Die Haltung von Kälbern stellt in allen Betrieben eine große Herausforderung dar. Junge Tiere reagieren empfindlich auf Umwelteinflüsse und Krankheitserreger. Zugleich wird in dieser Phase der Grundstein für langlebige und leistungsstarke Rinder gelegt, sodass Störungen weitreichende Folgen haben. In der ökologischen Rinderhaltung sind neben den allgemeinen Tierschutzvorschriften auch die Vorgaben der Ökoverordnung und der Verbandsrichtlinien zu beachten. Im Folgenden sollen die Besonderheiten der ökologischen Kälberhaltung vorgestellt und praktische Umsetzungen im Hinblick auf das Tierwohl beleuchtet werden.
Die EU-Öko-Verordnung legt bestimmte allgemeine Eckpunkte für die Kälberhaltung fest. So dürfen Kälber nur in der ersten Lebenswoche einzeln gehalten werden. Im Anschluss ist eine Gruppenhaltung von mindestens zwei Kälbern Pflicht. Zudem müssen Kälber ab der zweiten Lebenswoche Zugang zur Weide oder einem Freigelände in Form eines Laufhofes oder Auslaufes erhalten. Diese dürfen höchstens zur Hälfte überdacht sein. Gleichzeitig sind aber auch die Vorgaben der allgemeinen Tierschutzvorschriften für die Kälberhaltung und die weiteren Vorgaben von Bau- und Wasserrecht zu beachten. Aus der Vielfalt der Anforderungen wird klar, dass es nicht die eine Optimallösung gibt. Für jeden Betrieb muss daher abgewogen werden, welche Vor- und Nachteile verschiedene Stalltypen mit sich bringen.
Iglus als einfache Lösung
Günstig in der Anschaffung und simpel in der Bewirtschaftung scheinen zunächst die klassischen Iglusysteme. Diese sind mittlerweile neben den Größen für Einzelkälber und kleine Gruppen auch für die Paarhaltung verfügbar. So können auch in kleinen Betrieben mit wenigen Kalbungen pro Woche ähnlich alte Kälber schon früh paarweise aufgestallt werden und müssen nicht zwingend bereits nach der ersten Woche gleich wieder einen Stallwechsel durchmachen. Problematisch ist jedoch, dass der Auslaufbereich des Iglus praktisch nicht überdacht werden kann, da er sonst nicht den Vorgaben eines Laufhofes entspricht. Somit müssen Iglus auf vielen Biobetrieben im Freien stehen, während die fachliche Empfehlung für die Kälberhaltung eine Überdachung vorsieht, um die Einstreu trocken zu halten.
Ein weiteres Manko der Iglusysteme mit himmeloffenen Ausläufen ist, dass Fütterung und Tränke üblicherweise nicht im Iglu, sondern an den vorderen Gitterbereichen montiert sind. Dort sind zwar alle Behälter leicht zugänglich, bei fehlender Überdachung sind so die Kälber aber bei Wind und Wetter gezwungen, den Außenbereich aufzusuchen, um ihre Grundbedürfnisse zu stillen. Hier müssen daher in der kalten Jahreszeit Decken zum Schutz der Kälber eingesetzt werden. Zudem heizen sich Auslauf und Iglus im Sommer stark auf, sodass Schattenspender wie Bäume oder Netze genutzt werden sollten.
Mobilstall oder Massivbau?
Deutlich konstantere Bedingungen versprechen Bauweisen mit wärmedämmenden Materialien. So sind Holz und Hohlkammerplatten aus Kunststoff bewährte Baustoffe für Kälberställe, da sie isolierend wirken und so das Stallklima vor allzu großen Schwankungen bewahren können. Beton und Stahl hingegen leiten Wärme aus dem Tierbereich ab und sollten daher nicht direkt im Kontakt- und Liegebereich der Kälber sein. Eine Investition in die Zukunft ist sicher der ortsfeste Kälberstall mit Gruppenhaltung auf Tiefstreu und ganzjährig nutzbarem Auslaufbereich, welcher auch teilüberdacht ausgeführt werden kann. Wurde hier ein arbeitswirtschaftlich optimiertes Entmistungskonzept eingeplant, ist ein solcher Stall schnell und einfach zu bewirtschaften und ein Mistintervall von zwei Wochen ganzjährig umsetzbar. Jedoch sollte sich die Gruppengröße immer an der Herdengröße orientieren, um die Altersunterschiede in der Gruppe nicht zu groß werden zu lassen. Bewährt hat sich hier, die „Schallgrenze“ von vier Wochen Altersdifferenz nicht zu überschreiten. Bei kleinen Betrieben und ganzjähriger Abkalbung können so sehr kleine Gruppen von weniger als fünf weiblichen Kälbern zustande kommen.
Hier stellt sich die Frage, ob dann nicht auch mit geringerem Investitionsbedarf ein Mobilstallsystem aus Holz oder Hohlkammerplatten ausreichend ist. Vorteil solcher in sich kompletten Systeme sind die geschlossenen Gruppen, die wenig bis keinen Kontakt zu den älteren und jüngeren Kleingruppen haben. Dies erschwert die Übertragung von Krankheiten und kann so zu einer stabilen Kälbergesundheit beitragen, wenn diese Systeme gut bewirtschaftet werden. Denn gerade das Einstreuen und Misten sind in diesen Systemen im belegten Zustand nicht so einfach wie im Massivstall mit Schwenkgittern. Zudem bieten nur wenige Mobilställe auch den Zugang zum verpflichtenden Auslaufbereich unter freiem Himmel. Werden solche Ausläufe aber neben dem Stall platziert, können die Kälber sich dort aufhalten, während der Mobilstall zum Misten bewegt wird.
Klarer Vorteil von kompletten Stalltypen mit zusätzlichen Ausläufen ist, dass die Kälber bei schlechtem Wetter nicht gezwungen sind, den Auslauf aufzusuchen, um Futter oder Wasser zu erhalten, wie es bei den Iglusystemen allgemein der Fall ist.
Planungsgrößen für den Stallbau
Grundsätzlich gelten die Anforderungen der deutschen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung für alle Kälberhaltungen. Darin sind für die erste und zweite Lebenswoche Mindestflächen von knapp 1 m² und 1,6 m² ab der dritten Woche vorgeschrieben. Für die ökologische Kälberhaltung bis 100 kg Lebendgewicht sind hingegen gemäß EU-Vorgaben immer mindestens 1,5 m² überdachter Platz und zusätzlich ab der zweiten Woche 1,1 m² im Auslauf vorzuhalten. Die weiteren gewichtsabhängigen Flächenvorgaben sind der Tabelle zu entnehmen. Wechseln Kälber in die Gruppenhaltung, werden also mindestens zwei Kälber zusammengehalten, so sind bei bis zu drei Kälbern bis zur achten Lebenswoche auf allen Betrieben mindestens 4,5 m² pro Gruppe nötig. Somit eignen sich nur sehr große Einzeliglus für die Paarhaltung und es sollte daher auf entsprechende Modelle für diesen Zweck zurückgegriffen werden. In der Gruppenhaltung sollte ein Flächenangebot von 3 m² pro Kalb im Stall nicht unterschritten werden, um gute Entwicklungsbedingungen zu bieten und keinen Platzmangel aufkommen zu lassen.
Tierwohl und Weidegang für Kälber
Grundsätzlich ist in der ökologischen Rinderhaltung der Weidegang für alle Tiere anzustreben. Klar ist aber auch, dass Kälber andere Ansprüche an die Haltungsbedingungen stellen als ältere Rinder (Abbildung). So kann es bei unseren Hausrindern und einer ganzjährigen Abkalbung zu riskanten Kombinationen aus empfindlichen Jungtieren und widrigen Wetterbedingungen (Kälte, Nässe, starker Wind) kommen. Besonders im Frühjahr und im Herbst kann der Weidegang für die Kühe noch zumutbar, das Wetter für Kälber aber bereits ungeeignet sein. Daher ist es möglich, die Haltungssysteme auf dem Betrieb zwischen den Altersgruppen zu unterscheiden und für Kälber bis sechs Monate keinen Weidegang einzuplanen. Jedoch muss dies bei der Betriebsbeschreibung auch so angegeben oder nachträglich angemeldet werden.
Der Auslauf in einem Freigelände stellt unter mitteleuropäischen Klimabedingungen eine sichere und ganzjährig nutzbare Möglichkeit dar, mit der Kälber frei ihren Wohlfühlbereich wählen können. Sollen Kälber hingegen auf der Weide gehalten werden, muss ihnen dort immer ein ausreichender Witterungsschutz zur Verfügung stehen, der zugleich mit dem Baurecht verträglich sein muss. Daher sind hier bestimmte Eckpunkte zu beachten.
Fazit
Die Kälberhaltung ist in allen Betrieben ein zentraler Bereich, in dem die Weichen für ein ganzes Leben gestellt werden. Investitionen in tiergerechte und gesunde Haltungsbedingungen zahlen sich hier immer aus. Die Vorgaben der EU-Ökoverordnungen machen zwar deutlich höhere Platzvorgaben als die allgemeinen Tierschutzvorschriften, doch die Umsetzung von Weidegang oder die Gestaltung der Ganzjahresausläufe wollen gut überlegt sein, um hier auch für junge Kälber tiergerechte Haltungsbedingungen an allen Tagen des Jahres sicherzustellen.