Mit der Novellierung der AVV (Allgemeine Verwaltungsvorschrift)-Gebietsausweisung wird die von der EU-Kommission kritisierte Methodenvielfalt bei der Ausweisung Roter Gebiete angegangen. Jetzt müssen alle Bundesländer ab 2025 das geostatistische Regionalisierungsverfahren anwenden. In Schleswig-Holstein werden 225 neue Messstellen gebraucht.
Für das Verfahren wird eine sehr hohe Messstellendichte benötigt. In Schleswig-Holstein wird derzeit geschätzt, dass insgesamt 640 Messstellen gebraucht werden. Das Ausweisungsmessnetz für die AVV-Gebietsausweisung umfasst bislang 225 Messstellen, die alle „nur“ in den Roten/gefährdeten Grundwasserkörpern liegen. Bis zur Einführung des neuen Verfahrens können die Bundesländer auch die bisherigen zur Ausweisung gestatteten Verfahren nutzen, um die gefährdeten Gebiete auszuweisen. Schleswig-Holstein wird weiterhin die Abgrenzung der Nitratkulisse nach hydrogeologischen und hydraulischen Kriterien vornehmen.
Ein weiterer Kritikpunkt der EU-Kommission war die Berücksichtigung von statistischen Daten und Bewirtschaftungsdaten bei der Ausweisung. Daher wird es nun nach der Festlegung der Nitratkulisse um die belasteten Messstellen nicht mehr möglich sein – wie bisher – Flächen innerhalb der Kulisse, die nicht zur Belastung des Grundwassers beitragen, auszunehmen. Diese fehlende Verursachergerechtigkeit wurde unter anderem vom Deutschen Bauernverband stark kritisiert.
Hinzu kommt durch die Novellierung der AVV-Gebietsausweisung außerdem die Berücksichtigung von denitrifizierenden Verhältnissen an den Messstellen. Für Schleswig-Holstein bedeutet das, dass – wie in der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie – die N2-Argon-Methode angewendet werden kann. Mit dieser Methode kann der Nitratgehalt an einer Messstelle vor Denitrifikation des Nitrats im Grundwasser ermittelt werden. Damit werden etwa 20 Messstellen den Schwellenwert von 50 mg Nitrat/l (oder 37,5 mg Nitrat/l und steigender Trend) übersteigen und die Ausweisung einer Nitratkulisse nach sich ziehen.
Die Bundesländer sind nun dazu verpflichtet, ihre Gebietsausweisungen in den Landes-Düngeverordnungen anzupassen. Die neue Landes-Düngeverordnung beziehungsweise die neue Nitratkulisse wird frühestens am 1. Dezember 2022 in Kraft treten. Eine Kartendarstellung der neuen Kulisse liegt derzeit noch nicht vor.
Durch die Änderungen in der AVV-Gebietsausweisung wird die Nitratkulisse in Schleswig-Holstein von bislang 5,4 auf dann 10 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche steigen. Diese Verdopplung kommt in Schleswig-Holstein vor allem dadurch zustande, dass die Denitrifikation an den Messstellen berücksichtigt wird und die Messwerte dadurch an noch mehr Messstellen den erlaubten Grenzwert übersteigen.
Wichtig ist jetzt, dass gewässerschonend wirtschaftende Betriebe in der Kulisse die Möglichkeit erhalten, von den zusätzlichen Maßnahmen in der Nitratkulisse befreit zu werden, denn das soll nach Maßgabe der EU-Kommission möglich sein. Dafür jedoch benötigen die Bundesländer zuerst digitale Plattformen, auf denen die betriebsspezifischen Düngedaten gesammelt und analysiert werden.
Nach Willen der schleswig-holsteinischen Landesregierung und der Bundesregierung soll dieses Vorgehen zeitnah umgesetzt werden. In Schleswig-Holstein wird bereits die Plattform Endo SH entwickelt, in der alle Betriebe erstmals zum 31. März 2023 ihre Düngedaten zur Düngebedarfsermittlung, zu den Düngemaßnahmen, zur Weidehaltung und gegebenenfalls zur betrieblichen Obergrenze eingeben müssen. Damit die Betriebe die Möglichkeit erhalten, durch Vorlage der Daten von den zusätzlichen Auflagen in der Nitratkulisse befreit zu werden, muss jedoch die Düngeverordnung geändert werden. Es ist also kein Vorhaben, welches von jetzt auf gleich seine Wirkung entfaltet.




