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Auf die Kulturen kommt es an

Grundstein legen für die Zukunft des Waldbestandes
Von Hans Jacobs, Landwirtschaftskammer SH
Zweijährige Eichenkultur Foto: Dr. Borris Welcker

Die Dürresommer der vergangenen Jahre haben bundesweit erhebliche Schäden in den Wäldern verursacht. Neueste Satellitenbildauswertungen der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrtforschung (DLR) haben ergeben, dass durch Sturmwürfe, Dürre und Borkenkäferkalamitäten seit 2018 bundesweit etwa 500.000 ha Kahlfläche entstanden sind.

Bei einem durchschnittlichen Bedarf von 5.000 Pflanzen je Hekt­ar zur Aufforstung ergäbe das eine Summe von 2,5 Milliarden Pflanzen. Manche Flächen bewalden sich durch natürliche Sukzession, andere wiederum werden durch Saat oder durch nur auf Teilflächen stattfindende Initialpflanzungen wiederbewaldet, sodass der tatsächliche Bedarf sicher niedriger ausfallen wird. Tatsache ist jedoch, dass die Wiederbewaldung noch viele Jahre in Anspruch nehmen und erhebliche finanzielle Mittel verschlingen wird.

Viele Waldbesitzende und deren forstliche Beraterinnen und Berater stehen vor der Frage, wie ihr Wald der Zukunft aussehen soll oder darf. Dazu fordert das Landeswaldgesetz, dass bei der Baum­artenwahl ein „hinreichender Anteil standortheimischer Baumarten“ vertreten sein soll. Baumarten sind dann standortheimisch, wenn sie zum einen am Ort der Pflanzung standortgerecht sind, das heißt mit den gegebenen Bodenbedingungen stabil aufwachsen können. Ein Beispiel für nicht standortgerechte Baumartenwahl wäre die Pflanzung der flach wurzelnden Fichte auf einem Niedermoorstandort mit hoch anstehendem Bodenwasserspiegel.

Zum anderen werden heimische Baumarten gefordert. Hierunter sind Baumarten zu verstehen, die natürlicherweise hier wachsen würden beziehungsweise in der Vergangenheit hier natürlicherweise vorkamen. Der Anteil dieser Baumarten muss „hinreichend“ sein. Je nach Naturraum der geplanten Kultur bedeutet dieses einen Anteil zwischen 30 und 50 %.

Welche Bäume trotzen Klimawandel?

Eine weitere wichtige Fragestellung im Zusammenhang mit der Baumartenwahl betrifft den Klimawandel und die Frage, welche Baumarten zukünftig hier bei uns noch ertragreich wachsen werden.

Hierzu wird derzeit ein Forschungsprojekt der Nordwestdeutschen forstlichen Versuchsanstalt (NWFVA) erstellt, das noch in diesem Jahr fertiggestellt werden soll. Auf Grundlage der hiesigen Klimadaten und der Ergebnisse der landesweit vorliegenden forstlichen Bodenkartierungen werden die durch den Weltklimarat erstellten Wetterprognosen (in Form von modellierten Klimaläufen vorliegend) auf Schleswig-Holstein heruntergebrochen und kartografisch dargestellt. Es wird berechnet, wie viel pflanzenverfügbares Wasser zukünftig noch zur Verfügung steht, und darauf aufbauend werden Baumartenvorschläge unterbreitet.

Die zweite zentrale Bedingung für das langfristige und nachhaltige Gelingen einer Kulturmaßnahme betrifft die Pflanzung. Hierzu wurde im März 2022 eine Fortbildung der NWFVA bei der Landwirtschaftskammer in Bad Segeberg veranstaltet. Eine zentrale Fragestellung betraf die Erfahrungen mit neuerdings vermehrt angebotenen Containerpflanzen. Entsprechende Untersuchungsergebnisse ergaben, dass die Containerpflanzen gegenüber einer sorgfältig gepflanzten wurzelnackten Pflanze keine Wuchsvorteile aufweisen.

Vor allem die Douglasie wird mittlerweile als Containerpflanze angeboten. Aufgrund der sehr hohen Sensibilität dieser Baumart in Bezug auf Wurzeldeformationen bei unsauberer Pflanzung hat die Containerpflanze Vorteile in Bezug auf die Wurzelentwicklung. Da andere Baumarten als Container derzeit nur bedingt zur Verfügung stehen, konzentriert sich dieses Verfahren auf die Baumart Douglasie. Hier zeigen sich gute und kostengünstige Erfahrungen. Bei einem konkreten Bedarf an Douglasienpflanzen sollte daher die Möglichkeit der Con­tainerpflanzung geprüft werden.

So gelingt die Kultur sicher

Douglasienminicontainer zur Pflanzung unter Schirm ohne hohe Begleitvegetation Foto: Hans Jacobs

Grundsätzlich sind für das Gelingen einer Kultur folgende Aspekte von zentraler Bedeutung:

Das Pflanzenmaterial braucht ein ausgewogenes Verhältnis aus Höhe und Wurzelhalsdurchmesser, die Pflanzen sollten nicht zu schnell gewachsen sein, weil sie dann zu instabil werden.

Grundanforderung an das Pflanzgut, das bei der Anlieferung kontrolliert werden muss, sind unbeschädigte, frische Pflanzen mit geradem, kräftigem Trieb ohne Zwiesel.

Entsprechend der Pflanzengröße sollten die Pflanzen ausreichend Wurzelmasse mit möglichst vielen Feinwurzeln aufweisen. Die Wurzeln müssen permanent feucht gehalten werden – über den Transport, den Einschlag der Pflanzen an der Fläche bis zur Pflanzung an sich. Trocknis an den Wurzeln reduziert die Überlebenswahrscheinlichkeit der Pflanze erheblich.

Früher wurden Wurzeln vor der Pflanzung gerne zurückgeschnitten, um diese zu erleichtern. Mittlerweile ist bekannt, dass jegliche Beschädigung der Wurzeln den Anwuchserfolg und die Stabilität der jungen Bäume negativ beeinflusst. Das Entfernen einzelner überlanger Wurzeln sollte die absolute Ausnahme darstellen und auf die Fälle beschränkt werden, wo es nicht gelingt, die Wurzeln ungestaucht im Pflanzloch zu platzieren.

Das Pflanzverfahren orientiert sich an der Pflanzengröße. Bei kleinen Sortimenten können einige Pflanzverfahren mit Hauen oder Spezialspaten genutzt werden, die aber technisch anspruchsvoll sind und gelernt werden müssen. Bei deutlich größeren Pflanzen kommt der Minibagger infrage.

Besonders wichtig ist es, die Wurzeln möglichst ungestaucht und locker im Pflanzloch zu positionieren. Das Pflanzloch muss mit rein mineralischer Erde wieder verfüllt werden, Laub, Zweige oder Ähnliches sollten nicht dazwischen sein. Das Pflanzloch muss nach dem Verfüllen mit einem festen Antreten verschlossen werden.

Die Pflanze muss so weit im Erdreich verschwinden, dass sämtliche Wurzeln übererdet sind, aber auch der Wurzelhals oberhalb der Erdoberfläche verbleiben kann, ansonsten kann es zu Fäulnis am Stämmchen kommen.

Wuchshülle oder Wildzaun

Ein weiterer Erfolgsgarant einer Pflanzkultur liegt in dem Ausschluss potenzieller Wildschäden. In Schleswig-Holstein ist es noch immer in den allermeisten Gegenden erforderlich, einen Wildschutzzaun zu errichten. Alternativ werden vor allem in Süddeutschland Wuchshüllen verwendet, um auf den Zaunbau verzichten zu können. Hierzu gibt es auch Untersuchungen der NWFVA. Im Ergebnis zeigt sich, dass Wuchshüllen eine Lösung für sehr kleinflächige Pflanzungen bilden können. Bei mehr als 650 Pflanzen sind die Kosten der Wuchshüllen (zirka 4,50 € bis 5 € je Stück) so hoch, dass der Zaunbau deutlich günstiger wird.

Hinzu kommt die Tatsache, dass je nach Hüllenfabrikat und Baum­art zu wenig Licht einfällt. Die Pflanzen versuchen, möglichst schnell den Hüllen zu entwachsen, was dazu führt, dass sie sehr schnell sehr hoch wachsen, ohne die entsprechende Stammstabilität zu entwickeln. Auch das Wurzelwachstum bleibt hinter dem Triebwachstum zurück, was eine zusätzliche Destabilisierung zur Folge hat. Die Wuchshüllen bewirken ein besonders schlechtes Verhältnis aus Sprosslänge und Wurzelhalsdurchmesser.

Zusätzlich muss darauf hingewiesen werden, dass neuerdings die Verwendung von Wuchshüllen aus Plastik in Schleswig-Holstein nicht mehr gestattet ist.

Die Verwendung qualitativ hochwertiger Pflanzen mit sorgfältiger Pflanzung und ausreichendem Schutz lässt zukunftsfähige Kulturen entstehen. Dennoch sind witterungsbedingt Ausfälle möglich, die durch Nachpflanzungen ersetzt werden sollten, wenn die Gefahr besteht, dass der Dickungsschluss der aufwachsenden Kultur aufgrund der Lücken deutlich später erfolgen wird. Manchmal findet sich Naturverjüngung (Birke, Nadelholz, Buche) ein, die die Lücken schließt und daher eine Nachpflanzung entbehrlich macht.

Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft die Behandlung der Kulturen nach acht bis zwölf Jahren, wenn der Dickungsschluss eingetreten ist. Der Zaun hat seine Funktion erfüllt und muss abgebaut werden, weil er rechtlich betrachtet nicht mehr erlaubt ist. Damit hat das vorkommende Schalenwild, wenn der Zaun bis zuletzt seine Schutzfunktion erfüllt hat, nun wieder Zutritt zur Fläche. In vielen Gegenden des Landes sind noch immer recht hohe Bestandsdichten an Dam- und teilweise auch Rotwild festzustellen. Damit besteht die akute Gefahr, dass die Jungbestände durch Schälschäden beeinträchtigt oder sogar ruiniert werden. Zwar lassen sich solche Schäden gegenüber den Jagdpächtern und Jagdpächterinnen geltend machen, aber damit lässt sich der finanzielle Schaden eines Bestandes nur teilweise ausgleichen.

Daher sollte in diesen Gefahrenbereichen ein vorbeugender Schälschutz angebracht werden. Hierfür stehen unterschiedliche Mittel und Verfahren zur Verfügung. Da es den Kostenrahmen sprengen würde, jeden Baum zu schützen, sollte zunächst eine Plusbaumauslese erfolgen, gefolgt von einer ersten Läuterungsmaßnahme, um den Kronenraum dieser Plusbäume etwas zu erweitern. Je nach Baumart sollte diese Maßnahme mehr oder weniger vorsichtig erfolgen. Die Plusbäume sollten dann geschützt werden. Eine Kostenbeteiligung der Jagdpächterinnen und Jagdpächter an einer solchen Maßnahme lässt sich zwar nicht erzwingen, da es sich aber um schadensminimierende Maßnahmen handelt, sollte es in deren Interesse sein, solche Maßnahmen umzusetzen.

Vorbereitung der Fläche

Ein abschließendes Wort zum Thema „Kulturvorbereitung“. Die Pflanzung ist umso einfacher und letztendlich auch kostengünstiger, je sauberer die Fläche ist. Daher werden viele Flächen vorbereitend ganzflächig gemulcht. Diese Maßnahme ist sehr teuer und bedeutet ein flächiges Befahren der gesamten Kulturfläche. Sie hat allerdings den Vorteil, dass die Begleitvegetation in den ersten Jahren nicht ganz so vehement aufwächst und daher die Aufwendungen für die Kulturpflege geringer ausfallen.

Andererseits bildet der Waldboden das Produktionskapital, auf dem der neue Wald wachsen soll. Seine Strukturen werden über Jahrzehnte hinweg geschaffen und sind entsprechend empfindlich gegenüber einer Befahrung. Befahrungsbedingte Bodenverdichtungen sind noch nach Jahrzehnten sichtbar und beeinträchtigen das Wurzelwachstum. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Waldboden von einer Vielzahl von Lebewesen bevölkert wird, deren ökologische Bedeutung nicht zu unterschätzen ist. Das Mulchen zerstört die bestehenden Habitatstrukturen einschließlich der sie bewohnenden Organismen.

Ein übermäßiger Anfall von Hiebsresten und Kronenmaterial (zum Beispiel nach Sturmwurf) kann das Mulchen erforderlich machen. Ob streifenweise oder wirklich ganzflächig, ist abhängig von den Verhältnissen vor Ort. In vielen Fällen lassen sich aber genauso gut über streifenweise Pflanzlochvorbereitung günstige Pflanzverhältnisse schaffen, die kostengünstiger und ökologisch weniger negativ sind.

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