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Beeindruckendes Baltikum

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Die diesjährige Exkursion des Agrarausschusses der Landjugend führte nach Lettland – in ein Land, das landwirtschaftlich stark geprägt ist und trotz seiner überschaubaren Größe eine beeindruckende Vielfalt an Ackerbau-, Milch- und spezialisierten Betrieben bietet.

Lettland ist bekannt für seinen Getreideanbau, seine Milchproduktion sowie zahlreiche kleine Familienbetriebe. Mit diesen Erwartungen im Gepäck machten wir uns Ende Oktober auf den Weg Richtung Baltikum. Am 29. Oktober startete unsere Gruppe abends vom Hamburger Flughafen. Am nächsten Morgen begrüßte uns unsere Reiseleiterin Aira, die uns die gesamte Exkursion über begleiteten sollte. Erstes Ziel war die Burgruine Koknese, eine mittelalterliche Festung, die direkt am Ufer der Daugava liegt. Ursprünglich stand sie weit oberhalb des Wassers, doch durch den Bau eines Wasserkraftwerks in den 1960er Jahren wurde das Gebiet teilweise überflutet und der Wasserstand um 30 m erhöht.

Lettland ist durch eine wechselvolle Geschichte geprägt. Foto: Jaenne Albert

Nach dem Mittagessen besuchten wir die Ziegenfarm von Familie Raimonds. Rund 300 Ziegen – darunter verschiedene Rassen – werden dort gehalten. Wir konnten beim Melken zusehen und erfuhren viel über die Haltung und Fütterung. Auf dem Hof werden sechs verschiedene Ziegenkäsesorten hergestellt, die in der Region sehr beliebt sind und die auch wir verkosten durften. Schon am ersten Abend stellten wir fest: In Lettland wird viel mit Käse überbacken – und Knoblauch fehlt dabei selten.

Am Morgen ging es nach Bauska, wo wir die Brauerei Bauskas Alus besichtigten. Sie wurde 1981 gegründet und zählt zu den bekannten Traditionsbrauereien des Landes. Es werden viele verschiedene Sorten Bier produziert. Neben Bier produziert die Brauerei auch alkoholfreie Getränke wie Malzbier und Rhabarberschorle. Seit 2019 gehört sie zur Cido-Gruppe, wird aber weiterhin eigenständig geführt.

Nach dem Mittagessen besuchten wir den Betrieb von Aira, unserer Reiseführerin, und ihrem Mann Gerhard – einem aus Niedersachsen stammenden Landwirt, der 2012 nach Lettland auswanderte. Gerhard begann klein, hat seinen Ackerbaubetrieb jedoch Schritt für Schritt auf inzwischen 2.400 ha erweitert (davon 600 ha Bruchland). Er arbeitet mit konservierender Bodenbearbeitung und Direktsaat, nutzt zwei Drohnen für Pflanzenschutzmaßnahmen und bewirtschaftet seine Flächen mit einer Fahrgassenbreite von 40,5 m – eine Herausforderung, da es in Lettland noch häufig überirdische Stromleitungen gibt. Zum Maschinenpark gehören unter anderem drei Quadtracs, Fastracs sowie zwei Drescher. Sein Sohn ist inzwischen ebenfalls im Betrieb aktiv. Während der Ernte unterstützen deutsche Saisonarbeitskräfte.

Erstes Exkursionsziel war die mittelalterliche Festung Koknese am Ufer der Daugava. Foto: Lena Hagge
Lettland bietet trotz überschaubarer Größe eine beeindruckende Vielfalt an landwirtschaftlichen Betrieben. Foto: Lena Hagge
Eine Besichtigung der 1981 gegründeten Traditionsbrauerei Bauskas Alus durfte im Programm nicht fehlen. Foto: Lena Hagge


Einen Einblick in die alte Tradition des Neunaugenfangs erhielten wir am Sonnabend beim Besuch der Lamprey Farm Krupis. Die fischähnlichen Tiere sind etwa 20 cm lang und aalartig, haben aber keine neun Augen: Ein Auge, eine Nasenöffnung und sieben sichtbare Kiemenöffnungen pro Seite lassen es lediglich so aussehen. Wir probierten Neunaugen in verschiedenen Zubereitungsarten. Der Geschmack war für einige von uns sehr ungewöhnlich – ein echtes kulinarisches Erlebnis. Danach unternahmen wir einen Spaziergang an der Ostseeküste, bevor wir einen Milchviehbetrieb mit eigener Käserei besuchten. Der Hof von Maris Rehtšprehers begann 2015 mit der Käseproduktion und ließ sich dabei von italienischen Käsemeistern unterstützen – teilweise stammen die Kulturen noch heute aus Italien. Besonders wichtig ist dem Betrieb die Futterqualität, um erstklassige Rohmilch für den Käse zu erhalten. In diesem Jahr hat der Betrieb in einen Melkroboter der Firma Lely investiert, melkt inzwischen 42 l und ist somit einer der besten Betriebe in Lettland. Am Sonntag erkundeten wir Riga mit einer Stadtführung und einem Besuch der berühmten Markthallen – einem der größten Marktplätze Europas. Am Abend traten wir schließlich die Rückreise nach Hamburg an. 

Änderung im Baugesetzbuch

Mit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) hat der Bundestag auch eine Änderung des Baugesetzbuches (BauGB) beschlossen. Damit sind Batteriespeicher ab 1 MW Leistung sowie unterirdische Wärme- oder Wasserstoffspeicher im Außenbereich künftig baurechtlich privilegiert. Diese Änderung geht zurück auf den Wirtschaftsausschuss, dessen geänderte Fassung der Bundestag am späten Donnerstagabend vergangener Woche nach 20-minütiger Aussprache angenommen hat.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Energiebereich sowie zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften war mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU und SPD gebilligt worden. Die Oppositionsfraktionen AfD und Bündnis 90/Die Grünen stimmten dagegen; die Linksfraktion enthielt sich. Konkret wurde § 35 Absatz 1 BauGB um zwei Nummern ergänzt, um eine „Beschleunigung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit“ bei den betreffenden Speichern zu erreichen, wie der Wirtschaftsausschuss, der auch für die Energiepolitik zuständig ist, die Änderung be­gründet.

Schutz vor ungesteuerter Bebauung im Blick

Für den Bundesverband der gemeinnützigen Landgesellschaften (BLG) kam die baurechtliche Privilegierung „überraschend“. Geschäftsführer Udo Hemmerling kommentierte: „Für Wind-, Biogas- und PV-Freiflächenanlagen ist es nun mit geringerem planerischen Aufwand möglich, Batteriespeicher an der Anlage zu ergänzen und die Erlöse am Strommarkt zu verbessern.“ Aber auch der Bau von neuen Batteriespeichern in der Nähe von Umspannwerken werde damit vereinfacht. Ein Dorn im Auge ist Hemmerling die schleppende Vergabe von Netzanschlüssen. Zudem wolle der BLG den „notwendigen Schutz des Außenbereichs vor ungesteuerter Bebauung“ Geschäftsführer Hemmerling zufolge im Auge behalten.

BEE: „Längst überfälliger Schritt“

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßt die baurechtliche Privilegierung von Batteriespeichern. Für BEE-Präsidentin Ursula Heinen-Esser ist dies ein „längst überfälliger Schritt“. Ebenfalls positiv bewertet der Branchenverband die vorgesehene Übergangsregelung für die auslaufende Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) für Biomethananlagen. Gleichzeitig wird moniert, dass eine dauerhafte Nachfolgeregelung nach wie vor fehle. „Um der Schlüsselrolle von Biomethan in der klimaneutralen Gasversorgung Rechnung zu tragen, müssen Biomethananlagen auch künftig Vorrang beim Netzanschluss erhalten und bei den Anschlusskosten privilegiert werden”, fordert Heinen-Esser.

Endlich wieder WASDE

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Nach dem Ende des Shutdowns in den USA gibt es nun endlich wieder den von den Agrarmärkten lang ersehnten Report des US-Landwirtschaftsministeriums, World Agricultural Supply and Demand Estimates (WASDE). Dieser monatlich erscheinende Report hat einen sehr großen Einfluss auf die Agrarmärkte und war im Oktober aufgrund des Haushaltsstreits komplett ausgefallen. Entsprechend hoch war die Spannung vor der Veröffentlichung am vorigen Freitag. In diesem Bericht werden die Schätzungen für die weltweite Produktion und die Endbestände von Getreide, Sojabohnen und Mais laufend aktualisiert. Somit hat der Bericht direkten Einfluss auf die Börsenkurse. Dieser Effekt ist unterschiedlich hoch, je nachdem ob die Veränderungen in den Schätzungen im Vergleich zum vorangegangenen Bericht vom Markt so erwartet wurden oder eben nicht.

Weizenkurse nach Veröffentlichung gefallen

Die Weizenkurse an den Warenterminbörsen in Chicago und Paris sind nach der Veröffentlichung des WASDE-Reports gefallen. Grund dafür ist die deutlich nach oben korrigierte Schätzung der globalen Endbestände. Die Markterwartung lag bei einem durchschnittlichen Plus von gut 2 Mio. t. Das tatsächliche Plus in der Schätzung liegt aber bei gut 7 Mio. t. Dies liegt an den deutlich angehobenen Produktionsprognosen in fast allen wichtigen Weizenanbauregionen. Hinzu kommt, dass sich die Anbaubedingungen in den wichtigsten Regionen überwiegend positiv entwickeln. Dies hatte der Markt in diesem Umfang nicht erwartet und entsprechend reagierten die Börsen mit teils deutlichen Kursverlusten. Damit rückt auch eine baldige Erholung der Weizenkurse in immer weitere Ferne. Leichte Erholungsmöglichkeiten werden aus aktueller Sicht nur noch in einer recht langsamen Exportgeschwindigkeit in der Schwarzmeerregion gesehen. Die guten Ernten wurden hauptsächlich im russischen Binnenland verzeichnet, mit entsprechend weiten Wegen zu den Exporthäfen. Bei der aktuellen Sprit-Knappheit in Russland könnten sich daraus Impulse ergeben. Aktuell drängt allerdings die laufende argentinische Rekord-Weizenernte auf den Weltmarkt zu einem Preis, der fob Exporthafen noch fast 20 US-$ unter dem russischen Weizen liegt.

Auch Soja fällt deutlich

Die Sojabohnenkurse sind infolge des WASDE-Reports ebenfalls deutlich gefallen. Dabei lagen die Schätzungen zu den Bestandsentwicklungen und den Endbeständen für alle Regionen im Rahmen der Erwartungen oder teilweise sogar unter diesen. Dies hätte dann eigentlich eine marktstützende Wirkung haben müssen. Es wurde aber überlagert von den US-Exportzahlen für Sojabohnen, die ebenfalls mit veröffentlicht werden. Hier macht sich langsam, aber sicher die Erkenntnis im Markt breit, dass der von US-Präsident Donald Trump groß gefeierte Deal mit China von der chinesischen Seite vielleicht doch nicht mehr als eine Absichtserklärung sein könnte. Denn von den 12 Mio. t Sojabohnen, die China bis zum Jahresende in den USA einkaufen wollte, hat China bisher nicht einmal 10 % bestellt, während die Sojabohnenexporte aus Südamerika in Richtung China sogar noch Zuwächse verzeichnen konnten. Diese Erkenntnis setzte die Sojabohnenkurse in Chicago am vergangenen Freitag erheblich unter Druck. Den Einfluss des WASDE-Reports auf die entsprechenden Agrarmärkte hat der November-Bericht also einmal wieder eindrucksvoll bewiesen.

Checkliste für Waldbesitzer

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Der Brennholzmarkt boomt seit Jahren, für viele private ­Haushalte ist das Heizen mit Holz zu einer festen Größe geworden. Wald­besitzer profitieren von dieser Nachfrage: Sie können Bestände kostengünstig durchforsten, minderwertige Sorti­mente absetzen und zugleich einen Beitrag zur regionalen Energieversorgung leisten. Besonders beliebt ist die Brenn­holz­selbstwerbung. Dabei verkaufen Waldbesitzer Holz zu vergleichsweise günstigen Preisen an Privatleute, die es selbst sägen, spalten und abtransportieren. Was nach einer klassischen Win-win-Situation klingt, birgt jedoch Risiken.

Damit es im Winter schön warm bleibt: Die Nutzung von Brennholz liegt im Trend, die Selbstwerbung hat aber mitunter Tücken.

Ohne klare Regeln, Dokumentation und schriftliche Vereinbarungen drohen im Ernstfall Streitigkeiten – insbesondere bei Unfällen oder Schäden, warnt Klaus Klugmann, Branchenreferent für Forstwirtschaft und Jagd bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG). Eine Möglichkeit der Absicherung ist die Selbstwerber-Erklärung, die Waldbesitzer bei der SVLFG anfordern können. Darin wird festgehalten, dass der Käufer als Privatperson im eigenen Interesse und für den Eigenbedarf handelt, kein Beschäftigungsverhältnis zum Forstbetrieb besteht und die Unfallversicherung des Betriebes daher nicht greift. Außerdem bestätigt der Selbstwerber, fachkundig und über die Gefahren der Waldarbeit informiert worden zu sein und für Schäden, die er oder seine Helfer verursachen, selbst einzustehen. Damit ist eindeutig geregelt: Für Sach- und Personenschäden haftet nicht der Waldbesitzer, sondern ausschließlich derjenige, der die Arbeiten ausführt. Diese Absicherung ist unverzichtbar – denn Waldarbeit zählt zu den gefährlichsten Tätigkeiten.

Fachkunde muss sein

Ein wesentlicher Punkt ist die Fachkunde, was auch Inhalt der Bedienungsanleitung von Motorsägen ist. Motorsägen gehören zu den gefährlichen Arbeitsmitteln der Land- und Forstwirtschaft. Jährlich kommt es bei Brennholzarbeiten zu schweren, teils tödlichen Unfällen. Deshalb ist der Nachweis eines Motorsägenkurses Pflicht. Empfehlenswert sind Lehrgänge mit KWF-Gütesiegel, die die Module A1, A2 oder B abdecken und fundierte Kenntnisse in Handhabung, Schnitttechniken und Unfallverhütung vermitteln. Kurz- oder Billigkurse reichen nicht aus. Liegt kein geeigneter Nachweis vor, sollte der Zugang zur Selbstwerbung konsequent verweigert werden.

Sicherheit an erster Stelle

Neben Qualifikation ist die Ausrüstung entscheidend. Ohne persönliche Schutzausrüstung darf niemand im Wald arbeiten. Mindeststandard sind Schutzhelm mit Visier und Gehörschutz, Schnittschutzhose, Sicherheitsschuhe mit Schnittschutzeinlage sowie Handschuhe. Zusätzlich sind Erste-Hilfe-Material und ein Mobiltelefon mitzuführen. Waldbesitzer sollten diese Vorgaben nicht nur mündlich erläutern, sondern in der Erklärung verbindlich festhalten und kontrollieren. Denn wird ein Selbstwerber ohne Helm oder Schnittschutzhose verletzt, können Haftungsfragen schnell auch den Waldbesitzer betreffen.

Wesentlich ist auch der Versicherungsschutz. „Selbstwerber arbeiten im eigenen Interesse und für den Eigenverbrauch. Sie sind daher nicht über den Forstbetrieb versichert, sondern haften für alle Schäden selbst“, betont Klugmann. Für Waldbesitzer bedeutet das nur dann eine Entlastung, wenn sie auch ihre Pflichten erfüllen: Einweisung in die Örtlichkeiten, Hinweise auf besondere Gefahrenpunkte und Zuwegungen, Unterweisung in Mindestanforderungen wie Verbot von Alleinarbeit oder Pflicht zur Schutzausrüstung, am besten mit kurzer Dokumentation darüber. Fehlen solche Maßnahmen, kann trotz unterschriebener Erklärung eine Mitschuld entstehen – besonders bei Personenschäden, die strafrechtliche Folgen nach sich ziehen können.

Zwingend erfolgen sollte eine Einweisung des Selbstwerbers in die Lokalität, das sollte auch dokumentiert werden.

Die Einweisung vor Ort ist deshalb unverzichtbar. Selbstwerber müssen wissen, wo sich Rettungspunkte befinden, welche Besonderheiten das Gelände aufweist und welche Regeln gelten. Dazu gehören Hinweise auf Alleinarbeitsverbot, Mitnahme von Kindern, Sonnenschutz, Zeckenvorsorge und Notrufnummern. Auch die Funktionssicherheit von Maschinen ist anzusprechen.

Kontrolle durch Waldbesitzer

In der Praxis müssen Waldbesitzer zudem eine Kontrollfunktion ausüben. Bei groben Verstößen – etwa fehlender Schutzausrüstung, dem Fällen unmarkierter Bäume oder Kindern im Gefahrenbereich – muss die Arbeit sofort untersagt werden. Sicherheit duldet keine Kompromisse: Wer Verstöße ignoriert, riskiert eine Mitschuld.

Auch äußere Bedingungen spielen eine Rolle: Bei Nebel, Sturm oder Gewitter sollte die Arbeit verboten sein. Hängen gebliebene Bäume dürfen nur mit Seilwinde oder Wendehaken zu Fall gebracht werden. Arbeiten an unter Spannung stehenden Stämmen sind besonders riskant. Beim Rücken gilt: nur intakte Seile verwenden, ausschließlich Rückegassen nutzen, flächiges Befahren vermeiden. Die Unfallverhütungsvorschriften dazu sind eindeutig und Verstöße sind fahrlässig.

Klugmann rät zudem den Waldbesitzern, Selbstwerbern nur bereits gefälltes und gerücktes Holz am Weg zu überlassen. Das Fällen sei für Ungeübte zu gefährlich. Doch auch am Polter gilt Vorsicht: Verändert sich durch Heraussägen die Stabilität, haftet der Selbstwerber – auch gegenüber Dritten wie spielenden Kindern. Waldbesitzer sollten darüber hinaus Schutzausrüstung, Sachkunde und Zweimannarbeit nicht nur bestätigen lassen, sondern auch kontrollieren.

Hinzu kommt die Dimension der Zertifizierung. Viele Forstbetriebe sind nach PEFC oder FSC zertifiziert und müssen Vorgaben wie den Einsatz von Sonderkraftstoff, biologisch abbaubaren Kettenölen und das Befahren nur markierter Gassen einhalten. Selbstwerber sind verpflichtet, diese Regeln ebenfalls zu beachten. Verstöße können ökologische Schäden verursachen und die Zertifizierung gefährden.

Checkliste für Waldbesitzer

– Schriftliche Selbstwerber-Erklärung einholen (SVLFG, Tel.: 05 61-78 50, praevention@svlfg.de)

– Sachkundenachweis prüfen – nur anerkannte Motorsägenkurse gelten.

– Einweisung dokumentieren (Datum, Inhalte, Unterschrift)

– Kontrollen während der Arbeit durchführen

– Fehlverhalten konsequent unterbinden

– Zertifizierungsvorgaben einhalten (PEFC/FSC)

– Haftung klar regeln: Selbstwerber haftet für eigene Schäden; Waldbesitzer nur bei eigenen Versäumnissen.

Darüber hinaus empfehlen sich eine juristische Beratung sowie regelmäßige Überprüfung der Vereinbarungen. Auch zusätzliche Versicherungen können den eigenen Betrieb absichern – Brennholzselbstwerber selbst sollten sich ebenfalls absichern über Haftpflicht- und Unfallversicherung.

Fazit

Brennholzselbstwerbung ist eine attraktive Möglichkeit, Waldbestände zu nutzen und private Nachfrage zu bedienen. Sie bietet Vorteile für beide Seiten, erfordert aber klare Regeln, konsequente Organisation und Kontrolle. Wer Vereinbarungen ernst nimmt, Unterweisungen dokumentiert und bei Verstößen konsequent handelt, minimiert Risiken erheblich. Wer hingegen Absprachen vernachlässigt, riskiert finanzielle und rechtliche Folgen. Die Devise lautet: Sicherheit vor Schnelligkeit, Dokumentation vor Nachlässigkeit, Klarheit vor Kompromiss. Nur so lassen sich die Chancen der Brennholzselbstwerbung ausschöpfen, ohne dass Sicherheit und Rechtssicherheit auf der Strecke bleiben.

Zehn Jahre Herzkissen – 1.600 Mal Mut geschenkt

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Schön, dass es sie gibt, die Damen vom LandFrauenverein Süderbrarup und ihre Helfer. Seit nun schon zehn Jahren bereiten sie durch ihre Herzkissen-Kampagne ausgesprochen wertvolle Hilfe für Menschen, die an Brustkrebs erkrankt sind.

Die von ihnen in dieser Zeit angefertigten und anschließend verschenkten Herzkissen minderten bislang bei weit über 1.000 betroffenen Patienten den Schmerz und brachten dabei Freude, Zuversicht und damit ein Stück weit mehr an Lebensqualität.

„Angefangen haben wir mit dem Anfertigen der Herzkissen im Oktober 2015, unterstützt von den Vereinen in Kappeln und Stapelholm. Es sollte ein Symbol der Herzlichkeit darstellen und dabei aufzeigen, dass die erkrankten Menschen nicht allein sind“, so Frauke Hansen, zweite Vorsitzende des LandFrauenvereins Süderbrarup und vor zehn Jahren treibende Kraft für die Aktion.

Sie verkündet voller Stolz, dass inzwischen 1.486 Herzkissen gefertigt und kostenlos abgegeben worden seien. „Unsere Hauptabnehmer sind die umliegenden Kliniken, Hospize und örtliche Krebsnachsorgegruppen“, erklärt sie.

Geldspenden sichern Fortbestand


Die Finanzierung der stets mit freundlichen Farben versehenen, weichen Polster erfolgt ausschließlich durch Spenden, akquiriert bei verschiedenen Anlässen und durch Aufmerksamkeit unterstützender Bürger und Institutionen. „Dafür sind wir ausgesprochen dankbar“, so Astrid Messer, Vorsitzende des örtlichen LandFrauenvereins, die ihre Stellvertreterin und „Frau der ersten Stunde“ für die Herzkissen-Kampagne mit Lob, Dank und einem Blumenpräsent bedachte. Beide freuten sich sehr darüber, dass zum Zehnjährigen für die Anfertigung weiterer Kissen an die 30 Akteure im örtlichen Bürgerhaus erschienen waren, darunter auch Abordnungen vom LandFrauenverein Kappeln, vom Kreisverband der Landjugend, der Landjugend Mohrkirch sowie der Landjugend Jübek-Friedrichsau, zudem der örtliche Bürgermeister Jürgen Mittler, der sich nicht zweimal fragen ließ und gekonnt innerhalb kürzester Zeit zwei Kissen produzierte.

Hoffnung schenken

Die hilfsbereiten Gäste erschienen dabei nicht mit leeren Händen, sondern hatten Geldspenden für die Anschaffung von Stoffen für weitere Herzkissen dabei. „Auch dafür herzlichen Dank“, so ­Astrid Messer und Frauke Hansen. Sie schaftften es gemeinsam mit allen fleißigen Helfern, aktuell auf die stattliche Anzahl von 1.600 Herzkissen für den ungemein guten Zweck zu kommen. Verbunden zeigte sich die Vorstandspitze auch dem Stoffladen Rickeracke in Twedt, der dem Verein stets großzügige Rabatte einräumt.

Echte Herzensarbeit

Für Gänsehautmomente sorgten einige LandFrauen, die im Wechsel das eine und andere Dankesschreiben von betroffenen Menschen für den Erhalt der Herzkissen vorlasen. Dem Inhalt der Zeilen ließen sich wirklich ergreifende und von Dankbarkeit getragene Gefühle entnehmen. „Schön, dass wir mit unserer Solidarität schon so viel helfen konnten und es auch weiterhin machen werden“, erklärte Frauke Hansen. 

Trotz Gänsefraß die Grundfutterversorgung sichern

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Die massive Gänsefraß-Problematik an der Westküste bringt Herausforderungen für die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein mit sich. Welche Rolle spielen neue Gräserarten wie der Wiesenschweidel und wie könnten diese die Grundfutterversorgung sichern? Ein Praxisversuch der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein auf Pellworm gibt Einblicke.

Die Westküste Schleswig-Holsteins, geprägt von der Nähe zur Nordsee, zählt weltweit zu den wichtigsten Rastgebieten für Gänse und andere Vogelarten. Von Mitte Oktober bis Mitte Mai treffen hier vor allem Nonnengänse in großer Zahl ein, um auf dem Weg in ihre Brutgebiete in Sibirien Energiereserven aufzubauen. Die Insel Pellworm, durch ihre Lage in der Nordsee exponiert, ist seit Langem ein bevorzugter Rastplatz dieser Vögel. Das Problem ist dennoch an der gesamten Westküste und teilweise auch an der Ostseeküste vorhanden.

Was aus Sicht des Naturschutzes ein beeindruckendes Schauspiel und für den Tourismus ein Werbeargument ist, stellt die Landwirtschaft vor erhebliche Probleme. Gänse fressen Ackerkulturen kahl und nutzen das Grünland in der produktivsten Phase des ersten Grasaufwuchses. Zudem werden die Wirtschaftsgräser während der Rastperiode derart intensiv verbissen, dass sich die Graspflanzen nicht ausreichend regenerieren können. Dadurch fehlt der erste Schnitt im Mai als hochwertiges Futter für die Viehhaltung.

Die Grasnarbe zeigt sich zu Beginn der Vegetationsperiode stark geschädigt und verschmutzt. Foto: Julia Forderung

Entschädigung möglich

Das Land Schleswig-Holstein bietet über den Vertragsnaturschutz Programme an, in denen Gänsefraß geduldet und finanziell ausgeglichen wird. Doch diese Maßnahmen sind nicht für alle Landwirte praktikabel. Zudem halten sich die Gänse nicht an die vorgesehenen Fraßflächen. Über zwei verschiedene Richtlinien können Landwirte zusätzlich in Schleswig-Holstein Entschädigungen für Fraßschäden durch Wildgänse beantragen. Mit diesem Verfahren ergänzt die Landesregierung bestehende Förderprogramme und unterstützt gezielt Betriebe in besonders betroffenen Regionen wie an der Westküste und auf den Inseln.

Praxisversuch auf Pellworm

Um Lösungsansätze für die Gänsefraßproblematik aufzuzeigen, arbeitet die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein seit 2022 mit Landwirten auf Pellworm zusammen. Nico Nommsen, der in vierter Generation einen Milchviehbetrieb führt, stellt Flächen für Versuche zur Verfügung und unterstützt bei der Beprobung. Ziel ist es, trotz Gänsefraß eine möglichst gute Grundfutterversorgung mit Grassilage zu sichern.

Nico Nommsen arbeitet engagiert mit der LKSH zusammen. Foto: privat

Im August 2022 wurden in einer Weidelgrasnarbe, die als Untersaat in Mais etabliert war, drei Grasarten nachgesät. Rohrschwingel (Festuca arundinacea), bekannt für seine rauen Blattränder, gilt als weniger schmackhaft für Gänse und ist durch sein tiefes Wurzelwerk widerstandsfähig gegen Trockenheit und Nässe. Der Rohrschwingel weist eine langsamere Jugendentwicklung als andere Gräser auf. Um Einbußen in der Schmackhaftigkeit für die Rinder zu reduzieren, wurde eine sanftblättrige Zuchtsorte gewählt. Der Wiesenschweidel (Festulolium) ist eine Kreuzung aus einer Schwingel- (Festuca) und einer Weidelgrasart (Lolium). Der hier gewählte Wiesenschweidel ist dem Rohrschwingel sehr ähnlich, jedoch mit einer durch Weidelgraseinkreuzung verbesserten Futterqualität. Als Kontrolle wurde Deutsches Weidelgras nachgesät. Zur Ermittlung des Einflusses durch die Gänse wurden Fraßschutzkörbe (1×2 m) zur Hauptrastzeit der Gänse (Oktober bis Mai) aufgestellt. Von 2023 bis 2025 wurden die Erträge mittels Platemeter in regelmäßigen Abständen über die gesamte Vegetationsperiode gemessen. In den Jahren 2024 und 2025 wurden zusätzlich Schnittproben (1 m²) unmittelbar vor den Ernteterminen des Betriebes genommen. Diese Proben wurden im Labor auf futterwertbestimmende Inhaltsstoffe analysiert. Die Analysekosten wurden von der Lydia-und-Hermann-Früchtenicht-Stiftung übernommen.

Die Versuchsergebnisse

Im Lauf der Versuchsjahre zeigte sich, dass alle Gräser gleichermaßen stark von den Gänsen verbissen werden. Eine Verschmähung des Rohrschwingels konnte in dieser Versuchsanlage nicht bestätigt werden. Das mögliche Zeitfenster für eine erfolgreiche Nachsaat von Gräsern ist aufgrund des hohen Gänsedruckes auf Pellworm klein. Dies hat zur Folge, dass der Rohrschwingel aufgrund seiner langsamen Jugendentwicklung bei Ankunft der Gänse nicht ausreichend entwickelt ist und sich nur schwer im Bestand etablieren kann. Die schwierige Etablierung wurde vermutlich durch den besonders nassen Winter 2023/24 noch verstärkt. Der Wiesenschweidel entwickelte sich hingegen deutlich besser. Diese Grasart wurde von den Gänsen ebenfalls sehr stark verbissen, zeigte aber ein enormes kompensatorisches Potenzial. Sie konnte sich schnell nach Abzug der Gänse erholen und höhere Erträge als die anderen Gräser liefern. Außerdem bot der Wiesenschweidel eine gute Futterqualität. Durch die ausgeprägte Trockenheit im Frühjahr 2025 verschärften sich die Auswirkungen des Gänsefraßes auf die Gräser deutlich. Auch hier bewährte sich der Wiesenschweidel aufgrund seines ausgeprägten Wurzelsystems und schob bereits sehr früh und kräftig durch. Durch den schnellen Wiederaustrieb nach dem Abzug der Gänse und die gute Widerstandsfähigkeit sowohl in sehr trockenen als auch sehr nassen Phasen könnte der Wiesenschweidel durchaus Potenzial haben, gerade in Gänse-Hotspots zu einer Absicherung der Grundfutterernte beizutragen. Da die Sortenkriterien der Kreuzung Festulolium jedoch sehr unterschiedlich sind, wurde im Sommer 2025 ein neuer Praxisversuch zusammen mit Nico Nommsen angelegt, in den zwei verschiedenen Festulolium-Sorten und eine Deutsch-Weidelgras-Sorte als Referenz eingesät wurden. Eine der beiden Festulolium-Sorten entspricht der des Vorversuches (Sorte ,Mahulena‘), die andere basiert auf einem Wiesenschwingel (Sorte ,Achilles‘).

Fazit

Die Futterbaubedingungen im Grünland sind auf Pellworm durch den Gänsefraß hochgradig eingeschränkt. Bisher weniger beachtete Grasarten könnten zur Abfederung des Ertragsverlustes beitragen. Um bisherige Tendenzen zu bestätigen, sind weitere Untersuchungen unter Praxisbedingungen erforderlich.

Eine andere Untersuchung im Auftrag des Umweltministeriums in ähnlicher Form in Westerhever auf Eiderstedt wird derzeit ausgewertet.

Blauzungenkrankheit: Vorbeugen, wenn es ruhig ist

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Die akuten Fälle von Blauzungenkrankheit (BTV) sind seltener geworden. Trotzdem warnt Tierärztin Amelie Armbruster davor, sich in Sicherheit zu wiegen. In ihrer Region betreut sie mit einem großen Team Hunderte Rinderbetriebe und sieht genau, wo das Virus seine Spuren hinterlässt. Warum Missbildungen bei Kälbern zunehmen, wie Gnitzen das Virus auch im Herbst noch übertragen können und wieso Impfungen nicht nur vor BTV schützen, erklärt sie hier.

Während es in anderen Regionen Deutschlands einige Ausbrüche der Blauzungenkrankheit gibt, ist es in Schwaben derzeit vergleichsweise ruhig, was aktive Fälle der Blauzungenkrankheit (BTV) betrifft. „Aktuell haben wir kaum Virusnachweise und das ist sicher auch der guten Impfbereitschaft der Landwirte zu verdanken“, sagt Tierärztin Amelie Armbruster. Sie ist Fachtierärztin für Rinder sowie Oberärztin an der Tierklinik Gessertshausen. An der Tierklinik sind insgesamt 77 Tierärzte tätig, davon sind allein 19 Rindertierärzte, die Rinder haltende Betriebe im Umkreis von etwa 80 km betreuen. Doch Entwarnung hinsichtlich BTV will sie nicht geben: „Man darf sich nie zu sicher sein. Im Allgäu, an dem wir nahe dran sind, ist das Virus die ganze Zeit aktiv. Und Gnitzen werden vom Wind weitergetragen. Das Virus kann also jederzeit zu uns herüberkommen.“

Besonders im Fokus stehen derzeit nicht akute Krankheitsfälle, sondern die vermehrt auftretenden Missbildungen bei Kälbern, fast ausschließlich in ungeimpften Beständen. „Wir hatten Kälber mit schwersten Missbildungen, ohne Großhirn, mit zentraler Blindheit. Diese Tiere wussten nicht, wie man trinkt.“

Die Tierärztin Amelie Armbruster empfiehlt die Impfung gegen das Blauzungenvirus als Schutz vor schweren Krankheitsverläufen. Fotos: Amelie Armbruster

Impfquote deutlich gestiegen

In den letzten zwölf Monaten wurden durch ihre Praxis rund 20.000 Kühe und Rinder grundimmunisiert. „Fast 50 Prozent der größeren Laufstallbetriebe haben geimpft, bei den kleineren sind es immerhin 25 bis 30 Prozent. Es ist zwar noch nicht die Hälfte, aber dafür, dass es aktuell keine Verbringungsvorteile für geimpfte Tiere gibt, finde ich die Quote gut“, betont die Tierärztin.

Ein Umdenken in der Region hinsichtlich der Impfbereitschaft folgte insbesondere auf den Umlauf von Videos aus Norddeutschland und Nordrhein-Westfalen, die die teils dramatischen Auswirkungen des Virus zeigten: Milchverluste, Totgeburten, hohe Tierverluste. „Betriebe mit über 1.000 Kühen hatten plötzlich keine Milch mehr und sie kam auch nicht wieder. Das hat viele Landwirte wachgerüttelt“, berichtet sie.

Im Frühjahr 2025 kamen dann deutlich mehr Betriebe, die ihre Tiere gegen BTV impfen wollten, und zwar genau in der Zeit, als der Impfstoff knapp war. „Wir haben eine Liste geführt und wer impfen wollte, kam darauf. Wir haben das nacheinander abgearbeitet, als die Impfstoffe endlich da waren, zum Glück noch rechtzeitig vor der Gnitzensaison.“ Die Impfkampagne lief deshalb regional sehr strukturiert ab.

Impfungen schützen gezielt

Ein Beispiel aus der Region zeigt, wie wichtig die Impfung ist: „Ein geimpfter Betrieb hatte später trotzdem einen Virusnachweis. Einige Kühe hatten Fieber, zwei waren schwerer krank, aber es gab keine Tierverluste, keine Aborte, keine Missbildungen und keinen dauerhaften Milcheinbruch. Das war ein großer Erfolg und spricht eindeutig für die Impfung.“ In ungeimpften Beständen dagegen sah es anders aus. Akute Fälle gab es wenige, nur ein Mutterkuhbetrieb hatte viele erkrankte Tiere. Besonders problematisch ist die Infektion der ungeborenen Kälber, die auch nach milden oder subklinisch verlaufenden Infektionen zur Geburt missgebildeter, zum großen Teil nicht lebensfähiger Kälber führte. Subklinische Verläufe und untypische Symptome beziehungsweise Krankheitsfolgen stellen alle Beteiligten vor besondere Herausforderungen. „Es gibt immer wieder Kühe, von man denkt: Die müssen das Virus gehabt haben. Eine Kuh schuhte komplett aus, bei anderen wurde die Milch zeitweise weniger, die Kühe fraßen nicht gut. Aber die Landwirte machen dann aus Kostengründen oder wegen des Aufwands oft keine Diagnostik.“ Sie vermutet, dass BTV über den Winter durch die Bestände gegangen ist, allerdings sehr langsam, weil ja nicht viele Gnitzen aktiv waren. Trotzdem könnte das dazu geführt haben, dass die Tiere sich schon früh mit dem Virus auseinandergesetzt haben und daher schwere Ausbrüche jetzt im Sommer ausblieben.

Durch solche Feldinfektionen entsteht kein Herdenschutz in den ungeimpften Beständen. Für verlässlichen Schutz sollte auch in solchen Herden geimpft werden. Dabei weist sie auf folgende Beobachtung hin: „Wir hatten einen Bestand mit hohen Zellzahlen, jedoch keinen Virusnachweis, keine Grippe. Doch die Tiere hatten immer wieder Nasenausfluss, sodass der Landwirt sich dann doch für die Grippeimpfung entschied. Nach der Grippeimpfung sanken die Zellzahlen deutlich. Das ist ein Beispiel für Paraimmunität, das Immunsystem wird durch jede Impfung angeregt.“

Vorsicht vor neuen Serotypen

Während BTV-4 und BTV-8 durch frühere Impfungen bekannt sind, zirkuliert derzeit BTV-3, wogegen keine Kreuzimmunität besteht. „Tiere, die früher gegen BTV-4 und BTV-8 geimpft wurden, zeigen keine belastbare Immunität gegen BTV-3. Ende 2024 wurde in den Niederlanden mit BTV-12 schon wieder ein für Mitteleuropa unbekannter neuer Serotyp nachgewiesen, das verunsichert viele. Glücklicherweise zeigt dieser Stamm bisher keine weitere Ausbreitung.“

Die Tierärztin hat Verständnis für die Landwirte: „Viele fragen sich: Was kommt denn bitte als Nächstes, wogegen sollen wir noch impfen?“ Amelie Armbruster sagt: „Die Impfung stimuliert das Immunsystem und stärkt die Abwehrlage generell.“ Und das ist gut für die Tiere, denn die nächsten Erreger stehen schon vor der Tür: Epizootische Hämorrhagie (EHD) und Lumpy Skin Disease (LSD) sind bereits in benachbarten Ländern aufgetreten. Die Virusübertragung erfolgt ebenfalls durch Gnitzen beziehungsweise Mücken als potenzielle Vektoren. Und auch das Schmallenberg-Virus kursiert noch in den Kuhbeständen, hier gibt es keine Impfung.

Maßnahmen gegen Gnitzen et cetera

Die Übertragung des Blauzungenvirus und anderer Krankheiten wie EHD und LSD erfolgt durch Gnitzen und Mücken. Stechende Insekten sind allgemein ein erheblicher Stressfaktor. Daher ist ein umfassendes Biosicherheitskonzept wichtig, besonders bei Weidehaltung. Armbruster empfiehlt Pour-on-Präparate mit Deltamethrin als ergänzende Maßnahme gegen stechende Insekten. „Einen echten Schutz vor schweren Krankheitsverläufen erreicht man nur durch die Impfung. Aber diese Präparate können unterstützen. Allerdings ist das Aufbringen gerade in der Mutterkuhhaltung mit sehr viel Aufwand verbunden. Aber die Insekten sind eben vor allem auf der Weide aktiv.“

Vorsorge für das kommende Jahr

Auch im Jahr 2026 bleibt die Impfung ein zentrales Element der Vorsorge. Die Grundimmunisierung erfolgt ab vier Wochen und besteht aus zwei Injektionen im Abstand von drei Wochen, Nachimpfung nach zwölf Monaten, idealerweise vor dem Sommer, da Hitze und Impfung keine gute Kombination sind. Der Impfstoff ist gut verträglich. Grundsätzlich ist bei Herdenimpfungen eine gute Planung wichtig, um unnötigen Stress zu vermeiden: ruhiger Umgang mit den Tieren bei solchen Impfungen, keine Klauenpflege, Transporte oder anderen Aufregungen direkt davor. Zu impfende Tiere sollten rechtzeitig aussortiert und im Fressgitter fixiert werden. In AMS-/Roboterbetrieben sollten nur wenige Personen ruhig arbeitend in den Stall gehen, um Stress zu minimieren.

„Fast alle Betriebe, die im letzten Jahr geimpft haben, machen auch die Nachimpfung, das ist sehr erfreulich“, so die Tierärztin. Wichtig ist ihr noch, die Tiere nicht in eine Infektion hinein zu impfen und die Impfung nicht direkt vor dem Melken durchzuführen. Außerdem sollte immer der ganze Bestand geimpft werden, nicht nur die Kühe. Als Minimum empfiehlt sie, alle Tiere ab dem Besamungsalter von zwölf Monaten zu impfen.

Ihr Appell zum Schluss: „Ich weiß, es wirkt manchmal so, als hätten wir hier keine Probleme mit der Blauzunge. Aber genau deswegen sage ich: Impft trotzdem. Wir wollen das Immunsystem stärken und vermeiden, dass die Tiere völlig naiv in den nächsten Seuchenzug hineingehen. Jede Impfung kostet Geld, aber ein totes Kalb leider auch. In der Regel hat man die Impfkosten schon wieder heraus, wenn man nur ein Tier nicht verliert. Dieses Kosten-Nutzen-Denken muss noch mehr in der Rindermedizin ankommen. Vorbeugung lohnt sich gerade, wenn es scheinbar ruhig ist.“


Biosicherheit

Ein Risiko für den Eintrag beziehungsweise die Weiterverbreitung des Blauzungenvirus besteht

durch die Ausbreitung lebender, infizierter Gnitzen mit dem Wind

durch Einschleppung infizierter Gnitzen mit Handel und Verkehr

durch den Handel mit infizierten Tieren

Um allgemein einen Erregereintrag nach Möglichkeit zu verhindern, sind Etablierung und Einhaltung von Maßnahmen zur Biosicherheit auch im Rinder haltenden Betrieb sehr wichtig. Dazu zählen:

betriebseigene Kleidung (Stiefel, Overalls) oder Einwegkleidung für Tierärzte und Besucher

Hygieneschleusen mit getrennten Bereichen für unreine und reine Kleidung

Hände vor und nach dem Stallbesuch gründlich waschen und desinfizieren, wozu Handwaschbecken, Mittel und Einwegtücher nötig sind

Desinfektion von Fahrzeugen, Werkzeug und Geräten

Trennung von gesunden und kranken Tieren

Absonderung von Tieren mit unbekanntem Gesundheitsstatus (Quarantäne, Krankenstall)

Minimierung des Kontakts zu fremden Tieren und Personen (Beschilderung: „Wertvoller Tierbestand, Betreten verboten!“)

Schadnager- und Schädlingsbekämpfung

Einzäunung des Betriebs

Lagerung von Tierkadavern für die Abholung möglichst an der Grundstücksgrenze

für jedes Kalb einen eigenen Nuckel und Tränke­eimer

sorgfältige Dokumentation


Blauzungenkrankheit (BTV)

Die Blauzungenkrankheit ist eine durch das Bluetongue-Virus (BTV) verursachte Erkrankung bei Wiederkäuern. Übertragen wird das Virus durch Gnitzen, das sind blutsaugende Mücken der Gattung Culicoides. Besonders Schafe, aber auch Rinder, Ziegen, Neuweltkameliden und Wildwiederkäuer können klinisch erkranken.

Aktuell sind mindestens 24 Serotypen bekannt. In Deutschland wurde im Oktober 2023 erstmals seit Jahren wieder BTV-3 bei Schafen nachgewiesen, im Mai 2024 folgten die ersten Fälle bei Rindern. Seitdem gilt bundesweit der Status „frei von Blauzungenkrankheit“ als aufgehoben.

Aktuelle Serotypen in Europa:

BTV-3 in Deutschland und den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und Frankreich

BTV-4 in Österreich

BTV-8 in der Schweiz, Österreich, Frankreich und seit Oktober 2025 auch in Deutschland

BTV-12 in den Niederlanden (2024 erstmals nachgewiesen)

In Frankreich wurde auch das EHD-Virus (EHDV-8) nachgewiesen, LSD in Frankreich und Italien.

Risiko der Einschleppung von EHD und BTV-4 oder BTV-8 nach Deutschland:
Laut dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) ist das Risiko für eine Einschleppung durch Windverdriftung von Gnitzen in Kombination mit legalem Handel

hoch: von Mai bis Oktober

mäßig: im April und im November

gering: von Dezember bis März

Schutz:
Aktuell sind drei Impfstoffe gegen BTV-3 in Deutschland zugelassen. Sie reduzieren sowohl die Krankheitssymptome als auch die Virusvermehrung nach einer Infektion. Die Impfung ist derzeit die einzige effektive Schutzmaßnahme gegen schwere Krankheitssymptome.


Winterformen von Erbse und Ackerbohne im Kommen

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Die Winterfeuchte ausnutzen und der ­Frühsommertrockenheit trotzen können: Warum nicht auch mit der Lupine? In Frankreich ist das schon ­etablierte Praxis, in Deutschland noch ­Zukunftsmusik. Landwirt ­Heiko Brüggen aus Groß Kummerfeld nahe Neumünster hat es aus­probiert.

„Durch die höheren Erträge der Winterlupine wird sie in Frankreich vermehrt und bevorzugt angebaut“, sagt Cécile Afi, Mitarbeiterin der französischen Firma Terrena. Insgesamt werden in Frankreich lediglich auf 6.000 ha Lupinen angebaut; in Deutschland sind es mit über 30.000 ha mehr als fünfmal so viel. Heiko Brüggen, Landwirt mit LeguNet-Demobetrieb in Schleswig-Holstein, will es wissen. Auf knapp 2 ha hat er 2024/25 Winterlupinen der Sorte ,Magnus‘ angebaut, etwa die Hälfte im Gemenge mit Triticale. Neugierig gemacht haben ihn die Versprechungen aus Frankreich: vier bis fünf Etagen, um 5 bis 10 dt höhere Erträge und gute Qualitäten. Nur der Krankheitsdruck kann durch die längere Vegetationszeit höher sein. Ein weiterer Knackpunkt: Die Frosttoleranz liegt laut Züchterangaben bei etwa –10 °C. Ähnlich wie bei den Ackerbohnen ist die Saatstärke von Winterlupinen mit 25 K./m² nur etwa halb so hoch wie bei der Sommerung, da sich die Lupine im Frühjahr bestockt. Dementsprechend ist die Unkrautunterdrückung gerade im Herbst und über den Winter mangelhaft. Empfohlen wird daher oft, die Winterlupine im Gemenge mit Triticale anzubauen.

Heiko Brüggen bewirtschaftet einen konventionellen Betrieb in Groß Kummerfeld. „Der Name ist Programm“, so erklärt Brüggen den Boden des Standorts, der teilweise nur bis zu 20 Bodenpunkte aufweist. Seit vier Jahren baut er Lupinen an, die er an seine Rinder verfüttert, nun zum ersten Mal neben der Weißen Sommerlupine auch die Winterlupine. Er erklärt: „Ich möchte verschiedene Möglichkeiten ausprobieren, um meinen Betrieb zukunftsfähig aufzustellen. Durch die geringe Wasserhaltekapazität des Bodens kommen viele andere Leguminosen nicht infrage. Auch die Lupine wird bei uns im Frühsommer beregnet. Für die Rinderfütterung eignen sich die Lupinen gut – perspektivisch würden wir auch gern Lupinen in die Humanernährung vermarkten.“

Bestand am 26. April 2025 (v. li.): Winterlupinen-Reinsaat, Winterlupinen im Gemenge mit Triticale und Sommerlupinen (Sorten ,Frieda‘) im Vergleich. Fotos: Heiko Brüggen

Die Aussaat der Winterlupine erfolgte bei Brüggen am 20. September 2024 mit 30 K./m². Die Lupinen liefen gut auf und gingen im Rosettenstadium in den Winter. Mitte Februar kam es zu einem Kälteeinbruch – die –10 °C wurden unterschritten. Die niedrigen Temperaturen nahmen die Lupinen augenscheinlich stark mit und führten zum Absterben der äußeren Blätter und Triebe. Sie kamen merklich geschwächt aus dem Winter und wuchsen nur langsam weiter. Die Bodenbedeckung war gering und die Vorauflaufbehandlung mit einem Herbizid schon mehrere Monate her. Kamille und Melde überwuchsen die Lupine in Reinsaat schnell. Etwas anders sah es in der Variante mit Triticale aus. Hier wurde das Unkraut durch den Triticale unterdrückt – die Lupine allerdings gleich mit.

Lupinenbestand am 26. Mai 2025: Im Vergleich zur Reinsaat (r.) ist das Gemenge unkrautfrei – allerdings sind die Lupinen dort anscheinend auch vom Triticale unterdrückt. Fotos: Magdalena Rangs

Anfang Mai fingen die knöchelhohen Lupinen an zu blühen. Erst im Juni gab es durch den Niederschlag einen erneuten Wachstumsschub und die Lupinen bildeten eine weitere Etage mit neuer Blüte.

Nun verwirklichten sich an einzelnen Pflanzen die Versprechungen aus Frankreich. Durch die geringe Saatstärke hatten die Lupinen viel Platz, und einzelne Lupinen haben tatsächlich vier bis fünf Etagen mit bis zu 40 Hülsen gebildet, im Kontrast zu den Sommerlupinen: Diese waren zum gleichen Zeitpunkt brusthoch und wüchsig, ließen aber beim Hülsenansatz Wünsche offen.

„Nach der kläglichen Entwicklung im Frühjahr und dem hohen Unkrautdruck waren wir positiv überrascht von der Winterlupine in Reinsaat“, sagt Brüggen. Problem: Der niedrige Hülsenansatz und das viele Unkraut erschweren die Abreife und die Ernte. Die geringe Bestandsdichte kann zudem nicht durch den Hülsenansatz kompensiert werden. Die wenigen Prachtexemplare, wie auf dem folgenden, mittleren Foto, repräsentieren zudem nicht den extrem heterogenen Bestand (siehe Foto Einzelpflanzen). Ursächlich für die großen Unterschiede scheint augenscheinlich die Wasserversorgung zu sein. So ist beispielsweise der vom Knick beschattete Bereich wüchsiger, die Lupinen im Gemenge ähneln allesamt eher dem Wuchstyp auf dem folgenden, mittleren Foto unten. Während die Abreife Ende Juli in der Winterlupine schon deutlich voranschritt und die ersten Pflanzen anfingen zu rascheln, stand die Sommerlupine zum selben Zeitpunkt noch im grünen Laub.

Lupinen am 9. Juli 2025 (v. li.): Wurzeln mit Knöllchen der Winterlupine, Einzelpflanze der Winterlupine, Bestand der Sommerlupine. Fotos: Magdalena Rangs
Einzelpflanzen der Winterlupine am 31. Juli 2025 – einige Pflanzen haben über 25 Hülsen, andere weniger als zehn. Auch der Wuchstyp unterscheidet sich stark zwischen den Pflanzen. Foto: Magdalena Rangs

Die Ernte der Winterlupine erfolgte Mitte/Ende August, zirka zwei Wochen vor der Sommerlupine. Mit 17 dt/ha war der Ertrag der Winterlupine ernüchternd. Der hohe Unkrautdruck und die niedrige Bestandsdichte werden viel Ertrag gekostet haben. Auch die Sommerlupine war mit 20 bis 25 dt/ ha nicht herausragend. Hier gab es einen gegenteiligen Effekt: Der regenreiche Juni und die höhere Saatstärke trieben die Pflanzen in die Höhe. Die Lupine scheint mehr in die Masse- als in die Ertragsbildung investiert zu haben.

Und das Fazit aus dieser besonderen Demoanlage? „Ein Jahr ist kein Jahr“, so Heiko Brüggen. Das Saatgut für die Sommerlupine ist bestellt, die Winterlupinen bereits in der Erde. Nur auf das Gemenge mit Triticale verzichtet Brüggen in diesem Jahr. Auch der Unkrautschutz muss angepasst werden, denkbar wäre beispielsweise ein Striegeleinsatz im Frühjahr.

Einstreu kann das Euter krank machen

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Klebsiellen sind gramnegative Bakterien, die als Verursacher von Euterentzündungen mit hochgradig gestörtem Allgemeinbefinden Milchviehhalter zunehmend vor große Herausforderungen stellen. Die wichtigsten Arten in Zusammenhang mit Mastitiden sind Klebsiella pneumoniae und Klebsiella oxytoca. Auch Raoultella planticola verursacht Euterentzündungen, wurde bis vor einigen Jahren den Klebsiellen zugeordnet und ist nur mittels weiterführender Labordiagnostik von diesen abgrenzbar. Ein Grund, genauer hinzusehen.

Klebsiellen sind typische Umweltkeime, die zur normalen Pansenflora gehören und damit in Kot und Gülle von Wiederkäuern, aber auch in Wasser, Erdboden und auf Pflanzenfasern vorkommen. Durch die Ausscheidung mit dem Kot werden Liegeflächen, Einstreumaterial und Laufflächen in Milchviehställen permanent kontaminiert. Stärkereiche Rationen und eine schnelle Pansenpassage fördern die Ausscheidung der Klebsiellen mit dem Kot. Das ist einer der Gründe dafür, dass häufig hochleistende Betriebe betroffen sind.

Holzbasierte Einstreu wie Sägemehl, Sägespäne oder Kompost mit ihrem schwach sauren pH-Wert (pH unter 6) wird mit dem gehäuften Auftreten von Klebsiella-Mastitiden in Verbindung gebracht. Außerdem gibt es seit einigen Jahren zunehmend Hinweise, dass Betriebe mit Gülleseparat oder Gärsub­strat als Einstreu häufiger betroffen sind. Das kann wenige Wochen nach der Umstellung auf diese Einstreu, aber auch erst einige Jahre später der Fall sein. Vermutet wird eine Anreicherung besonders aggressiver Klebsiellenstämme, die dann auch zu einer Zunahme des Schweregrades der Mastitiden führen.

Bei Gülleseparateinstreu sind die Kühe und Euter augenscheinlich sauber, dennoch ist der Erregerdruck auf der Zitze sehr hoch.

Symptome und Langzeitfolgen

Klebsiella-Mastitiden sind gefürchtet, weil sie tendenziell schwerer verlaufen als Euterentzündungen, die durch andere Erreger hervorgerufen werden. Häufig sind eine deutliche Schwellung des Euters und verändertes Milchsekret (wässrig, blutig) vorhanden, betroffene Kühe haben ein gestörtes Allgemeinbefinden und können sowohl Fieber als auch Untertemperatur haben. Die Milchmenge sinkt drastisch. Genauso sind aber auch leichte Verläufe mit verändertem Sekret ohne Störung des Allgemeinbefindens oder reine Zellzahlerhöhungen möglich. Entscheidend für den Verlauf ist die Abwehrlage der Kuh. Stoffwechselentgleisungen oder (Hitze-)Stress schwächen die körpereigene Abwehr und begünstigen schwere Verläufe.

Wie bei Escherichia (E.) coli können bei der Auseinandersetzung der Bakterien mit dem Immunsystem der Kuh Bakterienbestandteile, sogenannte Lipopolysaccharide (LPS), als Giftstoffe freigesetzt werden und ins Blut gelangen. Diese Blutvergiftung führt zu unterschiedlich starken Symptomen, vom relativ milden Verlauf mit leichtem Fieber bis hin zum Tod der Kuh, und tritt bei Klebsiellen häufiger auf als bei anderen Erregern. Da zu diesem Zeitpunkt oftmals keine vollständigen, bei der mikrobiologischen Untersuchung anzüchtbaren Erreger mehr vorhanden sind, verläuft der Erregernachweis nicht selten ohne Ergebnis („zurzeit keine Erreger nachweisbar“).

Anders als E. coli bleiben Klebsiellen länger im Euter und dringen häufig tief in das Eutergewebe ein, was zu einer nachhaltigen Schädigung und damit zum anhaltenden deutlichen Milchrückgang führt. Die Abgangsraten von Kühen sind nach einer Klebsiella-Mastitis deutlich höher als bei Euterentzündungen durch andere Erreger – sei es wegen des Versterbens des Tieres oder mittelfristig aus wirtschaftlichen Gründen.

Weg der Ansteckung beachten

Bei Kontakt der Zitze mit kontaminierter Umgebung kann der Erreger über den Strichkanal ins Euter gelangen. Das ist insbesondere in Roboterbetrieben ein Problem, wenn die Kühe direkt nach dem Melken die Liegebox aufsuchen. Außerdem ist eine Ansteckung während des Melkens möglich, wenn Klebsiellen von der Zitzenoberfläche durch die die Zitze umspülende Milch ins Euter gelangen. Dabei erscheinen die Euter in betroffenen Betrieben häufig sauber, jedoch sagt das nichts über den tatsächlichen Keimdruck auf der Zitze aus. Weitere Ansteckungsmöglichkeiten, zum Beispiel über das Blutgefäßsystem, werden diskutiert.

Klebsiellen: Beim Erregernachweis wachsen Klebsiellen als schleimige Kolonien.

Diagnostik und vorbeugende Maßnahmen

Die sichere Abgrenzung von anderen Erregern ist allein anhand des klinischen Bildes nicht möglich, daher empfiehlt sich ein Erregernachweis aus möglichst steril entnommenen Viertelgemelksproben.

Da eine Elimination der Klebsiellen aus dem Stall nicht möglich ist, ist die Senkung des Keimdrucks auf der Zitzenoberfläche oberstes Ziel. Alle Maßnahmen, die dazu beitragen, die Zitzen sauber zu halten, müssen intensiviert werden. Dazu gehören eine gute Boxen- und Laufganghygiene, die Vermeidung von Überbelegung, das Schneiden der Schwanzquasten, das Entfernen von Euterhaaren oder auch die desinfizierende Vorreinigung der Zitzen vor dem Melken (sogenanntes Predipping) mit anschließender Trocknung. Die Desinfektion der Zitzen nach dem Melken mit einem Dippmittel auf Jod- oder Chlordioxid-Basis kann das Eindringen der Erreger erschweren. Auch das Kalken der Boxen kann durch das Anheben des pH-Wertes zu einer verringerten Klebsiellenvermehrung führen, gleichzeitig dürfen die Zitzen aber nicht zu trocken und spröde werden, da sonst eine Bakterienanheftung erleichtert wird. Bei ausbleibendem Erfolg der Maßnahmen ist gerade in Gülleseparatbetrieben eine Einstreualternative in Betracht zu ziehen.

Fazit

J5-Impfstoffe, die gegen alle gramnegativen Mastitiserreger, also auch E. coli und Klebsiellen, gerichtet sind, existieren in vielen Ländern. In Deutschland sind sie nur in Kombination mit einer Staphylococcus-aureus-Komponente auf dem Markt (Startvac) und daher deutlich teurer als reine J5-Impfstoffe.

Die Impfung führt nicht zu einer Verhinderung der Infektion, sondern lediglich zu einer Abmilderung der klinischen Symptome. Um diesen Schutz aufrechtzuerhalten, muss allerdings alle drei Monate geimpft werden, sodass die Wirtschaftlichkeit für jeden einzelnen Betrieb zu hinterfragen ist. Da ein zugelassener Impfstoff existiert, ist die Verwendung stallspezifischer Impfstoffe nicht zulässig. Die Vielzahl gramnegativer Erreger eines Betriebes in einem stallspezifischen Impfstoff ohne J5-Komponente abzudecken, erscheint jedoch sowieso nicht möglich. Daher bleiben Hygiene und die Stärkung der körpereigenen Immunabwehr die wichtigsten Maßnahmen im Kampf gegen Klebsiellen.

Jeder Tropfen ist zu viel

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Prävention ist wichtig, daher hier ein Interview mit Frank Gutheil. Der Bereichsleiter Prävention der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) spricht über Präventionsmaßnahmen im Anwenderschutz zur Verhinderung der Berufskrankheit Parkinson durch ­chemische Pflanzenschutzmittel.

Die Anerkennung des Parkinson-Syndroms durch chemische Pflanzenschutzmittel als neue Berufskrankheit schärft den Blick auf das, was im Arbeitsalltag den entscheidenden Unterschied macht: konsequenter Anwenderschutz für den Sachkundigen – geplant, unterwiesen, kontrolliert und gelebt. Die SVLFG arbeitet daran seit Jahren systematisch nach dem S.T.O.P.-Prinzip mit klaren technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen, die unmittelbar in Betrieben umsetzbar sind.

Wie unterstützt der Präventionsbereich der SVLFG die Betriebe beim sicheren Umgang mit Pflanzenschutzmitteln?

Frank Gutheil: Über 360 Aufsichtspersonen der Prävention sind bundesweit im Einsatz, die vor Ort in den Betrieben auch zum sicheren Umgang mit Pflanzenschutzmitteln beraten und Verbesserungspotenziale bei der Arbeitssicherheit aufzeigen. Unabhängig von Besichtigungsterminen sind die Unternehmerinnen und Unternehmer aber natürlich auch jederzeit dazu eingeladen, bei konkreten Fragen Kontakt zur Prävention aufzunehmen. So können im Dialog die bestmögliche Lösung für den Betrieb gefunden oder Unklarheiten ausgeräumt werden. Neben der persönlichen Betreuung gibt es ein allgemeines Informationsangebot zum sicheren Umgang mit Pflanzenschutzmitteln in Form von Artikeln und kurzen Filmen. Dieses Angebot ist über unsere Internetseite abrufbar.

Frank Gutheil. Foto: privat

Wie funktioniert die Umsetzung des S.T.O.P.-Prinzips bei Arbeiten mit Pflanzenschutzmitteln konkret?

S.T.O.P. ist eine Abkürzung für Substitution, technische Maßnahmen, organisatorische Maßnahmen und persönliche Maßnahmen. Durch das Prinzip werden die Maßnahmen des Arbeitsschutzes nach ihrer Wirksamkeit hierarchisch geordnet. Unternehmen sollen vorrangig Maßnahmen der oberen Hierarchieebenen ergreifen, also Substitution und technische. Nur wenn sich hier keine Lösung finden lässt, sollte auf die Maßnahmen der unteren Ebenen – vor allem persönliche – zurückgegriffen werden.

Was ist unter Substitution im Zusammenhang mit Pflanzenschutzarbeiten zu verstehen?

Substitution ist ein Begriff aus dem Gefahrstoffrecht und meint den Ersatz eines gefährlichen Stoffes durch einen weniger gefährlichen Stoff oder ein alternatives Verfahren, das ohne Gefahrstoffe auskommt. Vielen Unternehmerinnen und Unternehmern wird dieser Ansatz unter dem Begriff „Integrierter Pflanzenschutz“ geläufig sein. Darunter fallen etwa Maßnahmen wie mechanische oder biologische Schädlingsbekämpfung, aber auch entsprechende Bodenvorbereitungen, Klima, Düngung und Sortenwahl. Der Gedanke dahinter ist einfach: Je weniger Kontakt zu chemischen Pflanzenschutzmitteln besteht, desto geringer ist auch die Gefahr zu erkranken.

Welche technischen Maßnahmen gelten als entscheidende Hebel zur Expositionsminderung beim Ausbringen, Befüllen und Reinigen?

Ziel technischer Schutzmaßnahmen ist es, die Anwenderinnen und Anwender von der Gefahrenquelle – hier dem Pflanzenschutzmittel – zu trennen. Als besonders wirksame Schutzeinrichtungen beim Ausbringen haben sich Schutzkabinen mit Filter und Klimatechnik erwiesen. Für das Befüllen der Spritze und Reinigen von leeren Gebinden empfehlen sich geschlossene Befüllsysteme, sogenannte CTS (Closed Transfer Systems). Da es CTS derzeit fast nur als Nachrüstlösung gibt, seien an dieser Stelle auch Einspülschleusen erwähnt, die mittlerweile zur Standardausrüstung moderner Pflanzenschutzspritzen zählen. Diese erlauben es geübten Anwenderinnen und Anwendern, Pflanzenschutzspritzen kontaminationsfrei mit flüssigen Mitteln zu befüllen.

Welche Kabinenkategorien empfiehlt die SVLFG für verschiedene Einsatzprofile? Wie fließt die „Kab­Expo-Studie“ in die Beratung ein?

Für Familienbetriebe, die klassischen Ackerbau betreiben, bieten Traktorkabinen der Kategorie 2 in der Regel ausreichend Schutz. Für Betriebe mit einer sehr großen zu bewirtschaftenden Fläche, für Unternehmen, die im Lohn spritzen, und für den Einsatz in Raumkulturen wie Wein- , Hopfen- und Obstbau empfiehlt es sich, Maschinen mit Kabinen der Kategorie 4 einzusetzen.

Die „KabExpo-Studie“ zur Anwenderexposition innerhalb geschlossener Traktorkabinen bei Pflanzenschutzarbeiten, die in Zusammenarbeit mit dem Julius-Kühn-Institut sowie dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erstellt wurde, zeigt, dass bei geschlossenen Schutzkabinen kaum noch ein Eintrag von Pflanzenschutzmitteln in die Fahrerkabine über das Lüftungssystem stattfindet. Die größte gemessene Kontamination der Kabine kam durch Verschleppung durch den Fahrer zustande. In unseren Beratungen wollen wir dafür Bewusstsein schaffen, dass bei notwendigen Reparaturen während des Ausbringens konsequent persönliche Körperschutzmittel angezogen werden und diese auch wieder abgelegt werden, bevor die Fahrerkabine betreten wird.

Welche organisatorischen Mindestmaßnahmen sollen Betriebe umsetzen, um Exposition zu vermeiden?

Betriebe sollten nur fachkundige und verlässliche Mitarbeitende für Pflanzenschutzarbeiten als Sachkundige schulen lassen und damit beauftragen, die auch alle notwendigen Schutzmaßnahmen gewissenhaft und richtig um- und einsetzen. Mitarbeitende sollten regelmäßig zum Thema Pflanzenschutz fortgebildet werden, um über einen aktuellen und umfassenden Kenntnisstand zum Thema zu verfügen. Sind im Nachgang zum Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln Arbeiten in Kulturen nötig, sollten sie mit einem ausreichenden Zeitabstand geplant werden, sodass das ausgebrachte Mittel zumindest vollständig eintrocknen kann.

Die Ärmelschürze kann den Ganzkörperanzug ersetzen. Ihr Vorteil: Sie kann schnell an- und abgelegt werden. Sie bedeckt die Körpervorderseite und Arme und schützt damit die Körperpartien, die am wahrscheinlichsten bei der Arbeit kontaminiert werden können. Zusätzlich wird noch Hand- und Gesichtsschutz benötigt. Foto: SVLFG

Was bedeutet Differenzierung des PSA-Einsatzes nach Tätigkeit?

Persönliche Schutzausrüstung (PSA) für Pflanzenschutzmittel ist in unterschiedlichen Schutzstufen erhältlich. Bei Handschuhen sind dies G2, G1 und GR, bei Kleidung C3, C2 und C1. Je höher die Ziffer, desto höher ist auch die Schutzwirkung. Kleidung der Stufen C1 und C2 hat den Charakter von Arbeitskleidung. Hierbei handelt es sich um „normale“ Textilien, die eine gewisse flüssigkeitsabweisende Wirkung haben. Wir empfehlen, Kleidung der Stufen C1 und C2 grundsätzlich immer bei Arbeiten mit Pflanzenschutzmitteln zu tragen; bei Bedarf kann darüber zusätzliche Schutzkleidung getragen werden. C1- und C2-Kleidung ist auch für Nachfolgearbeiten in der trockenen Kultur geeignet. Wird mit konzentrierten Pflanzenschutzmitteln gearbeitet oder besteht Kontaktgefahr mit dem noch nicht eingetrockneten verdünnten Mittel, etwa beim Ausbringen mittels Rückenspritze oder bei Reparaturarbeiten an der Spritze während des Einsatzes, muss immer Kleidung der Stufe C3 getragen werden. Dies können Ganzkörperanzüge oder auch Ärmelschürzen sein. Beim Anmischen und bei Reparaturarbeiten bieten Ärmelschürzen in der Regel ausreichenden Schutz.

G2-Handschuhe sind für den Umgang mit dem Konzentrat ausgelegt, G1 für die Handhabung der verdünnten Pflanzenschutzmittel. GR-Handschuhe haben nur eine Beschichtung an der Handinnenseite und bilden damit einen Kompromiss zwischen Schutzwirkung und Tragekomfort. Diese Handschuhe sind für Nachfolgearbeiten in der trockenen Kultur geeignet.

Welchen praxisnahen Tipp geben Sie als Experte den Anwendern?

Das Unfallgeschehen in der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft zeigt, dass oftmals eine Mischung aus Zeitdruck und Routine für die Unfälle verantwortlich ist. Dies gilt allgemein und nicht nur für Arbeiten im Pflanzenschutz. Eine gute Planung – auch zeitlich –, das Lesen der Gebrauchsanweisung der Pflanzenschutzmittel und die Vorbereitung der Arbeiten unter Berücksichtigung der zuvor genannten Maßnahmen zum Anwenderschutz sind entscheidend für sicheres und kontaminationsfreies Arbeiten. Diese gewissenhafte Vorbereitung muss immer erfolgen. Auch sollte schon für vorhersehbare Defekte, zum Beispiel verstopfte Düsen, vorausgeplant werden, damit allen Beteiligten klar ist, welche Arbeitsschritte und Schutzmaßnahmen in diesen Fällen ergriffen werden müssen. So können solche Störungen zügig, ruhig und vor allem sicher beseitigt werden.

Welche Informationsangebote stehen bereit? Wo finden Mitglieder kompakte Orientierung zu den Maßnahmen?

Ein Großteil ist auf der Internetseite www.svlfg.de/pflanzenschutzarbeiten kompakt zusammengefasst. Hier sind auch die kurzen Videos zum Thema verlinkt. Darüber hinaus möchte ich auf die online verfügbaren Informationen des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hinweisen. Zum Thema Anwenderschutz bei Pflanzenschutzarbeiten steht der Präventionsbereich der SVLFG mit dem Bundesamt im steten Austausch.

Sechs animierte Filme auf Ihrem YouTube-Kanal illustrieren die sichere und gesunde Arbeit im Umgang mit Pflanzenschutzmitteln. Wie nutzen Betriebe dieses Angebot?

Die animierten Filme bieten den Betrieben eine praxisnahe Möglichkeit, das Thema „Sicherer und gesunder Umgang mit Pflanzenschutzmitteln“ anschaulich in ihre regelmäßigen Unterweisungen zu integrieren. Sie unterstützen die Betriebsleiter dabei, komplexe Inhalte einfach und verständlich zu vermitteln. Dass dieses Angebot gut angenommen wird, zeigt die erfreuliche Resonanz: Bis September dieses Jahres wurden die Filme bereits rund 13.000 Mal aufgerufen.

Über unseren YouTube-Kanal können die Betriebe jederzeit unkompliziert auf die Inhalte zugreifen (youtube.com/@svlfg3082, Playlist „Sicherer Umgang mit Pflanzenschutzmitteln“):

Welche Aufgaben und Ressourcen hat die eigens eingerichtete Taskforce zur Ermittlung der Voraussetzungen in den zahlreichen Verdachtsfällen der Berufskrankheit Parkinson durch chemische Pflanzenschutzmittel?

Die Taskforce analysiert zunächst die vom Versicherten angegebenen Tätigkeiten und Arbeitsplätze. Dabei wird insbesondere untersucht, ob die genannten Pflanzenschutzmittel für die angegebenen Kulturen und Einsatzzeiträume plausibel und mit der damaligen Praxis vereinbar sind. Auf dieser Grundlage wird bewertet, inwieweit der konkrete Arbeitsplatz und die ausgeübten Tätigkeiten einen ursächlichen Beitrag zur Erkrankung geleistet haben.