Getrieben von der Sorge um ihre Tochter, hat Maria Perna auf vielen Umwegen und mit unendlicher Ausdauer eine Lösung gefunden, die sie zugleich zur Unternehmerin machte. In ihren Geschäftsräumen in Holstenniendorf erzählt die LandFrau, wie es dazu kam, dass sie heute Expertin für ganz bestimmte Brotmischungen ist – denn eigentlich waren Sprachen ihre Leidenschaft.
Die Mischmaschine steht heute mal still. Doch oft herrscht in den Räumen des ehemaligen Supermarkt-Ladenlokals geschäftiges Treiben. Maria Perna und ihre Mitarbeiterinnen mischen hier Biobackmischungen zusammen, verpacken und verschicken die bestellte Ware im Akkord. Seit 2018 versorgen die „Breadonauts“ mit den Brot-, Pizza- und auch Crêpe-Mischungen Menschen, die an Zöliakie leiden. „Zöliakie ist eine Glutenunverträglichkeit, die bei einer bestimmten genetischen Anfälligkeit auftreten kann“, erklärt Maria Perna. Und sie weiß, wovon sie spricht, denn Tochter Paulina ist betroffen und kann nichts essen, was irgendwie mit Gluten in Berührung gekommen ist.
Bis zu dieser Erkenntnis und zur richtigen Diagnose war es ein langer, mehr als steiniger Weg. „Paulina war schon als Baby immer kränklich und sehr dünn. Die Ärzte haben alles untersucht, konnten aber nichts feststellen.“ Jahrelang wusste niemand, woran das Kind litt. Zwischenzeitlich wurde auch die Mutter für übersensibel gehalten. „Doch ich wusste immer: Da stimmt was nicht.“ Die Fremdsprachenkorrespondentin für Englisch, Französisch und Spanisch begann deshalb eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. „Ich wollte die Schulmedizin nicht infrage stellen und auch nie als Heilpraktikerin arbeiten. Es ging mir nur darum zu verstehen, was mit meinem Kind los ist“, sagt sie. Und eines Tages zahlte sich die Mühe aus. Sie hatte gelernt, Blutwerte zu verstehen, und brachte die Ärzte damit auf die richtige Spur, auf der sie weitersuchen konnten. „Das Blutbild ist wie ein großes Buch, wenn man nur eine Seite aufschlägt, dann sieht man all die anderen nicht.“ Doch ein Arzt nahm sie ernst, schaute genauer auf die anderen Seiten des Buches und entdeckte endlich den entscheidenden Hinweis auf die Erkrankung, an der Marias Tochter litt. „Damals war unser Kind schon neun Jahre alt“, erinnert sie sich.
Mit der Diagnose kamen jedoch neue Schwierigkeiten. Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung. Menschen, die daran leiden, dürfen kein Gluten zu sich nehmen, denn der Körper wehrt sich mit aller Kraft gegen etwas, das für Gesunde völlig harmlos ist. „Das löst sofort Entzündungen im Darm aus. Wenn das nicht erkannt wird, kann es schlimmstenfalls zu Darmkrebs führen“, hat die LandFrau inzwischen gelernt. „Bei Paulina äußerte es sich so, dass sie ohnmächtig wurde. Einmal aß sie etwas vermeintlich Glutenfreies und fiel im Badezimmer um. Ich vergesse niemals das Geräusch, als Paulina mit dem Kopf auf den Fliesen aufschlug.“
Nach diesem Erlebnis stand fest, dass sich Paulina unbedingt absolut glutenfrei ernähren musste. Gluten ist Bestandteil von Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel. Es wird auch als Klebereiweiß bezeichnet und sorgt dafür, dass das Brot beim Backen zusammenhält. „In Deutschland gibt es die Tradition, Abendbrot zu essen. Auch unsere Familie hat es so gehalten. Darauf wollten wir nicht verzichten“, erzählt Maria Perna. Doch alles, was es beim Bäcker zu kaufen gibt, war von da an für Paulina tabu. „Also haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, was wir machen wollen, damit unser Kind wenigstens zu Hause nicht auf sein Essen achten muss und alles essen kann, was im Haus ist. So haben wir beschlossen, dass wir zu Hause auf alles verzichten, das Gluten enthält.“ Auch die drei jüngeren Schwestern machten mit.
Doch dann stand die nächste Herausforderung an, denn es galt, etwas zu finden, das für Pauline verträglich ist. Erneut krempelte Maria Perna die Ärmel hoch und fing an, nach Alternativen zu suchen und Rezepte auszuprobieren. Sie experimentierte mit Reis-, mit Hirse- und Kichererbsenmehl sowie mit Mais- und Kartoffelstärke. „Das Schwierigste ist es, einen Teig dazu zu bringen aufzugehen. Manchmal war das Brot so hart, dass man damit hätte Häuser bauen können, ein andermal schmeckte es einfach nur nach Pappe. Oft bin ich erst um drei Uhr ins Bett, nur um dann um fünf Uhr wieder aufzuwachen und zu denken: Jetzt habe ich die Lösung“, beschreibt sie diese aufreibende Zeit. Akribisch schrieb sich Maria Perna beim Backen jeden Schritt auf und entwickelte mit der Zeit Mehlmischungen, mit denen es sich nicht nur gut backen ließ, sondern die auch der ganzen Familie schmeckten.
Nach den ersten Erfolgen auf dem Weg der Suche und des Ausprobierens wollte die LandFrau aus dem Kreis Steinburg diesen Weg für andere Betroffene verkürzen. So hat sie mit ihren selbst entwickelten, biozertifizierten Backmischungen inzwischen einen Onlinehandel eröffnet und verschiedene Produkte zur Marktreife gebracht. Gemeinsam mit drei Mitarbeiterinnen nimmt sie die Bestellungen auf und verschickt die Mischungen an Privatpersonen und Händler. Auf Märkten und Messen macht die LandFrau Pfannenbrot, Brötchen, Ofenbrot, Pizzateig und Crêpes bekannt. In ihrer Show-Küche bietet sie Kurse an, bei denen man gemeinsam backen und lernen kann, die Teigmischungen kreativ mit eigenen Ideen zu einer abwechslungsreichen Kost für Menschen zu gestalten, die sonst auf so vieles verzichten müssen.
Marias Tochter ist inzwischen symptomfrei und studiert. Wenn sie nach einem Besuch bei der Familie wieder den Koffer packt, verstaut sie darin nicht nur Kleidung, sondern vor allem glutenfreie Backmischungen, die ihre Mutter für sie entwickelt hat. Sie ermöglichen ihr heute ein unbeschwertes Leben.