Gerade in unsicheren Zeiten wie heute, wenn die Zukunft ungewiss erscheint und viele sich abzeichnende Entwicklungen Ängste und Sorgen bereiten, ist der eigene Garten ein wichtiger Rückzugsort für Ausgleich und Erholung. Im Gegensatz zu den meisten politischen und gesellschaftlichen Themen, bei denen Hilflosigkeit und Ohnmacht den Einzelnen lähmen können, ist es für jeden möglich, dem Artenschwund mit wenig Aufwand etwas entgegenzusetzen.
Der persönliche Einsatz für mehr Biodiversität lohnt sich doppelt. Zum einen finden seltene Tiere und Pflanzen einen Lebensraum im eigenen Garten, zum anderen stellt sich eine innere Zufriedenheit ein. Diese Zufriedenheit resultiert daraus, mit dem eigenen Grün zu Artenvielfalt und -erhalt beizutragen; nicht zu vergessen die bereichernden Naturerfahrungen, die damit verbunden sind.
Tiere und Pflanzen sind voneinander abhängig
Viele Tiere, die Gäste im Garten sein wollen, sind sehr klein und können sich nur ansiedeln, wenn sie bestimmte Pflanzen vorfinden. Die Pflanze sorgt für einen gedeckten Tisch, während die Insekten für eine gelungene Bestäubung und damit für den Erhalt der Pflanze sorgen. Stirbt eine Art aus, sind deshalb oft auch andere Arten betroffen. Das soll aber erst einmal kein schlechtes Gewissen oder Stress bei der Pflanzenwahl verursachen. Übergeordnetes Ziel sollte sein, dass eine hohe pflanzliche Vielfalt vorhanden ist, denn dann stellt sich die große tierische Biodiversität von allein ein. Machen viele Hobbygärtner mit, kann der Gesamtbeitrag der Hausgärten für den Artenschutz sogar beträchtlich ausfallen. Bei 17 Millionen Gärten in Deutschland mit einer durchschnittlichen Größe von 400 m2 ergibt sich eine Fläche von immerhin 6.800 km2.
Blühzeit nahezu ganzjährig
Eine typische Win-win-Situation entsteht, wenn Pflanzen mit ganz unterschiedlichen Blühzeiten angepflanzt werden. Die Hobbygärtnerin genießt nahezu einen ganzjährig blühenden Garten und den Insekten werden über einen langen Zeitraum Pollen und Nektar bereitgestellt. Wesentlich ist es, die Blütezeit nach vorn und hinten im Jahr zu verlängern. Hier ein paar Pflanzenbeispiele zur praktischen Umsetzung: Mit Frühlingsboten wie Schneeglöckchen, Krokussen und Narzissen beginnt die Saison schon im Februar. Mit Astern, ungefüllten Dahlien, Herbstanemonen, Sonnenblumen oder der winterharten, mehrjährigen Fetthenne wird auch der Herbst bunt und bietet Insekten eine letzte Nahrungsquelle vor dem Winter. Besonders erwähnenswert ist der Efeu. Bis Ende Oktober zieht er regelrecht magisch Schmetterlinge und Schwebfliegen an, die dort Nahrung aufnehmen.
Achtung, Blühpflanzen ohne Nährwert
Blüte ist nicht gleich Blüte. Eine ganze Reihe von Blütenpflanzen produziert weder Pollen noch Nektar und bietet damit Insekten keine Nahrung. Dazu zählen Gartentulpen, Gartenstiefmütterchen, Forsythien, gefüllte Chrysanthemen und die als Balkonpflanze beliebte Geranie. Stattdessen oder ergänzend sollte lieber eine sogenannte Bienenweide im Garten entstehen. Diese gibt es als Samenmischung oder als Einzelpflanzen im Container zu kaufen. Bienenfreundlich sind zum Beispiel Lavendel, Glockenlumen, Schafgarbe, Löwenmäulchen, Kapuzinerkresse, Kornblumen, Wilde Malve und Verbene. Großartige Bienenweiden, gerade auch für den Topf auf der Terrasse, sind blühende Kräuter wie Salbei, Thymian, Rosmarin, Oregano oder Majoran. Frische, aromatische Küchenkräuter sind dann stets zur Hand. Wichtig ist, dass die Entscheidung für bestimmte Pflanzen den Standortverhältnissen angepasst ist. Denn nur dann kann sich die Pflanzengemeinschaft artgerecht entwickeln und weniger Arbeit fällt an. Zwei Drittel der Wildpflanzen leben auf nährstoffarmen, mageren Standorten. Da viele Gartenböden in Schleswig-Holstein mit Nährstoffen überversorgt sind, braucht der Gartenfreund, der heimische Wildpflanzen ansiedeln möchte, in den kommenden Jahren nicht zu düngen. Eventuell ist Sand einzuarbeiten. Eine professionelle, kompetente Beratung beim Pflanzenkauf hilft, Fehler bei der Auswahl zu vermeiden. Wer Raritäten unter den Wildkräutern sucht, wird im Internet fündig.
Umgang mit dem Rasen
Der Rasen ist eine der arbeitsintensivsten Flächen in Garten. Manche Arbeiten kann man sich jedoch, zumindest teilweise, sparen. Es ist daher eine Überlegung wert, die Rasenfläche zu reduzieren und dafür pflegeleichte Stauden anzupflanzen. Auch etwas Wildwuchs zuzulassen und einen Teil des Rasens weniger oft zu mähen, bietet seltenen Insekten zusätzlichen Lebensraum. Die Aussaat von bis zu 70 verschiedenen wilden Blumenarten ist eine Alternative zum doch recht sterilen Rasen. Um eine üppige Blumenwiese zu erhalten, gilt es allerdings einiges zu beachten. Eine gute Vorbereitung der Fläche ist dabei ganz wesentlich. Vielleicht ist es ratsam, erste Erfahrungen auf ein paar Quadratmetern zu sammeln.
Einheimische Gehölze statt Exoten
Exotische Gehölze wie Thuja oder Kirschlorbeer mögen dem einen oder anderen gefallen, sie bieten Insekten jedoch kaum bis keine Nahrung und verdrängen die hiesige Flora. Einheimische Pflanzen wie etwa Weißdorn, Felsenbirne, Wacholder, Wildrose, Heckenkirsche und die früh blühende Haselnuss, aber auch Pflücksträucher wie Johannis- oder Stachelbeere hingegen bieten geflügelten und gefiederten Tieren einen reich gedeckten Tisch.
Totholz ist wichtig
Für ein funktionierendes Ökosystem ist Totholz ein essenzieller Bestandteil. Von und auf dem toten Holz leben ganz unterschiedliche Tier-und Pflanzenarten: Käfer, Schlupfwespen, Fadenwürmer, Pilze und Algen. Nahrung ist dort auch für Vögel und Säugetiere zu finden. Tiere finden im Totholz Deckung, Schlafplatz, Überwinterungsort und Brutgelegenheit. Stehendes Totholz ist zum Beispiel ideal für Rotkehlchen und Spechte. Abhängig von der Holzart, dem Zersetzungsgrad, der Feuchtigkeit und Temperatur des Totholzes entstehen sehr unterschiedliche Lebensräume. Totholz erfüllt im Garten also viele Funktionen. Wem es aber nicht gerade als Augenweide erscheint, der kann den gefällten Baumstamm oder einen Teil der dicken Äste der Verwitterung an einem nicht so exponierten Platz im Garten überlassen.
Im eigenen Garten auf dem Land und selbst auf dem Balkon in Flensburg oder Kiel können Oasen für seltene Tiere und Pflanzen geschaffen werden. Damit vergrößert sich wieder ihr bedrohter Lebensraum. Es lohnt sich, im Land zwischen den Meeren mit anzupacken, denn jeder Quadratmeter mehr Biodiversität zählt!
Kleine Maßnahmen – große Wirkung für Biodiversität:
Eine Kletterpflanze an der Hauswand, 1 m2 Blumenwiese oder ein Kübel mit heimischen Kräutern können schnell zum überlebenswichtigen Raum für selten gewordene Pflanzen und Tiere werden.
Fazit
• Der persönliche Einsatz für mehr Biodiversität lohnt sich durch bereichernde Naturerfahrungen.
• Seltene Tiere und Pflanzen können einen Lebensraum im eigenen Garten finden.
• Kleine, einfach umzusetzende Maßnahmen im Garten haben große Wirkung auf die Biodiversität.
• Damit Insekten fast ganzjährig Blüten mit Pollen und Nektar angeboten bekommen, werden Beispiele für die konkrete Pflanzenwahl gegeben.
• Nicht alle Blühpflanzen und Exoten sind geeignet.
• Zwei Drittel der Wildpflanzen leben auf nährstoffarmen Böden.
• Standortverhältnisse für gutes Wachstum sind zu beachten, eventuell zu optimieren.
• Tipps, um die arbeitsintensive Pflege des Rasens zu minimieren, werden gegeben und Alternativen vorgestellt.
• Auflistung von Beispielen einheimischer Gehölze, die diversen Tieren Lebensraum bieten und zum Teil der menschlichen Ernährung dienen.
• Totholz erfüllt im Garten vielfältige Funktionen, gerade auch gegen den Artenschwund.