Moore binden CO2. Aus Klimaschutzgründen sollen deshalb so viele einst trockengelegte Moore wie möglich wiedervernässt werden. Anknüpfungspunkt bildet der Strategieprozess Niederungen 2100, in dem es an verschiedenen Stellen um die Nutzungsoptionen von Moorböden geht. Er soll vom Umweltministerium mit Betroffenen in diesem Jahr erstellt werden. Was bedeutet das für die örtlichen Bauern? Ein Besuch bei Klaus-Peter Dau in Tetenhusen.
Die Eider-Treene-Sorge (ETS)-Region ist reich an solchen Flächen, sowohl an nassen wie – noch – relativ trockenen. Für die Gewässerunterhaltung in dieser Region ist der Deich- und Hauptsielverband Eider-Treene mit einer Gesamtgröße von 113.000 ha zuständig. Davon sind zirka 48.000 ha Niederungsflächen. Soll dies alles ein Sumpf werden? Das ist das Horrorszenario vieler Bauern dort.
Nein, auch in dieser Region soll die Landwirtschaft erhalten bleiben, ist das Anliegen von Klaus-Peter Dau, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Schleswig und Mitglied im Landesvorstand sowie Verbandsvorsteher im Sielverband Mittlere Sorge, zuständig für die Gewässerunterhaltung in seiner Region.
Bewirtschaftung schwierig
Dau ist nicht gegen Wiedervernässung an sich, weiß sehr wohl um deren klimapolitische Bedeutung. Er und andere Kollegen würden durchaus Flächen dafür hergeben, die sehr niedrig gelegen sind. Aber dafür brauchten die Bauern Ersatz. „Manche nassen Schläge sind jetzt schon nur unter schwierigen Bedingungen zu bewirtschaften, sind kaum mehr mit Maschinen befahrbar.“ Zudem sacke der Boden dort allmählich immer weiter ab, um bis zu einen halben Zentimeter im Jahr – im Gelände ist das deutlich zu sehen. Das Moor ist degradiert, in einen ursprünglichen Zustand wird es nicht mehr kommen.
Da ist ein intelligentes Wassermanagement gefragt. Es genügt jedenfalls nicht, „den Hahn aufzudrehen“, es muss ein gewisser Wasserstand gehalten werden. Das erfordert Kontrollen, Investitionen in Pumptechnik und Infrastruktur. In Regenperioden geraten die 50 bis 60 Jahre alten Schöpfwerke an ihre Grenzen – und wenn der Meeresspiegel steigt, gegen den sie aus den Niederungen anarbeiten müssen, allemal. Hingegen komme es in einem trockenen Sommer sogar vor, dass in der Wachstumsphase wieder bewässert werden müsse. „Wenn das Moor bei 40 Grad trocknet, emittiert es sogar wieder CO2!“
Zum Teil muss die Technik restauriert oder aufgerüstet werden. Das verursacht zusätzliche Kosten, an denen sich alle Anlieger unter 2,50 m über NN beteiligen müssen – derzeit mit 40 €/ha im Jahr. Höhere Beiträge an die Wasser- und Bodenverbände werden künftig nicht zu vermeiden sein. Das Resümee von Klaus-Peter Dau: „Manche Flächen werden wir sowieso verlieren.“
Ersatz in höheren Lagen
Die Bauern brauchten Ersatz dafür, wenn sie weiter Landwirtschaft betreiben wollten, am liebsten in Form von Tausch gegen Flächen in höheren Lagen. Die gebe es durchaus. „Warum nicht ein paar Kilometer weiter fahren, wenn man dort besser wirtschaften kann“, meint Dau. Selbst die Verlegung eines ganzen Betriebes, etwa nach Angeln, schließt er als Möglichkeit nicht aus. Dort und anderswo gebe es frei werdende Höfe aufgrund von Betriebsaufgaben.
Die Stiftung Naturschutz lässt jedoch einen Tausch mit eigenen Flächen nicht zu. Bisher jedenfalls. Auch wäre ein Moorkataster hilfreich, um Eigentümer von „Lücken“ ausfindig zu machen, sogenannten Weißflächen, die ohnehin nicht bewirtschaftet und statt bewirtschafteter Flächen wiedervernässt werden könnten.
Ohne Ersatz gehe es nicht, so Dau, wenn man die Landwirtschaft in der Region halten wolle. „Wir brauchen ein gewisses Maß an Fläche.“ Allein für die Viehhaltung – und die ETS-Region ist ein dezidiertes Milchviehland – müssen aufgrund der Düngeverordnung entsprechende Flächen vorgehalten werden. Und für ihre Investitionen brauchen die Bauern Planungssicherheit, dass sie 30 oder 40 Jahre weiterwirtschaften könnten.
Ausverkauf wäre fatal
Warum überhaupt bleiben? „Wir Landwirte sind für ländliche Kultur und Leben allgemein wichtig. Wir stellen Arbeitsplätze zur Verfügung, auch im nachgeordneten Bereich, etwa im örtlichen Handwerk.“ Und dass er und seine Kollegen über ihre Flächen in hohem Maße die Wasserwirtschaft finanzieren, komme auch der örtlichen Bevölkerung zugute: „Aus Siedlungsgebieten kommen schon Befürchtungen, dass künftig Keller unter Wasser stehen.“
Das spricht auch für Dr. Lennart Schmitt, Leiter der Umweltabteilung im Bauernverband Schleswig-Holstein, gegen einen „Ausverkauf“ der ETS-Region zum Zwecke der Wiedervernässung. Zwar kauft die Stiftung Naturschutz fortlaufend Flächen, kann gute Preise zahlen, und verhindern kann man es nicht, wenn beispielweise Erben verkaufen wollen. Die Befürchtung liegt nahe, dass die Stiftung abwartet, bis den Bauern aus oben genannten Gründen nichts anderes übrig bleibt als zu verkaufen. „Für den einzelnen Betrieb mag das eine Lösung sein, aber aus verbandspolitischer Sicht führt es für die Agrarstruktur und damit die weiterwirtschaftenden Betriebe zu erheblichen Verwerfungen“, sagt Schmitt.
Dass zum Zwecke der Wiedervernässung künftig Land enteignet werde, glaubt Dau allerdings nicht. „Die Regierung hat zugesagt, dass das nicht der Fall sein wird. Wir sind alle interessiert an einer langfristigen Strategie.“ Dazu gehört der Erhalt der Landwirtschaft in der Region. Dazu gehören gezielte Förderungen, Anreize, Vertragsnaturschutz. „Die Rahmenbedingungen müssen stimmen“, sagt Schmitt, „ein Weg dorthin wird jedoch bisher nicht aufgezeigt.“