Der Strukturwandel in der Landwirtschaft ist in vollem Gange. Die Ursachen für eine Betriebsaufgabe können vielfältig sein. Die Einschnitte sind gravierend, nicht nur in finanzieller, sondern auch in sozialer und emotionaler Hinsicht. In diesem Artikel werden einige Anregungen zum Vorgehen bei einer anstehenden Betriebsaufgabe aufgezeigt.
Vielleicht gibt es in der Familie niemanden, der den Hof weiterführen will. Die Arbeit kann aber aufgrund des Alters oder einer Erkrankung nicht mehr geleistet werden. Vielleicht entspricht der Stall auch nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben und der Investitionsstau kann aufgrund der hohen Baukosten nicht mehr aufgeholt werden. Vielleicht ist der Markt in diesem Betriebszweig zudem mit zu hohen Risiken belegt. Vielleicht passen auch die Zahlen nicht mehr zusammen, die Kapitalverluste der vergangenen Jahre haben die Substanz so stark geschwächt, dass die Existenzfähigkeit zukünftig nicht mehr gegeben ist. Vielleicht gehen aber auch wichtige Betriebsgrundlagen verloren und werden an Investoren verkauft oder für regenerative Zwecke eingesetzt.
Ziele in der Familie entwickeln
Zunächst ist es empfehlenswert, sich in der Familie einen Überblick über die aktuelle Lage des Hofes zu verschaffen. Manchmal fehlen wichtige Informationen über die Vermögenslage und die derzeitigen Verbindlichkeiten des Unternehmens. Die Entwicklungen der Erträge und Aufwendungen sollten ebenso wie die eingegangenen Tilgungsverpflichtungen, die Privatentnahmen und die Investitionsbedarfe beleuchtet werden.
Wie steht es derzeit eigentlich um Rentabilität, Liquidität und Stabilität des Unternehmens? Wie hoch ist bisher die Entlohnung der familieneigenen Produktionsfaktoren gewesen? Wo gibt es Alternativen? Wenn Ehepartner, Kinder und Altenteiler Bescheid wissen, können zukünftige, vielleicht auch schwerwiegende Entscheidungen gemeinsam getroffen und von der Familie getragen werden.
Dabei sollten die Zielvorstellungen der einzelnen Familienmitglieder zur weiteren Entwicklung des Betriebes besprochen werden. Ein gemeinsames Ziel in der Familie zu entwickeln, ist eine anspruchsvolle, aber auch eine lohnende Aufgabe. Dafür braucht es Zeit. Bei diesem Klärungsprozess ist es sinnvoll, einen externen Moderator oder Mediator einzuschalten, insbesondere dann, wenn es sehr divergierende Interessen gibt und das Miteinander durch (verdeckte) Konflikte belastet ist. Im Idealfall kommt es dann zu einer gemeinsamen Entscheidung der Familie, vielleicht geht man auch mit mehreren priorisierten Alternativen in die anschließenden Prüfungsprozesse.
Einkommensbedarf analysieren
In dem Zusammenhang ist als Erstes der zukünftige Einkommensbedarf der Betriebsleiterfamilie nach der Betriebsaufgabe zu ermitteln. Dabei sind neben den Ausgaben für Nahrungsmittel und Kleidung, Wohnen und Energie, Mobilität und Freizeit, Gesundheit und Pflege auch die vorhandenen Altenteilsverpflichtungen zu beachten. Diese Positionen sind aufgrund von Inflation oder bei geändertem Konsumverhalten für die Zukunft anzupassen.
Zu berücksichtigen sind auch die zukünftigen Rentenansprüche, schließlich erfolgt die Betriebsaufgabe oft im Zusammenhang mit dem Eintritt in den Ruhestand. Vielleicht ist es aber auch geboten, über alternative, außerlandwirtschaftliche Beschäftigungsmöglichkeiten nachzudenken, besonders dann, wenn die Betriebsaufgabe weit vor Rentenbeginn erfolgt oder erfolgen muss und Arbeitskapazitäten eingesetzt werden müssen. Hier können Beratungsstellen etwa beim Jobcenter genutzt werden.
Abbau von Verbindlichkeiten
Die betrieblichen Vermögenswerte sind daraufhin zu überprüfen, ob und inwieweit sie für den Abbau vorhandener Verbindlichkeiten ausreichen. Dabei ist zunächst auf die Maschinen, das Vieh und das Umlaufvermögen abzustellen. In Abhängigkeit vom Verkaufszeitpunkt ist mit den bis dahin noch anfallenden Kosten und mit realistischen Verkaufserlösen zu kalkulieren. Daraus ist ein Entschuldungsplan mit zeitlich getakteter Rückführung der Verbindlichkeiten zu entwickeln und mit den Gläubigern abzustimmen.
Sofern darüber hinaus ein Eingriff in Grund und Boden oder Immobilien erforderlich ist, sind auch diese mit einem realistischen Verkehrswert einzubeziehen. Eine lückenlose Zusammenstellung der Verbindlichkeiten mit den jeweiligen Konditionen und Zinsbindungsfristen ist dabei unerlässlich. Auch mögliche Vorfälligkeitsentschädigungen sind zu beachten. Beim Entschuldungsplan sind natürlich auch steuerliche Effekte zu berücksichtigen. Diese sind mit dem Steuerberater zu besprechen, einige Punkte werden im Folgenden kurz skizziert.
Von besonderem Interesse ist dann die Verwertung der im Familienbesitz verbleibenden Vermögensgegenstände. Welche Flächen und Gebäude können zukünftig zu welchen Konditionen an wen verpachtet werden? Wo gibt es Möglichkeiten, vorhandene Gebäude gewerblich zu vermieten? Welche Wirtschaftsgebäude könnten vielleicht umgebaut und zum Beispiel als Wohnraum genutzt werden? Gibt es weitere alternative Einkommensquellen? Welche baurechtlichen Vorgaben sind zu beachten? Es gilt, hier sorgfältig die vielen Fragen zu klären.
Die Verwertungsmöglichkeiten im Bereich Regenerativer Energien haben in den vergangenen Jahren neue Perspektiven eröffnet. Einige Landwirte haben schon während ihrer aktiven Zeit diese Chancen genutzt. Vor dem Hintergrund zunehmend volatiler Märkte im Energiesektor gilt es auch hier, realistische Preise anzunehmen und diese rechtlich und steuerlich richtig zu ordnen.
Weitere zentrale Klärungsfelder
Rund um die Betriebsaufgabe sind steuerliche Fragen tatsächlich von sehr hoher Relevanz. Ein Steuerberater sollte deshalb unbedingt hinzugezogen werden. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Frage, inwieweit bei der Einstellung der aktiven Bewirtschaftung stille Reserven aufgedeckt werden und zu versteuern sind. Diese werden komplett aufgedeckt, wenn eine Betriebsveräußerung im Ganzen erfolgt – mit allen wesentlichen Betriebsgrundlagen. Das Gleiche ist der Fall, wenn der Betriebsleiter gegenüber dem Finanzamt die steuerliche Betriebsaufgabe erklärt.
Anders sieht es bei einer Betriebsverpachtung aus, dort kann eine Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven vermieden werden. Ein Grund dafür ist, dass die sehr hohen Steuerzahlungen oft bei nicht zufließender Liquidität einfach nicht leistbar sind. Ob diese Strategie angesichts steigender Immobilienwerte für die Zukunft sinnvoll ist, muss von der Familie entschieden werden. Der Steuerberater sollte in jedem Fall befragt werden. Er wird die Beteiligten auch über mögliche Steuervergünstigungen informieren, zum Beispiel ob die in § 34 EStG bei Betriebsaufgabe mögliche einmalige Vergünstigung für über 55-Jährige oder für dauerhaft berufsunfähige Personen genutzt werden soll.
Erbrechtliche Fragen sind bei einer Betriebsaufgabe von besonderer Bedeutung. Auch hier ist eine rechtliche Beratung unbedingt zu empfehlen. Es ist zum Beispiel zu klären, ob von weichenden Erben Nachabfindungsansprüche nach § 13 Höfeordnung geltend gemacht werden können, wenn die Überlassung des Hofes weniger als 20 Jahre zurückliegt. Ebenfalls ist rechtlich zu prüfen, ob der Hof nach der Betriebsaufgabe immer noch ein Hof im Sinne der Höfeordnung ist. Dies hat bei der Vererbung an die nächste Generation Relevanz und wäre dann bei der Berechnung der Abfindungsansprüche zu berücksichtigen.
Zum Schluss ein Hinweis zum richtigen Zeitpunkt. Eine Betriebsaufgabe in einer Phase fallender Märkte vorzunehmen, kann viel, viel Geld kosten, und zwar sowohl bei der Veräußerung des Maschinen-, Vieh- und Umlaufvermögens als auch bei der anschließenden Verpachtung von Land und Gebäude. Antizyklisches Verhalten lohnt sich oft.
Fazit
Den eigenen Betrieb aufzugeben, ist für den Unternehmer eine komplexe und anspruchsvolle Angelegenheit. Fachliche Expertise in steuerlichen und rechtlichen Fragen ist unbedingt einzuholen. Die Betriebsaufgabe sollte der Einkommens- und Vermögenssicherung dienen, dabei kann die sozioökonomische Beratung helfen. Es empfiehlt sich, die ganze Familie an den Beratungen zu beteiligen. Dabei ist eine externe Moderation hilfreich. Die notwendigen Klärungen brauchen in jedem Fall Zeit und sollten frühzeitig eingeleitet werden.