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Von Biokohle bis Recycling-Keile

Forsttechnik auf der Agritechnica: Holzenergie als ein Schwerpunkt 
Von Christian Mühlhausen
Mit allem erdenklichen Luxus sollen Mitarbeiter in der Branche gefunden werden. Fotos: Christian Mühlhausen

Agritechnica – das bedeutet Schlepper, Mähdrescher, Feldhäcksler und Roder, viele PS-starke Boliden und eine unüberschaubare Zahl an Anbaugeräten auf der weltweit größten Landtechnikmesse. Und sicherlich war der Großteil der Neuheiten von über 2.800 Ausstellern auch in diesem Bereich zu finden. Doch auch Waldbauern kamen auf ihre Kosten: Wenngleich der Forstbereich, der vor allem in Halle 26 ein Zuhause hatte, schon einmal größer war auf der Agritechnica, so gab es doch allerlei Spannendes zu entdecken.

Keile aus recyceltem Material.

Eine kleine, aber feine Neuheit mitgebracht hat das österreichische Unternehmen Protos, das für seine Integralforsthelme bekannt ist, die individuell konfigurierbar sind. Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde, und auch die alpenländischen Helmspezialisten wollen ihren Teil dazu beitragen: Sie fertigen ihre Kunststoff-Fällkeile ab sofort zu 75 % aus recycelten Material von Resten, die bei der Helmherstellung anfallen, vor allem bei den Außenschalen und den Belüftungsschiebern. Ausgestaltet ist der Keil auf der einen Seite mit einer Wabenstruktur aus 75 Zähnen für den optimalen Biss, auf der anderen Seite mit einer groben Struktur, die das Nachsetzen von weiteren Keilen erlaubt. Die Schlagfläche ist großzügig gerundet, der Keil in fünf verschiedenen Farben erhältlich. 

Weniger Feinstaub bei Hackschnitzeln

Das Thema Hackschnitzelqualität ist in aller Munde bei denjenigen, die eine solche Heizung betreiben. Nichts ist nerviger als eine streikende Heizung – was meist zu nachtschlafender Stunde passiert –, weil sich zu lange Holzstücke in der Förderschnecke verkeilt haben oder eine größere Menge an Feinanteil (Holzmehl) sich zu einem Pfropfen verformt hat, der die Schnecke blockiert und so das System lahmlegt.

Einen anderen Weg bei der Beschaffenheit der Hackschnitzel und deren Beförderung in den Brennraum geht daher Bernhard Lechner von Lechner Heiztechnik in Mitterscheyern: Er lässt das Holz mit einem Ausgangswassergehalt von 35 bis 45 % zu Grobhackschnitzeln hacken: „Das mindert die Hackkosten, befördert durch die Beschaffenheit die natürliche Luftzirkulation und führt dadurch zu geringen Trockenverlusten und einer kurzen Trockenzeit“, sagt er.

Hackschnitzeltransporte leicht gemacht

Im Brennraum habe er daher ein besseres Brennverhalten, kaum Ascheanfall, eine größere Flammbildung, bis zu 30 % mehr Wärme, dabei weniger Feinstaubbelastung und weniger Rußbildung. Diese Parameter seien im Vergleich bei Feinhackschnitzeln allesamt schlechter, hinzu komme die Gesundheitsgefährdung durch Schimmel- und Sporenbildung durch Pilze sowie eine erhöhte Brandgefahr, da sich die feinen Hackschnitzel auf bis 70 °C erhitzen können und dabei bis zu 30 % Trocknungsverluste entstehen.

Die von Lechner bevorzugten Grobhackschnitzel eignen sich nicht für herkömmliche Schneckenförderer, weshalb er auf die Befüllung mit einer Doppelkolbenbeschickung setzt. Dabei drücken wechselseitig zwei Zylinder das Material durch ein Rohr in den Brennraum. Da immer ein Kolben geschlossen ist, ist weder ein Zellrad noch eine Brandschutzklappe nötig, das System nach eigenen Angaben also 100 % rückbrandsicher. Natürlich kann das System auch für die Beschickung mit feinen Hackschnitzeln verwendet werden, die Doppelkolbenbeschickung ist auch nach- beziehungsweise umrüstbar von Bestandsschneckenförderern – unabhängig davon, ob sich die Beschickung bisher ober- oder unterhalb des Heizraums befand.

Deutliche Abgasreduzierung

Heizen und gleichzeitig Pflanzenkohle für die regenerative Landwirtschaft für einen „Terra-preta“-Boden bereitstellen – das verspricht das österreichische Unternehmen Guntamatic mit seinem Powerchip Biochar mit 50, 75 oder 100 kW. Im Normalbetrieb sollen damit bis zu 25 % des zu heizenden Holzvolumens in eine hochwertige Pflanzenkohle verwandelt werden – und zwar bis zu 30.000 l Kohle pro Jahr, was einer benötigen Menge für 10 ha Land entspricht. Die erzeugte Pflanzenkohle wird im Wasserbad gelöscht und automatisch in einen Behälter ausgebracht. Sie kann Stickstoff und Phosphordünger ideal aufnehmen und diese nach der Ausbringung besonders langsam abgeben, zudem speichert sie das Wasser lange.

Die von Guntamatic patentierte Karbonisierung, Reinigung und Austragung, bei der die Flamme gestoppt wird und das Holz dann verkohlt, soll eine besonders hohe Qualität der „Pflanzenkohle“ garantieren, der Betreiber kann jederzeit zwischen dem Pflanzenkohlebetrieb oder einem reinen Heizbetrieb wählen.

Weiterer Vorteil: Der Pflanzenkohleanteil speichert das darin gebundene CO2 über lange Zeiträume, sodass diese Heizungen nach Herstellerangaben nicht nur CO2-neutral arbeiten kann, sondern die erste wirtschaftliche Lösung sei, die große Mengen CO2 aus der Atmosphäre ziehen und im Boden einlagern kann. Nebeneffekt der Pyrolyse ist eine deutliche Abgasreduzierung mit bis zu 50 % weniger CO2 und kaum Ascheanfall.

Einen robusten Kurzholz-Liegendspalter für den privaten bis semiprofessionellen Anwendungsbereich stellte Oehler Fahrzeugbau vor. Der OL 1040 wird mit einem 5,5-PS-E-Motor angetrieben und bringt bis zu 10 t Spaltdruck aufs Holz. Geeignet ist er für Kurzholz von einem halben Meter. Der mechanisch verstellbare Spaltkeil fährt durch eine Holzwanne (für mittigen Spalten), die Führung ist für den robusten Einsatz in Messing gestaltet. Der Spalter arbeitet in zwei Spaltgeschwindigkeiten von 6,1 beziehungsweise 15,5 cm/s, der Rücklauf ist einheitlich mit 10 m/s. 

Hackschnitzel besser transportieren

Das Transportieren von Hackschnitzeln zu schwierig zu erreichenden Anlagen kann mitunter aufwändig sein. Mus-Max stellte dazu auf der Agritechnica ein Sauggebläse vor, mit dem die Hackgutbunker kleinerer Heizanlagen direkt vom landwirtschaftlichen Anhänger beschickt werden können. Es kann aber auch beispielsweise eingesetzt werden bei der Nachfüllung vom Hackgutlager in die Brennraumaustragung. Erhältlich ist sie als E-Motor-Variante (11 bis 18,5 kW) sowie Schlepperantrieb. Es lassen sich in der E-Ausführung 12 m Förderhöhe und 10 m Förderweite (steigend) überwinden und damit zwischen 15 und 20 m3 pro Stunde befördern. Die Schleppervariante schafft bei 20 m maximaler Förderhöhe und 15 m Förderweite eine Leistung von 30 bis 40 m3 pro Stunde. 

Komfort für mehr Mitarbeiter

Viele nützliche Helfer wurden auf der Agritechnica vorgestellt.

Ein absoluter Hingucker in Halle 26 war der Hacktruck „Hackthor“ von Jenz Maschinenbau. Das Unternehmen aus dem westfälischen Petershagen beschäftigt mittlerweile 250 Mitarbeiter, hat einen Exportanteil von über 60 %, vor allem innerhalb der EU, aber auch bis nach Japan, und wird in diesem Jahr 160 Hacker bauen. Die neue Königsklasse ist der Hackthor, der mit 530 PS bis zum 120 t Holz pro Stunde hacken kann und der als Prototyp ausgestellt wurde. 2024 wird das Vorserienmodell herauskommen, ab 2025 soll er in Serie gehen. Neben der Hackleistung überzeugt die Maschine vor allem dadurch, dass die 4,70 m nach oben und auch seitlich ausfahrbare Kabine völlig neu gedacht wurde und eher einem kleinen Wohnzimmer mit Kühlschrank, Kaffeemaschine und Komfort (Echtholzverkleidung, Ambientebeleuchtung, Unterhaltungselektronik) gleicht als einer üblichen Kabine.

Hintergrund ist, dass Fachkräftemangel und Zufriedenheit bei den Fahrern auch in der Hackbranche ein Thema ist und gute Fachkräfte nur zu bekommen oder zu halten sind, wenn sie sich an ihrem Arbeitsplatz auch wohlfühlen. Die nach oben und seitlich teleskopierbare Kabine hat auch den Vorteil, dass der Fahrer sowohl das Holzpolter als auch den zu beladenden Lkw deutlich besser überblicken kann, dabei weniger ermüdet und auch die von einem Standplatz aus erreichbare Kranreichweite erhöht wird.

„Rundholzlogistik neu gedacht“ – unter diesem Motto stellten die beiden Unternehmen Reil & Eichinger sowie Wagner Fahrzeugbau ihren 40 km/h-Holzrückewagen WTR 21/905 vor. Die 21 steht für das Gesamtgewicht in Tonnen, die 905 für die 9,05 m Kranlänge. Mit 5 m2 Stirngitterfläche und 5,50 m Ladeflächenlänge kann der geländegängige Offroad-Anhänger einiges an Volumen laden, betrieben werden kann er mit gängigen Standardschleppern. Der flexible Rungenaufbau ermöglicht bei Privatwaldbesitzern und Lohnunternehmern einen rentablen Transport auch bei kleineren Einschlagsmengen bei Kalamitäten, da verschiedene Sortimente gefahren werden können, etwa 2 x 2 m,
2 x 3 m oder 4- beziehungsweise 5-m-Längen.

Ebenfalls am Stand konnte die BMF-Forstbox bestaunt werden für den Frontanbau an Schlepper. Diese Box wird bei der Waldarbeit mitgeführt und vereinigt ein 1,6 m breites Frontpolterschild, ein 0,5 t Frontgewicht, eine Bergeseilwinde mit 4,6 t Zugkraft und 20 m Seil sowie Funkfernbedienung, ein Planierschild mit wechselbarer Hardox-Leiste sowie eine Werkzeugbox mit abschließbaren Staufächern.

Schüttgut leicht transportieren

Einen flexibel einsetzbaren Wagen von Farma/Bigab stellte Forsmw vor. Das Unternehmen, das eigentlich für seine Holzrückewagen bekannt ist, präsentierte auf der Agritechnica ein Hakenlift-System, mit dem sich nicht nur landwirtschaftliche Schüttgüter transportieren lassen, sondern auch Hackschnitzel: Ein Container verbleibt auf der Baustelle und wird befüllt, der andere wird zum Leeren abtransportiert. Mit dem System lassen sich auch alle anderen hakenlifttauglichen Anbauten wie Transportfass und Rungenkorb bewegen, außerdem kann ein Kran angebaut werden.  

Einen kleinen, nützlichen Helfer zum Zersägen von Scheitholz, aber auch von Paletten, Brettern, Pfosten und Balken stellte Geraghty vor. Der „Timber Croc“ ist ein auf stabilen Füßen stehendes Metallkonstrukt, das durch seine Konstruktion und sein patentiertes „Zahn“-Design in der Lage ist, Holz in verschiedenen Durchmessern bis 28 cm allein durch dessen Eigengewicht zu halten. Das Ablängen von Scheitholz ist damit ebenso möglich wie das Anspitzen beispielsweise von Pfahlhölzern. Damit werden vielerlei Gefahren für Mensch und Säge verhindert, die mit dem Sägen auf dem Boden sonst verbunden sind. Es gibt auch eine Variante für den Anbau am Schlepper: Durch eine abgesenkte Hydraulik kann ein schwerer Stamm aufgenommen und nach dem Anheben zersägt oder bearbeitet werden.

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