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Wird Kirchenland zu Moorland?

Landwirtschaft und Kirche sind tragende Säulen im ländlichen Raum. Das wird alljährlich bei gemeinsamen Veranstaltungen von Nordkirche und Bauernverband bekräftigt. Manchmal aber knirscht es im Kirchengebälk. Bei der Tagung der Landessynode im Februar wurde eine Beschlussvorlage diskutiert, die für Unruhe sorgt. Der Inhalt: detaillierte Maßgaben an die Kirchengemeinden für eine treibhausgasreduzierte Bewirtschaftung von Pachtland. Besonders gefordert wird dabei die Wiedervernässung ehemaliger Moore.

Es steht ganz obenan: Die Nordkirche will im Klimaschutz vorangehen. Dazu wurde der Klimaschutzplan 2022-2027 mit dem Untertitel „Jetzt die entscheidenden Schritte gehen“ erstellt, dazu ein Handbuch mit Empfehlungen für die konkrete Umsetzung. Beide zusammen 65-seitigen Dokumente behandeln alle internen Bereiche der Kirche, zum Beispiel Gebäudesanierung, Energiesparen oder Fuhrpark – und eben auch den Umgang mit dem kirchlichen Pachtland. Auf der nächsten Seite sind die Aussagen zum Thema Landwirtschaft in Auszügen dokumentiert.

Starke Vorgaben

Kirchenland soll gemäß der Beschlussvorlage treibhausreduzierter bewirtschaftet und damit klimatauglicher werden. Als konkrete Vorschläge für die Bedingungen neuer Pachtverträge findet sich dort unter anderem Folgendes: Vermeidung von mineralischem Dünger und „Pestiziden“, kein Umbruch von Dauergrünland, eine mindestens „fünfjährige Fruchtfolge“. Und ganz besonders sollen ehemalige Moore aus der Bewirtschaftung genommen und wiedervernässt werden. Sie bergen ein hohes Potenzial für die Vermeidung von CO2-Ausstoß – nach Berechnungen der Nordkirche wesentlich höher, als es Maßnahmen etwa in der Gebäudesanierung oder beim Fuhrpark erbringen würden, die natürlich ebenfalls umgesetzt werden sollen. Zur Erhebung ehemaliger Moore sollen Flächenkataster erstellt werden.

Sensible Umsetzung

Das erfüllt Landwirte mit Sorge. Zwar wurde auf der Synodentagung nur der Klimaschutzplan beschlossen, nicht aber das Handbuch mit den konkreten Vorschlägen. Zwar wird seitens der Kirche betont, dass in Gesprächen auf Kirchenkreisebene mit Bauernverbands- und anderen Landwirtschaftsvertretern taugliche und ortsbezogene Lösungen gefunden werden sollen. Das sei von vorneherein vorgesehen gewesen, und solche Gespräche finden auch bereits statt. Und schließlich wird die Erhebung ehemaliger Moorflächen einige Zeit in Anspruch nehmen. Kurzum: Es ist noch nichts in trockenen Tüchern. Doch gleichwohl macht sich Verunsicherung bei den Landwirten breit, was da auf sie zukommt. Der Bauernverband Schleswig-Holstein nimmt dazu auf der folgenden Seite Stellung.

Ein Zeitaufschub durch gründliches und besonnenes Vorgehen bringt Ruhe in die Angelegenheit, birgt aber auch Ungewissheiten: Wenn nach und nach alte Pachtverträge auslaufen, wie zurückhaltend oder kurzfristig werden sie unterdessen neu geschlossen? Je länger der Zustand andauert, desto mehr Flächen kommen durch Pachtauslauf in diesen Status. Und zum Beispiel eine Auflage mehrjähriger Fruchtfolge verträgt sich nicht mit einem kurzfristigen Pachtvertrag.

Entscheidungen vor Ort

Entscheidungsträger bei Pachtverträgen sind die jeweiligen Kirchengemeinden, sie stehen im Grundbuch. Es handelt sich dabei um sogenanntes Pfarrvermögen. Das bedeutet, Erträge aus dem Land werden hauptsächlich für die Besoldung von Pastorenstellen verwendet, zum Teil auch für Stipendien für Theologiestudenten. Diese Finanzierung läuft allerdings über den jeweiligen Kirchkreis. In der Praxis gehen der größte Teil der Pachteinnahmen an diesen, ein kleiner Teil bleibt als Verwaltungsentschädigung bei der Kirchengemeinde.

Die Kirchengemeinden stehen bei der Frage der Verpachtung ihrer Flächen in dem Zwiespalt, einerseits das Vorhaben der Klimatauglichkeit zu verfolgen und andererseits für genügend Einnahmen zu sorgen. Schließlich steht mit dem Vorhaben der energetischen Sanierung von Altgebäuden, welches ebenso Teil der Synodenempfehlung ist, ein teures Projekt an, das finanziert werden will. Andererseits könnte der Umstand, dass nur ein kleiner Teil der Pachteinnahmen bei der Kirchengemeinde verbleibt, diese dazu verleiten, den finanziellen Aspekt nicht allzu stark zu gewichten.

Letztlich kommt es immer auf die Entscheidung des örtlichen Kirchengemeinderates an und damit auf dessen Zusammensetzung. Die spiegelt entsprechend die vorherrschenden Ansichten in der örtlichen Bevölkerung wieder und wird sich hier so und dort anders ausrichten. Entscheidend wird sein, wie sich vor Ort Bauern und Kirchengemeinderäte sachlich verständigen können.


„Steine statt Brot für die Bauern“

Stellungnahme des Bauernverbands Schleswig-Holstein

Positiv zu bewerten ist grundsätzlich, dass man als Ansatzpunkt die Thesen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZLK) gewählt hat, an dem sich der Bauernverband beteiligt und zu deren Ergebnissen sich ein breites gesellschaftliche Bündnis bekannt hat.

Kritisch zu beurteilen sind jedoch die ganz konkret formulierten Maßnahmenvorschläge, die sehr strikte Vorgaben an die Landwirte stellen, ohne dass zugleich die – in der ZKL beziehungsweise dem Dialogprozess auf Landesebene zur Zukunft der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein 2040 vereinbarten – finanziellen Anreize als Gegenleistung für diese Gemeinwohlleistungen benannt werden. Aktuell wirkt der Ansatz daher unvollständig und würde bedeuten, dass die Landwirte in Vorleistung gehen müssten, ohne zu wissen, ob die von ihnen zu realisierenden Einschnitte am Ende tatsächlich angemessen honoriert werden.

Klar muss auch sein, dass die darin angesprochenen Einschränkungen ganz erheblich in die Bewirtschaftungsmöglichkeiten des Pächters eingreifen. Als Manko stellt sich zudem dar, dass die angesprochenen Maßnahmen nicht nach den unterschiedlichen Gegebenheiten der verschiedenen Bundesländer in der Nordkirche differenzieren, obwohl aus agrarischer Sicht schon zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Welten liegen können.

Man gibt den betroffenen Bewirtschaftern und den zuständigen Kirchengemeinden durch die als sehr strikt und wenig Spielräume belassende Zusammenstellung „Steine statt Brot“ für ihre Pachtvertragsverhandlungen, insbesondere weil mit Blick auf die Praxis bei diesen nicht immer eine Bereitschaft zur Aufnahme derart rigoroser Regelungen gegeben sein wird, alternative niedrigschwellige und in vielleicht in mehr Fällen taugliche Ansätze aber nicht vorgeschlagen werden.

Natürlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Landessynode hierbei wohl nicht nur landwirtschaftlich, sondern vor allem klimaschutzbezogen „den Stein weit hinauswerfen“ und zur Diskussion anregen wollte, zumal das Thema gesellschaftlich aktuell große politische Kreise zieht. Dieser Aspekt ist dem Bauernverband Schleswig-Holstein bewusst, weshalb sich der Verband selbst zu Moorschutz- und Wiedervernässungsmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Flächen mit seinem Papier „Marksteine neuer Wege im Moorschutz“ umfassend positioniert hat.

Wichtig ist in der Gesamtbetrachtung, dass auch vonseiten des Bischofs ein noch ausstehender Austausch mit dem Bauerverband in der Landessynodensitzung besonders hervorgehoben wurde.

Dr. Lennart Schmitt, BVSH


Kirchenland soll klimagerecht bewirtschaftet werden

Auszüge aus der Vorlage für die Tagung der Landessynode der Nordkirche am 25./26. Februar 2022

Aus dem Klimaschutzplan: Verpachtung kirchlicher Ländereien

Bei der Verpachtung kirchlicher Ländereien muss in Zukunft der Klimaschutzaspekt eine starke Rolle spielen. Deshalb sollen Kriterien abgestimmt werden, die für eine treibhausgasreduzierte Bewirtschaftung Anreize geben. Ein zentraler Faktor ist dabei die Wiedervernässung von Mooren. Die für die landwirtschaftliche Nutzung in den letzten 150 Jahren trockengelegten Moorböden emittieren erhebliche Mengen von Treibhausgasen.

Erforderlich ist die Erarbeitung einer nationalen Moorschutzstrategie von Bund und Ländern im engen Austausch zwischen Landwirtschaft und Naturschutzverbänden. Dabei soll im Einklang mit dem Ziel „Klimaneutralität 2045“ eine weitgehende Wiedervernässung der derzeit trocken genutzten landwirtschaftlichen Flächen erreicht werden. Für den Nutzungsausfall müssen die entsprechenden Mittel bereitgestellt werden.

Aus dem Handbuch: Treibhausgasreduzierte Bewirtschaftung von Pachtland

Den Kirchengemeinden steht es frei, den Pächtern kirchlicher landwirtschaftlicher Grundstücke weitere Auflagen für die Bewirtschaftung zu machen, jedoch müssen sie sich darüber im Klaren sein, dass solche Auflagen fachlich zutreffend formuliert sein sollten. Zudem sollten die Kirchengemeinden in der Lage sein, diese Verpflichtungen auch zu kontrollieren.

Deshalb sind für folgende Maßnahmen rechtssichere und überprüfbare Formulierungen auszuarbeiten und den Kirchengemeinden zu empfehlen:

– Die Drainagen ehemaliger Moor- und Anmoorböden sind zu entfernen (insbesondere Plastikrohre), notfalls nur zu schließen, beziehungsweise sofern möglich, sind diese Flächen wieder zu vernässen und/oder extensiv (Paludikultur) zu bewirtschaften.

– Die Flächen sind mit Agroforstsystemen inklusive Knick/Wallhecke zu versehen. Die dazwischen liegenden landwirtschaftlich genutzten Parzellen sollen eine Größe von 5 ha nicht überschreiten.

– Das Gewicht eingesetzter Maschinen darf maximal 20 t Gesamtgewicht nicht überschreiten.

– Das Grünland soll extensiv und die Grünlandnarbe muss geschlossen sein, dabei soll der Umbruch von Dauergrünland nicht genehmigt werden.

– Eine ganzjährige Bodenbedeckung ist für Ackerböden zu gewährleisten.

– Am Anfang und Ende der Pachtzeit ist der Humusgehalt durch ein Fachlabor zu ermitteln.

– Eine mindestens fünfjährige Fruchtfolge ist anzuwenden.

– Dauerkulturen sind zugelassen.

– Die mineralische Düngung ist zu vermeiden, und der Boden soll nur minimal bearbeitet werden.

– Der Einsatz von Pestiziden ist zu vermeiden.

– Wird der Boden zudem sehr intensiv beackert, wird der gebundene Kohlenstoff oxidiert und als CO2 freigesetzt und gelangt in die Atmosphäre.

– Trocken gelegte Moorböden ­werden ermittelt. Ein entsprechendes Flächenkataster mit den potenziellen Treibhausgasemissionen durch trocken gelegte Moor- und Anmoorböden (Bodenatlas) ist dafür erforderlich.

Der Klimaschutzplan wurde auf der Tagung der Synode im Februar verabschiedet. Das Handbuch wurde diskutiert, aber nicht beschlossen. (Anm. d. Red.).


„Jetzt ist Start der Diskussion, nicht ihr Ende“

Interview mit Dr. Jan Menkhaus, Agrarbeauftragter der Nordkirche

Herr Dr. Menkhaus, in welcher Weise sind Sie mit dem Klimaschutzplan der Nordkirche und dem zugehörigen Handbuch betraut?

Dr. Jan Menkhaus: Ich habe in der Untergruppe Landbewirtschaftung an der Erstellung mitgewirkt und nehme für die Nordkirche an Dialogveranstaltungen mit den Vertretern der Landwirtschaft teil. Diese Gespräche waren von vorneherein vorgesehen, sie sind der Start einer Diskussion, nicht das Ende.

Mit dem Klimaschutzplan möchten wir die Klimaschutzziele des Dialogprozesses „Zukunft der Landwirtschaft“ gemeinsam mit den Praktikern und Praktikerinnen vor Ort umsetzen. Die Nordkirche hat ja am Dialogprozess aktiv mitgearbeitet und sich zu den Zielen, auch den Klimaschutzzielen, bekannt.

Die in den Papieren enthaltenen Inhalte sind also nur Vorschläge?

Der Klimaschutzplan der Nordkirche ist alle sechs Jahre neu aufzulegen und wurde jetzt beschlossen. Darin wurde das Ziel aufgenommen, dass bei der Verpachtung kirchlicher Ländereien in Zukunft der Klimaschutzaspekt eine starke Rolle spielen muss. Die Vorschläge im Handbuch über die weitere Vorgehensweise mussten nicht beschlossen werden, sondern wurden zur Kenntnis genommen.

Wer hat das Handbuch fachlich erstellt?

Das haben unsere Mitarbeiter der Nordkirche getan. Wir haben externe Fachleute eingeladen und angehört, aber wir haben es selbst formuliert.

Müssen die Kirchengemeinden neue Pachtverträge beim Kirchenkreis vorlegen und auf Klimatauglichkeit prüfen lassen?

Die Kirchengemeinden entscheiden über ihre Pachtverträge, sie müssen nicht Rechenschaft ablegen. Es gibt diesbezüglich auch keinerlei Sanktionen. Manche machen auch weiter wie bisher. Andererseits bekommen die Kirchengemeinden durch den Klimaschutzplan die rechtliche Grundlage, die vereinbarten Ziele umzusetzen.

Zur Wiedervernässung trockengelegter Moore: Um welche Dimension handelt es sich dabei?

Darüber gibt es noch keine Übersicht, ein Kataster muss erst erstellt werden. Es ist derzeit nicht beabsichtigt, dazu Gutachter herumgehen zu lassen, vieles kann durch Aktenstudium ermittelt werden, etwa im Umweltatlas. Summa summarum ist es vermutlich eine ganze Menge. Durch Wiedervernässung könnte mehr als das Doppelte des CO2-Ausstoßes eingespart werden als durch Maßnahmen in den Bereichen Gebäude, Mobilität und Beschaffung.

Der Bauernverband kritisiert, dass bei diesen Betrachtungen die Verhältnisse in Mecklenburg-Vorpommern auf Schleswig-Holstein übertragen wurden.

Mecklenburg-Vorpommern kann man mit Schleswig-Holstein nicht vergleichen. Natürlich sind da die Verhältnisse anders. Wir haben aber nicht für einzelne Regionen Vorschläge erstellt. Das soll ja in den kommenden Gesprächen herausgefunden werden. Es geht darum, vor Ort zu eruieren: Ist es möglich, hier etwas für die Renaturierung zu tun? Natürlich ist es unser Ziel, langfristig Moorschutz zu betreiben – so viel wie möglich. Wo aber alles gut ist, müssen wir auch nichts mehr machen.

Welcher Zeitrahmen ist dafür vorgesehen?

Wir wollen uns ein Jahr Zeit dafür nehmen, aber wenn es im August 2023 noch nicht fertig ist, darf es auch länger dauern.

Interview: Tonio Keller

Dr. Jan Menkhaus ist wissenschaftlicher Referent im Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA) der Nordkirche.

Erhalt der Baukultur ist auch Gemeinwohlsache

Durch den ländlichen Strukturwandel sind viele landschaftsprägende Gebäude durch Leerstand vom Verfall bedroht, weil sie nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden. Der Denkmalrat des Landes Schleswig-Holstein setzt sich dafür ein, solche wertvollen Kulturgüter zu erhalten und die Sanierungsmaßnahmen mit öffentlichen Mitteln zu unterstützen, bevor sie unwiederbringlich verloren gehen. Eine Exkursion mit dem Gremium führte durch den Kreis Steinburg.

„Solche Gebäude sind ein weicher Standortfaktor und haben eine erhebliche Bedeutung für den Tourismus. Deshalb sollte sich die Gesellschaft angemessen an den Sanierungskosten beteiligen“, betonte die Lübecker Architektin Susanne Sunder-Plassmann als Vorsitzende des Denkmalrates bei der Exkursion. Bei der Fahrt durch die größtenteils unter dem Mee­resspiegel liegende Wilstermarsch mit ihrem ausgeklügelten Entwässerungssystem wurden zwei Haustypen in Dammfleth besichtigt, die für die unterschiedliche Nutzung und für den unterschiedlichen Sanierungszustand stehen.

Christine Scheer (li.), Architektin der Interessengemeinschaft Bauernhaus, erklärt die Funktion des Bargs in der offenen Diele.

Ein originaler Barg

Das Barghus ist das typische Bauernhaus der Wilstermarsch mit dem heruntergezogenen Reetdach im „Achterhus“ und der seitlich angeordneten Dielentür. Sein Hauptmerkmal ist der erdlastige Ernte­stapel in der Mitte des Hauses, der Barg. Hier wurden Heu und Stroh für die Milch- und Viehwirtschaft vom Boden bis zum Dach aufgestapelt. Das winklig vorgebaute „Vörhus“ diente als Wohnteil.

Das Barg­hus Luthe aus der Mitte des 18. Jahrhunderts ist dafür ein typisches Beispiel. Das Ehepaar Gregor Luthe (74) und Heidrun Weber-Luthe (69) haben den ehemaligen Pachthof vor 30 Jahren gekauft und mit viel Eigenleistung saniert. „Wir haben hier 1992 unser Traumhaus gefunden und den Erwerb nie bereut“, blickt der ehemalige Soldat aus Hohenaspe zurück.

Zunächst wurde der Pferdestall ausgebaut, um dort einziehen zu können. Die Sanierung hat insgesamt zwölf Jahre gedauert, bis der Einzug 2004 ins Haupthaus mit heutigem Wohnstandard den vorläufigen Abschluss brachte. Dafür konnten Fördermittel von Stiftungen und für die Reetdachsanierung genutzt werden. Der angrenzende Schweinestall ist inzwischen zum Gästehaus umgebaut worden.

Architektin Christine Scheer erläutert die Sanierungsmaßnahmen: „Der Barg im Hausmittelpunkt ist noch original erhalten. Durch ein Stahlgerüst haben wir die Balken stabilisiert. Das Barg­hus ist praktisch in Wohn- und Wirtschaftsbereich aufgeteilt und mit wenig Aufwand erstellt. Es war das Armeleutehaus der Kleinbauern mit 13 Kühen, Schweinen und Pferden.“

Dieses Fachhallenhaus aus dem 18. Jahrhundert in Dammfleth wurde 2019 vor dem Verfall bewahrt.

Fachhallenhaus gerettet

Die Fachhallenkonstruktion in dem Haus, das Sebastian Giesen und Hilary Schmalbach erworben haben, ist noch gut erhalten.

Als Kontrastprogramm besichtigten die Exkursionsteilnehmer anschließend ein Fachhallenhaus in Dammfleth aus dem 18. Jahrhundert, das durch die Denkmalausweisung und dem vor drei Jahren erfolgten Verkauf vor dem Verfall gerettet werden konnte. Erworben hat es das Ehepaar Sebastian Giesen (51) und Hilary Schmalbach (57) aus Hamburg. „Wir hatten eine tiefe Sehnsucht nach der grünen Wiese“, berichtet Sebastian Giesen von der Motivation des Hauskaufes. „Zunächst haben wir eine Notsicherung mit Planen auf dem Dach vorgenommen und den Schweinestall als Nothütte ausgebaut, von der wir teilweise auch arbeiten können.“ Durch das 900 m2 große Reetdach hatte es reingeregnet, dadurch ist das Heu auf dem Dachboden angefault, und die Bretter wurden morsch. „Das Ziel ist es, das klassische Fachhallenhaus mit seiner offenen Diele später für Konzertveranstaltungen zu nutzen. Dafür haben wir zehn Jahre eingeplant.“

Hier wartet noch viel Arbeit: Das Wohnzimmer des Fachhallenhauses mit fast vollständigen Kachelwänden.

Alte Fliesen und Paneele

Berthold Köster vom Landesamt für Denkmalpflege erläuterte: „Das Haus erzählt die Geschichte der Umbauphasen früherer Zeiten. Durch die gut erhaltene Holzständerkonstruktion aus Nadelholz und Eiche kann man das Gebäude Schritt für Schritt sanieren. Die Wände haben keine tragende Funktion.“ Im stark sanierungsbedürftigen Wohnbereich befinden sich noch alte Fliesen an den Wänden und Holzpaneele. Berthold Köster: „Wir müssen noch klären, wie man damit umgehen sollte. Was kann man noch retten, und was lohnt nicht mehr zum Erhalt?“

Nach weiteren Besichtigungen der Klappbrücke und der Schleuse Kasenort, dem Marktplatz und dem restaurierten Treppenhaus des Rathauses in Glückstadt und des Looft-Hofes in Herzhorn-Gehlensiel waren sich die Exkursionsteilnehmer einig, dass die Steinburger Elbmarschen als eine gewachsene Kulturlandschaft bewahrt und unterstützt werden müssen. Susanne Sunder-Plassmann: „Wir fordern vom Land ein Denkmalschutz-Sonderprogramm mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einem Umfang von fünf Millionen Euro pro Jahr. Der Denkmalschutz muss Thema bei den Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl werden, denn die aktuell zur Verfügung stehenden Fördermittel reichen nicht aus.“

Energieerzeugung und Moorschutz

Auf einer Moorfläche von knapp 19 ha wird im Solarpark Lottorf südlich von Schleswig mehr als nur Erneuerbare Energie erzeugt: Die nachführbaren Module produzieren Solarstrom, während auf dem Areal zugleich Moorschutz und extensive Landwirtschaft betrieben und damit naturnahe Lebensräume geschaffen werden.

Die Wattmanufactur und der Osterhof aus Galmsbüll, Kreis Nordfriesland, haben mit ihren Geschäftsführern René Nissen und Jess Jessen in Lottorf in die Zukunft investiert. Ihre Mission ist es, standortgerechte und „ökologische“ Solarparks zu entwickeln und dabei Landwirte und Kommunen mitzunehmen. Auf dem zuvor intensiv genutzten Grünland entlang der Bahnstrecke Flensburg-Neumünster werden seit dem vergangenen Sommer nun Natur- und Moorschutz, Landwirtschaft und Regenerative Strom­erzeugung kombiniert. „Wir müssen Landwirtschaft und Energieerzeugung gemeinsam denken und die Landwirtschaft teilhaben lassen, denn da sitzt das Know-how“, erklärt Nissen. Der Osterhof betreibt in achter Generation selbst Landwirtschaft: Heute sind es mehr als 600 ha Demeter-Ackerbau in Deutschland und Dänemark.

Nachführbare Module

Laut Wattmanufactur ist der Solarpark der größte mit nachführbaren Modulen in Deutschland und erzeugt jährlich etwa 20 Mio. kWh Erneuerbare Energie. Die 39.270 bifazialen, der Sonne von Ost nach West folgenden Module verwerten dabei nicht nur die direkte Sonnen­einstrahlung, sondern auch das reflektierte Licht von unten. Neben einer höheren Energiegewinnung bieten die beweglichen Module zudem weiterhin einen vollflächigen Lichteinfall und Beregnungsmöglichkeit. So könne sich der zuvor intensiv bewirtschaftete Moorboden erholen und mehr CO2 binden. Die Fläche wird durch eine Portionsweide sowie eine regelmäßige, behutsame Mahd extensiv landwirtschaftlich genutzt. In einem langjährigen Monitoring würden alle Auswirkungen auf die Boden-, Pflanzen- und Tierwelt mit Fachbiologen dokumentiert und ausgewertet, heißt es von der Wattmanufactur.

Dr. Rolf Peschel, René Nissen, Dag Frerichs, Jess Jessen und Thies Jensen  Foto: Julian Haase

Träger ohne Fundament

Die Grünlandfläche in Lottorf ist im Vorwege beprobt und auf ihre Torfmächtigkeit hin untersucht worden. Sämtliche Träger der Gestelle sind zwischen 80 cm und 3 m in den Torfboden gedrückt worden und „stehen“ auf dem darunterliegenden Mineralboden – ein Fundament ist nicht notwendig. „Bei einer größeren Tiefe geht es aber an die Wirtschaftlichkeit“, erläutert Jessen. Sollen die Gestelle eines Tages demontiert werden, lassen sich die Träger einfach wieder nach oben aus dem Boden herausziehen. Um einen Einfluss durch die Ver­zinkung der Stahlträger auf den umliegenden Boden zu verhindern, wurden diese mit Epoxidharz beschichtet.

Die Modulstränge sind wartungsfrei gelagert und verfügen über dezentrale Wechselrichter. Lediglich ein 200 W-Motor von der Größe einer Selterflasche dreht einen 100 m langen Modulstrang und führt ihn der Sonne nach. „Zwölf bis vierzehn Prozent Mehrertrag sind so drin“, schildert Nissen, verweist aber auch auf die höheren Investitionskosten. So habe etwa für Wartungsarbeiten und die Feuerwehr auch ein befahrbarer Weg durch den Solarpark angelegt werden müssen. Die Gestelle der Module sind so beschaffen, dass mithilfe eines speziellen Mähbalkens mit breiten Rädern und Stachelwalzen dazwischen und darunter bei Bedarf gemäht werden kann. Dadurch, dass keine rotierenden Mähwerzeuge zum Einsatz kommen, werden die Insekten geschont und die Solarmodule vor Beschädigungen geschützt.

Ohne Fundament: Die verzinkten und mit Epoxidharz beschichteten Träger werden lediglich in den Boden gedrückt. Foto: Julian Haase

Um eine Austrocknung zu verhindern und um das Wasser auf der Fläche zu behalten, seien beispielsweise die Drainagen unbrauchbar gemacht worden. Ein optimaler Pegelstand könne derzeit allerdings nicht immer erreicht werden. Eine 3 m tief eingefräste Folie soll hier, ähnlich einer Badewanne, in Zukunft Abhilfe schaffen. Dag Frerichs, Landwirt und Bewirtschafter aller Solarparks des Osterhofs, verweist auch auf die zuletzt immer häufiger aufgetretene Frühsommertrockenheit. Für den Biolandwirt ist die Photovoltaik eine Möglichkeit der Diversifizierung landwirtschaftlicher Betriebe und auch in Zukunft Baustein des betrieblichen Erfolgs. Ohnehin seien es die breit aufgestellten Betriebe, so Frerichs, die erfolgreich seien. Das eine sei der Moorschutz, das andere der Gewässerschutz: „Wir müssen als Landwirte liefern“, betont Frerichs. Diese Böden gehörten ohnehin nicht zu den Hochertragsböden. Die Wattmanufactur plädiert bei dieser Form der Energieerzeugung für eine eigene Flächenkategorie, sodass die Extensivierung der Solarparkfläche über die Eco-Schemes angerechnet werden kann.

Ein 200 W-Motor genügt, um einen 100 m langen Modulstrang der Sonne nachzuführen. Foto: Julian Haase

Maßnahmen gebündelt

Die positiven Effekte der wandernden Verschattung auf Pflanzenwachstum und Artenvielfalt bei gleichzeitiger Möglichkeit einer vollflächigen Beregnung hob der Potsdamer Biologe Dr. Rolf Peschel hervor. Ein Wildkorridor, Maßnahmen zum Brutvogelschutz und die Ansaat von Blühstreifen gehören ebenfalls zu der Anlage, die laut Berechnungen der Wattmanufactur jährlich 7.360 t CO2 einspart und 4.603 Haushalte mit Regenerativer Energie versorgt.

Wie holt man die Community ab?

Der Landjugendverband will in diesem Jahr seinen Social-Media-Auftritt erneuern. Die Projektgruppe (PG) Öffentlichkeitsarbeit, die sich mit diesem Thema beschäftigt, traf sich kürzlich zum dritten Mal. Zu Gast war bei dem Onlinemeeting unter anderem Karolina Kaczmarczyk vom FMJK, Fachstelle für Jugendmedienkultur in Nordrein-Westfahlen.

Die Fachstelle berät die Jugend bei der Nutzung von Social Media, zeigt die großen Möglichkeiten auf, will aber zugleich für die Risiken in diesem Bereich sensibilisieren. Für die sieben Mitglieder der PG Öffentlichkeitsarbeit war es sehr interessant, von den Referenten aus Nordrhein-Westfalen zu hören, wie die Fachstelle bei der Bereitstellung und Durchführung von medienpädagogischen Angeboten berät und unterstützt. Durch die zahlreichen Beispiele, wie man einen Social-Media-Kanal aufbaut, insbesondere einen Instagram-Kanal, konnten sie viel lernen und für die eigene Arbeit mitnehmen. So erläuterten die Gäste, dass es wichtig sei, die Community, also die Abonnenten, wie die Follower bei Instagram heißen, mit einzubeziehen. Durch verschiedenste Tools, zum Beispiel in einer Story, könne man diese Gemeinschaft Fragen stellen lassen oder ihr drei Antworten zur Wahl stellen. „Diese Art der Partizipation ist sehr wichtig, damit sich die Community miteinbezogen fühlt“, so Karolina Kaczmarczyk. Diese Teilhabe am Geschehen sei sehr wichtig, damit diejenigen, die einer Seite auf Instagram folgten, sähen, dass sie in Kontakt treten und ihre Ideen und Anregungen mitteilen könnten, so ein weiterer Tipp.

Karolina Kaczmarczyk Foto: FMJK

Gelernt haben die Mitglieder der PG auch, dass es anders als in der Instagram-Story für einen Beitrag wichtig ist, dass dieser mit dem gesamten Feed, also der Sammlung der eigenen Beiträge, harmoniert. Durch immer wiederkehrende Farben, ein einheitliches Layout und einheitliche Schriftformen könne ein Wiedererkennungswert geschaffen werden. Dafür sei ein Social-Media-Konzept wichtig. Aber was ist das überhaupt? – Das wollte die Projektgruppe für ihre Arbeit wissen.

Auch darauf gab es eine Antwort: Dazu werde meistens auf einer Seite festgeschrieben, wie der Beitrag aussehen solle, also welches Layout, welche Farben, welche Schrift und welches Logo verwendet würden. Außerdem werde festgeschrieben, wann und in welchem Abstand gepostet werden solle, wer für den Post zuständig sei und wer den Beitrag poste.

Das war auf jeden Fall ein guter Input und die Mitglieder der PG waren begeistert, wie viel sie für ihre Arbeit mitnehmen konnten. Nun sind sie motiviert, das Gelernte für die Landjugend umzusetzen. Und falls ihr sehen wollt, für welche Layouts und Farben sie sich entschieden haben, folgt der Laju gerne auf Instagram @landjugend_sh

Gekocht und gerechnet

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Dass Hauswirtschaft und Verbraucherwissen auch die Jungs interessieren, wenn sie dazu ganz praktische Anleitung bekommen, zeigte sich am Girls‘ und Boys‘ Day auch bei den Einsätzen von LandFrauen der Ortsvereine Berkenthin, Kappeln und Rendsburg. Dabei ging es nicht nur um das Erlernen von Fertigkeiten beim Kochen, Waschen, Bügeln und Fensterputzen, sondern auch um das Wirtschaften. Dass es funktioniert, ein gesundes und zugleich leckeres Dreigängemenü für 3,85 € zuzubereiten, sorgte auf jeden Fall für eine Überraschung bei den Schülern.

Was ist ein Wäschezeichen, wo finde ich es und was hat es zu bedeuten? Diese Schüler der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz wissen es jetzt. Foto: Angelika von Keiser

Aber auch für die LandFrauen bot der Tag Unerwartetes. War es zu den Anfängen des Boys‘ Days vor zehn Jahren in den Schulen oft noch schwierig, genügend Jungen für die Angebote in der Schulküche und für Verbrauchertipps zu gewinnen, müssen sich die Schüler der Grund- und Gemeinschaftsschule Stecknitz inzwischen rechtzeitig für das Angebot der LandFrauen bewerben, um nicht auf der Warteliste zu landen. Elf Schüler lernten bei LandFrauen des OV Berkenthin zum Beispiel, was es mit den Wäschezeichen auf sich hat oder wie heiß ein T-Shirt gebügelt oder gewaschen werden sollte. Natürlich wurde auch zusammen gekocht und, das Beste, zum Abschluss gemeinsam gegessen. „Cool fanden wir, dass zwei Mädchen aus der sechsten Klasse den ganzen Tag mit Tablets unterwegs waren, Interviews führten, filmten und zum Schluss einen Videoclip auf der Homepage der Schule veröffentlichten“, so die Vereinsvorsitzende Angelika von Keiser.

Kochen mit den LandFrauen war für die Jungs der Bergschule Fockbek auf jeden Fall attraktiver als Unterricht. Foto: Kristiane Schade

In der Schulküche der Bergschule Fockbek hatten LandFrauen des OV Rendsburg alles parat, um unter anderem eine „Mafiatorte“ mit den Schülern zu backen. „Einige hatten sich nur gemeldet, weil das besser ist als Unterricht“, berichtet die erste Vorsitzende Sigrid Aust mit einem Schmunzeln. Aber dann seien die zwölf Jungs schnell bei der Sache gewesen. Nicht nur beim Vorbereiten der Torte mit dem besonderen Namen, sondern auch beim Salatschnippeln, der Gestaltung der Tischdeko und beim Bettenbeziehen. Allerdings merke man schon, wer zu Hause bereits helfe und wer gar nichts machen müsse, so die LandFrau. Da seien auf jeden Fall auch die Eltern gefragt, denn „Hauswirtschaft und Verbraucherbildung sind Dinge, die wichtig fürs Leben sind“, so Aust.

Das zeigte sich beim Boys‘ Day in der Gemeinschaftsschule an der Schlei in Kappeln eindrucksvoll. Dort überlegte ein Schüler nach dem Einsatz in der Schulküche, künftig vom Wahlpflichtkurs Informatik zur Verbraucherbildung zu wechseln. Überhaupt war die Vorsitzende der Kappelner LandFrauen, Petra Heide, hochzufrieden. „Es ist immer wieder eine tolle Erfahrung, die Schüler zu erleben. Alle haben engagiert, konsequent und ordentlich gearbeitet.“ Und wovon sie besonders begeistert war: „Diesmal hat auf eigenen Wunsch eine ganze Klasse mitgemacht. So war es für uns ein ­​Girls‘ ​und Boys‘ Day.“ Neben der Zubereitung von Gemüsesuppe, buntem Salat und Quarkspeise ging es auch um die Kostenrechnung. Das war dann doch vielen Schülern unbekannt und sie waren erstaunt, dass das selbst gemachte Dreigängemenü nur 3,85 € pro Person kostete. Das Beste war natürlich, dass es beim gemeinsamen Essen allen super schmeckte. Verabschiedet wurden die LandFrauen mit dem nachdrücklichen Wunsch: „Ihr kommt aber nächstes Jahr wieder zu uns, nicht wahr?“ 

Mitarbeiten und mitreden

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Martina Ralfs-Löding (li.) erhielt am Dienstag ihr Zertifikat für den erfolgreichen Abschluss des Aufbaukurses der Qualifizierung zur Büroagrarfachfrau (Baff). Den Kurs hat sie mit Bravour und Baby im Bauch absolviert. Ihr Kind brachte sie nur einen Tag nach dem letzten Kurstag zur Welt. Überreicht wurde ihr das Zertifikat von Ute Volquardsen, Präsidentin der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Die Kammer bietet die Qualifizierung seit vielen Jahren gemeinsam mit dem LandFrauenverband Schleswig-Holstein an. Insgesamt waren 29 Absolventinnen des Grund- und Aufbaukurses zur feierlichen Zertifikatsübergabe in die neuen Räume der Investitionsbank Schleswig-Holstein in Kiel eingeladen. Damit erfüllte sich nach der Corona-Pause, in der die Qualifizierung teilweise auch digital organisiert wurde, ein großer Wunsch der Teilnehmerinnen: endlich wieder ein Präsenztreffen. Deutlich wurde bei der Zertifikatsübergabe, dass die Frauen viel mitgenommen haben, um in ihren Betrieben „nicht nur mitarbeiten, sondern auch mitreden zu können“, wie sie sagten. Ein ausführlicher Bericht folgt in der nächsten Bauernblatt-Ausgabe.

Neues Futter mit fragwürdiger Verdaulichkeit

Endlich kommt Bewegung in die Bearbeitung der Finanzhilfen für Schweinehalter. Schon seit Monaten warteten viele Betriebe in Schleswig-Holstein auf die dringend benötigten Mittel, die im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfe versprochen wurden und in anderen Bundesländern schon längst auf den Höfen angekommen sind. 

Die neue Dynamik entstand Anfang März: Nach einem Konzept des Bundeswirtschaftsministeriums in Verständigung mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium sollte der Nachweis ausreichen, dass Umsatzeinbußen „weit überwiegend“ corona-bedingt sind. In diesen Fällen würde der Antrag auf Corona-Überbrückungshilfe automatisch in die Härtefallregelungen der Länder überführt.

Genau diese Marschrichtung hat nun auch Schleswig-Holstein vorgegeben. Da Schweinehalter aus Sicht des Kieler Wirtschaftsministeriums (Wimi) nicht nachweisen können, dass die Umsatzeinbrüche auf ihren Betrieben „ausschließlich“ auf Corona zurückzuführen sind, sollen alle Anträge auf Überbrückungshilfe (ÜH III und ÜH III Plus) in die Härtefallregelung überführt werden. Das Wimi begründet seine Rechtsauffassung mit zusätzlichen Effekten, die bei Schweinehaltern zu Buche schlagen, wie dem Auftreten der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland.

Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz (FDP) sah sich daher am Donnerstag vergangener Woche in der Rolle des Überbringers positiver Nachrichten. Die Schweinehalter um Dietrich Pritschau, Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), die zum Ministergespräch nach Kiel gekommen waren, um auf eine zügigere Bearbeitung der Überbrückungshilfen zu drängen, fühlten sich jedoch vor vollendete Tatsachen gestellt und zeigten sich überrascht (siehe Seite 10). Höchst unglücklich war zudem, dass die Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums zu der geplanten Regelung vor dem Gespräch mit den Betriebsleitern veröffentlicht wurde. Auf „warme Umarmungen“ hoffte Minister Buchholz demnach vergeblich.

Ein großes Fragezeichen steckt bei der Härtefallregelung hinter der Voraussetzung, dass eine „Existenzgefährdung“ vorliegen muss. Wie dieser Nachweis von den Betrieben zu erbringen ist, blieb am Donnerstag offen. Buchholz versprach aber eine „wohlwol­lende Prüfung“. 

Die Härtefallregelung kann eine gute Lösung für die Schweinehalter sein, wenn sie nun unbürokratisch abgewickelt wird. Es geht nämlich darum, schnell notwendige Liquidität auf die Betriebe zu bringen und eine Schlechterstellung des Schweinesektors gegenüber anderen Branchen zu vermeiden. 

Die Überbrückungshilfe bleibt Betrieben zwar grundsätzlich offen, sofern der Nachweis erbracht wird, dass der Umsatz­einbruch zu 100 % coronabedingt ist. Durch die Rechtsauffassung des Wimi droht dann jedoch ein zermürbender Rechtsstreit darum, wie dieser Nachweis auszusehen hat. Sicher ist, dass das die Auszahlung von Hilfsgeldern weiter verzögern würde, was sich die Schweinehalter kaum leisten können. „Friss die Härtefalllösung oder stirb“, heißt es daher wohl für die meisten.

Dr. Robert Quakernack. Foto: bb

Wiedersehen mit alten Bekannten

Nach drei Jahren ohne das von Idee Kaffee präsentierte Deutsche Spring- und Dressur-Derby ist die Sehnsucht nach dem Turnierklassiker in Hamburg-Klein Flottbek riesig. Und eins ist bereits jetzt gewiss: Es wird ein wunderbares Wiedersehen.

„Unser Ziel ist es, mit dem diesjährigen Derby nahtlos an 2019 anzuknüpfen. Die Vorzeichen dafür stehen sehr gut“, freut sich Turnierchef Volker Wulff. „Wichtig ist es uns auch, die Longines Global Champions Tour in Hamburg zu halten. Das Turnier in Hamburg hat eben auch einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert – das birgt Verantwortung.“ Seit mehr als 100 Jahren wird hier der älteste und schwerste Parcours der Welt geritten. „Wir sind froh, dass es jetzt endlich weitergeht und diese beeindruckende Einheit zwischen Mensch und Pferd in Hamburg wieder erlebbar wird“, so Albert Darboven.

Der Weg zum Deutschen Spring-Derby führt traditionell über zwei Qualifikationen: Die erste wird gleich am Mittwoch geritten, dem ersten Turniertag, die zweite führt am Freitag im Preis der Deutschen Kreditbank AG bereits über den legendären Wall. Mit dabei sind zum Beispiel der amtierende Europameister und dreifache Derby-Sieger André Thieme sowie Toni Haßmann, ebenfalls dreifacher Derby-Sieger, der nach Collin wieder ein hoffnungsvolles Derby-Pferd hat. „Ich bin das Derby zuletzt vor 15 Jahren geritten. Mit Top Gun habe ich ein sehr braves und vermögendes Pferd. Ich habe großes Vertrauen in ihn“, schwärmt Haßmann.

Das Almased 62. Deutsche Dressur-Derby wird in der neu kreierten Anrecht-Invest­ment-Dressurarena zelebriert. Dort wird sich Kathleen Kröncke, noch bekannt als Kathleen Keller, nach der Babypause auf ihrem Lieblingsturnierplatz zurückmelden – natürlich mit dem Ziel, um das blaue Band des Derby-Siegers zu reiten. „Derby ist wie nach Hause kommen, das schönste Turnier der Welt. Ich werde mit zwei Pferden nach Hamburg kommen“, so die 32-Jährige, die inzwischen in Großbritannien lebt.

Weitere Informationen ­unter: www.hamburgderby.de Das Kartentelefon ist von Montag bis Freitag von 9 bis 13 Uhr unter Tel.: 0 18 05-11 91 15 erreichbar. Tickets von 2020 behalten ihre Gültigkeit, Karten sind aber noch für alle Tage zu haben.  pm

Kartenverlosung

Bauernblattleser können Karten für das Deutsche Spring- und Dressur-Derby gewinnen. Verlost werden jeweils fünfmal zwei Tickets für Donnerstag, Freitag und Sonnabend. Wann ist Toni Haßmann zuletzt das Derby geritten? Einsendungen mit der richtigen Antwort bitte per E-Mail an: redaktion@bauernblatt.com oder per Post an: Bauernblatt GmbH, Pferdeseiten/Verlosung, Grüner Kamp 19-21, 24768 Rendsburg. Einsendeschluss ist Montag, 16. Mai. Es werden nur Einsendungen mit Namen, vollständiger Anschrift und Telefonnummer berücksichtigt.

Hohe Qualitäten, deutliche Zuwachsraten

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Die Rohfasergehalte in Ackergras- und Dauergrünlandbeständen liegen unter dem Zielwert. Die Erträge stiegen im Vergleich zur Vorwoche deutlich an, bleiben ­jedoch zunächst auf geringem Niveau. Sonnenreiche Tage und niedrige Nachttemperaturen sorgen für hohe Energiegehalte.

Neben den Ackergrasbeständen wurde in der vergangenen Woche damit begonnen, Erträge und Qualitäten in Dauergrünlandbeständen zu bestimmen. Hier lagen die durchschnittlichen täglichen Trockenmassezuwächse Anfang vergangener Woche zwischen 84 kg TM/ ha (nördliche Geest und Hügelland) und 118 kg TM/ha (Marschregion). Die Rohfasergehalte (XF) schwankten in einem Bereich zwischen durchschnittlich 13,3 % und 14,8 %. Sie lagen somit auf einem noch niedrigen Niveau. Entsprechend den jungen Aufwüchsen waren die Energiegehalte mit durchschnittlich 7,7 MJ NEL/kg TM sehr hoch. Zum aktuellen Wochenende nehmen die täglichen Zuwachsraten deutlich zu. Die Rohfasergehalte steigen aktuell um durchschnittlich 0,2 bis 0,3 % je Tag an. Die Übersichten 2 und 3 zeigen die Zuwachsraten, Rohfasergehalte und Energiekonzentrationen der Beprobung am 28. April und die Prognosewerte für den 8. Mai. In der Tabelle sind weitere Ertrags- und Qualitätsparameter angegeben.

Erträge nehmen zu

Im Ackergras lag der Ertrag in der vorigen Woche im Vergleich zum Dauergrünland mit 15,4 dt TM/ha um nahezu 50 % höher. Die durchschnittlichen Rohfasergehalte stiegen von 14 % (28. April) auf aktuell 15,6 % XF in der TM (8. Mai). Die Energiegehalte nahmen aufgrund der nur langsamen Entwicklung im Vergleich zur Vorwoche bloß geringfügig ab und blieben mit 7,8 MJ NEL/ kg TM auf einem hohen Niveau. Aktuell weisen die niedrigen Rohfasergehalte und hohen Energiegehalte auf das noch frühe Entwicklungsstadium hin (Übersicht 2).

Entwicklung variiert stark

Die eigenen Bestände sollten regelmäßig begutachtet werden, denn wie in der Tabelle ersichtlich, kann die Ertrags- und Qualitätsentwicklung aufgrund der hohen Heterogenität von Grünlandbeständen flächenspezifisch stark variieren. Wer sich ein detailliertes Bild über die botanische Artenzusammensetzung und das Management der beprobten Bestände verschaffen will sowie die Werte wochenaktuell einsehen möchte, kann dies tun unter gruenlandportal-sh.de oder mittels der Grünlandapp „Grünlandportal SH“.

Hohe Sonneneinstrahlung bei niedrigen Nachttemperaturen führte zu hohen Zuckergehalten von durchschnittlich 29 % in der Trockenmasse. Foto: Tammo Peters

Umgang mit Überbrückungshilfe ist nicht hinnehmbar

Das Forum des Landesvorstandes nutzte Präsident Werner Schwarz für einen Blick auf die Entwicklung der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL), auf den Stand der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und die Situation der Schweinehalter im Land.

Der Abschlussbericht der ZKL wurde am 6. Juli 2021 vom Vorsitzenden Prof. Peter Strohschneider der Bundeskanzlerin übergeben. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung geht zwar kaum auf die ZKL ein, dennoch sendete der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) nach seinem Amtsantritt zunächst positive Signale, dass er die Bedeutung der Empfehlungen für einen Umbau des Ernährungssystems unterstreiche und an den gemeinsamen Konsens anknüpfen wolle.

ZKL im Lockdown

Die aktuelle Bilanz fällt nach Schwarz’ Worten ernüchternd aus. Das Forum der ZKL sei so gut wie aufgelöst. Unruhe zwischen den landwirtschaftlichen Verbänden und den NGO mache sich wieder breit. Als jüngstes Beispiel nannte Schwarz die Forderung nach einer öffentlichen Datenbank aller Pflanzenschutzanwendungen. Anführer dieser Diskussion sind das Umweltinstitut München und Umweltverbände wie der Deutsche Naturschutzring (DNR). Einzelne Umweltorganisationen stellten sich an die Spitze und agierten als Wortführer, was den erst begonnenen Austausch schon wieder unterbinde. Vonseiten des Bauernverbandes werde das als problematisch angesehen und eine Pflanzenschutzdatenbank abschlägig beurteilt, weil dadurch fälschlicherweise suggeriert werde, Pflanzenschutzanwendungen fänden ohne jede Kontrolle und Regel statt.

Werner Schwarz, Karen Clausen-Franzen und Dietrich Pritschau (v. li.)

Die nächste Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist eingeläutet, und die neuen Vorgaben sollen ab 2023 in Kraft treten. „Der deutsche Strategieplan ist mit deutlicher Verspätung bei der EU-Kommission eingereicht worden, sodass die Bewertung der Kommission, der sogenannte Observation Letter, entsprechend später zu erwarten sei, so Schwarz. Er geht davon aus, dass Deutschland Ende Mai mit der Einschätzung der Kommission rechnen könne, und erklärte, aus diesem Grund sei es zum jetzigen Zeitpunkt schwierig für das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL), adäquat auf Fragen des DBV zu antworten, weil es immer noch zu Änderungen kommen könne. Bei den Themen GAP-Konditionalitäten-Verordnung und Glöz-Standard „Bodenbedeckung im Winter“ sei der Verband aktiv in der Diskussion um Freigabe, ebenso bei der Verordnung zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKoS) und der Frage der Hauptkultur beziehungsweise erster und zweiter Frucht. Als Referenzjahr sei jetzt 2023 im Gespräch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, auch wegen der Erfordernisse durch den Krieg in der Ukraine. Ein Schreiben zur Verschiebung des Referenzjahres liege Minister Özdemir vor. Auch im EU-Parlament würden Forderungen laut, Stilllegung und Fruchtwechsel neu zu überdenken.

Schweinehalter warten

Die Diskussionen und Unstimmigkeiten über die Auszahlung der Corona-Überbrückungshilfen stellte Dietrich Pritschau im Gremium des Landesvorstandes dar und berichtete vom Gespräch mit Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz (FDP). Er machte deutlich, dass Schleswig-Holstein im Vergleich zu anderen Bundesländern hinterherhinke und es höchste Zeit sei für eine Beschleunigung der Verfahrens und der Auszahlungen. Pritschau betonte, dass der Knoten sich erst löse, wenn positive Rückmeldungen aus dem Mitgliederbereich des BVSH kämen, ob Geld gekommen sei oder nicht. Dann könne man darüber nachdenken, den Klageweg einzuschlagen. Der Minister soll dazu gesagt haben, dann solle man sich auf eine Prozessdauer von anderthalb Jahren einstellen. Pritschau weiter: In Mecklenburg-Vorpommern seien erste positive Bescheide bekannt, und „es bleibt die Hoffnung, dass die I-Bank endlich zu arbeiten anfängt“.

Herkunftskennzeichnung

Das Thema der Haltungs- und Herkunftskennzeichnung beschäftige den Fachausschuss Milch auf DBV-Ebene, berichtete der Vorsitzende des Ausschusses für milchwirtschaftliche Fragen und Vizepräsident, Klaus-Peter Lucht. Eine verpflichtende Kennzeichnung bringe zum jetzigen Zeitpunkt für die Milchviehhalter wie für die Meiereien Nachteile, erläuterte er. Es bedeute für die Meiereien eine separierte Erfassung von Lieferungen aus den Nachbarländern wie Dänemark mit den dazugehörigen steigenden Logistikkosten. Diese Kosten würden an die Milchviehhalter weitergereicht in Form der Kürzung des Grundmilchpreises. Das sei unter den aktuellen Markt- und Produktionsbedingungen schwer darstellbar und nicht hinnehmbar. Vorgeschlagen wurde eine Kennzeichnung auf freiwilliger Basis, bis eine europaweit verpflichtende Herkunftskennzeichnung, die auch der DBV fordert, sichergestellt ist. Das würde Meiereien, die bei ihrer Vermarktung auf regionale Aspekte angewiesen seien, in der aktuellen Situation unterstützen, ebenso wie Unternehmen an Exportstandorten, die beispielsweise auf Milchpulverproduktion spezialisiert seien. Karen Clausen-Franzen bestätigte diese Darstellung und gab zu bedenken, dass das Geschäftskonzept zahlreicher genossenschaftlicher Meiereien in der grenzübergreifenden Erfassung bestehe und es bereits erkennbar sei, dass einige bei notwendiger Separierung und Herkunftskennzeichnung an Grenzen stoßen würden.