StartNachrichtenPflanzeWenn die Düngesaison beginnt

Wenn die Düngesaison beginnt

Auflagen der Düngeverordnung im Blick behalten
Von Anja Reimers , Dr. Lars Biernat, Landwirtschaftskammer SH
Bei Ausbringung von organischen Düngemitteln nach Ende der Sperrfrist gilt es, einige Auflagen zu beachten. Foto: Henning Schuch

Zur Düngesaison 2023 stehen viele Landwirte bereits in den Startlöchern. Vorab steht nach Düngeverordnung (DüV) die schriftliche Düngebedarfsermittlung (DBE) im Vordergrund. Denn bereits vor der ersten Gabe muss der Bedarf an stickstoff- (N) und phosphathaltigen (P) Düngemitteln berechnet und dokumentiert werden. Ein fehlender Nachweis bei einer amtlichen Kontrolle gilt als Verstoß im Düngerecht und hat eine Kürzung der Direktzahlungen zur Folge.

Der schriftlich ermittelte Düngebedarf ist weiterhin als rechtsverbindliche Obergrenze nach DüV zu sehen und darf mit den folgenden Düngemaßnahmen nicht überschritten werden. Als Basis für den Düngebedarf einer Kulturart gilt der betriebsinterne Durchschnittsertrag der vergangenen fünf Jahren. Für bislang nicht im Betrieb angebaute Kulturarten können die langjährigen Durchschnittserträge des Statistikamt Nord oder der Landessortenversuche der Landwirtschaftskammer herangezogen werden. Bei Letzteren ist der Ertrag um 15 % aufgrund des Parzelleneffektes zu reduzieren. Anhand dieser Ertragsdaten werden im Vergleich zu den nach DüV angenommenen Ertragsniveaus Zu- oder Abschläge berechnet (siehe Übersicht 1). Die möglichen Zuschläge sind dabei bei maximal 40 kg N/ha gedeckelt.

Abschläge in Düngebedarfsermittlung

Ausgehend von dem ertragsabhängigen Bedarfswert sind folgende Abschläge nach DüV zu berücksichtigen. Für den zu Vegetationsbeginn im Boden verfügbaren Stickstoff (Nmin) gilt: Für alle Kulturen im Ackerbau – außer mehrschnittigen Futterbau – muss ein repräsentativer Nmin-Wert in der Regel aus einer Bodentiefe von 0 bis 90 cm (aus 3 Schichten: 0 bis 30 cm, 30 bis 60 cm, 60 bis 90 cm) vorliegen. Der Nachweis kann über betriebseigene Untersuchungsergebnisse autorisierter Labore oder Messwerte von vergleichbaren Standorten aus dem Nitratmessdienst der Landwirtschaftskammer erfolgen.

Die Werte des Nitratmessdienstes liegen meist in der zweiten Februarwoche vor. Bis zu diesem Zeitpunkt können für eine rechtskonforme N-Bedarfsermittlung die langjährigen Nmin-Werte für den jeweiligen Naturraum herangezogen werden. Nach Veröffentlichung des Nitratmessdienstes oder nach Vorlage eigener Analyseergebnisse müssen die vorläufig angenommenen Werte jedoch durch die tatsächlichen Nmin-Werte korrigiert werden, sofern eine Abweichung von mehr als +/- 10 kg Nmin vorliegt. Für das Frühjahr 2023 können folgende langjährige Nmin-Durchschnittswerte (0 bis 90 cm Tiefe) herangezogen werden:

Marsch 53 kg N/ha

Geest 20 kg N/ha

Östliches Hügelland40 kg N/ha

Neben den Nmin-Werten sind zudem folgende, standortabhängige Abschläge zu berücksichtigen:

Nachlieferung aus der organischen oder organisch-mineralischen Düngung zu den Vorkulturen (Anrechnung 10 % der ausgebrachten organischen N-Gesamtmenge)

N-Nachlieferung durch Vorfrucht beziehungsweise Zwischenfrucht

Humusgehalt des Bodens (bei einem Humusgehalt von mehr als 4 % erfolgt ein Abschlag von 20 kg N/ha)

Anrechnung der erfolgten N-Herbstdüngung (verfügbarer N-Anteil) zu Winterraps und Wintergerste auf den N-Frühjahrsbedarf

N-Abschlag von 20 % in der N-Kulisse

Innerhalb der N-Kulisse gelten stringentere Vorgaben bei der Aufbringung von Düngemitteln mit wesentlichen Gehalten an Stickstoff (Einzelheiten siehe Kasten auf der nächsten Seite). Hier müssen nach der Düngebedarfsermittlung von der gesamtbetrieblich ermittelten N-Menge 20 % abgezogen werden. Möglich ist es jedoch, N-Mengen innerhalb der Kulturen zu verschieben und damit einer bedürftigeren Kulturart mehr Stickstoff zukommen zu lassen. Der verringerte gesamtbetriebliche Düngebedarf und auch die für die Einzelfläche berechnete N-Obergrenze darf dabei allerdings nicht überschritten werden. Die zugrunde gelegten Durchschnittserträge werden innerhalb der N-Kulisse nicht im Schnitt der vergangenen fünf Jahre berechnet, sondern stattdessen werden fixe Ertragsdaten aus den Jahren 2015 bis 2019 als Basis genutzt.

P-Bedarf nicht vergessen

Neben der Bedarfsermittlung für Stickstoff sind auch eine Berechnung und Dokumentation des Phosphatbedarfs vor Ausbringen von wesentlichen P-Mengen zu ermitteln und zu schriftlich zu dokumentieren (siehe Übersicht 2). Für Phosphat muss eine maximal sechs Jahre alte betriebseigene Bodenprobe vorliegen. Unter Berücksichtigung der P-Bodenversorgung und des zu erwartenden P-Bedarfs (ermittelt über die langjährigen Durchschnittserträge) wird mit der Düngung die Bodengehaltsklasse C angestrebt. Die empfohlenen P-Düngemengen sinken mit zunehmender Bodenversorgung. Ab einer Bodenversorgung von mehr als 25 mg P2O5/100 g Boden (zu ermitteln nach der DL-Methode) ist nach DüV eine P-Düngung auf die Höhe der Abfuhr über Ernteprodukte zu begrenzen. Die P-Düngung kann im Rahmen der Fruchtfolge für drei Folgejahre auf einmal verabreicht werden.

Dokumentation über Endo-SH ist Pflicht

Die DüV gibt neben der Berechnung des gesamtbetrieblichen Düngereinsatzes von N und P auch dessen Dokumentation vor. Diese muss bis zum 31. März des auf das Düngejahr folgenden Kalenderjahres im Betrieb vorliegen. Ergänzend sind auch der gesamtbetriebliche Düngereinsatz für N und P (resultierend aus der schlagspezifischen Düngedokumentation) sowie die Weidehaltung und die Berechnung der betriebsindividuellen 170-kg-N-Obergrenze für organische Düngemittel zu dokumentieren und für jeweils sieben Jahre aufzubewahren. Diese Dokumentation wird in Schleswig-Holstein im Frühjahr 2023 für meldepflichtige Betriebe über die Plattform Endo-SH elektronisch verpflichtend eingeführt. Bis spätestens zum 31. März 2023 sind die dargelegten düngerechtlichen Daten des Kalenderjahres 2022 der zuständigen Behörde (LLUR) elektronisch zu melden. Weitere Informationen sind zu finden unter: https://t1p.de/4pnyw

Tool zur Düngeplanung/Dokumentation

Für eine zügige und fehlerfreie Düngebedarfsermittlung bietet die Landwirtschaftskammer ein EDV-Programm zum Download auf der Homepage unter https://t1p.de/vws84 an. Neben der Düngebedarfsermittlung können mit diesem Werkzeug die ebenfalls rechtlich notwendige Dokumentation der Düngung sowie die Weidedokumentation erfolgen. Darüber hinaus ist eine präzise Bewertung und Verteilung von Wirtschafts- und Mineraldüngern sowie die Berechnung der Grunddüngung und der Kalkung für eine hohe Nährstoffeffizienz möglich. Des Weiteren kann auch die Pflanzenschutzdokumentation über das ­Programm erfolgen.

Fazit

Im Rahmen der ertragsabhängigen Düngebedarfsermittlung ergibt sich nach Berücksichtigung der Zu- und Abschläge der zulässige N-Düngebedarf. Neben der schlagspezifischen Dokumentation der tatsächlichen Düngung N- und P-haltiger Düngemittel (spätestens zwei Tage nach der Aufbringung) muss auch die DBE, der gesamtbetriebliche Düngereinsatz (N und P), die Weidehaltung und die Berechnung der 170-kg-N-Obergrenze dokumentiert werden. Neu ist die für das Frühjahr 2023 geplante elektronische Meldung über das Portal Endo-SH.

Was gilt in den Roten Gebieten?

Novellierung der Landesdüngeverordnung 2022

Im November 2022 ist die neue Landesdüngeverordnung (LDüV)in Kraft getreten, welche hauptsächlich in der Neuausweisung der Roten Gebiete angepasst wurde. Die ausgewiesenen Flächen sind dadurch von vorher 5,4 % auf nun etwa 9,5 % landwirtschaftlich genutzter Fläche gestiegen. Damit fallen nunmehr über 3.000 Betriebe in Schleswig-Holstein unter die strengeren Auflagen der DüV. In den ausgewiesenen Roten Gebieten gelten bundeseinheitlich die folgenden sieben Maßnahmen – ergänzt um drei länderspezifische Maßnahmen:

Bundeseinheitlich

Verringerung des nach DBE ermittelten Düngebedarfs um 20 %

schlagbezogene N-Obergrenze von 170 kg N/ha für organische und organisch-mineralische Düngemittel

Ausnahmenregelung für extensiv wirtschaftende Betriebe mit (maximal 160 kg N/ha; davon max. 80 kg N/ha mineralisch gedüngt)

N-Herbstdüngeverbot zu Winterraps, Wintergerste und Zwischenfrüchten ohne Futternutzung. Ausnahme: Nachweis von Nmin geringer als 45 kg N/ ha zu Winterraps sowie Festmist von Klauentieren (geringer als 120 kg Gesamt-N/ha) zu Zwischenfrüchten ohne Futternutzung

Die N-Düngung zu Sommerkulturen ist nur gestattet, wenn im Herbst des Vorjahres eine Zwischenfrucht angebaut wurde, die erst nach dem 15. Januar umgebrochen wurde. Ausnahme: Die Vorfrucht wurde nach dem 1. Oktober geerntet, oder der langjährige Niederschlag liegt im Mittel unter 550 mm.

Ausdehnung der Sperrfrist für Festmist von Huf- oder Klauentieren sowie Kompost. Sie gilt vom 1. November bis 31. Januar.

Ausdehnung der Sperrfrist für Düngemittel mit wesentlichem N-Gehalt für Grünland und Flächen mit mehrschnittigem Feldfutterbau (bei Aussaat bis 15. Mai) – sie gilt vom 1. Oktober bis 31. Januar.

Begrenzung der Ausbringmenge für Düngemittel mit wesentlichem N-Gehalt auf Grünland und auf Ackerland mit mehrjährigem Feldfutterbau (bei Aussaat bis 15. Mai) auf 60 kg Gesamt-N/ ha vom 1. September bis zum Einsetzen der Sperrfrist

Länderspezifisch

jährliche Untersuchung der Wirtschaftsdünger auf N und P (Ausnahme Festmist von Huf- und Klauentieren)

Einarbeitung organisch und organisch-mineralischer Düngemittel innerhalb einer Stunde

Teilnahme an Schulung zur effizienten Düngung innerhalb eines Dreijahreszeitraums (Schulungen werden von der Landwirtschaftskammer angeboten. Anmeldungen über den Agrarterminkalender unter lksh.de/aktuelles/­agrarterminkalender

Ob und welche Flächen innerhalb der Roten Gebiete liegen, ist im digitalen Atlas Nord (Feldblockfinder) einzusehen unter https://t1p.de/jfdyz

Anja Reimers

Dr. Lars Biernat

Landwirtschaftskammer SH

WEITERE ARTIKEL
- Anzeige -
- Anzeige -

Meistgeklickt