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Vorteile weiter Fruchtfolgen nutzen

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Die im Süden Schleswig-Holsteins und somit auch im Beratungsgebiet 6 des Ingenieurbüros ­Geries weit verbreiteten, oft engen Fruchtfolgen, wie zum Beispiel Raps-Weizen-Gerste oder reine Maisfruchtfolgen, wurden schon oft hinterfragt. Doch wo liegen die Alternativen und Vorteile einer weiten Fruchtfolge? Ab 2023 treten die Maßnahmen der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Kraft. Mit ihnen kommt voraussichtlich die jährliche Fruchtwechselregelung (Glöz 7).

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, Spezialisierungen der Betriebe und die unterschiedlichen Standortgegebenheiten (Hügelland und Sander) im Beratungsgebiet haben dazu geführt, dass ein- bis dreigliedrige Fruchtfolgen dominieren. Für 2016 bis 2021 wurden die Fruchtfolgen der beratenen Landwirtinnen und Landwirte ausgewertet. Sie wurden nach den in der Legende der Abbildung 1 genannten Kriterien gruppiert und nach ihren weiteren Fruchtfolgegliedern, beispielsweise „Getreideanteil von bis zu 40 %“, sortiert.

Die klassischen Getreide-Raps-Fruchtfolgen nehmen mit 45 % den größten Anteil ein. In den zurückliegenden Jahren wurde auf rund 23 % der Fläche überwiegend Getreide angebaut. Die Maisfruchtfolgen machten 20 % der landwirtschaftlichen Ackerfläche aus. Vielfältigere, weitere Fruchtfolgen machten immer den geringsten Anteil aus.

Eigener Standort ist entscheidend

Für eine Erweiterung dieser klassischen Fruchtfolge ist eine individuelle Betrachtung des eigenen Standorts entscheidend. Es gilt, pH-Wert, Bodenart, Humusbilanz und Wasserhaushalt zu bewerten und Anbauansprüche (Halm- und Blattfruchtanteil, Humusmehrer sowie Humuszehrer, Anbaupausen, Vorfruchteffekte et cetera) zu berücksichtigen und abzuwägen, wie die angebauten Kulturen genutzt werden können. Neben der Vermarktung kann auch die eigene Veredelung an Bedeutung gewinnen.

Durch Fruchtfolgen Herbst-Nmin beeinflussen

Ein steigender Mineraldüngerpreis sowie verschärfte düngerechtliche Regelungen stellen die Landwirtschaft vor Herausforderungen. Sie erfordern rein ökonomisch gesehen einen effizienteren Düngereinsatz in der Fruchtfolge.

Bekanntermaßen zeigen sich hohe Herbst-Nmin-Werte nach Winterraps und Winterweizen. Brachen und Sommerungen wie die Zuckerrübe und Ackergras hingegen weisen niedrigere Herbst-Nmin-Gehalte auf. In Abbildung 2 sind die mittleren Herbst-Nmin-Werte der Jahre 2012 bis 2021 dargestellt. Durch eine entsprechende Kombination profitiert so auch der Gewässerschutz von dem effizienteren Düngereinsatz.

Sommerungen lockern N-Salden auf

Durch die Erweiterung enger Fruchtfolgen kann das Nährstoffmanagement insgesamt verbessert werden. Tabelle 1 zeigt einige Beispiele von gewässerschonenderen Fruchtfolgen in Acker- sowie Futterbaubetrieben. Basierend auf den mittleren N-Salden der Schlagbilanzen 2016 bis 2021 werden hier mögliche durchschnittliche N-Salden aufgezeigt. Im Getreideanbau wird oft von dem Anbau der ertragsschwächeren Sommerungen abgesehen, doch bieten diese Kulturen sinkende N-Salden und niedrigere HerbstNmin-Werte im Vergleich zu Standardfruchtfolgen mit vorwiegend Winterungen.

Eine Alternative zu Raps-Weizen-Gerste ist die Änderung der Reihenfolge. Wird Wintergerste nach Raps angebaut, kann diese durch den N-Überschuss nach Winterraps (durchschnittlich 56 kg/ha) auch ohne Herbstdüngung zu einem kräftigen Bestand im Herbst bestocken. Demgegenüber nimmt der Winterweizen im Herbst keine größeren Stickstoffmengen auf. Mit der Hinzunahme einer Sommerung wird der Anbau einer Zwischenfrucht mit ausreichender Vegetationszeit ermöglicht. Die Etablierung von N-effizienteren Kulturen (zum Beispiel Zuckerrüben, Mais) in der Fruchtfolge bietet Potenzial zur Düngereinsparung und optimierten Verteilung des verfügbaren N-Kontingents innerhalb der Fruchtfolge. Der Mais ist in den mineralisations­starken Sommermonaten dazu in der Lage, viel Stickstoff aufzunehmen, und weist durch die Ernte als Ganzpflanze häufig einen negativen N-Saldo auf.

Durch den Anbau von Körnerleguminosen (Ackerbohnen, Körnererbsen und Lupinen), welche durch die Stickstofffixierung keinen zusätzlichen N-Düngebedarf aufweisen, fällt zudem der Stickstoffdüngereinkauf für diese Kulturen weg. Die Integration von Sommerungen in die Fruchtfolge spiegelt sich ebenfalls im Mineraldüngereinkauf wider, da diese auch einen geringeren Düngebedarf aufweisen als Winterungen.

Um in Futterbaubetrieben die Mais-Selbstfolge aufzulockern, ohne den Grundfutteranteil zu dezimieren, bietet sich eine Integration von Ackergras oder Ganzpflanzensilage (GPS)-Getreide an, wie in Tabelle 1 dargestellt. In allen Beispielen spielt die Etablierung von Zwischenfrüchten beziehungsweise einer Winterbegrünung eine wichtige Rolle und wird durch den Anbau von Sommerungen ermöglicht.

Erfahrungsgemäß sind die Herbst-Nmin-Werte bei Zwischenfruchtanbau mindestens um 20 bis 40 kg/ha niedriger. Die konservierten Nährstoffe bieten bei der Düngung zur Folgekultur ein erhöhtes Düngeeinsparpotenzial. Eigene Versuche haben gezeigt, dass eine gut etablierte Zwischenfrucht aus vielseitigen Mischungspartnern etwa 70 bis 80 kg N/ha nachliefert.

Zwischenfrüchte und Untersaaten integrieren

Eine wichtige Mischungskomponente im Zwischenfruchtanbau sind beziehungsweise werden in Zukunft die Leguminosen sein, welche durch die Symbiose mit Knöllchenbakterien den Luftstickstoff im Boden binden und somit ohne N-Düngung gute Aufwüchse generieren können. Auch durch die Berücksichtigung der N-Nachlieferung können Mineraldünger eingespart und eine beschränkte N-Düngung (zum Beispiel in der N-Kulisse) kompensiert werden. Zwischenfruchtmischungen bereichern die Artenvielfalt und erschließen durch die verschiedenen Wurzelsysteme auch größere Bereiche des Bodens, sodass sich der Nährstoffaufnahmeradius und der Durchwurzelungsbereich der Folgekultur erhöhen. Einige Mischungspartner (zum Beispiel Buchweizen, Phacelia) schaffen es, festgelegte Nährstoffe wie Phosphor aufzuschließen und auf diese Weise die Nährstoffverfügbarkeit zu verbessern. Ein gut etablierter Zwischenfruchtbestand im Herbst leistet außerdem einen großen Beitrag zum Erosionsschutz, sodass der Phosphoreintrag in Oberflächengewässer reduziert werden kann.

Zudem gilt es, auf Futterbaubetrieben in den Maisanbau auch Untersaaten zu integrieren, da sie eine bessere Bestandsentwicklung nach einer späten Maisernte erzielen können als eine spät gedrillte Zwischenfrucht. Auf diese Weise kann sowohl während als auch nach der Maisvegetationszeit maßgeblich zum Erosionsschutz und der Nährstoffkonservierung beitragen werden.

Bei der Wahl der Zwischenfrüchte und Untersaaten sollte darauf geachtet werden, dass diese zum einen nicht zum Zwischenwirt für Pathogene werden und zum anderen nach Möglichkeit Schädlinge (zum Beispiel Nematoden) unterdrücken.

Ackerhygiene durch Fruchtwechsel

Gemäß dem Integrierten Pflanzenschutz gilt es, die Pflanzengesundheit durch pflanzenbauliche Kulturmaßnahmen und eine angepasste Anbaustrategie zu fördern. Je vielgliedriger die Fruchtfolge, desto geringer ist die Anreicherung wirtspflanzenspezifischer Überdauerungsorgane im Boden. Phytopathologisch gesehen führt ein Wechsel wirtsspezifischer Kulturarten zur Unterbrechung der biologischen Brücke, reduziert somit den Infektionsdruck und unterbricht Infektionszyklen, sodass Fruchtfolgekrankheiten gemindert werden. Außerdem mindert ein Fruchtwechsel die Selektion kulturspezifischer Verunkrautung und trägt somit zur Bekämpfung von Problemunkräutern bei. Auch hinsichtlich der immer stärkeren Ackerfuchsschwanzproblematik sollten Sommerungen unbedingt integriert werden, da der Ackerfuchsschwanz aufgrund seiner Hauptauflaufzeit im Herbst im Frühjahr eine wesentlich geringere Auflaufrate aufweist.

Je mehr sich ein Wirkstoffeinsatz zweier Kulturen unterscheidet, desto einfacher ist es, einen Wirkstoffwechsel durchzuführen. Fruchtwechselbedingter Wirkstoffwechsel, Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) mit vielseitigen Wirkmechanismen und Wirkstoffkombinationen können bei sinkender PSM-Verfügbarkeit Resistenzen entgegenwirken. Ein durch enge Fruchtfolgen bedingter, jahrelanger einseitiger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln führt zur Selektion von bestimmten Biotypen bei den Schadpflanzen, die weitreichende Wirkstoffresistenzen entwickeln (zum Beispiel Sulfonylharnstoffe).

Fazit

In Getreidefruchtfolgen lässt sich leicht eine Sommerung (zum Beispiel Mais, Zuckerrübe, Hafer, Ackerbohne) in Verbindung mit einer Zwischenfrucht integrieren. Unterschiedliche Kulturen helfen bei der Herbizideinsparung und auch der Düngereinsatz lässt sich kulturübergreifend optimieren. Futterbaubetriebe stoßen hinsichtlich ihrer Anforderung der ausreichend vorzuhaltenden Grundfuttermenge auf andere Herausforderungen. Hier bieten sich die Erhöhung des Ackergrasanteils, GPS sowie der Mischkulturanbau und Untersaatanbau an. In Hinsicht auf die künftig neu hinzukommenden Anforderungen der GAP ab 2023 wäre als Denkanstoß auch eine Anbaukooperation mit anderen Landwirtinnen und Landwirten einzugehen, um das Anbauspektrum und die Fruchtfolgegestaltung weiter zu optimieren.

Entspannender Workshop bei Telle

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Zum Werkeln trafen sich die Jungen LandFrauen aus Nordfriesland in der Holzwerkstatt von Telle. Es ist schon fast zur Tradition geworden, sie an der dänischen Grenze einmal im Jahr zu besuchen.

Einige Junge LandFrauen aus dem Süden des Kreises nahmen sogar eine Fahrzeit von über einer Stunde in Kauf, um an diesem Abend beim Workshop dabei zu sein. Einige hatten schon eine Vorstellung, was gewerkelt werden sollte, andere bekamen Tipps und reichlich Vorlagen zur Auswahl. Anschließend wurde geschliffen, gestrichen, verziert und gewachst. Es entstanden tolle Dinge wie Schilder, Gartenstecker, Pinnwände, Dekoholzhäuschen, Tabletts und Geburtstagsbrettchen für Kinder.

In der Holzwerkstatt ist es meist ruhig und entspannend. Jede ist so vertieft in die Aufgabe und Telle steht immer mit Rat und Tat auf Deutsch, Plattdeutsch oder auf Dänisch zur Seite. Ein Abend, an dem es sich immer lohnt, dabei zu sein. 

Fast fertig: Svea beim Streichen Fotos: Sandra Nielsen

Die guten Dinge und der Bumerangeffekt

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„Motivation für mich im Ehrenamt, im Beruf, privat und im Leben“ – unter diesem Motto hatte der KreisLandFrauenverband Nordfriesland zu einem Vortrag mit Christine Hamester-Koch in den Reußenkögen eingeladen. Zugleich bereicherten Eike Jürgensen und Kathrin Volquardsen den Abend mit ihren Erfahrungen zwischen Herausforderung und Erfüllung.

Was treibt mich an, wie sieht meine Lebensplanung aus, wie finde ich meine Berufung oder brauche ich eine Abwechslung im Alltag? Viele Fragen, die sich sicher ein jeder einmal stellt. Eine Frau, die vor Ideen und Motivation nur so sprüht, ist Christine Hamester-Koch. Schon im Jahr 2005 konzipierte sie zusammen mit der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein die Bauernhofpädagogik. Als zertifizierter Coach bringt Christine-Hamester-Koch heute auch Manager mit landwirtschaftlichen Methoden auf Erfolgskurs. „Mitarbeiterführung lässt sich wunderbar im Schweinestall erlernen“, so die 58-Jährige. Für diese Erkenntnis lässt sie gestandene Führungskräfte auch mal eine Gruppe Schweine in eine andere Ecke des Stalls treiben. Es mutet etwas skurril an, doch Christine weiß, dass die elementare Arbeit mit Tieren und Natur übertragbar ist auf den beruflichen Alltag. Denn es sei wichtig, Erfahrungen mit Lebendigem zu machen, die sich auf den eigenen Alltag anwenden lassen. 

Dass Frauen in der Landwirtschaft mehr Anerkennung erhalten sollten, verdeutlichte im Anschluss Kathrin Volquardsen alias „die Landmarie“. In ihrem gleichnamigen Blog zeigt sie auf Facebook und Instagram ihren Hofalltag im Sönke-Nissen-Koog zwischen Kindern, Küche und Kuhstall. Sie wolle damit Einblicke in die Landwirtschaft geben und ihren 3.500 Followern zeigen, was einen Bauernhof so lebens- und liebenswert mache.
Liebe, Lust und Leidenschaft würden auch sie antreiben, und die Kinder brächten die Kreativität ins Rollen. „Tu, was dich ausfüllt, und schiebe nichts vor dir her“ – so der Rat der Jungen LandFrau.

Ebenso energiegeladen ist Eike Jürgensen aus Högel. Zusammen mit ihrem Mann und den vier Kindern im Alter zwischen zwölf und 22 lebt und arbeitet sie auf dem Ausbildungshof Jürgensen mit Milchvieh und Bullenmast. Sie ist ausgebildete Erzieherin und holt Schulklassen, Berufsschüler und Praktikanten auf ihren Hof. Der Girls‘ Day steht fest im Kalender. Bereits seit vielen Jahren führen sie und ihre Familie als AgrarScouts den Dialog mit den Verbrauchern, ob auf Deutsch, Plattdeutsch oder Dänisch. Es seien Kleinigkeiten, die große Wirkung zeigten, so die einfallsreiche LandFrau. Für Radfahrer gebe es eine Refill-Station mit frischem Wasser, und wer mit dem Camper unterwegs ist, für den stehe auch noch ein Stellplatz für die Nacht zur Verfügung.

Ausführlicher Bericht in der aktuellen Bauernblatt-Ausgabe.

Das Grüne Sofa

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Knackige Fragen und kurze, gut verständliche Antworten zur Landwirtschaft – das ist das Konzept vom Grünen Sofa, mit dem Bauernverband und Landjugend Landwirtschaft live vom Feld aufs Smartphone bringen wollen. Natürlich ist das Grüne Sofa eine Anspielung auf das bekannte Rote Sofa des NDR. Allerdings wird nicht im Studio getalkt. Die Landjugend trägt das Sitzmöbel direkt an den Feldrand, auf die Weide oder in den Stall. Und dann heißt es: „Action!“

Die Idee wurde in der Zukunftswerkstatt Pflanzenbau Schleswig-Holstein geboren. Genauer genommen brachte sie Heinrich Mougin, Landwirt aus Lenste und Vorstandsmitglied des Bauernverbandes, ein. Danach sollen auf dem Sofa alle Facetten der Landwirtschaft vorgestellt und zudem erklärt werden, was gerade in der Landwirtschaft läuft. „Unser Fokus liegt darauf, dass die Interviewten bei den jeweiligen Themen voll im Saft stehen, aber Landwirtschaft auch für jeden verständlich erklären“, so Mougin. Er nahm die Sache auch gleich selbst in die Hand und suchte bei eBay ein grünes Sofa. Der Bauernverband stellte das Equipment für die Außenaufnahmen wie zwei sturmsichere Funkmikrofone.



Kay Eiberg von der Kreislandjugend Herzogtum Lauenburg interviewt beim Tag des offenen Hofes den Spargelbauern Andreas Löding. Hannes filmt.

Und dann kam die Landjugend ins Spiel. „Wir wollten auf jeden Fall, das die Landjugend federführend ist und die Themen von jungen Leuten rübergebracht werden“, sagt Mougin und freut sich, dass der Plan aufging.

Seit der Rapsblüte reist nun Hannes Bumann, erster Vorsitzender der Landjugend Schleswig-Holstein, oft mit dem besonderen Möbelstück durch die Lande. Vom Hof in Grömitz-Brenkenhagen startet er mit dem wetterfesten Ledersofa zu den Terminen. Zusammen mit dem Moderatorenteam der Landjugend hatte er schon Gesprächspartner zur Imkerei, zur Rehkitzrettung und beim Tag des offenen Hofes zum Spargelanbau auf dem Sofa. Heinrich Mougin hatte die Serie eröffnet. Die Gäste beantworteten Fragen wie: Was hat es mit dem Grünen Sofa auf sich? Welchen Profit hat der Imker davon, dass die Bienen beim Raps stehen? Und warum wird Spargel in Dämmen angebaut? „Wir wollen die breite Bevölkerung mitnehmen an die Orte, an denen Nahrungsmittel produziert werden oder die mit der Nahrungsmittelproduktion in Verbindung stehen“, sagt Hannes. Wichtigste Vorbereitung auf die Interviews, sei nicht die Technik, das sei alles easy. Aufwendiger sei die Vorbereitung auf die Fragen. Es müssten gute Fragen sein, damit am Ende in höchstens zweieinhalb Minuten drei Kernaussagen stünden. Das erfordere Vorbereitung. „Oft überlegen wir uns das zusammen vor Ort.“ Ist alles aufgenommen, schneidet Agrarblogger Sönke Hauschild vom Bauernverband die Clips und unterlegt sie mit Texten. „Wir wollen uns schulen lassen, damit wir das als Ehrenamtler auch bald selbst machen können“, sagt der Lajuvorsitzende.

Die Moderatoren möchte sich Hannes bei der Landjugend in der Nähe des jeweiligen Drehortes suchen wie in der Startphase Christine Dörr und Kay Eiberg. Er setze darauf, dass sich dadurch nach und nach eine Eigendynamik entwickele, sagt der junge Landwirt. Und auch, dass das Sofa vielleicht irgendwann in Rendsburg stationiert werde. Dann könne jede Ortsgruppe oder jeder Kreisverband, der Bock habe, sich beteiligen und das Grüne Sofa ziehe durchs ganze Land.

Auch jetzt gibt es schon viele Ideen: Videos zur Getreideernte, zur Aussaat, zur Maisernte oder mal das Grüne Sofa in einem Melk­stand oder auf einem Fischkutter. „Das wäre auch irgendwie cool.“ Zudem liege bereits eine Anfrage vom Landwirtschaftsministerium in Kiel vor, ob das Grüne Sofa im September bei der Woche der Nahrungsmittelverschwendung dabei sei.

Auf Tajo Lass, den zweiten Vorsitzenden der Landjugend SH (hinten), kann Hannes zählen, wenn das Grüne Sofa transportiert werden muss. 

Bis dahin wird das Sofa auf jeden Fall vom Hof in Grömitz-Brenkenhagen starten. Das bedeutet kurze Nächte für den junge Landwirt. Einen Teil des Ackerbaubetriebes hat Hannes schon übernommen und mit Gemüse und Direktvermarktung angefangen. Das sei viel schneller gewachsen als vor zwei Jahren gedacht, berichtet er. Und Gemüse bedeute viel Handarbeit. Das Ehrenamt und auch die Sofatouren schaffe er nur mit guter Organisation, ab und an wenig Schlaf und Unterstützung seiner Eltern, erzählt der 26-Jährige. Aber das sei in Ordnung. „Durch meine Arbeit in der Landjugend habe sich so viel gelernt. Schon im Studium war ich immer bestens informiert, wenn es um aktuelle Themen der Landwirtschaft ging“, erinnert sich Hannes. Inzwischen könne er vieles für den eigenen Betrieb nutzen. Und das sei auch beim neuen Projekt so.

Sieben bis zehn Clips sollen bis zur Norla entstehen, bald auch auf YouTube laufen. Auf der Landwirtschaftsmesse ist geplant, das Grüne Sofa an einem Stand zu präsentieren, mit dem einen oder anderen Promigast ins Gespräch zu kommen und auch gern mit Besuchern aus der Stadt, denn die neue Plattform solle Land und Stadt verbinden, sagt Hannes. „Halt drei knackige Fragen und drei gut verständliche Antworten.“

Alle bisherigen Clips findet ihr unter landjugend-sh.ddns.net/gru​enes-sofa/ 

Musik, Sonne und heimische Spezialitäten

Auf Einladung des Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) kamen knapp 1.000 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur zum Empfang des Schleswig-Holstein-Musikfestivals (SHMF) in der Landesvertretung Berlin zusammen. Die Freude über das lang ersehnte persönliche Wiedersehen prägte zusammen mit dem ausdrucksvollen Auftaktkonzert und dem vorsommerlichen Ambiente den Abend in der Landeshauptstadt. Im Garten der Landesvertretung präsentierten schleswig-holsteinische Erzeuger landestypische Spezialitäten, ausgezeichnet mit dem Gütezeichen „Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“.

Viele der Produzenten waren selbst angereist und nutzten die Gelegenheit, um mit Ministerpräsident Daniel Günther ins Gespräch zu kommen.

Wir fischen.SH

Nicht fehlen durfte natürlich der original Glückstädter Matjes der Fischmanufaktur Plotz aus Glückstadt. Die Besonderheit des Glückstädter Matjes ist die Reife an der Gräte durch körpereigene Enzyme. Die Fische werden gekehlt, dabei verbleibt die Bauchspeicheldrüse im Hering, sodass die natürlichen Pankreasenzyme den Reifevorgang initiieren. Die Reife erfolgt in Fässern ausschließlich mit Salz und Wasser und dauert etwa fünf Tage. Der Glückstädter Matjes der Firma Plotz ist nicht nur seit 1999 mit dem Gütezeichen ausgezeichnet, er ist auch eines der aktuell fünf Produkte, die das EU-Siegel geschützte geografische Angabe (g.g.A.) tragen dürfen.

Ursula Knutzen von der gleichnamigen Teichfischerei reiste aus Hohenlockstedt an und präsentierte geräucherten Karpfen und Stör. Gemeinsam mit ihrem Mann Jürgen Knutzen betreibt sie die Teichfischerei in dritter Generation. Bewirtschaftet werden etwa 30 Teiche und eine eigene Räucherei. Die Gräten der Karpfen werden durch eine besondere Technik so zerkleinert, dass sie gefahrlos und ohne Einbußen im Geschmack mitverzehrt werden können. Ursula Knutzen ist seit etwa einem Jahr die Vorsitzende des Markenbeirates Wir fischen.SH und treibt die Dachmarke aktiv voran. Wir fischen.SH hat seit 2018 das Ziel, das Image der Fischerei in Schleswig-Holstein zu verbessern und die Öffentlichkeit über Probleme in der Branche aufzuklären. Auch Dr. Bert Wecker ist Mitglied des Markenbeirates und Geschäftsführer der Förde Garnelen GmbH & Co. KG in Strande. Er war ebenfalls angereist und bereitete die Förde-Garnelen für die Gäste frisch zu. Die White-Tiger-Garnele, die normalerweise in Südamerika heimisch ist, wächst dank der Abwärme einer Bioenergieanlage in Strande im heimischen Ostseewasser zu einer regionalen Spezialität heran.

Schinkenprodukte

Holsteiner Katenschinken (g.g.A.) ist über Schleswig-Holstein hinaus längst bekannt und immer wieder ein Genuss. Die Fleischerei Fritze aus Kalübbe hatte neben dem Traditionsprodukt auch einige Wildspezialitäten, zum Beispiel eine Wildsalami mit Fenchel sowie Schmalz vom Wildschwein, in die Landeshauptstadt geschickt. Schinken vom Lamm hingegen ist bisher nicht sehr verbreitet. Dass er dem Trendprodukt aus Schweinefleisch jedoch in nichts nachsteht, bewies Barbara Burmeister von der Landschlachterei Burmeister in Viöl, die diese und weitere Spezialitäten vom Lamm dabeihatte. Die Landschlachterei Burmeister ist seit 1901, nun in vierter Generation, ein Familienbetrieb und schlachtet und verarbeitet für viele schleswig-holsteinische Betriebe, auch in Bioqualität.

Staatssekretärin Dr. Dorit Kuhnt Staatssekretärin Dr. Dorit Kuhnt (li.) und Landwirtschaftskammerpräsidentin Ute Volquardsen nutzten den Empfang für gute Gespräche zur aktuellen Zusammenarbeit von Kammer und Melund. Foto: Sandra van Hoorn
Auch von außen wurde die Landesvertretung Schleswig-Holstein in Berlin durch ein 15 x 9 m großes Fassadenbanner mit ErnteKunst-Motiv geschmückt. Foto: Sandra van Hoorn
Anstoßen auf einen erfolgreichen Auftritt: Sandra van Hoorn (Fachbereichsleitung Gütezeichen LKSH), Barbara Burmeister (Landschlachterei Burmeister, Viöl), Eckhard Voß (die Seite Verlag, Eckernförde) und Bernd Stöfer (Geschäftsführer der Feinkäserei Sarzbüttel) (v. li.) freuten sich über die umfangreiche Gütezeichen-Präsentation im Rahmen des SHMF-Empfangs. Foto: privat
Cindy Jahnke (r.) und ihre Tochter Mandy präsentierten verschiedene Ziegenkäse am Stand der KäseStraße Schleswig-Holstein. Foto: Carolin Müller
SHMF-Intendant Dr. Christan Kuhnt stimmte die Gäste des SHMF-Empfangs auf das Auftaktkonzert in der Landesvertretung ein. Foto: Sandra van Hoorn


Eis direkt vom Hof

In diesem Jahr waren gleich zwei schleswig-holsteinische Eisproduzentinnen und -produzenten vor Ort in Berlin. Arne und Jörn Sierck von der Meierei Geestfrisch präsentierten gleich mehrere Sorten ihres handgefertigten Eises. Die Meierei Geestfrisch gehört zum Hof Fuhlreit in Kropp und verarbeitet die Milch der eigenen Kühe zu verschiedenen Käsen und Milchprodukten, darunter auch dem Eis, das neben der Milch nur aus natürlichen Zutaten besteht. Auch die verarbeiteten Früchte werden in der Regel von benachbarten Höfen eingekauft. Dass Eis nicht zwingend aus Kuhmilch hergestellt werden muss, zeigte Cindy Jahnke. Sie betreibt gemeinsam mit ihrem Mann den Betrieb Jahnkes Ziegenkäse in Sörup. Die Jahnkes versorgen etwa 70 weiße Edelziegen und verarbeiten ihre Milch in der hofeigenen Käserei zu verschiedensten Ziegenkäsespezialitäten. Das Eis aus Ziegenmilch ist mittlerweile in ganz Schleswig-Holstein bekannt. Cindy Jahnke und Arne Sierck bieten ihr Eis gerne gemeinsam an. „Wir sehen uns nicht als Konkurrenz“, sagt Cindy Jahnke. „Wir freuen uns, dass wir bei der Eisherstellung die gleichen Werte verfolgen und uns auch mal gegenseitig unterstützen können.“

KäseStraße

Am Stand der KäseStraße Schleswig-Holstein boten Cindy Jahnke, erste Vorsitzende der KäseStraße, und Bernd Stöfer, Geschäftsführer der Feinkäserei Sarzbüttel, verschiedene Käsespezialitäten von mild bis kräftig an. Die Feinkäserei Sarzbüttel wurde bereits 1888 gegründet und verarbeitet bis heute frische Rohmilch von zirka 20 Landwirtinnen und Landwirten aus Dithmarschen zu verschiedenen Käsen.

Echte ErnteKunst!

Der SHMF-Empfang in der Landesvertretung brachte Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur zusammen – eine gute Gelegenheit, um die Kunstausstellung im Rahmen der ErnteKunst-Kampagne zu zeigen. Diese wurde im letzten Jahr durch das Landwirtschaftsministerium in Auftrag gegeben und hat zum Ziel, die Wertschätzung für regionale Lebensmittel und ihre Erzeugerinnen und Erzeuger bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu steigern. Die Gemälde, die im Rahmen der Kampagne entstanden, sorgten in Berlin für viel Gesprächsstoff.

Das SHMF

Das 37. Schleswig-Holstein-Musikfestival stellt in diesem Jahr den Komponisten Johannes Brahms und den Dirigenten Omer Meier Wellber ins Zentrum seines Programms. Vom 2. Juli bis zum 28. August werden 204 Konzerte, fünf Musikfeste auf dem Lande, zwei Kindermusikfeste und der Werftsommer in 123 Spielstätten an 65 Orten in Schleswig-Holstein, Dänemark, Hamburg und in Nordniedersachsen veranstaltet. Das Eröffnungskonzert mit Igor Levit am Klavier und dem NDR-Elbphilharmonie-Orchester findet am 2. Juli in der Musik- und Kongresshalle Lübeck statt.

Gemischte Bewertungen

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Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein teilt mit, dass der Verein Futtermitteltest (VFT) von August 2021 bis Dezember 2021 (vergleichender Misch­futtertest Nummer 90/2021) sechs Milchleistungsfutter (MLF) aus Schleswig-Holstein beprobt, überprüft und bewertet hat. Die jeweiligen Futtermittel wurden insgesamt von vier verschiedenen Herstellerwerken produziert. Im Folgenden die Ergebnisse.

Die deklarierten Energiegehalte der MLF lagen laut Herstellerangaben zwischen 7,0 und 7,5 MJ NEL/kg, die Rohproteingehalte zwischen 9,0 und 28,0 %. Die für die fachliche Bewertung der Misch­futter wichtige Angabe des Anteils an nutzbarem Rohproteingehalt (nXP-Gehalt) war lediglich bei einem MLF der Deklaration zu entnehmen. Die Angabe zur ruminalen N-Bilanz (RNB) wurde bei keinem der MLF gemacht. Eines der MLF enthielt keinerlei Angaben zum Energiegehalt. Laut Deklaration der restlichen fünf MLF entsprachen alle der Energiestufe ≥ 7,0 MJ NEL/kg (3 x 7,0 MJ NEL/ kg und 2 x 7,5 MJ NEL/ kg). Zudem enthielten alle geprüften Futtermittel Angaben zu Rohfett, Rohfaser, Rohasche und den Mineralstoffen Kalzium, Phosphor und Natrium. Bei drei MLF waren Vitamine und Spurenelemente zugesetzt. Drei Futter enthielten keine mineralischen Komponenten, einmal wurde daher eine zusätzliche Mineralfuttergabe empfohlen. Bei keinem der geprüften Futter wurden die prozentualen Anteile der eingesetzten Komponenten angegeben.

Ein Futter war zu Grundfutterrationen mit einem leichten Rohproteinmangel empfohlen, während zwei Futter zu einem Energiemangel passend seien. Eines der MLF sollte in ausgeglichenen Grundfutterrationen eingesetzt werden. Bei zwei MLF wurden diesbezüglich keine Angaben gemacht. Drei MLF erhielten die Empfehlung, eine Rationsberechnung zugrunde zu legen.

Die vorliegenden Ergebnisse beziehen sich ausschließlich auf die geprüften Futterchargen und sind nicht auf andere Produkte oder längere Zeiträume übertragbar. Unter www.futtermitteltest.de können auch die Ergebnisse anderer Regionen eingesehen werden. Dort sind ebenfalls die Vorgehensweise und die Bewertung der Futtermittel erläutert.

Kommentierung der Ergebnisse

Für vier der sechs Futter konnten die vorliegenden Deklarationsangaben der Hersteller durch die Analysenwerte nach futtermittelrechtlichen Vorgaben, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Toleranzen, bestätigt werden. Ein MLF weist eine Unterschreitung im Energiegehalt (6,74 MJ/kg analysiert und 7,0 MJ/kg deklariert) und ein weiteres MLF eine Unterschreitung im Rohfasergehalt (7,1 % analysiert und 10,0 % deklariert) auf. Der VFT verlangt darüber hinaus eine Energieangabe und berücksichtigt für die Bewertung auch kleinere Abweichungen sowie die Aussagefähigkeit des Fütterungshinweises.

Die Energieunterschreitung des einen MLF und die fehlende Deklaration des Energiegehaltes bei einem weiteren MLF führten zu Abzügen in der Gesamtbewertung. Die fehlende Deklaration des Energiegehaltes ist zwar futtermittelrechtlich nicht zu ahnden, erschwert aber die Auswahl sowie die Zuteilung der Futter, da die Berücksichtigung in der Rationsoptimierung nicht korrekt erfolgen kann.

Die Unterschreitung des Rohfasergehaltes ist aus ernährungsphysiologischer Sicht unbedeutend, da Kraftfutter nicht als Strukturlieferant in Rationen dient. Demnach wurde die Unterschreitung des Rohfasergehaltes in der Benotung nicht berücksichtigt. Dieses und alle restlichen vier Futter, bei denen keine nennenswerte Unter- oder Überschreitung der angegebenen Gehalte beziehungsweise der Vorgaben auftrat, wurden mit der besten Note bewertet.

Die Preise für Rapsschrot stiegen im April in Deutschland erstmalig auf das Niveau von Sojaschrot.

Kraftfutter gezielt einsetzen

Schon im vergangenen Jahr sind neben den Preisen für Düngemittel, Strom und Diesel auch die Getreide- und Kraftfutterpreise deutlich gestiegen. Mit Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat sich die Lage noch einmal verschärft. Im April kletterten die Preise für Rapsschrot auf über 500 €. Auch die Preise für Energiefuttermittel, allen voran Körnermais, zogen kräftig an. Die Fütterung von bedarfsgerechten Rationen sollte nun noch einmal mehr im Vordergrund stehen. Dies bedeutet eine ausreichende Versorgung der Tiere und das Vermeiden von Luxuskonsum. Dafür sind Rationsberechnungen für verschiedene Leistungsgruppen beziehungsweise Laktationsstadien unabdingbar. Hierfür müssen die Nährstoffe der eingesetzten Futtermittel (Grund- und Kraftfutter) bekannt sein. Eine umfassende Deklaration der Kraftfuttermittel ist Voraussetzung für den gezielten Einsatz in der Ration und um Einsparpotenziale aufzudecken. Doch steht auch drauf, was im Kraftfutter drin ist? Der VFT trägt mit seinen Kraftfutteruntersuchungen maßgeblich dazu bei, Deklarationen zu bestätigen oder Unter- oder Überschreitungen einzelner Gehalte sichtbar zu machen. Dies stärkt das Vertrauen in die deklarierten Werte.

„Viel hilft nicht viel“

Voller Begeisterung referierte Daniela Gentz in einem Onlineseminar der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) über die Fütterung von Zuchtstuten und Fohlen. Die Diplom-Agraringenieurin hat sich auf Tierhaltung und Fütterung spezialisiert. Ausführlich erklärte sie, was vor, während und nach der Trächtigkeit zu beachten ist.

Mit dem Thema Fütterung sollte man sich bereits vor der Besamung der Stute beschäftigen, denn eine bedarfsgerechte Fütterung kann die Fruchtbarkeit optimieren. Saisonal-polyöstrisch bedingt sind Stuten zwischen März und September in der Lage, tragend zu werden. Oftmals werden sie jedoch schon ab Januar besamt oder bekommen ihre Fohlen im Winter. Naturgemäß ist die Fütterung in dieser Jahreszeit ohne Weidegang eine andere als im Frühjahr und Sommer. Doch gerade über die Fütterung lässt sich viel steuern und ausgleichen.

Grundlage der Futterplanung ist der Ernährungszustand der Stute, der auf dem sogenannten Body Condition Score (BCS), einer Skala von eins bis neun, abgebildet wird. Bei einer Stute, die tragend werden soll, ist ein Wert zwischen fünf und sechs absolut optimal. „Früher dachte man, Fett ist einfach nur Fett. Doch hormonelle Leistung korreliert mit dem Körperfettbestandteil“, erklärt Daniela Gentz, die seit Kurzem nicht nur Reiterin und Pferdebesitzerin ist, sondern auch Züchterin. Mit der Geburt eines gesunden Fohlens aus ihrer eigenen Stute ging für sie ein Traum in Erfüllung.

Ist das Pferd zu dünn, sind ein verzögerter Eintritt in die Rosse, eine schlechte Follikelausreifung sowie eine geminderte Befruchtungs- und hohe Resorptionsrate die Folge. „Der Körper schützt sich aufgrund einer zu geringen Energiezufuhr vor einer Trächtigkeit“, erklärt die Expertin. Bei zu dicken Pferden hingegen gebe es in den ersten vier Wochen hohe Verlust­raten. Zu viel Fett verändert den Uterus, wodurch eine normale Aufnahme verhindert wird.

Mangelernährung erschwert die Aufnahme

Bei einem zu niedrigen BCS kann die Stute meist durch rechtzeitige Auffütterung auf einen Wert von mindestens fünf gebracht werden. Deutlich schwieriger und mit mehr Vorlaufzeit verbunden ist hingegen die Diät bei zu dicken Pferden. Es sei dringend davon abzuraten, die Dauerfresser einfach fasten zu lassen oder auf „Friss die Hälfte“ zu setzen. Die Stute während der Diät zu besamen ist sehr problematisch, da der Körper wie beim mageren Pferd aus Selbstschutz das Fohlen entweder resorbiert oder gar nicht erst aufnimmt.

Gentz weist darauf hin, dass auch ein Mangel an Vitamin A und E die Befruchtungsaussicht vermindert. In der Weidesaison wird der Bedarf in der Regel über das Gras gedeckt. Steht die Stute noch im Stall, ist eine Vitaminzufuhr über Mineralfutter, Spezialergänzer, Möhren und Luzerne notwendig.

Futterumstellungen im Zusammenhang mit dem Aufenthalt auf der Deckstation seien zu vermeiden. „Ich habe meinen eigenen Sack Futter mitgenommen und ihn vor die Box gestellt“, erzählt die Futterexpertin von der Besamung ihrer Stute. Auch in den darauffolgenden ersten acht Trächtigkeitswochen sollte sich die Nährstoffzufuhr nicht ändern, denn dann ist der Embryo noch nicht mit dem Uterus verbunden und wird über Sekretion der Gebärmutter ernährt.

Zuchtstuten werden nicht ab dem Tag der Besamung anders gefüttert, sondern erst ab dem siebten bis achten Trächtigkeitsmonat. „Viel Futter hilft aber nicht viel“, betont Gentz. „Es kommt auf die Qualität an.“

Foto: Assia Tschernookoff

Hoher Bedarf während der Laktation

In der Regel reichen Heu und Hafer allein nicht aus, um die Stute mit genügend Eiweiß, Kalzium und Phosphor, Aminosäuren, den Spurenelementen Kupfer, Selen und Jod sowie adäquaten Mengen an Vitamin A und E zu versorgen. Ein besonderer Fokus muss auf hochwertigen Proteinen liegen, deren Bedarf bis auf das 1,8-Fache ansteigt. Leinsamen, Soja, Bierhefe und Luzerne sind gute Lieferanten von präcaecal (im Dünndarm) verdaulichen Proteinen.

Im elften Monat steigt der Energiebedarf der Zuchtstute auf ein Niveau wie beim stark gearbeiteten Sportpferd. Während der Laktation ist der Proteinbedarf sogar noch höher, erst ab dem zweiten Laktationsmonat sinkt er langsam wieder ab. Damit die Stute genügend Milch produzieren kann und das Fohlen sie nicht förmlich aussaugt, wird in den Wintermonaten idealerweise hochwertiges Heu oder Heulage ad libitum gefüttert – eine Überversorgung ist naturgemäß ausgeschlossen – und durch ein spezielles Krippenfutter ergänzt.

Kommt die Stute zum Zeitpunkt der Geburt bereits auf die Weide, ist zwar die Versorgung mit Eiweiß, Karotin und Phosphor gesichert, nicht aber der Energiehaushalt und der Bedarf an Kalzium, Spurenelementen und Natrium, was eine Zufütterung von Mineralien notwendig macht. Im Fall einer Unterversorgung fährt die Stute die Milchproduktion langsam zurück und mobilisiert ihre Körperreserven, sie magert also ab. Ein Mangel in der Milch hat zwangsläufig negative Auswirkungen auf das Wachstum des Fohlens.

Muttermilch ist das Beste fürs Fohlen

Das Beste in der Fohlenfütterung ist und bleibt die Muttermilch. In den ersten drei Stunden nach der Geburt ist es die Biestmilch (Kolostrum), mit der das Fohlen die darin enthaltenen Immunglobuline aufnimmt. Anschließend saugen Fohlen etwa 50 Mal am Tag bei ihrer Mutter. Nach vier bis acht Wochen reicht die Milch als alleinige Nahrungsquelle nicht mehr aus, um das Fohlen mit genügend Energie und Nährstoffen zu versorgen. Mit der Gabe spezieller Ergänzungsmittel, beispielsweise über eine Paste, werden Mängel ausgeglichen.

In diesem Zusammenhang weist Daniela Gentz auf das Thema Koprophagie hin. „Fohlen fressen in den ersten fünf Lebenswochen mit großer Genüsslichkeit den Kot ihrer Mutter“, erzählt sie. „Das mögen manche eklig finden, aber gönnen Sie ihrem Fohlen den warmen Happen, denn er ist ungeheuer wichtig für das Immunsystem.“

Um das Fohlen optimal auf das Absetzen vorzubereiten, sollte es ab dem zweiten Monat langsam an das Krippenfutter gewöhnt werden, und sei es nur eine Handvoll, um Stress, Durchfall und Kotwasser zu vermeiden. Generell sind Fohlendurchfälle sehr ernst zu nehmen. Sie können auch durch Salzlecksteine entstehen, weshalb diese außer Reichweite des Fohlens angebracht werden sollten.

Die Futterration der Mutterstute sollte nach dem Absetzen für ein paar Tage reduziert werden, um die Energie und damit gleichzeitig die Milchleistung zu drosseln. Stattdessen Mash zu füttern, reduziert den Stress für Magen und Darm. „Auch eine Zuchtstute muss gut gemanagt werden, damit sie selbst gesund bleibt und starke Fohlen zur Welt bringt“, so das Schlusswort von Daniela Gentz. „Doch das macht unheimlich viel Spaß.“

„Knickpflege braucht kein Statussymbol“

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Der Schleswig-Holsteinische Heimatbund strebt mit der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft die Eintragung der traditionellen Knickpflege als immaterielles Kulturerbe (IKE) an. Einen Antrag hat das Kulturministerium Schleswig-Holstein im Bewerbungsverfahren der Deutschen Unesco-Kommission mittlerweile bei der Kultusministerkonferenz eingereicht (siehe Ausgabe 22, Seite 56). Landwirte und Bauernverband haben Bedenken bei diesem Vorhaben.

Im Vorfeld der Bewerbung war auch der Bauernverband Schleswig-Holstein (BVSH) um Unterstützung nachgesucht worden. Als Interessenvertretung der Bäuerinnen und Bauern in Schleswig-Holstein hat der BVSH dieser Bitte nicht entsprochen und die Bewerbung nicht unterstützt. Dies war das Ergebnis ausführlicher Beratungen in den Gremien des Verbandes und Inhalt eines Beschlusses des Landesvorstandes im August 2021.

Vorausgegangen war diesem Beschluss unter anderem intensive Auseinandersetzung des Umweltausschusses mit dem Thema im Juni 2021, in welcher der Landesnaturschutzbeauftragte, Prof. Holger Gerth, als Initiator der Bewerbung Gelegenheit hatte, die Kernpunkte des Anliegens vorzutragen.

Hintergrund für die Entscheidung des BVSH waren folgende Aspekte: Die Pflege von Knicks stellt eine wichtige Naturschutzmaßnahme dar, die ein fester Bestandteil des alljährlichen Betriebsablaufs bei unseren Landwirten ist. Bäuerinnen und Bauern tragen so bereits über Generationen hinweg zum Erhalt unserer Knicklandschaft bei und sorgen auf ihren Flächen freiwillig für den Schutz und Erhalt des Knicks. Unabhängig von einem Weltkulturerbestatus und im landwirtschaftlichen Selbstverständnis fest verankert, stehen die Landwirte zu dieser Tradition und ihrer Verantwortung für diese Landschaftselemente.

Ein geflochtener Urknick war zunächst ohne Wall um die Hauskoppel herum aufgezogen worden, um zumindest im Winter die Wölfe fernzuhalten. Das Knicken per Hand war eine mühselige Arbeit.

Wie der Name „Knick“, der von „Knicken“ kommt, schon sagt, wurden diese Landschaftselemente immer schon gepflegt. Allerdings wurde die Pflege früher in Handarbeit vorgenommen, was heute arbeitswirtschaftlich nicht mehr darstellbar ist. Wichtig ist deshalb, dass im Falle der Anerkennung als Kulturerbe die gesamte Entwicklung der Knickpflege Bestandteil wird und die heutige Ausprägungsform mit maschineller Hilfe einschließt.

Bedenken bestehen bei den Landwirten auch deshalb, weil befürchtet wird, für fehlerhafte Knickpflegemaßnahmen zukünftig mit Blick auf ein besonderes Kulturerbesiegel an den Pranger gestellt zu werden. Zudem kam der Vorstoß für die Erlangung des Status aufgrund der erst vor Kurzem erfolgten Verschärfungen bei den ohnehin unverhältnismäßig streng regulierten Knickschutzvorgaben zur Unzeit. Schon wegen dieser allgemein angespannten Situation standen die Zeichen aus Sicht vieler Betriebsleiter für die Erteilung „höherer Weihen“ der Knickpflege eher auf Rot. Von großer Bedeutung war in diesem Zusammenhang daher die mittlerweile auch noch einmal öffentlich erfolgte Klarstellung und das politische Bekenntnis der Initiatoren, dass ein IKE-Status als Begründung für schärfere Auflagen ausscheidet.

Bilderklärung für schreibunkundige Bauern zum Knickanbau   
Fotos (2): Archiv Hans Hermann Storm

Beschlossene Sache ist die Anerkennung noch nicht: Im jetzigen Verfahrensschritt prüft und bewertet das Expertenkomitee Immaterielles Kulturerbe bei der Deutschen Unesco-Kommission die Bewerbungsdossiers nach den Kriterien für das immaterielle Kulturerbe und empfiehlt Kulturformen oder Modellprogramme zur Aufnahme in das Verzeichnis. Die Kulturministerkonferenz und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien bestätigen abschließend die Auswahlempfehlungen des Expertenkomitees. Über Neuaufnahmen in das bundesweite Verzeichnis wird im Frühjahr 2023 entschieden.

Auf Verblühtes – fertig – los!

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Was für Großmutter oft noch zum Gartenalltag dazugehörte, ist heute wieder in den Fokus mancher Gärtner gerückt: eigenes Saatgut gewinnen. Damit dabei nichts schiefgeht, sollten einige Punkte beachtet werden.

Im Prinzip können sowohl von Gemüse als auch von Blumen Samen gewonnen werden. Jedoch eignen sich dafür nur samenfeste Sorten. Sie bilden auch in der nächsten Generation Blüten und Früchte aus, die aussehen wie die der Eltern. Anders verhält es sich bei F1-Hybriden. Ihr besonderer Vorteil liegt darin, dass sie bestimmte Merkmale in Form, Aussehen, Blühdauer, Krankheitsresistenzen, Geschmack oder Duft aufweisen. Aus deren Samen entwickeln sich die sogenannten F2-Hybriden. Welche Eigenschaften sich bei diesen Nachkommen durchsetzen, lässt sich nicht vorhersagen.

So können sich aus den Samen der wunderschönen rosafarbenen Akelei blau blühende Nachfahren entwickeln oder die leckeren Datteltomaten vom vegangenen Jahr bringen nur kleine, fade Minifrüchte hervor. Daher ist von der Verwendung der Samen von F1-Hybriden abzuraten. Sie müssen tatsächlich alljährlich neu gekauft werden, wenn man Wert auf deren besondere Eigenschaften legt. Zudem gilt es, zwischen ein- und zweijährigen Pflanzen zu unterscheiden. Einjährige produzieren gleich nach der Blüte viele Samen. Zweijährige Pflanzen überwintern und gehen erst im nächsten Jahr in die Blüte. Dazu gehören viele Gemüsearten wie Rote Bete, Pastinaken, Mangold und Möhren.

Für die Samengewinnung eignen sich wüchsige, blühfreudige Pflanzen, die frei von Krankheiten und Schädlingen sind. Die Entwicklung der Samenstände behält man gut im Auge. Wenn sie sich braun färben, beginnt die Ernte. Ideal sind sonnige, windstille Tage. Die trockenen Blütenstände schneidet man am besten so ab, dass sie in ein leeres Marmeladenglas oder einen Briefumschlag fallen. Hier trocknen sie bei Bedarf nach. Nach ein paar Tagen fallen die Samen von allein heraus, ansonsten hilft man über einem Teller etwas nach.

Solche Gazehüllen leisten beim Auffangen der reifen Samen gute Dienste. Foto: Karin Stern

Was mit Jungfer im Grünen, Ringelblumen und Bartnelken noch ganz unkompliziert klappt, erfordert bei den sogenannten Streu­früchten etwas mehr Aufwand. Ihre Kapseln, Schoten oder Balgfrüchte öffnen sich bei Samenreife teils sehr plötzlich und schleudern ihre Samen heraus. Typische Beispiele dafür sind Mohn, Rittersporn, Stiefmütterchen und Akelei. Für die Ernte ihrer reifen Früchte hat es sich bewährt, die Samenstände mit Pergamentpapier, dünnem Vlies oder Gardinenstoff zu umwickeln und das Material am Stängel zusammenzubinden. Nach dem Aufplatzen schneidet man den Blütenstiel ab und öffnet die „Auffangkonstruktion“ über einem Teller.

Für die Lagerung empfehlen sich Papiertüten oder leere Samentüten. Tipp: Pflanzenart, Sortenname und das Jahr der Ernte vermerken. Nur gut ausgereifte, trockene und richtig gelagerte Samen behalten ihre Keimfähigkeit. Optimal lagern Samen in einer kühlen, dunklen und trockenen Umgebung mit gleichmäßiger Temperatur. Je nach Art bleiben sie zwei bis fünf Jahre lang keimfähig. Gut geeignet für erste Sammelversuche bei einjährigen Sommerblumen sind Tagetes, Schmuckkörbchen, Ringelblumen, Sonnenblumen, Wicken, Kapuzinerkresse, Mohn, Löwenmäulchen und Jungfer im Grünen.

Stangenbohne ,Blauhilde' ist eine samenfeste Sorte. Foto: Karin Stern

Bei einjährigen Gemüse- und Kräuterarten wie Erbsen, Bohnen, Tomaten, Dill und Fenchel ist die Samengewinnung unkompliziert. Die Samenstände reifen an der Pflanze aus und werden nach der Ernte getrocknet. Tomatensamen müssen vorher von anhaftendem Fruchtfleisch gereinigt werden. Vorsicht ist bei der Samenernte von Gurken, Zucchini und Speisekürbis angeraten. Wer diese Arten nebeneinander anbaut, muss mit Fremdbestäubung und Verkreuzungen rechnen. In der nächsten Generation können herausgezüchete gesundheitsschädliche Bitterstoffe daher wieder auftreten. Ganz unproblematisch hingegen ist die Gewinnung von Samen aus Zierkürbissen.

Zweijährige Gemüsearten wie Möhren, Zwiebel, Pastinake, Rettich, Mangold, Kohl oder Rote Bete gehen erst im zweiten Standjahr in die Blüte. Wer ihre Samen ernten möchte, wählt unter mehreren Methoden aus. Mangold, Rote Bete und Möhren bleiben den Winter über auf dem Beet und starten im Frühjahr in die Blüte. Alternativ erntet man Wurzelgemüse wie Möhren, Pastinaken oder Schwarz­wurzeln im Spätherbst. Ein Stück des Strunks verbleibt an den Wurzeln, die in einer Kiste in Garten­erde eingeschlagen im Schuppen den Winter verbringen. Im zeitigen Frühjahr wieder an die gewünschte Stelle gepflanzt, treiben sie aus und bilden ihren Blütenstand. Bei Zwiebeln empfiehlt es sich, geerntete und getrocknete Exemplare im Frühjahr auszupflanzen, sobald sich im Lager das erste Grün zeigt. Sie entwickeln zügig einen überaus dekorativen Blütenstand.

Die Kunst aufs Spiel gesetzt

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Bei einem Spiel denkt man an etwas Heiteres, Unbeschwertes, bei dem es um nichts geht als um Spaß und Freude. Es kann aber auch ein Spiel mit dem Feuer sein – oder es wird etwas Wichtiges aufs Spiel gesetzt. Das Motto „Spiel“ des diesjährigen Skulpturensommers in Bissee bei Bordesholm drückt sich in beiden Aspekten aus.

Ein Freilandschachspiel, wie man es aus vielen Parks kennt, lädt zum Spielen ein. Erst auf den zweiten Blick (oder gar nicht) bemerkt man, dass alle Figuren dieselbe grüne Farbe tragen. Damit eine Partie zu gewinnen, ist nahezu unmöglich, denn die „Gegner“ unterscheiden sich nicht, und genau das hat die Künstlerin Tina Schwichtenberg beabsichtigt – ein aktueller Denkanstoß, wenn man es auf den Krieg in der Ukraine (oder jeden Krieg) überträgt. Auch das Spiel „Nicht ärgern, Mensch!“ von Ida Büssing lässt infolge veränderter Regeln keine Sieger und Verlierer entstehen.

Klang ohne Geräusch

Spielen darf in Bissee auch der Wind. In den Farben Gelb und Blau ist die „Klangform“ aus Hölzern bemalt, die Anna und Michael Rofka dort vor Ort gesammelt haben – Anna stammt aus der Ukraine. Wie ein übergroßer Mückenschwarm schweben die Elemente in der Luft. Einen Klang würden sie nur hervorrufen, wenn ein Sturm sie packte. So ist es ein Klang, der nur im Kopf entsteht. Wind- und Klangspiele, die sich bewegen, gibt es mehrere entlang der Straße, etwa die von Peter Bergmann. Er hat außerdem noch ein „Augenspiel“ gefertigt: Verführerisch und bedrohlich zugleich blickt es auf den Betrachter herab.

Manchmal muss man nur ein klassisches Spielequipment in Groß bauen, um eine Idee zu transportieren. Arno Neufeld hat dies getan mit seinem Ensemble von Mikadostäben. Sie scheinen sich gerade im Fallen zu befinden, und so, wie sie der Zufall zu liegen bringt, werden sie das weitere Spiel bestimmen. Noch ist die Situation unbestimmt, doch im nächsten Augenblick schon gibt es kein Zurück mehr, die Spieler müssen mit dem Gegebenen klarkommen.

Neuronale Riesennetze: Strumpfhosen, mit Styroporkugeln gefüllt. Irene Anton spinnt das Gebilde an jedem Ort anders weiter.

„Point of no return“ hat Johann Heinrich Behrends sein Spinnennetz aus Zinkdraht genannt, in einen Baum gespannt wie ein echtes, wenn auch (wie alles hier) in Übergröße. Eine kleine Spinne sitzt im Zentrum. Doch was hat sich da im Netz verfangen? Es sind Fledermäuse, aus Keramik gefertigt. Eine absurde Situation: Von den Proportionen her wären die Flugtiere viel zu groß, um als Spinnenopfer zu taugen. Und überhaupt: Fledermäuse würden sich aufgrund ihres Ultraschall­echolots niemals irgendwo verfangen! Vielleicht ist der „Punkt ohne Wiederkehr“ nur eine Fiktion, eine gedankliche Fessel, die sich leicht zerreißen ließe – wie hauchdünne Spinnweben.

Das ist nicht das Ende!

Für andere das Ende, für Timna das Paradies – Gleb Dusavitskiy hat die Figur nach seiner Tochter gestaltet.

Die Betonung der Sichtweise hat Gleb Dusavitskiy auf die Spitze getrieben. „Timna – not the end of the ­world“ ist der Titel seines Werkes. Zunächst sieht es eher aus wie eine klassische Gartenschnitzerei, doch seine Aussage hat es in sich: Das Mädchen Timna (ersichtlich hat Glebs Tochter für sie Modell gestanden) thront auf dem Rücken einer Giraffe und freut sich des Lebens. Der gebürtige Russe Dusavitskiy, der in Dänemark lebt, erklärt die zugrunde liegende Idee: Timna ist die Tochter ­Noahs (die in der Bibel nicht genannt wird), und während die Sintflut für andere Menschen eine Katastrophe ist, ist es für sie das Paradies. Sie kann mit all den Tieren auf der Arche spielen (nun gut, vielleicht nicht mit allen). Dusavitskiy lädt dazu ein, die Perspektive zu wechseln: „In den Augen von jemand anderem erscheint auch das Schlimme als etwas Gutes.“ Oder anders gesagt: Das scheinbare Ende ist nicht das Ende.

Quelle der Hoffnung

Eine „Überforderungsbewältigungskompetenz“ könne Kunst vermitteln, findet Markus Sander vom Vorstand des Vereins „Skulptur in Bissee“, dem es Gleb Dusavitskiys Botschaft besonders angetan hat: nicht etwa Ablenkung schaffen in diesen bedrückenden Zeiten, sondern neue Erfahrungsräume und dadurch eine authentische Quelle der Hoffnung.

Karin Russ vom Vorstand bringt einen anderen Aspekt des Spiels zur Sprache: „Spielen kann ich schlecht alleine.“ Der Mensch ist auf den anderen Menschen bezogen, gewiss in der Gruppe, aber auch als Einzelner.

Halt oder Sturz

„Crash“ – die Einradfahrer von Georg Engst versuchen, die Balance zu halten, könnten jederzeit stürzen.

Besonders deutlich hat dies Georg Engst zum Ausdruck gebracht. Der im Dezember im Alter von 91 Jahren verstorbene Künstler aus Hamburg-Jersbek erhält in Bissee diesen Sommer ein besonderes Gedenken in Gestalt von sieben ausgestellten Bronzeplastiken. Der Mensch im Spannungsfeld und in Balance mit der Gruppe ist sein immer wiederkehrendes Thema – als „Gruppe mit Anführer“, „Menschengruppe Absturz“ oder „Formen im Gleichgewicht“. Die Balance steht auf der Kippe bei den Einradfahrern – dem größten Exponat überhaupt auf der Ausstellung. Halten sie einander aufrecht oder bringen sie sich gegenseitig zu Fall? Engst selbst hat sich mit dem Titel „Crash“ wohl für Letzteres entschieden. Dem Betrachter bleiben beide Varianten offen.

27 Arbeiten von 19 Künstlern zeigt die Freilichtausstellung in Bissee diesen Sommer. Sie ist bis zum 15. Oktober jederzeit und kostenlos zugänglich. Am Sonnabend, 25. Juni, gibt es ab 17 Uhr ein Sommerfest mit Musik und Essen. 

Klangform von Anna und Michael Rofka aus Holz, in der Umgebung gesammelt und in den Farben der Ukraine