Deutschland soll spätestens 2045 treibhausgasneutral sein. Dieses Ziel hat die Bundesregierung im Klimaschutzgesetz verankert. Vor diesem Hintergrund bestehen auch für die Landwirtschaft deutliche Anpassungsnotwendigkeiten. Betrachtet man die unterschiedlichen Emissionsquellen, so sind für diesen Sektor besonders die Viehhaltung und da vor allem die Rindviehhaltung in Form von Methan sowie die Düngerproduktion und -anwendung für die Hauptexposition an Treibhausgasen (THG) verantwortlich.
In der Öffentlichkeit werden folgende Strategien zur Reduktion von Treibhausgasen diskutiert und verfolgt:
a) Ökologisierung der Landnutzungssysteme verbunden mit einer deutlichen Reduzierung von Pflanzenschutz und Düngung
b) CO2-Speicherung im Boden durch Humusanreicherung
c) CO2-Speicherung durch Vernässung von Moorböden
d) Reduzierung der Nutzviehzahlen
Extensivierung
Bei der Frage, ob extensive Wirtschaftsweisen in der Landwirtschaft zielführend zur Vermeidung von THG-Emissionen sind, ist eine ganzheitliche Betrachtung in Form betrieblicher THG-Bilanzen der jeweiligen Betriebsform (konventioneller oder ökologischer Landbau) erforderlich. Bei dieser Vorgehensweise wird bei Annahme konstanter Humusgehalte im Boden neben den Emissionen von Inputfaktoren bei deren Herstellung und Verbrauch wie Saatgut, Dünger, Pflanzenschutzmittel, Treibstoffe, Futtermittel, Tiere und Technik auch die CO2-Fixierung der Ernteprodukte durch Photosynthese in Form einer Hof-Tor-Bilanz berücksichtigt.
Unter Leitung von Prof. Gerhard Breitschuh, ehemaliger Präsident der Thüringischen Landesanstalt für Landwirtschaft, wurden 923 Betriebe unterschiedlicher Betriebsformen in Deutschland hinsichtlich ihrer THG-Bilanzen untersucht. Im Ergebnis ergab sich bei diesen Betrieben im Durchschnitt ein positiver THG-Saldo je Hektar. Gemäß den Kriterien für eine Umweltgerechte Landwirtschaft (KUL) fixiert die deutsche Landwirtschaft mehr CO2 als sie freisetzt: Einer Fixierung von 6,9 t CO2/ha steht eine Emission von 5,1 t CO2/ha gegenüber. Im Saldo ergibt sich ein positiver THG-Saldo von 1,8 t/ha. Der höchste positive Saldo wird dabei mit Agroforstsystemen (Pappel-Kurzumtriebsplantagen) in Höhe von 16,4 t CO2/ha erreicht, allerdings ohne Nahrungsmittel zu produzieren.
Aufgrund der höheren Erträge hat der konventionelle Ackerbau gegenüber dem ökologischen Landbau (jeweils ohne Vieh betrachtet) ein Vorteil von 7,5 t CO2/ha. Je Tonne Weizen werden bei konventioneller Produktionsweise vor allem durch die Produktion und den Verbrauch von Stickstoffdüngern 280 kg CO2äq emittiert. Je Tonne und je Hektar ist dieser Wert im ökologischen Landbau ohne Mineraldünger geringer. Zahlreiche internationale Studien belegen jedoch, dass negative Klimaeffekte im ökologischen Landbau durch einen höheren Flächenbedarf bei weiterer Extensivierung entstehen. Wenn die gleiche Menge an Nahrungsmitteln produziert werden muss, wird aufgrund der geringeren Erträge erheblich mehr Fläche benötigt. Auf diese Weise geht durch die Abholzung der Wälder in den Tropen wertvoller CO2-Speicher verloren. Um also langfristig hohe THG-Salden zu erzeugen, muss es das Ziel sein, möglichst hohe Erträge je Hektar umweltgerecht zu produzieren.
Viele Bereiche um die Applikation und die notwendigen Aufwandmengen von Wirtschafts- und Mineraldüngern haben sich in den vergangenen zehn Jahren bereits erheblich verbessert. Gleichwohl sind Forschung und Beratung gefordert, neue Erkenntnisse zu entwickeln und diese möglichst schnell in die sehr heterogene Betriebsstruktur der deutschen Landwirtschaft zu implementieren.
Humusanreicherung
Humus dient im Boden als Speichermedium für CO2. Daher ist der Aufbau und Erhalt eines – von regionalem Klima und Bodenart abhängigen – standortspezifischen Humusgehalts von großer Bedeutung und wesentlicher Teil der aktuellen Debatte. Eine dauerhafte Anhebung des Humusgehalts im Boden um 0,2 % würde zu einer einmaligen zusätzlichen Speicherung von 10,4 t CO2/ha führen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass Landwirte ein Interesse an hoher Bodenfruchtbarkeit und damit einen tendenziell hohen Humusgehalt haben. Humus sorgt für eine bessere Speicherung von Nährstoffen, Wasser, Sauerstoff und verbessert die Bodenstruktur (Reduktion von Verschlämmungen und Druckempfindlichkeit, Verbesserung der Regeninfiltration). Daher verwundert es nicht, dass die landwirtschaftlich genutzten Böden in Deutschland grundsätzlich befriedigende Humusgehalte aufweisen. Die Bemühungen, den Humusgehalt über den eigentlichen, standortspezifischen Humusgehalt weiter steigern zu wollen (zum Beispiel mit hohen Anbauanteilen an Zwischenfrüchten und/oder organischer Düngung oder/und reduzierte Bodenbearbeitung beziehungsweise Direktsaat) stellt sich als problematisch heraus: Zum einen stellt sich ein Fließgleichgewicht zwischen Abbau- und Aufbau von Nährhumus ein, wenn der standortspezifische Humusgehalt erreicht ist und zum zweiten sind zum Aufbau von Humus bei einem C/N Verhältnis von 10/1 je 0,1 % Humus 140 kg N/ha notwendig. Damit sind Zielkonflikte mit anderen Problemfeldern wie phytosanitäre Probleme, notwendiger Glyphosateinsatz oder Düngerestriktionen bei der N-Düngung vorprogrammiert. So führen beispielsweise Direktsaatverfahren ohne Bodenbearbeitung im Vergleich zur konventionellen Bodenbearbeitung zu einer Erhöhung des Humusgehalt im oberen Teil der Krume, aber zu einer Reduzierung im unteren Teil.
Zusammenfassend bedarf das Thema „optimaler Humusgehalt“ einer sehr differenzierten Betrachtung, darf nicht monokausal eingeordnet werden und ist grundsätzlich Teil einer nachhaltigen und damit zukunftsfähigen Landwirtschaft insgesamt.
Vernässung von Mooren
Wenn man bedenkt, dass 95 % der natürlichen Moorflächen in Deutschland entwässert sind, 7,5 % der Treibhausgase in Deutschland aus drainierten Moorflächen stammen und ein Drittel des weltweiten Bodenkohlenstoffs in Moorböden gespeichert ist, wird deutlich, welches Potenzial zur Speicherung beziehungsweise geringeren Freisetzung von CO2 und anderen Treibhausgasen aus Moorflächen steckt. Obwohl die THG-Emissionen in Deutschland seit 1990 insgesamt rückläufig sind, bleibt der durch Moorflächen emittierte Teil gleich und steigt daher in Relation. Der größte Anteil an Moorflächen liegt dabei unter Grünland.
Die Moorvernässung wäre eine sehr effektive Klimaschutzmaßnahme, so könnten rechnerisch je Hektar bis zu 30 t CO2äq/Jahr gespeichert werden. Im Fall einer Wiedervernässung eines 68 ha großen Gebiets in der Eider-Treene-Sorge-Niederung in Schleswig-Holstein wurde durch den TÜV Rheinland ein Einsparungsvolumen von 11,6 t CO2äq/ha und Jahr über 50 Jahre errechnet und dokumentiert. Dieses entspricht in etwa dem CO2-Verbrauch einer Person in Deutschland pro Jahr.
Die Kosten für die Wiedervernässung lagen bei 10.000 €/ha für Entrohrung, Baggerarbeiten und Gutachten beziehungsweise Genehmigungen. Hinzuzurechnen wären die Entschädigungen für die Eigentümer (Verkehrswert oder kapitalisierter Nutzenentgang) sowie jährliche Monitoringkosten im Planungszeitraum (Wasserstand, Vegetation, Zielüberwachung). Bei Gesamtkosten von 30.000 €/ha betragen die CO2-Vermeidungkosten zirka 52 €/t CO2äq (30.000 €/581 t). Im Gegensatz dazu liegen CO2-Vermeidungskosten einer Düngerreduktion auf guten Ackerbaustandorten wie in Ostholstein bei 250 bis 300 €/t CO2 bei Fruchtfolgen aus Raps/Weizen/Gerste. Allerdings sind neben CO2 bei diesem Vergleich auch andere Umwelteinflüsse wie Gewässerschutz regional von Relevanz.
Als problematisch stellt sich eine sinnvolle Nutzung des Aufwuchses auf den vernässten Flächen dar. Derzeit existieren zahlreiche Forschungsvorhaben, um den Aufwuchs rentabel nutzen zu können (zum Beispiel Paludikulturen oder Altgras zur energetischen Verwertung). Da die Nutzungskosten der Fläche durch die Vernässung deutlich zurückgehen, würde sich die Wirtschaftlichkeit bei einer Kombination mit Freiflächenphotovoltaik deutlich erhöhen und damit die CO2-Vermeidungskosten senken. Allerdings erhöhen die Gründungskosten der Pfahlbauten, mögliche Korrosion durch wechselnde Wasserstände und mangelnde Zugänglichkeit auf wiedervernässtem Moor die Baukosten. Zudem kann bei der Gründung der Pfahlkonstruktion ein Durchstoßen von wasserführenden Schichten im Moor alle Bemühungen zu Nichte machen.
Von Vorteil ist darüber hinaus, dass wiedervernässte Moore als Wasserreservoir bei zunehmenden Trockenheiten und als Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten dienen. Die Moorvernässung bietet demnach ein sinnvolles Modell zur CO2-Speicherung, wenn es
überregional geplant wird,
die Interessen der Eigentümer berücksichtigt,
Kombinationsmöglichkeiten mit Solar zulässt und
eine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit für den Aufwuchs gibt.
Damit kann Moorvernässung durchaus Motor für eine Reduktion der Viehdichte und Veränderung der Betriebsstruktur und Betriebsform in nitratsensiblen Regionen werden.
Abstockung Tierbestände
In der öffentlichen Debatte stehen besonders Wiederkäuer im Fokus, weil sie in ihren vier Mägen Methan (CH4) erzeugen und freisetzen, dass für 6 % der weltweiten THG-Emissionen verantwortlich ist. Dieses entspricht im Vergleich der dreifachen Menge aller weltweiten THG-Emissionen durch Flugzeuge. Für die Erzeugung von 100 g Protein aus Rindfleisch wird dabei die achtfache Menge an CH4 im Vergleich zu Schweinefleisch ausgestoßen. Die unmittelbare Wirkung von CH4 auf die Erderwärmung übersteigt die des CO2 um das Zehn- bis Zwanzigfache. Da sich aber Methan bereits nach 10 bis 20 Jahren in der Atmosphäre zu CO2 abgebaut, CO2 aber bis zu 100 Jahre in der Atmosphäre hält, führt eine Reduktion der Methanemission zwar zur Abkühlung der Erde, aber nur kurzfristig.
Dieses ist die eine Seite der Betrachtung. Die andere Seite ist, dass Wiederkäuer physiologisch in einzigartiger Weise in der Lage sind, Gras zu Proteinen zu verwerten. In Deutschland werden 28 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LF) als Grünland genutzt (zirka 5 Mio. ha), weltweit sind es 67 % der LF. Eine Reduzierung der Rinderhaltung wirft damit gleichzeitig die Frage auf, wie Grünland alternativ zu nutzen wäre. Eine Umnutzung zu Ackerland hätte klimatisch weitaus größeren Folgen, weil sich wesentliche Teile des im Grünland gespeicherten Kohlenstoffs (64 %) im Wurzelwerk und in der organischen Substanz der Bodenkrume befinden und bei Umbruch zu Ackerland freigesetzt werden. Es fehlt demnach an ökonomisch sinnvollen Alternativen für die Nutzung des Grünlandauswuchses, die der einer Verwertung zu Milch und Fleisch nahekommt. Das gilt insbesondere für die prosperierenden Schwellenländer, bei denen aufgrund der veränderten, dem Wohlstand folgenden Ernährungsgewohnheiten, der Fleischkonsum ansteigt. Die Lösung der CO2-Problematik unter Einbeziehung aller Vor- und Nachteile lautet:
Herdengröße an den Umfang des Grünlandes anpassen
Hohe Milch- und Fleischleistung pro Tier bei gleichzeitig
hoher Grundfutterleistung gepaart mit möglichst geringem Kraftfuttereinsatz
In Deutschland ist ein Rückgang der Viehzahlen bereits zu erkennen und wird sich sukzessive fortsetzen. Die Reduktion des individuellen Fleischkonsums in der Bevölkerung bei gleichzeitig mangelnder Finanzierbarkeit steigender gesellschaftlicher Anforderungen an die Tierhaltung durch höhere Zahlbereitschaft beim Kunden oder/und staatliche Subvention bei Umbauinvestitionen zeigen ihre Wirkung. Ob diese Entwicklung in Wohlstandsgesellschaften der westlichen Welt ausreicht, dem gegenläufigen Trend in Schwellen- und Entwicklungsländern entgegenzuwirken, scheint höchst fraglich.
Fazit
Zur notwendigen Reduktion von THG-Emissionen im Sektor Landwirtschaft liegt in der Vernässung von Moorböden ein hohes Potenzial bei gleichzeitig überbrückbaren Divergenzen der beteiligten Interessengruppen. Die Themen Ökologisierung der Bewirtschaftung fruchtbarer Ackerböden und die Humussequestrierung sind hinsichtlich Speicherung/Freisetzung von THG hingegen weniger erfolgsversprechend. Dies gilt weltweit betrachtet auch für die Viehhaltung – insbesondere die Rinderhaltung. Durch die sukzessive Reduktion der Viehbestände zeichnet sich in Deutschland ein anderer, für das Klima vorteilhafterer Weg ab. Die Folge dieser Entwicklung in Deutschland ist zwangsweise, dass durch steigende Nahrungsmittelimporte die im Inland eingesparten THG-Emissionen in Drittländer verlagert werden.