Die LandFrauen feiern aktuell ihr 75-jähriges Bestehen. Seitdem haben sich die Landwirtschaft, die Technik und auch das Frauenbild in der Landwirtschaft enorm verändert. Doch es gibt noch immer einiges bezüglich der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern zu tun, wenn man zum Beispiel an die Einkommensungleichheit von Frauen und Männern denkt oder an die fehlende Chancengleichheit von Frauen und Männern auf der Welt, aber auch hier in Deutschland.
Auf der Internetseite des Thünen-Institutes in Braunschweig heißt es etwa: „Landwirtschaft scheint nach wie vor Männersache zu sein. 36 Prozent der Beschäftigten in der deutschen Landwirtschaft sind laut Landwirtschaftszählung weiblich. Aber nur jeder neunte Betrieb wird von einer Frau geführt. Der tatsächlichen Rolle von Frauen in der Landwirtschaft werden die Zahlen der Agrarstatistik jedoch nicht gerecht.“ Die Forschenden arbeiten gerade gemeinsam mit der Universität Göttingen an einer landesweiten Studie. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Bedeutung der Frauen für die Landwirtschaft und den sozialen Zusammenhalt in ländlichen Räumen vielfach unterschätzt wird.
Ständig einsatzbereit
„Frauen haben vielfältige Aufgaben, und je nach Betrieb und Region ist die Rolle der Frauen sehr unterschiedlich. Frauen leiten Betriebe oder teilen sich diese Verantwortung mit einem Partner und tragen in großem Maß zum Betriebserfolg bei. Sie sind oft Initiatoren für Betriebsdiversifikationen (Direktvermarktung, Urlaub auf dem Bauernhof, soziale Dienste et cetera). Diese betrieblichen Aufgaben oder auch außerbetrieblichen Tätigkeiten verbinden sie mit Haushalt und Kindern, Pflege der (Schwieger-)Eltern und Engagement im Ehrenamt. Viele Frauen müssen ständig einsatzbereit sein und springen für viele verschiedene Arbeiten ein“, so die erste Analyse des Institutes.
In der Wissenschaft ergibt sich ein ähnliches Bild. „Zwar studieren viele Frauen Agrarwissenschaften, der Anteil liegt ungefähr bei der Hälfte der Studierenden. Aber je höher die Position wird, desto weniger Frauen sind noch sichtbar. Auch in landwirtschaftlichen Gremien dominieren die Männer, in Diskussionsveranstaltungen oder Meetings sind ganz wenige Frauen“, sagt Hiltrud Nieberg, Leiterin des Thünen-Institutes.
Ändert sich was?
Jüngst hat der Deutsche Bauernverband (DBV) einen neuen Ausschuss „Unternehmerinnen in der Landwirtschaft“ gegründet, und auf dem deutschen Bauerntag in Lübeck soll eine Satzungsänderung den Weg der Frauen ins Präsidium frei machen. In der „Agrarzeitung” vom 11. Mai heißt es: „Damit ist der erste Schritt getan, um dem selbst gesteckten Ziel, ‚jünger und weiblicher‘ zu werden, näherzukommen. Denn die Vorsitzende des Unternehmerinnen-Fachausschusses könnte laut Joachim Rukwieds (Präsident des DBV) Ankündigung zu Jahresbeginn mit großer Wahrscheinlichkeit auch seine Stellvertreterin werden. Doch etwas Bürokratie und demokratische Abstimmungsprozesse sind noch zu bewältigen. Denn die erforderliche Satzungsänderung für eine Stellvertreterin im höchsten Amt werde der nächsten Mitgliederversammlung im Rahmen des deutschen Bauerntags in Lübeck zur Abstimmung vorgelegt.“
Daniela Rixen, Leiterin der Pressestelle der Landwirtschaftskammer, sprach für das Bäuerinnenblatt mit der Präsidentin der Landwirtschaftskammer, Ute Volquardsen, über Frauen in Führung im Agrarbereich.
Auf jeden Fall! Die Mitwirkung in der ZKL war sehr arbeitsintensiv, und ich habe wahnsinnig viel in dieser Zeit gelernt. Es ist uns gelungen, mit den vielen verschiedenen Menschen aus unterschiedlichen Institutionen ein gemeinsames Grundlagenpapier für die weitere Umsetzung zu erarbeiten. Das ist eine echte Leistung, und das dort entstandene Netzwerk ist wirklich wertvoll.
Eine erste Vizepräsidentin bei einem Verband wie dem Bauernverband dürfte sicher noch stärkere Beachtung finden, als ich sie erleben durfte, und noch andere Türen aufstoßen.
Zum einen war das mediale Interesse riesengroß. Ich habe so viele Glückwünsche aus allen Richtungen bekommen, was mich damals wirklich überwältigte. Durch diese große Aufmerksamkeit konnte ich mein gutes Netzwerk weiter ausbauen. Meine Arbeit in dem Amt als Präsidentin der Landwirtschaftskammer hat dies gestärkt und indirekt damit auch die Beachtung der weiblichen Sichtweise.
Frauen führen anders, zumindest setzen sie sehr auf den Dialog. Ich bin stolz auf das, was wir mit dem Vorstand, mit Repräsentantinnen, Repräsentanten und Deputierten sowie der Geschäftsführung und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemeinsam bisher erreicht haben. Gemischte Teams arbeiten meiner Meinung nach erfolgreich, da sie sehr unterschiedliche Sichtweisen einbeziehen. Dabei stelle ich fest, dass es Lernprozesse gibt und die gemischte Arbeitsweise in den Gremien auch gelebt werden muss.
Die Geschäftsführung und ich ergänzen uns sehr gut. Aus der Historie heraus gibt es bei der Landwirtschaftskammer aktuell keine Abteilungsleiterinnen, aber auch hier wäre die Zeit reif dafür. Besonders wichtig ist mir zu betonen, dass es ja immer um die Qualifikation gehen muss und es natürlich hoch qualifizierte Frauen gibt. Ich wollte auch nicht um des Frauseins willen in das Amt der Kammerpräsidentin gewählt werden, sondern aufgrund meiner Fähigkeiten und Eigenschaften.
Auch bei der Landwirtschaftskammer gibt es Frauen in Führungspositionen. Ich denke da an verschiedene Fachbereiche, zum Beispiel an Martina Johannes, die so wichtige Bereiche der Ausbildung und Beratung seit vielen Jahren leitet. Dr. Sophie Diers leitet den Fachbereich Schweinehaltung, Katja Wagner den Bereich Pferdehaltung und Dr. Elke Horndasch-Petersen den Bereich Fischerei. Der Bereich des Gütezeichens Schleswig-Holstein ist in weiblicher Hand bei Sandra van Hoorn. Den Fachbereich Personal hat Inga Lafrenz und den Bereich Finanzen Heike Semrau inne. Heike Semrau (nicht auf dem Bild) sorgt für die Erstellung des Jahresabschlusses und die reibungslose laufende Buchführung. Auch den drei Stabsstellen stehen Frauen vor. Die interne Revision leitet Simone Weimann, das Innovationsbüro EIP-Agrar Carola Ketelhodt und die Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit führt Daniela Rixen. Mir ist es wichtig, diese Frauen hier vorzustellen.
Den Ausschuss Frauen im Agrarbereich leitete ich vor meiner Amtszeit als Präsidentin und er liegt mir immer noch sehr am Herzen. Er kümmert sich um die alternativen Einkommensquellen auf unseren Höfen, die vielfach von Frauen geführt werden wie zum Beispiel Bauernhofgastronomie, Urlaub auf dem Bauernhof, Bauernhofpädagogik, Schulklassen auf dem Bauernhof und neu auch den Bereich Green Care. Hier geht es um Betreuungsangebote für Menschen mit Behinderung oder Pflegegrad auf Bauernhöfen.
Diese unterschiedlichen Bereiche ergänzen die Einkommen auf den Höfen und sind häufig wichtige Einkommensalternativen.
Im Agrarbereich spielen Frauen auf den Höfen sehr oft eine Schlüsselrolle, auch wenn es häufig nicht nach außen dringt. Diesen Frauen möchte ich mit auf den Weg geben, bei allem, was sie tun, keine Angst zu haben. Etwas Respekt vor neuen Aufgaben schadet sicher nicht.
Jede Frau kann sich so ihren eigenen Platz erarbeiten. Das bringt Anerkennung, Wertschätzung und Zufriedenheit, stärkt das Selbstbewusstsein und tut somit der ganzen Familie gut. Wünschenswert wäre es, wenn alle Betriebsabläufe und -zweige Hand in Hand gehen, die Entscheidungen gegenseitig unterstützt werden. Alle lernen ihr Leben lang und wachsen so an ihren Aufgaben.
Ich hätte zum Beispiel nicht gedacht, dass meine Rolle bei der Landwirtschaftskammer mit so vielen Kontakten zur Politik und dem öffentlichen Leben verbunden ist. Ich lerne in dieser Rolle stetig dazu und wachse daran.
Im Übrigen finde ich es toll, dass die Chefredakteurin des Bäuerinenblattes mit diesem Blatttitel der aktuellen Ausgabe ein Zeichen setzt. Es hebt die Bedeutung der Frauen in der Landwirtschaft hervor. Diese einmalige Bäuerinnenblattausgabe wird ganz sicher in vielen Haushalten gesammelt werden!
Weiterbildung empfinde ich als enorm wichtig, um flexibel zu bleiben, Veränderungen anzunehmen und offen zu sein. Außerdem fördert Weiterbildung betriebliche Verbindungen und die Entscheidungsfähigkeit. Mit der Erfahrung von heute würde ich rückblickend vielleicht noch mutiger und klarer sein.
Ich denke, dass ich gut zuhören und vermitteln kann. Das ist wichtig, um Kompromisse zu finden. Klar ist auch, dass man es nie allen recht machen kann – dieses muss einem bewusst sein. Ich habe mir klare Ziele gesetzt. Auf dem Weg dahin lohnt es sich, öfter mal die Perspektive zu wechseln, andere Meinungen einzubeziehen, und auch der Teamgeist ist wichtig.
Ich weiß, dass Landwirtschaft immer in Bewegung ist. Es lohnt sich, die Veränderungsprozesse für sich zu nutzen und sich das Positive herauszusuchen.
Diesen Aspekt möchte ich auch den LandFrauen zu ihrem Jubiläum mit auf den Weg geben. Sie können stolz sein auf das Erreichte. Die Vergangenheit und Gegenwart hat sie zu dem gemacht, was sie heute sind – der bedeutendste Frauenverband –, und ich bin sicher, dass der Verband auch den Wandel in die Zukunft schafft. Die Rechte von Frauen im ländlichen Raum weiter zu stärken, Frauen weiterzubilden – gerne gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer – und auch Plattformen zu bieten, sich auszutauschen, bleibt für alle Generationen wichtig.
Alles Gute zum 75. Geburtstag: Geschick, Gespür, Glück und Gesundheit!
Ja, diese spannende Entwicklung beim Deutschen Bauernverband werde ich interessiert beobachten. Ich bin gespannt und würde mich freuen, wenn eine Frau in das Präsidium gewählt wird. Dem Deutschen Bauernverband wünsche ich eine kluge Entscheidung und gute Intuition.
Was geben Sie Frauen in der Landwirtschaft mit auf den Weg?
Seien Sie wissbegierig und neugierig. Ich bestärke Sie darin, Ihre eigene Rolle auf dem Hof zu suchen, je nach Interesse Ihren eigenen Verantwortungsbereich zu finden. Richten Sie sich nach Ihren Begabungen, denn richtig gut können wir nur dann sein, wenn wir etwas tun, das uns wirklich liegt, uns Spaß macht und uns positiv fordert. Sonst ist es nur halbherzig, was für eine lange Selbstständigkeit meist nicht ausreicht.