In Nordfriesland, nicht weit von Husum entfernt, befindet sich kurz vor Hattstedt eine Ausstellungstätte, die bisher im deutschen Kontext kaum vorgestellt worden ist. „Mikkelberg – Zentrum für nordische Kunst und Cricket“ ist eng verknüpft mit dem Leben der dänischen Minderheit im Landesteil Schleswig.
Mikkelberg ist sozusagen eine kleine Enklave, wo die Architektur, die Einrichtung und der Umgangston dänisch geprägt sind; die Vermittlung findet gleichwohl auf Dänisch und Deutsch statt.
Foto: Imme Feldmann
1967 kauften Henry Buhl und seine Frau Anne Kjestine („Dinne“) die Ruine der Hattstedter Mühle Fortuna samt dazugehörigem Grundbesitz. Henry Buhl (1924-2016) stammte aus Kolding und war gelernter Möbelpolsterer. Außerdem begeisterte er sich für Sport, vor allem Handball und Fußball. Nach Schulungen an der Sportschule Vejle wurde er 1958 als Jugendbetreuer des dänischen Jugendverbands für Husum und Eiderstedt angestellt. Dank seines offenen Wesens wurde Buhl schnell zu einem wichtigen Protagonisten in der Jugendarbeit der dänischen Minderheit. Er lernte seine Frau Anne Kjestine (1920-1992) in Husum kennen; aus einer dänisch gesinnten Flensburger Familie stammend, baute sie als Bibliothekarin die dänische Bibliothek in Husum auf.
Das Ehepaar, seit 1964 verheiratet, interessierte sich für Kunst und plante, in der 1967 erworbenen Mühle Kunstausstellungen zu veranstalten. Das gegenüberliegende Wohnhaus des Müllers wurde ebenfalls renoviert, dort wohnten Henry und Dinne Buhl. Sie benannten die Stätte nach einer alten Flurbezeichnung „Mikkelberg“; das Mühlengelände befindet sich auf einer Anhöhe.
1970 konnte bereits die erste Kunstausstellung gezeigt werden. Es gelang Henry und Dinne Buhl, Kontakte zu namhaften dänischen Künstlern zu knüpfen, so beispielsweise zu Wilhelm Freddie und Robert Jacobsen. Sven Havsteen-Mikkelsen und Sven Dalsgaard wurden zu engen Freunden. 1988 konnte die Ausstellungsfläche um drei große repräsentative Ausstellungsräume erweitert werden, entworfen vom namhaften Architekten Alan Havsteen-Mikkelsen.
Auf dem Landstück hinter dem Mühlengelände entstand eine beeindruckende Cricket-Anlage. Dieser aus England bekannte Sport wird auch in Dänemark gepflegt, in Deutschland hingegen nicht: Buhl fand diesbezüglich ein Alleinstellungsmerkmal und konnte die von ihm geschulten Sportler in seiner Crew behalten. Der begeisterte Sportler gründete 1967 den Husum Cricket Club (HCC), der seit 1987 Mitglied des dänischen Sportverbands DGI ist. Einzelne Spieler aus Husum haben bereits in der dänischen Nationalmannschaft gespielt. Auf dem Mikkelberger Cricketplatz werden heute dänische Heimspiele und internationale Turniere ausgetragen.
Foto: Imme Feldmann
Nach Henry Buhls Tod musste Mikkelberg neu aufgestellt werden. Heute wird die Stätte von einem engagierten Kreis innerhalb der dänischen Minderheit betrieben, als Leiterin wurde Lisbeth Bredholt Christensen angestellt. Der in Sønderborg beheimatete Traugott Moeller Fonds unterstützt die Ausstellungsstätte finanziell. Im ehemaligen Wohnhaus des Ehepaars Buhl wurde ein Versammlungsraum eingerichtet; im naturnahen Außenbereich vor dem Haus lässt sich, nach dänischem Brauch, ein Picknick einnehmen, Sitzgelegenheiten sind aufgestellt worden.
Derzeit läuft auf Mikkelberg die Ausstellung „Mytesteder – Mythische Orte“, der namhaften dänischen Fotografin Kirsten Klein wird zum 80. Geburtstag eine größere Retrospektive ausgerichtet. Zusätzlich werden Skulpturen ihres Mannes Steen Folmer Jensen gezeigt. Kirsten Klein, aufgewachsen in der Nähe des Limfjords, ist ausgebildete Porträt- und Museumsfotografin. Bekannt wurde sie beispielsweise durch ihre beeindruckenden Fotos aus Irland, von denen einige auch in der Mikkelberger Ausstellung zu sehen sind.
Foto: Imme Feldmann
In Irland wurde die Fotografin „von einem starken Gefühl der Zugehörigkeit ergriffen“ (Zitat Mikael Wivel, Katalogtext). Dort fotografierte sie auch Menschen, während ansonsten die Natur in ihren oft elegischen Schwarz-Weiß-Fotografien die Hauptrolle spielt. Wellen am Strand, eine einsame kleine Figur an einem endlosen Strand, Wolkenformationen, die Starenschwärme über der Tønder-Marsch, Ackerfurchen, prähistorische Stätten – Kirsten Klein wandert oft tagelang, um der Natur besonders intensive Stimmungen abzulauschen. Sie befindet sich damit, wie ihr der Kunsthistoriker Mikael Wivel attestiert, in der Tradition der „Naturromantik“, die in Deutschland von Malern wie Caspar David Friedrich, in Dänemark von Thomas Lundbye oder Dankvart Dreyer vertreten wurde. Ihr Mann Steen Folmer Jensen, eigentlich Architekt, begleitet sie häufig und sammelt dann Fundstücke – Steine, Holz, Knochen, rostige Reststücke landwirtschaftlicher Geräte –, die er zu Skulpturen zusammenstellt. Die Ausstellung wurde vorher in der Kunsthalle Holmen (Løgumkloster) und im Vendsyssel Kunstmuseum gezeigt, mit diesen Institutionen kooperierte Mikkelberg in diesem Fall. Die Ausstellungsstätte bietet also die Gelegenheit, dänische Kunst „vor der Haustür“ zu betrachten.
Weitere Informationen unter mikkelberg.de
Imme Feldmann