Der Kreisbauerntag der Kreisbauernverbände Flensburg und Schleswig fand am Dienstag auf dem Hof der Familie Feldhaus in Sörup statt. Malte Jacobsen, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Flensburg, forderte von der Politik mehr Eigenverantwortung, Innovation und Planungssicherheit, um die Wettbewerbsfähigkeit in der Landwirtschaft zu sichern.
Die Landwirtschaft in Deutschland ist ein verkannter Leistungsträger. Während andere Wirtschaftsbereiche noch über Digitalisierung und Effizienzsteigerung sprechen, hat die Agrarbranche längst geliefert. In den vergangenen 20 Jahren stieg die Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigem um beeindruckende 92 % – deutlich mehr als die 51 % der Gesamtwirtschaft. „Ein Landwirt versorgt heute rechnerisch 147 Menschen mit hochwertigen Lebensmitteln – das ganze Jahr über“, betonte Malte Jacobsen in seiner Rede auf dem Kreisbauerntag. Die Zahl der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft hat sich in den letzten 30 Jahren nahezu halbiert – auf heute rund 572.000. Dennoch tragen die Landwirte mit ihrer Standortbindung und ihrem Engagement wesentlich zu lebendigen Dörfern und stabilen Regionen bei.
Jacobsen sieht wachsenden gesellschaftlichen und politischen Druck: „Wir haben das Gefühl, nur noch für die Landschaftspflege da zu sein und für Umweltprobleme verantwortlich gemacht zu werden.“ Das zeige die Diskussion um Vernässungsmaßnahmen, die Duldung von Wildtierschäden sowie freiwillige Stilllegungen von Flächen, oft ohne klare Zieldefinition oder Verhältnismäßigkeit. Hinzu kämen bürokratische Regelungen und Einschränkungen wie die Stoffstrombilanz, die Erklärung zur Düngemittelverwendung oder die Unmöglichkeit, auf gefrorenem Boden zu düngen. Jacobsen fordert einen echten Neuanfang: „Wir brauchen wieder mehr Vertrauen in das Verantwortungsbewusstsein der Landwirte. Ein Minimum an akzeptiertem Restrisiko muss erlaubt sein, sonst ersticken wir an Regelungen, die Investitionen verhindern“, so Jacobsen.
Prof. Dr. Yves Reckleben und M. Sc. Jan-Henrik Ferdinand von der Fachhochschule Kiel zeigten in ihrem Vortrag „Bereit für die KI-Revolution? – Praxis, Lehre und Forschung auf dem Prüfstand“, dass Künstliche Intelligenz (KI) längst keine Zukunftsvision mehr ist, denn sie verändert bereits heute alle Ebenen der Landwirtschaft. Sie zeigten, wie KI fotorealistische Bilder und Deepfake-Videos erzeugt, selbst Programme schreibt und Sensordaten in Echtzeit auswertet, und warnten zugleich vor manipulierten „Deep Data“, die Entscheidungsgrundlagen untergraben könnten. Die Referenten forderten klare Haftungs- und Prüfmechanismen in der Praxis, die Vermittlung von Prompt- und Datenethik-Kompetenzen in der Lehre sowie transparente Prüfverfahren in der Forschung, um Landwirte, Studierende und Wissenschaft fit für eine zunehmend datengetriebene Agrarwirtschaft zu machen.
Ein Fazit war, der Umgang mit KI könne entscheiden, wer im Wettbewerb erfolgreich sei. Es gelte, Kompetenzen aufzubauen, Datenqualität systematisch zu prüfen und die ethischen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu gestalten und ständig zu kontrollieren. Fest steht für die Wissenschaftler, dass KI die Landwirtschaft tiefgreifend verändern wird – nicht irgendwann, sondern jetzt. Ihre Empfehlung an die Landwirte lautete, sich mit KI zu beschäftigen und die Tools in ersten Schritten zu testen.
Datensicherheit hat auch für Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, oberste Priorität. Er forderte: „Wenn Behörden über unsere Daten verfügen, müssen wir alles nachvollziehen können.“ Er betonte, dass viele Förderprogramme in ihrer Ausgestaltung zu kleinteilig und praxisfern seien und den wirtschaftlichen Aufwand der Betriebe nicht angemessen vergüten. „Wir brauchen praxisnahe Lösungen und eine faire Bezahlung für unsere Leistungen“, so Lucht. Im Gegenzug zum Einsatz emissionsarmer Ausbringungstechniken erwartet er, dass Landwirte den Düngebedarf auf Grünlandflächen in Zukunft wieder stärker durch Wirtschaftsdünger decken könnten, indem die betriebliche N-Obergrenze auf 230 kg N/ha angehoben werde. Einschränkungen in Schutzgebieten sollten dabei nicht pauschal, sondern differenziert und standortbezogen geregelt werden. mbw