Die Vorgaben und Empfehlungen für den Zaunbau in der Pferdehaltung waren bisher sehr überschaubar. Die Umsetzung in der Praxis sieht hingegen anders aus und weist eine Vielzahl an Zaunvariationen auf, von denen viele als unzureichend einzuordnen sind. Im schlimmsten Fall sind Verletzungen vorprogrammiert. Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) hat nun mit Unterstützung einer Expertengruppe ein Merkblatt zu diesem Thema erarbeitet.
Das DLG-Merkblatt 476 vermittelt dem praktischen Pferdehalter die notwendigen Grundlagen, um Pferde so einzufrieden, dass sie sicher untergebracht sind. Denn als Tierhalter ist man in der Verantwortung für eine verhaltensgerechte Unterbringung, wozu auch die Einzäunung der von Pferden genutzten Flächen gehört. Für das Pferd als Fluchttier muss die Einzäunung gut sichtbar, stabil und möglichst ausbruchsicher sein.
Die Anforderungen an einen Zaun unterscheiden sich je nach Einsatzbereich und Standort der Umzäunung. Der Außenzaun muss besondere Beachtung finden, da er die Begrenzung zur Außenseite einer Pferdehaltung darstellt, beispielsweise zu einer Straße. Der Innenzaun unterteilt die Fläche, die von einem Außenzaun umgrenzt ist.
Die Anforderungen an die Ausbruchsicherheit von Außen- und Innenzäunen unterscheiden sich deutlich, vor allem hinsichtlich der Zaunhöhe und der Anzahl der Querverbindungen. Auch spielt die Entfernung zu Risikobereichen eine entscheidende Rolle: Befindet sich der Aufenthaltsort der Pferde in weniger als 1 km Entfernung zu einem Risikobereich, muss der Außenzaun höhere Anforderungen erfüllen. Risikobereiche sind etwa Autobahnen, stark befahrene Straßen, Bahnlinien oder Flugplätze.
Hier sind als Außenzäune Elektrofestzäune mit mindestens dreireihigen Querverbindungen notwendig. Abhängig von der Größe der Tiere, die auf der Weide gehalten werden, werden die Höhen der Querverbindungen ausgewählt. Für Hengste und Springpferde liegen diese beispielsweise bei 160 cm, 110 cm und 60 cm (siehe Tabelle).
Für Weiden abseits von Risikogebieten sowie für Innenzäune sind zweireihige Querverbindungen ausreichend. Die unterste Strom führende Reihe sollte für Pferde nicht tiefer als 60 cm (45 cm bei Ponys) verlaufen, da dies den Kontakt des Pferdes mit dem Zaun minimiert.
Holzzäune haben sich bewährt
Um bei der Vielfalt an Material eine Auswahl treffen zu können, müssen vorab die Anforderungen an die Umzäunung und auch die Möglichkeiten des Geldbeutels berücksichtigt werden. Im Zaunbau trifft mit Sicherheit immer zu: Wer billig kauft, kauft mindestens zweimal.
Ein Holzzaun mit behandelten Pfosten und Halbrundriegeln hat sich bisher auf allen Standorten bewährt und bietet je nach Verarbeitung und Bodenbeschaffenheit eine stabile Umzäunung für zehn bis 15 Jahre. Holzpfosten aus gespaltenem Holz sind haltbarer, da die Fasern nicht beschädigt wurden. Als heimische Harthölzer können Robinie, europäische Eiche und Edelkastanie verwendet werden. Weichholz sollte kesseldruckimprägniert sein. Teerölsubstanzen sollten aus Umweltschutzgründen nicht verwendet werden.
Für Holzpfähle sowie für witterungs-, frost- und UV-beständige Recyclingkunststoffpfähle haben praktische Erfahrungen gezeigt, dass sie als Streckenpfosten einen Durchmesser von mindestens 10 cm haben und mindestens zu einem Drittel ihrer Länge im Boden versenkt werden sollten. Daraus ergeben sich Pfahlhöhen von 1,60 bis 2,20 m. Bei Eck- und Torpfosten ist sogar eine Mindestdicke von 12 cm empfehlenswert. Zusätzlich sollte der Pfosten zu mindestens 40 % seiner Gesamtlänge in den Boden eingelassen werden.
Auch dicke Metallpfähle können zum Einsatz kommen. Von Baustahl-, Federstahl- oder Winkelstahlpfählen wird wegen ihrer geringen Dicke abgeraten. Sie sollten nur in der Rinderhaltung verwendet werden, in der Pferdehaltung besteht eine große Verletzungsgefahr.
Verletzungsrisiko minimieren
Die Pfostenabstände hängen vom Material der Querverbindungen sowie von der Wind- und Schneelast ab. So kann bei einem Elektrofestzaun mit kunststoffummantelten Drähten ein Abstand von 6 bis 8 m gewählt werden, bei einem Elektrofestzaun mit Breitband nur von 3 bis 6 m. Bei Zäunen mit breiten Bändern müssen auch die Streckenpfähle in der Lage sein, Kräften durch Wind oder Schnee standzuhalten. In vielen Regionen Schleswig-Holsteins wird von der Verwendung von Breitbändern abgeraten, da die Windanfälligkeit zu stark ist. Hier werden stattdessen Elektroseile (ab 6 mm) oder kunststoffummantelte Drähte empfohlen.
Häufige Schwachstellen im Zaun sind Tore, daher gilt hier: so viele wie nötig, so wenige wie möglich. Sie sollten möglichst nicht in Ecken oder bei Richtungsänderungen angebracht werden, da sonst die Stabilität des Zaunes reduziert wird. Das Tor muss so schließen, dass es keine Zwischenräume zu den Torpfosten gibt, in denen die Tiere mit ihren Gliedmaßen hängen bleiben können. Eventuell kann es sinnvoll sein, auf der Torinnenseite eine Litze anzubringen, zum Beispiel ein Expanderseil, um die Pferde vom Tor fernzuhalten. Torverschlüsse müssen immer abgerundet oder verdeckt sein, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.
Aus Sicht der Menschen ist es wichtig, dass sich das Tor möglichst mit einer Hand leicht öffnen und schließen lässt. Dafür bieten sich breite Stahltore mit pferdegerechten Gitterabständen an, die nach innen zur Koppelseite zu öffnen und vorzugsweise mit einer stromführenden Litze auf Abstandsisolatoren versehen sein sollten. Torgriffe müssen griffsicher und isoliert sein. Spiralfedern dürfen in der Pferdehaltung keine Verwendung finden, sie sind tierschutzwidrig und somit verboten. Das Pferd kann sich mit seinem Langhaar darin verfangen und es kann zu Panikreaktionen kommen.
Zaunkontrolle dokumentieren
Die Auswahl der Weidezaungeräte richtet sich nach der Zaunlänge, dem Bewuchs, der Notwendigkeit einer permanenten Zaunkontrolle und dem Vorhandensein eines festen Elektroanschlusses. Das arttypische Verhalten eines Pferdes erfordert über die gesamte Zaunstrecke ausreichend hohe und gleichmäßige Zaunspannung.
Es gibt eine Reihe von Geboten und Verboten beim Elektrozaunbetrieb, die sich an den Vorgaben der DIN VDE 0131 orientieren:
Elektrozaungeräte nie in feuergefährdeten Räumen wie Scheunen und Stallungen unterbringen
Einbau einer Blitzschutzeinrichtung zur Verhütung von Blitzschäden
keine Verwendung von Stacheldraht als Elektrozaun
Versorgung eines Elektrozauns nur durch ein Elektrozaungerät
Kennzeichnung durch Warnschilder „Vorsicht Elektrozaun“ alle 100 m an Elektrozäunen, die an öffentlichen Straßen oder Wegen errichtet werden
Die Zaunkontrolle muss täglich erfolgen. Es wird empfohlen, diese gemeinsam mit der Prüfung der Zaunspannung zu dokumentieren, beispielsweise im Zauntagebuch. Dies erleichtert im Schadensfall den Nachweis darüber, dass die geforderte Sorgfaltspflicht erfüllt wurde. Bei der Sichtprüfung sollte darauf geachtet werden, dass der Zaun auf seiner gesamten Länge unbeschädigt ist, die Weidetore in Ordnung sind, keine Zaunleiter durchhängen und die Stromführung nicht durch Bewuchs behindert ist. Zuletzt sollte auch geprüft werden, ob das Weidezaungerät funktionstüchtig und der Zaunanschluss sowie die Erdung gesichert sind.
Baurechtliche Aspekte beachten
Viele Faktoren müssen beim Bau eines ausbruchsicheren und stabilen Zauns berücksichtigt werden: Materialauswahl, Nutzung, räumliche Lage, Besatzdichte, Aufenthaltsdauer und natürlich die auf der Weide zu haltenden Pferde. Ponys brauchen eine andere Einzäunung als Springpferde oder Hengste. Jede einzelne Komponente einer Zaunanlage muss zur Sicherheit des Weidezauns beitragen.
Kommt es doch zum Ausbruch oder einer Verletzung, muss sich der Tierhalter auch mit der Haftung oder im schlimmsten Fall mit strafrechtlichen Konsequenzen auseinandersetzen. Auch darüber gibt das DLG-Merkblatt 476 Auskunft, ebenso wie über baurechtliche Anforderungen. Im Außenbereich dürfen nur privilegierte Landwirte nach § 201 Baugesetzbuch „offene, sockellose Einfriedungen, ohne Höhenbegrenzung“ genehmigungsfrei errichten. Für Hobbytierhalter und gewerbliche Betriebe bedeutet das, dass sie einen Bauantrag stellen müssen.
Das Merkblatt kann bei der DLG unter „Publikationen“ gelesen und heruntergeladen werden.