„Es muss rauchen, knattern und stinken, wenn man die Landtechnik zwischen 1870 und der Gegenwart erleben möchte.“ Das ist die Vision von Lutz Christiansen, der im Schleswig-Holsteinischen Landwirtschaftsmuseum in Meldorf für die Werkstattleitung und Kulturvermittlung zuständig ist.
Seit diesem Jahr bildet der 46-jährige Lutz Christiansen zusammen mit Museumsleiter Alexander Eggert (38) und Mariko Junge (38) das neue, junge Leitungsteam. Und die drei haben sich etwas vorgenommen: Sie möchten mit neuen Veranstaltungsformaten und Aktionen mehr Leben in das Haus bringen und jüngere Besucher erreichen. Lutz Christiansen: „Wir wollen weg von dem Standardprogramm und planen mehr Veranstaltungen, bei denen man mitmachen und etwas erleben kann.“
In den vergangenen Jahren gab es an regelmäßigen Aktionen nur die Rosentage und die Apfeltage. In diesem Jahr sind 15 Veranstaltungen geplant. Am 14. und 15. Mai soll das erste norddeutsche Stationärmotorentreffen stattfinden. Es werden historische Motoren im Betrieb gezeigt, die zur Stromerzeugung genutzt wurden oder über einen Flachriemen andere Geräte wie den Rübenschneider angetrieben haben. Auch im Lager des Museums befindet sich ein Deutz-Motor aus dem Baujahr 1927, der als Stationärmotor in einer Mühle genutzt wurde.
Wenn Lutz Christiansen über landwirtschaftliche Maschinen spricht, merkt man ihm die Begeisterung an. Der gelernte Maschinenbaumechaniker ist bei Süderhastedt aufgewachsen und hat oft auf dem Hof seines Opas geholfen. „Landwirtschaftliche Geräte sind mein Hobby und meine Leidenschaft.“ Insgesamt beherbergt das Museum etwa 2.000 Exponate vom Traktor und der Dreschmaschine bis hin zu Anbaugeräten und Handarbeitswerkzeugen. Ein Drittel davon befindet sich in der Ausstellung und der Rest ist im Archiv und Lager. Daneben gibt es ein Papierarchiv mit Dokumenten zu den Maschinen und Originalprospekten.
Ein Bulldog als Überraschungspaket
„Wir sind jetzt dabei, die Geräte im Lager zu sichten und zu sortieren. Wir möchten sie wieder zum Leben erwecken“, nennt Christiansen den aktuellen Arbeitsschwerpunkt. So gibt es im Lager einen Kombi-Bulldog aus dem Jahr 1936 von Franz Harders aus Eddelak, der seit 50 Jahren nicht mehr genutzt wurde. In einer vom Museum zugänglichen Schauwerkstatt werden solche Maschinen wieder betriebsbereit hergerichtet. Gerade befindet sich dort ein Lanz Bulldog D1706 aus dem Baujahr 1954. Der Trecker kommt ursprünglich von Bauer Schnepel aus Krumstedt. Er hat mindestens 35 Jahre ungenutzt in einer Ecke gestanden. Lutz Christiansen ist zuversichtlich: „Er ist in einem hervorragenden Zustand. Lediglich durch die lange Standzeit sind Dichtungen ausgehärtet, und es hat sich Rost im Tank gebildet. Aber es bleibt ein Überraschungspaket, da ich nicht weiß, warum der Trecker an das Museum gegeben wurde. Vielleicht ist doch ein größerer Defekt vorhanden. Wir werden sehen.“
Maschinen erzählen Geschichten
Ein Anliegen des Museums ist es, die Historie der Fahrzeuge zu erforschen und deren Geschichte zu erzählen. Eine solche hat auch ein besonderer Hingucker der Ausstellung parat: ein Lanz Bulldog D9500b mit einem Dreiganggetriebe aus dem Baujahr 1939 von Gut Mehlbek bei Itzehoe. Er war früher eisenbereift und wurde später auf Luftbereifung umgerüstet. Der Bulldog wurde lange für den Transport von Zuckerrüben und Kartoffeln eingesetzt. Aufgrund seiner hohen Zugleistung konnte er drei volle Anhänger ziehen. Der Transport erfolgte von Mehlbek nach Itzehoe mit einer Höchstgeschwindigkeit von 8 km/h. Ende der 1950er Jahre bekam er bei der Firma Meifort in Itzehoe eine Motorrevision und war bis Anfang der 1970er Jahre noch für gelegentliche Arbeiten im Einsatz.
Workshops mit jungen Leuten
Museumspädagoge Holger Hink hat einen Eicher-Trecker aus dem Baujahr 1952 im Eingangsbereich ausgestellt, der 47 Jahre in einem Wald gestanden hatte. Hink bietet inzwischen Workshops für Jugendliche an, bei denen sie durch praktische Arbeit bei der Demontage und Montage die Funktionsfähigkeit der Maschinen erkunden können. „Wir wollen neue Gruppen durch museumspädagogische Angebote erreichen und das Haus zu einem Ort der Begegnung machen, an dem geschraubt und montiert wird.“ Nach seinem Empfinden geht der Bezug zur Landwirtschaft immer weiter verloren. „Wir arbeiten deshalb mit einigen Schulen an einem Konzept, wie wir jungen Menschen die Entwicklung in der Landwirtschaft erklären und ihnen einen Einblick in die Technik geben“, erklärt Hink.
Öffentlichkeitsmitarbeiterin Mariko Junge möchte das Haus auch für Musik- und Kulturveranstaltungen öffnen. „Unsere Maschinenhalle bietet eine besondere Atmosphäre für Lesungen, Vorträge oder Konzerte.“
Das Schleswig-Holsteinische Landwirtschaftsmuseum gibt es seit 1986. Es wird von den Volkshochschulen in Kooperation mit dem Kreis Dithmarschen betrieben. Für einige Menschen mit Handicap der benachbarten Stiftung Mensch bietet es zudem Arbeitsgelegenheiten.
Kern der Ausstellung ist die Sammlung des ehemaligen Direktors der Landwirtschaftsschule St. Michaelisdonn, Heinz Landmann. Seit den 1970er Jahren hat er landwirtschaftliche Maschinen und Geräte zusammengetragen, die bis heute immer weiter um Zeugnisse der Agrargeschichte und des Landlebens erweitert werden. Im Obergeschoss des Museums ergänzt die „Siku Control Arena Hof Mohr“ das Angebot – nicht nur für Kinder. Hier können maßstabsgetreue Landmaschinenmodelle ferngesteuert auf 500 m2 fahren und landwirtschaftliche Arbeiten ausführen.
Ein kleines Freilichtmuseum
Hinter dem Museum befindet sich das Dithmarscher Bauernhaus. In diesem kleinen Freilichtmuseum von 1907 kann man die Lebensatmosphäre eines Hofes um 1850 erfahren. Das über 300 Jahre alte Bauernhaus wurde von Osterrade in der Nähe von Meldorf an den heutigen Standort versetzt. Dahinter befindet sich ein bunter Bauerngarten. Insbesondere die von Gerda Nissen in den 1970er Jahren in Gärten und auf Friedhöfen gesammelten 50 historischen Fundrosen, die ausschließlich aus Schleswig-Holstein kommen, entfalten hier von Mai bis Juli ihren Duft.




