StartNachrichtenMarktGetreideabkommen verlängert – Preise unter Druck

Getreideabkommen verlängert – Preise unter Druck

Marktkommentar
Von Karsten Hoeck, LK-Markt
Foto: Imago

Die Initiative für den sicheren Transport von Getreide und Lebensmitteln aus ukrainischen Häfen, kurz Getreideabkommen genannt, scheint auch weiterhin zu bestehen. Entsprechend der Nachrichtenlage zu Beginn dieser Woche haben sich die Verhandlungsparteien grundsätzlich auf einen Fortbestand geeinigt. Das bisherige Abkommen ist am 18. März ausgelaufen. Der neue Getreide-Deal geht zwar in die nächste Runde, unklar ist jedoch die Laufzeit. Die Ukraine besteht auf der bisherigen Vereinbarung einer Dauer von 120 Tagen, während die russische Seite von 60 Tagen spricht. Moskau verlangt, dass Sanktionen auf seine eigenen Exporte von Lebensmitteln und Düngemitteln zurückgenommen werden. Auch die Wiedereröffnung der russischen Pipeline für Ammoniak, die durch die Ukraine führt, wird gefordert. Dazu will man wieder an dem internationalen Zahlungssystem teilnehmen. Russland und die Vereinten Nationen haben zu diesem Teil des Abkommens bislang nur ein Memorandum unterzeichnet. Russland verlangt hier weitere, konkrete Beschlüsse.

Diese Nachricht hat die Terminkurse für Weizen in Paris unter Druck gebracht. Damit hat sich die jüngste Phase der Preiserholung nicht weiter fortgesetzt. Die US-Weizennotierungen konnten sich dagegen gut behaupten. Jetzt im Frühjahr beherrschen zunehmend Wettermeldung aus den weltweiten Anbaugebieten die Entwicklung der Terminkurse. Die Weltproduktion an Weizen wird sich nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) im laufenden Kalenderjahr wahrscheinlich um 11 Mio. t verringern. Trotzdem wäre dies immer noch die zweitgrößte Weizenmenge aller Zeiten. In den Vereinigten Staaten haben die Farmer im Herbst so viel Winterweizen wie seit 2015 nicht mehr gedrillt, angereizt durch die im vergangenen Jahr zeitweise rekordhohen Erzeugerpreise. Auch in Kanada wird mit einer großen Aussaatfläche für Sommerweizen gerechnet. In Russland ist es dagegen im Süden sehr trocken. Die niedrigen Inlandspreise bieten wenig Anreiz, im Frühjahr Weizen zu säen. Damit könnte in Russland in diesem Jahr weniger Weizen geerntet werden als im letzten Rekordjahr. Besonders drastisch dürfte die Erntemenge in der Ukraine zurückgehen. Der erwartete Einbruch um 40 % wird unter anderem auf die kriegsbedingten Schäden in der In­frastruktur und den Liquiditäts- und Personalmangel zurückgeführt. Für die EU erwartet die FAO eine Weizenanbaufläche auf Vorjahresniveau. Trotz der herrschenden Trockenheit in vielen südeuropäischen Regionen wird mit einer erneut umfangreichen EU-Weizenernte gerechnet. Ähnliches prognostiziert man auch für das Vereinigte Königreich. Relativ gute Ernten werden in Pakistan und Indien erwartet, während die Weizenernte in Nordafrika trockenheitsbedingt unterdurchschnittlich ausfallen könnte. Saudi-Arabien, Algerien und Tunesien nutzen die zuletzt reduzierten Kurse und haben größere Mengen Weizen aus der Schwarzmeerregion gekauft. Russland verstärkt zudem seine Beziehungen mit Ägypten und hat seine Stellung als wichtigster Getreidelieferant ausgebaut.

China mit großem Getreidehunger

US-Körnermais ist in China aktuell sehr gefragt. Binnen einer Woche wurden 2,1 Mio. t Mais abgesetzt. Einige Marktbeobachter glauben, dass dies erst der Beginn einer größeren chinesischen Einkaufsoffensive ist. Sollten sich die Vermutungen bewahrheiten, dann dürften die Maisnotierungen weiter steigen. Auch große Mengen an Körnermais aus Brasilien gehen aktuell Richtung China. Zudem liegen die gesamten chinesischen Weizenimporte in den ersten beiden Monaten dieses Jahres bereits jetzt 40 % über den Vorjahresmengen.

Die Erzeugerpreise für Getreide haben sich hierzulande seit dem Jahreswechsel deutlich reduziert, vor allem als Folge der umfangreichen Exporte aus Russland und der Ukraine. Dieser Angebotsdruck wird sich, nach der Verlängerung des Getreidedeals, weiter fortsetzen. Erst zur neuen Saison hin könnte eine verringerte weltweite Weizenernte die Marktlage wieder spürbar stabilisieren.

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