärztlichen Bestandsbetreuung nutzen. Kombiniert mit feldspezifischem Fachwissen und weiteren diagnostischen Verfahren on-farm kann mittels Qualifood ein kooperativer Beratungsprozess zwischen bestandsbetreuenden Tierärzten und Betriebsleitern gestaltet werden, der auf qualitativen und transparenten Kennzahlen basiert und gezieltes Handeln fördert. Parallel können mit einem regelmäßigen Befunddatenmonitoring die Effektivität und Effizienz bereits durchgeführter gesundheitlicher und therapeutischer Maßnahmen kontrolliert werden.