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Getreidemarkt: Neue Impulse nach der Ruhephase

Marktkommentar
Von Caroline Hertell, LK-Markt
Foto: Imago

Seit Wochen geht es am Getreidemarkt nicht vor und nicht zurück. Im Handel fehlt es an Nachfrage, weder aus dem Inland noch aus dem Ausland kommen viele Aufträge. Aufseiten der Erzeuger hat man seit Oktober die purzelnden Preise beobachtet und bedauert, nicht mehr Getreide verkauft zu haben. Viele Landwirte fragen sich, ob sie den Preisverfall besser hätten voraussehen können. Das kann man nie wirklich, so viel ist klar. Man hätte nur feststellen können, dass gewisse Preishöhen unvergleichlich gewesen sind und entsprechend mehr Realismus bei der Vermarktung nicht geschadet hätte. Seit Wochen zeigen inländische Abnehmer kaum Bedarf an Getreide und Raps. Man hat aus den Corona-Jahren gelernt, lieber mehr Vorrat auf Halde zu legen. Mit der Aussicht auf weiter nachgebende Einkaufspreise haben sie deshalb einen langen Atem. Zudem sehen sich Futtermittelhersteller mit sinkenden Nutztierbeständen und infolgedessen einer sinkenden Nachfrage konfrontiert. Sie haben tendenziell mehr Ware im Lager als nötig und berichten auch nicht mehr von Lieferengpässen bei Komponenten, lediglich Rapsschrot bleibt auf wundersame Weise knapp und teuer. Dabei ist der Rapsmarkt gut mit heimischer und importierter Saat versorgt und hat deswegen über neun Monate ordentlich an Preishöhe verloren. Wirft man zurzeit einen Blick auf die Börse, kann man eine Kehrtwende sehen. In den letzten zwei Wochen drehte sich die Tendenz der Terminkurse für Weizen ins Positive. In dieser Woche nimmt der Kurs an der Matif noch mehr Fahrt auf, von 35 €/dt ist nicht mehr die Rede, aber 30 €/dt sind schon fast wieder drin.

Russische Kritik heizt Kurse an

Was steckt hinter dem Kursanstieg an der Börse? In den vergangenen Wochen hatten sich die Faktoren zwischen wechselhaften Wettermeldungen und Wechselkursen bewegt. Einfluss auf die Börse in Chicago nahm die Witterung in US-Anbaugebieten für Wintergetreide, vor allem Weizen reagierte darauf. Einfluss auf Chicago sowie Paris nahm die Witterung in den südamerikanischen Ländern, wo Mais und Soja teilweise erst seit Kurzem wachsen und teilweise schon geerntet werden. Dabei geht es vor allem um die außergewöhnliche Dürre in Argentinien. Am internationalen Getreidemarkt wird dieser Tage genügend Ware angeboten, besonders Weizen. Die europäischen Getreideexporte haben je nach Euro-Kurs eher das Nachsehen. Im Gesamtgefüge herrschte zuletzt auch ein Mangel an Impulsen, um die schwache Preisentwicklung umzukehren – diese Lücke füllt nun mal wieder Russland. Zum einen eskaliert die Situation im Ukraine-Krieg zunehmend, das Land berichtet von einer beginnenden russischen Offensive. Am vergangenen Freitag hatte Russland Kraftwerke im ganzen Land gezielt angegriffen. Zum anderen äußerten am selben Tag mehrere russische Beamte öffentlich Kritik am Getreideabkommen, das ukrainische Exporte ermöglicht. Die Situation erinnert an die Diskussionen um die letzte Verlängerung, die im November nur unter schwierigen Bedingungen erzielt worden war. Der Zeitraum von 120 Tagen läuft im März ab und fristgerecht melden sich besagte russische Beamte zu Wort, um Feuer in die Situation zu bringen. Man sei nach wie vor unzufrieden mit der Umsetzung des Abkommens, und zwar insbesondere mit dem Verhalten Europas. Fraglich ist, wie stark sich die Diskussion dieses Mal auf die Marktlage auswirken kann.

Marktangebot

Wie eingangs beschrieben, haben hierzulande viele Landwirte noch Ware zu liegen, die sie nicht zu den schwächeren Kursen verkaufen wollten. Selten ist das jedoch Weizen mit hohem Proteingehalt, wie er im Export gefordert wird. Auf europäischer Ebene ist gegenüber dem Vorjahr mehr exportiert worden, dennoch haben in den letzten Wochen vor allem russische Angebote am Markt dominiert und die EU-Ausfuhren eingegrenzt. Aus Polen und Rumänien wurde zuletzt auch von einem Überfluss an Getreide durch ukrainische Ausfuhren berichtet. Von einer Knappheit am Markt kann nicht die Rede sein, das sollte die Kursanstiege deckeln.

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