Deutschland verfolgt in seinem Klimaschutzgesetz das Ziel, bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Da Methan ein hohes globales Erwärmungspotenzial besitzt, beschäftigen sich auch weltweit zahlreiche Wissenschaftler mit möglichen Strategien zur Verringerung der Methanemissionen. In einem jüngst im „Journal of Dairy Science“ erschienenen Artikel von Karen Beauchemin werden der aktuelle Stand der verfügbaren Strategien zur Verringerung des Methanausstoßes dargestellt sowie deren Chancen, aber auch Hindernisse beziehungsweise Risiken. Ausgewählte Aspekte hieraus werden nachfolgend wiedergegeben.
Tiere, die mehr produzieren, fressen, verdauen und fermentieren im Allgemeinen auch mehr Futter. Dadurch entsteht mehr Methan (CH4). Bezogen auf das Tierprodukt aber sinkt die CH4-Menge, alleine schon durch den prozentual geringeren Anteil des Erhaltungsbedarfes je zum Beispiel Kilogramm Milch, sodass ein größerer Anteil der aufgenommenen Nährstoffe für die tierische Produktion verwendet wird.
Auswahl von Tieren mit niedrigem Methanausstoß
Bei der CH4-Produktion existieren tierindividuelle Unterschiede. Kühe, die weniger CH4 erzeugen, wandeln das Futter effizienter in Milch um. Eine der größten Herausforderungen bei der Auswahl von Tieren mit einer geringeren CH4-Produktion ist eine möglichst exakte Bestimmung der CH4-Erzeugung. Hilfreich kann hier die indirekte Abschätzung anhand der Fettsäurezusammensetzung der Milch mittels Infrarotspektroskopie sein.
Bei diesem züchterischen Ansatz muss jedoch auch auf mögliche unerwünschte Zusammenhänge zwischen der CH4-Produktion und der tierischen Produktivität geachtet werden.
Einsatz von Futterfetten
Von Nahrungsfetten geht eine methanreduzierende Wirkung aus, unter anderem durch ihre Toxizität für Methanogene und Protozoen und durch die Förderung der Propionatbildung, was ebenfalls eine geringere CH4-Produktion bewirkt. Das Ausmaß dieser Effekte hängt aber ab von der Form, Quelle und Menge des zugeführten Fettes, dem Sättigungsgrad und der Länge der Kohlenstoffketten der Fettsäuren sowie der Nährstoff- und Fettsäurezusammensetzung der Ration.
In verschiedenen Untersuchungen zeigten sich erhebliche Variationen der antimethanogenen Wirkungen (unter 4 bis fast 6 % je 10 g/ kg TM zusätzlicher Fettmenge) von Nahrungsfetten.
Grundsätzlich ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine zu hohe Fettkonzentration in der Ration die Pansenfermentation, insbesondere die Faserverdauung, beeinträchtigen kann. Letztlich müssen durch weitere Forschungen kosteneffiziente und nachhaltige Fettquellen gefunden und ihre jeweiligen Einsatzmengen benannt werden, mit denen die CH4-Emissionen verringert werden können, ohne die Verdaulichkeit des Futters zu beeinträchtigen. Auch sind Studien erforderlich, um die Langzeiteffekte von Fettzusätzen zur Verminderung von CH4-Emissionen zu ermitteln.
Wirkung auf die Pansenfermentation
3-NOP ist ein Molekül, das in geringen Dosen (60 bis 200 mg/ kg TM) im Wiederkäuerfutter die CH4-Produktion im Pansen hemmt. Im Durchschnitt und bei typischen Aufnahmemengen in der Rindermast (144 ± 82,3 mg/ kg TM) und der Milchkuhhaltung (81 ± 41,2 mg/ kg TM) senkte 3-NOP die CH4-Produktion um 30 %.
In der EU ist 3-NOP seit April 2022 als Futtermittelzusatzstoff in der Kategorie „zootechnische Zusatzstoffe“ und in der Funktionsgruppe „Stoffe, die die Umwelt günstig beeinflussen“ zugelassen. Die größten Hürden für die breite Anwendung von 3-NOP oder anderen chemischen Inhibitoren, die in der Zukunft entdeckt werden könnten, sind einerseits die zusätzlichen Futterkosten, wenn keine entsprechenden Produktivitätsvorteile erzielt werden, und andererseits die Schwierigkeit der längerfristigen Verabreichung an Tiere in extensiven Produktionssystemen.
Fragen zu Makroalgen
Makroalgen (Meeresalgen) haben, je nach Art, Sammelzeitpunkt und Wachstumsumgebung, eine sehr variable chemische Zusammensetzung. Sie können bioaktive Komponenten enthalten, die die Methanogenese hemmen. So zeigten In-vivo-Studien mit Schafen, Ochsen und Milchkühen dosis- und rationsabhängige Rückgänge der CH4-Produktion zwischen 9 und 98 % durch die Zugabe von Asparagopsis, der Roten Alge, zum Futter.
Es gibt jedoch erste Bedenken, dass Asparagopsis auf lange Sicht an Wirkung verlieren könnte. Auch sind weitere Rückstands- und Unbedenklichkeitsstudien erforderlich, einschließlich der Auswirkungen auf die Organhistologie der behandelten Tiere. Die Einführung von Asparagopsis ist ebenso davon abhängig, ob die Alge nachhaltig in Aquakultur- oder Meeressystemen mit konstanter Konzentration der Wirkstoffe gezüchtet werden kann und diese Wirkstoffkonzentrationen beim Transport, der Lagerung und der Verfütterung erhalten bleiben. Auch müssen die Konzentrationen von Mineralien wie Jod kontrolliert werden, damit die Übertragung auf tierische Produkte sichere Grenzwerte nicht überschreitet. Darüber hinaus muss die Fütterung von Asparagopsis vor einer breiten Einführung von den Behörden genehmigt werden.
Wirkung ätherischer Öle
Ätherische Öle, zum Beispiel aus Oregano, Thymian oder Knoblauch, können, wenn sie extrahiert und konzentriert oder chemisch synthetisiert werden, antimikrobielle Aktivitäten gegen Bakterien und Pilze ausüben. Als Herausforderung bleibt die Identifizierung ätherischer Öle mit relativ konsistenten Zusammensetzungen, die selektiv die Methanogenese im Pansen hemmen, ohne die Verdauung und Produktivität der Tiere zu beeinträchtigen.
Zudem sind ätherische Öle sehr flüchtig. Daher werden die meisten kommerziellen Produkte beschichtet und formuliert, um die Freisetzung des Wirkstoffs zu kontrollieren, sobald sie dem Tierfutter zugesetzt werden. Allerdings sind einige ätherische Öle instabil, und ihre Wirksamkeit kann auch durch unsachgemäße Lagerung oder Hitzeeinwirkung bei der Herstellung von Futtermitteln, zum Beispiel durch Extrusion oder Pelletierung, beeinträchtigt werden.
Es sind mehr In-vivo-Studien notwendig, um die Wirksamkeit von ätherischen Ölen zu bestimmen. Von den mehr als 3.000 ätherischen Ölen müssen in weiteren Untersuchungen die wirksamsten Öle zur Reduzierung der CH4-Produktion ermittelt werden. Viele der in vitro wirksamen Konzentrationen sind zu hoch für In-vivo-Anwendungen. Daher sind weitere Forschungen, auch Langzeitstudien, notwendig, um die optimalen Dosen unter verschiedenen Fütterungsbedingungen zu ermitteln und um mögliche Auswirkungen auf die Fleisch- und Milchqualität herauszuarbeiten.
Gerbstoffe und Saponine
Mehrere sekundäre Pflanzenstoffe, darunter Tannine und Saponine, wurden auf ihr Potenzial zur Verringerung der CH4-Produktion von Wiederkäuern untersucht. Perspektivisch sind weitere Fütterungsstudien erforderlich, um auch hier die optimalen Konzentrationen verschiedener Quellen von kondensierten und hydrolysierbaren Tanninen zu ermitteln. Darüber hinaus sollten die Auswirkungen auf die Futteraufnahme, Verdaulichkeit, Tierleistung und Gesundheit (zum Beispiel Parasitenbekämpfung) ebenfalls berücksichtigt werden. Auch bei den Saponinen hängen derartige Effekte sehr von der Quelle, der chemischen Struktur, der Dosis, der Zusammensetzung des Futters und der Wahrscheinlichkeit, dass sich die Pansenmikroben an den Abbau von Saponinen anpassen, ab. Oftmals wurde in In-vitro-Studien mit so hohen Dosierungen gearbeitet, dass sie für Tiere toxisch sein können.
Direkt gefütterte Mikroorganismen
Lebende Mikroorganismen können, wenn sie aufgenommen werden, die Pansenfermentation verändern. Neben den bekannten Wirkungen bezüglich der Faserverdauung oder der Laktatverwertung können sie auch die Methanbildung beeinflussen, indem sie den vorhandenen Wasserstoff in alternative Wege umleiten. Dadurch kann dieser dann nicht mehr zur Methanogenese genutzt werden. Ein weiterer Ansatz ist die Verwendung von Bakterien, die das Wachstum von Methanbildnern (Methanogene) hemmen.
Obwohl in einigen In-vitro-Experimenten eine Beeinflussung der CH4-Erzeugung stattfand, wurden diese Ergebnisse selten in vivo bestätigt. Dies kann durch die in vitro eingesetzten hohen Dosen direkt gefütterter Mikroorganismen erklärt werden, welche jedoch in vivo nicht anwendbar sind. Zudem muss geklärt werden, ob die Zugabe von methanbildungsreduzierenden Mikroorganismen gegebenfalls nachteilige Effekte auf die Tierleistungen hat. Auch sind weitere Untersuchungen bezüglich des Einflusses auf die Verdaulichkeit und die Güllezusammensetzung notwendig.
Immunisierung gegen Methanogene
Bereits vor über 20 Jahren wurde mit der Entwicklung eines antimethanogenen Impfstoffs, der das Immunsystem der Tiere zur Produktion von Antikörpern gegen Methanogene anregt, begonnen. Eine solche Impfung induziert nachweislich die Antikörper im Serum. Die Ergebnisse in den In-vitro-Mischkulturen sind aber recht unterschiedlich und zeitabhängig und die Auswirkungen auf die CH4-Produktion in vivo waren bisher nur gering oder gar nicht messbar. Das könnte möglicherweise auf eine fehlende Breitspektrumwirksamkeit des Impfstoffs auf die sehr inhomogene methanogene Pansengemeinschaft zurückzuführen sein. Zudem sind die Unterschiede zwischen den Tieren einerseits und im Pansenmikrobiom andererseits eine Herausforderung für die Entwicklung eines anwendbaren Impfstoffs.
Fazit
Die einzigartige Fähigkeit von ruminierenden Tieren, rohfaserreiche Futtermittel und Nebenerzeugnisse zu verdauen, und die weltweit verbreitete Nutzung von Weidesystemen machen die Reduzierung von CH4-Emissionen auf globaler Ebene extrem herausfordernd. Kontinuierliche Innovationen sind erforderlich, um zusätzliche Technologien zu entwickeln, die zum einen den großen Unterschieden in den weltweiten Produktionssystemen für Wiederkäuer gerecht werden und zum anderen für die Tierhalter erschwinglich sind.
Darüber hinaus sind für eine erfolgreiche Umsetzung sicherer und wirksamer Methanminderungsstrategien Liefermechanismen und eine angemessene technische Unterstützung der Hersteller sowie die Einbeziehung und Akzeptanz der Verbraucher erforderlich.