Die zurückliegenden Erntejahre waren für die Landwirtschaft eine Herausforderung. Gerade zur Druschfruchternte war die Witterungslage im norddeutschen Raum teilweise extrem. 2017 gab es für die Praxis einen sehr feuchten Sommer mit all seinen Erschwernissen für Ernte und Lagerung.
Das Folgejahr hingegen war von Trockenheit geprägt und die zwei darauffolgenden Ernten waren unterdurchschnittlich in Bezug auf die Erntefeuchte. Auch in diesem Jahr war der Februar enorm nass und der März, April und Mai waren viel zu trocken. Es zeigt sich, dass in der Urproduktion nach wie vor eine hohe Flexibilität notwendig ist. So entstehen von Jahr zu Jahr neue Herausforderungen für die Lagerhaltung.
Grundsätzlich gilt für die meisten Getreidearten ein Feuchtegehalt von 14,5 % als Handelsbasis und auch als Ziel jeglicher Konservierungsvorgänge sowie in der Lagerhaltung. Für die Kleinsämereien wie Raps liegt er bei 9 %. Diese Feuchtegehalte werden landläufig auch mit der Lagerstabilität gleichgesetzt. Allerdings liegen die natürlichen physiologischen Feuchtegrenzen tatsächlich in anderen Bereichen.
Feuchtegehalt des Getreides
Wenn man so will, gibt es drei relevante Feuchtegrenzen. Ware mit einem Feuchtegehalt von über 18 % ist biologisch hochaktiv und muss schnellstmöglich einem Konservierungsprozess zugeführt werden, sodass Lagerungsfolgen gestoppt und eine Qualitätsveränderung vermieden werden. Eine Zwischenlagerung sollte auf allerhöchstens drei Tage begrenzt werden. Die Trocknungsanlage muss so dimensioniert sein, dass das Gut verarbeitet werden kann. Mit einem Feuchtegehalt von 16 % ist die biologische Aktivität im Korn relativ gering. Bei entsprechender Kühlung ist es auch dauerhaft lagerfähig. Diese Ware ist zwar so nicht ohne Abzüge handelbar, allerdings besteht kein Bedarf, beispielsweise für Tierhalter, die Ernte einer Trocknung zu unterziehen. Getreide mit einem Feuchtegehalt von 12 % und weniger ist biologisch so gut wie gar nicht mehr aktiv und sogar ohne Kühlung dauerhaft lagerfähig. Hier stellt sich jedoch der eine oder andere Praktiker die Frage, wie man solche Ware anfeuchten kann, um die verlorene Masse wiederzuerlangen.
Parameter Luft, Feuchte, Temperatur
Prinzipiell folgt der Feuchtegehalt im Getreidekorn den Bedingungen der umgebenden Luft. So strebt das Korn immer nach einem Gleichgewicht zwischen der Kornfeuchte und der relativen Feuchtigkeit der umgebenden Luft in Abhängigkeit von Temperatur und Luftdruck. Dieser physikalische Zusammenhang wird als Feuchtegleichgewicht bezeichnet. Beispielsweise besteht ein Feuchtegleichgewicht für Weizen von 14,5 % Feuchtegehalt und 65 % relativer Luftfeuchtigkeit bei 20 °C. Der Einfluss des Luftdrucks ist so verschwindend gering, dass er in der Praxis keine Berücksichtigung findet. Wird das Getreide nun mit einer so konditionierten Luft beaufschlagt, kann eine Trocknung oder aber auch Anfeuchtung entstehen. Gerade bei ungeschickter Belüftung kommt es immer wieder zur Anfeuchtung des eigentlich auf die Handelsbasis getrockneten und eingelagerten Getreides. Der Grund dafür ist darin zu sehen, dass das Lagergut mit Luft in Berührung kommt, die eine höhere Luftfeuchtigkeit hat und somit das Korn wiederum anfeuchtet.
Verschiedene Trocknungssysteme
Dieses Prinzip macht man sich gemeinhin bei der Lagerbelüftungstrocknung zunutze. So wird Getreide mit Erntefeuchten bis höchstens 19 % möglichst gleichmäßig in die Lagerzelle eingeschichtet und mit einer vorkonditionierten Luft unter Ausnutzung des natürlichen Wasseraufnahmevermögens von zirka 1 g/ m³ zusammengebracht. Das Trocknungsziel von 14,5 % sollte innerhalb von 14 bis 21 Tagen erreicht werden. Dazu muss die Lagerbelüftungstrocknung mit entsprechend hohen Luftraten von 60 bis 80 m³ pro 1 m³ Getreide und Stunde arbeiten. Dieses Trocknungssystem ist allerdings auf eine Lagerhöhe von 6 bis 6,5 m begrenzt. Diese Form der Trocknung bedarf nur selten einer zusätzlichen Heizung, um die Trocknungsluft entsprechend zu konditionieren.
In der Praxis wird hier in der Regel mit flüssiggasbetriebenen Brennern gearbeitet, die für zirka 3 bis 8 % der Gebläselaufzeit zugeschaltet werden müssen. Lagerbelüftungstrocknungen mit Teilumluftverfahren kommen teils ohne zusätzliche Wärmequelle aus. Dieses Konservierungsverfahren ist höchst energieeffizient und benötigt zirka 0,5 bis 0,8 kWh/ kg entzogenem Wasser. Zudem ist es das einzige Trocknungsverfahren, welches vollautomatisch den Trocknungsprozess regelt und bei Erreichung des Trocknungszieles stoppt. Am Markt verfügbar sind individuelle Anlagen in Form von Getreidehallen, welche als Lagerbelüftungstrocknung konzipiert werden, sowie Systemlösungen, die als Rundsilozellen angeboten werden. Interessanterweise findet dieses Trocknungsverfahren gerade dort Verbreitung, wo der Trocknungsbedarf traditionell sehr hoch ist.
Zwei Varianten für die Trocknung
Viele Praktiker haben jedoch manches Mal die Erfahrung machen müssen, dass die Trocknung im Lager gerade bei feuchterer Erntesituation an ihre Grenzen stößt. Denn wenn die Lagerbelüftungstrocknung in der Halle noch gut mit 19 % Gutfeuchte umgehen kann, so sind in Rundsilozellen Gutfeuchten von mehr als 18 % nicht zu empfehlen. So entstanden in den vergangenen Jahren zunächst Insel- und Individuallösungen zur Verarbeitung von feuchtem Getreide im Hallenbau. Diese haben sich mittlerweile zu konkreten Systemlösungen entwickelt.
Von den Anlagenbauern werden sogenannte Schnelltrocknungszellen angeboten. Diese werden in zwei Varianten ausgeführt: zum einen mit einem befahrbaren Belüftungsboden und einer dazugehörigen Mischtraverse mit entsprechendem Rührschneckensystem – ganz ähnlich, wie es bereits vom Silotrockner bekannt ist. Der Vorteil besteht darin, dass die vorhandene Fördertechnik der Getreidehalle zur Befüllung sowie auch die Gebäudehülle genutzt werden können. So können auch sensible Trocknungsgüter wie Bohnen und Erbsen schonend in größeren Mengen und überfeuchtes Getreide mit Feuchtegehalten von mehr als 19 % getrocknet werden. Benötigt werden hierfür eine entsprechend große Gebläseeinheit sowie ein Warmlufterzeuger, der die Trocknungsluft auf 45 °C bei Getreide und 60 °C bei Mais erhitzen kann.
Die zweite Bauform der Schnelltrocknungszelle verfügt über einen Schrägboden mit 28° Neigung und entsprechenden Düsenblechen, welche zur Zellenmitte hin ausgerichtet sind. Die Positionierung der Zellen in einer Halle ist hochflexibel. Die Befüllung und Entleerung geschehen vollautomatisch, sodass der Arbeitsaufwand relativ gering ausfällt. Diese zweite Bauform wird in der Regel als Satztrocknung betrieben. Wird diese um eine Mischtraverse erweitert, kann mit dieser Trocknung sogar Körnermais behandelt werden.
Die Schnelltrocknungszellen erweisen sich als hilfreiche Bausteine zur Erhöhung der Flexibilität von Getreidelagerhallen. Gerade dort sind sie passend, wo gelegentlich ein höherer Trocknungsbedarf entsteht und Trocknungsgüter einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen. In keinem Fall sind Schnelltrocknungszellen ein Ersatz für Durchlauftrockner mit Laufzeiten von mehr als 150 Stunden pro Jahr.
Planung der Belüftungssysteme
In Regionen mit einem sehr geringen Trocknungsbedarf oder aber in Situationen mit erhöhtem Aufkommen von Erntegütern und einer notwendigen temporären Form der Lagerhaltung stellt sich häufig die Frage, wie eine funktionsfähige Belüftung für die Gesunderhaltung des eingelagerten Gutes – vor allem hochflexibel – erstellt werden kann. Belüftungs- beziehungsweise Kühlsysteme bedürfen in der Regel einer sorgfältigen Planung und Ausführung. Der jährlich wiederkehrende Aufbau in den Getreidehallen muss einer gewissen Sorgfalt unterliegen. Nicht selten kommt es dabei zu Problemen. Der Luft abgebende Kanal kann verrutschen oder ist gar komplett unfunktional, oder aber das falsche Gebläse wird versehentlich angeschlossen. All dies führt zu Dysfunktionalitäten. Hierfür bietet der Markt jedoch Systemlösungen, welche ein provisorisches oder temporäres Lager mit einem funktionierenden Belüftungssystem ausstatten können. Die Rede ist von senkrechten Belüftungsstelen, welche im Lager aufgestellt und im Zuge der Befüllung zugeschüttet werden.
Die Lagerhöhe kann dabei bis zu 6 m betragen. Jede Stele sollte dabei über ein separates Gebläse verfügen. Für die Gesunderhaltung des Getreides sind Gebläse mit einem Lichtstromanschluss in der Regel ausreichend. Der Belüftungsradius kann pro Stele bis zu 4 m betragen. Als Faustformel sollte jedoch der Belüftungsradius nie größer als die Einlagerungshöhe sein, da sonst bestimmte Bereiche im Getreidestapel nicht erreicht werden. Am Markt sind Belüftungsstelen in Metall- und Kunststoffausführung verfügbar. Gerade die Kunststoffausführung hat sich als sehr robust erwiesen, jedoch können höhere Stapeltemperaturen zu Problemen führen. Getreidestapel mit hohen Temperaturen, wie es bei Getreide aus Durchlauftrocknern ohne Kühlzone üblich ist, sind nicht der richtige Einsatzbereich.
Fazit
Die Lagerlogistik sowie die Aufbereitung der Druschfrüchte nehmen auf den landwirtschaftlichen Betrieben weiterhin an Bedeutung zu. Die Lösungsansätze dazu sind vielfältig. Es sind mittlerweile viele Konzepte von Insel- und Individuallösungen bis hin zu Systemlösungen vorhanden. Durch die neueren, hinzugekommenen Konzepte wird die Flexibilität gesteigert. Es lohnt sich, sich mit diesen im Detail zu beschäftigen.