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Pfeifen im dunklen Wald

Marktkommentar
Von Karsten Hoeck, LK-Markt
Foto: Imago

Den Deutschen an sich und vor allem der hiesigen Landwirtschaft wird oft ein Hang zum Pessimismus nachgesagt. Angesichts eines Krieges mitten in Europa und der hohen Lebenshaltungskosten kann man auch wirklich mutlos werden. Vor allem Familien mit wenig Einkommen und geringen finanziellen Reserven trifft es aktuell sehr hart. Mit dem Blick auf das Weihnachtsfest sind dies keine schönen Aussichten.

Gerade die Landwirtschaft konnte im vorigen Jahr von den gestiegenen Rohstoffpreisen profitieren. Bis auf die Schweinehaltung reichten die erhöhten Erlöse aus, die gestiegenen Kosten zu decken. Somit konnte die Landwirtschaft die Inflation größtenteils gut meistern. Jetzt ist jedoch unklar, ob sich dies auf Dauer so fortsetzt. Die Inflation wurde zuletzt auch dadurch getrieben, dass die Verbraucher bereit waren, die erhöhten Kosten zu zahlen. Die Zentralbanken nutzen das Instrument der Zinserhöhung, um die Geldmenge reduzieren, da Kredite teurer werden.

Überholen die Kosten die Erlöse?

Die Pessimisten erwarten, dass der Ukraine-Krieg noch einige Zeit anhält und vor allem Energie knapp und sehr teuer bleibt. Die landwirtschaftliche Produktion und der Transport aus dieser Region bleiben vorerst eingeschränkt. Dazu kommt das steigende Risiko durch Dürren aufgrund des Klimawandels. Die Preissteigerung sorgt für eine geringe Nachfrage nach höherwertigen Lebensmitteln. Dies könnte zum Beispiel den Fleischkonsum weiter verringern. Unsicherheit bereiten auch die zuletzt rückläufigen Notierungen für Marktfrüchte wie Getreide und Raps. Ob sich die Kurse für Schlachtvieh auch im neuen Jahr behaupten können, ist ebenfalls unsicher. Gesamtwirtschaftlich wird der hohe Preisauftrieb die verfügbaren Real­einkommen der privaten Haushalte sinken lassen und damit die Konjunktur abkühlen.

Die Optimisten sehen auch mit Blick auf die reduzierten Düngemittel- und Dieselpreise schon wieder etwas Licht am Ende des Tunnels. Ihrer Meinung nach ist die Zeit der überzogenen Preisausschläge vorbei. Der Markt normalisiert sich und reagiert weniger panisch. Die Versorgungsängste legen sich. Auch gesamtwirtschaftlich macht sich wieder etwas Hoffnung breit. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt entspricht der Vollbeschäftigung. In allen Bereichen fehlen Arbeitskräfte. Die Steuereinahmen sind hoch und werden auch weiterhin hoch eingeschätzt. Die Auftragslage der Industrie ist vorerst noch gut. Auch die Exporte bleiben auf hohem Niveau. Die staatlichen Hilfen wie die Gas- und Strompreisbremsen entlasten die Verbraucher und stützen etwas die Kaufkraft. Das zusätzliche Geld pusht jedoch die Inflation.

Der Blick in die Glaskugel

Das ifo-Institut sieht vorerst einen Rückgang des privaten Konsums und eine Abkühlung der Konjunktur. Viele Preisaufschläge werden erst zum Jahresbeginn wirksam. Auch Lebensmittel dürften noch teurer werden. Die deutsche Wirtschaft wird im Winter in eine Rezession gehen und sich im Frühjahr ganz langsam wieder erholen. Viele Industrie- und Dienstleistungsunternehmen nutzen die aktuelle Situation, um die Preise über die Kostensteigerung hinaus zu erhöhen. Damit werden Gewinne gesteigert. Auf dem Bau dagegen lassen die Preis- und Zinserhöhungen die Nachfrage einbrechen, Aufträge werden storniert. Erst ab der zweiten Jahreshälfte dürften die Einkommen im Verlauf wieder stärker zulegen als die Preise und damit der private Konsum an Fahrt aufnehmen. Erst 2024 rechnen die Forscher wieder mit einem leichten Wirtschaftswachstum von 1,6 % in Deutschland. Für den Arbeitsmarkt erwartet das Ifo-Institut keine schweren Auswirkungen. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ist für die Konjunktur etwas pessimistischer. Hier rechnet man weiter mit hohen Energiepreisen. Dies wird die Produktion drosseln. Die Volkswirtschaft wird hierzulande Wohlstandsverluste hinnehmen müssen. Die teure Energieversorgung kann Produktionsverlagerungen in andere Teile der Welt nach sich ziehen. Ein Schlüssel zur Lösung dieser Probleme kann der rasche Ausbau der Erneuerbaren Energien sein.

Jetzt sind die richtigen Entscheidungen gefragt, denn das Pfeifen im dunklen Wald tröstet zwar etwas, löst jedoch keine Probleme.

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