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Brüssel hält am Schutzstatus der Nonnengans fest

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Die EU-Kommission sieht derzeit keinen Anlass, den ­Schutzstatus der Nonnengans zu verändern. In ihrem Antwortschreiben hat die Brüsseler Behörde einem Ersuchen der Landesregierung ­Schleswig-Holsteins eine ­Absage erteilt, die Nonnengans in Anhang II der Vogelschutzrichtlinie aufzunehmen.

Es ist keine Lösung von EU-Seite in Sicht, das Gänsemangement zu unterstützen. Der Schutzstatus der Nonnengans bleibt unverändert. Man sieht in Brüssel zurzeit keinen Anlass, eine Änderung des Anhangs II der Vogelschutzrichtlinie vorzuschlagen, das hat die EU-Kommission in ihrem Antwortschreiben an die Landesregierung vom 7. Oktober erklärt. Am 30. August hatte die Landesregierung bei der EU die Aufnahme der Nonnengans (Branta leucopsis) in den Anhang II der jagdbaren Arten der europäischen Vogelschutzlinie beantragt. In ihrem Antwortbrief erläutert die Kommission nun die Entscheidung mit dem Hinweis, dass die Vogelschutzrichtlinie ihrer Ansicht nach bereits ausreichende Möglichkeiten biete, Genehmigungen zur Kontrolle von Populationen zu erteilen, um Landwirtinnen und Landwirte vor Schäden auf ihren Flächen zu schützen.

Kein Handlungsspielraum aufseiten der EU

Durch das Schreiben aus Brüssel habe die Landesregierung nun Klarheit darüber, dass auf europäischer Ebene kein weiterer Handlungsspielraum für Veränderungen beim jagdlichen Management der Nonnengansbestände bestehe, berichten des Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur (MEKUN) und das Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz (MLLEV) in einer gemeinsamen Presseerklärung.

Bereits heute unternehme das Land erhebliche Anstrengungen zur Eindämmung von durch Gänse erzeugten Fraßschäden, heißt es in der Presseerklärung. Dazu zähle unter anderem die Bereitstellung von mehr als 10.000 ha geeigneter Duldungsflächen für Gänse entlang der Westküste. Dabei handle es sich sowohl um landeseigene Flächen als auch Flächen der Stiftung Naturschutz. Zudem werden 13.000 ha Fläche im Land erwähnt, auf denen die Gänseduldung durch Vertragsnaturschutzangebote honoriert werde, sowie die lokale Bereitstellung von Futterflächen für vom Gänsefraß besonders betroffene Tierhalter. Auch werde die Möglichkeit der Umsetzung der europäischen Vogelschutzrichtlinie genutzt, wonach Abschüsse von Nonnengänsen zum Schutz von gefährdeten Kulturen zugelassen sind.

Die bestehenden Maßnahmen würden von der Landesregierung in Zukunft noch um weitere Handlungsschritte ergänzt, heißt es in der gemeinsamen Mitteilung. Dazu zähle ein Angebot weiterer Vertragsnaturschutzangebote für Grünland- und Ackerbewirtschaftende in der kommenden Agrarförderperiode, um zusätzliche Duldungsflächen für Nonnengänse vorzuhalten. Geplant sind die Einleitung eines EU-Notifizierungsverfahrens einer neuen Richtlinie für Ausgleichszahlungen für Nonnengans-Fraßschäden an Sommerkulturen auf Ackerflächen sowie die zukünftige Bereitstellung weiterer Nahrungsflächen für Gänse zur Senkung des Fraßdrucks auf gefährdete Kulturen.

„Die Kommission hat deutlich gemacht, dass eine Ausweitung der Jagdmöglichkeiten auf die Nonnengans über die europäische Vogelschutzrichtlinie keine Option ist. Nun gilt es, andere Pfade zu beschreiten. Das Land tut bereits einiges, um von Fraßschäden betroffene Landwirtinnen und Landwirte zu entlasten und den Gänsen alternative Nahrungsflächen zur Verfügung zu stellen. Diesen Weg werden wir weitergehen und unsere Unterstützung noch ausweiten“, kommentierte Umweltstaatssekretärin Katja Günther (Grüne) die Brüsseler Entweidung.

Frustrierende Antwort für die Landwirtschaft

Die Ablehnung stoße auf Unzufriedenheit in der Landwirtschaft, machte Staatssekretärin Anne Benett-Sturies deutlich. „Aus Sicht der Landwirtschaft ist die Rückmeldung der EU-Kommission nicht zufriedenstellend und für unsere Landwirtinnen und Landwirte an der Westküste mehr als frustrierend. Das Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz wird daher das Antwortschreiben der EU prüfen und auf mögliche Handlungsoptionen bewerten.“

BVSH fordert Entschädigung für alle Flächen und Kulturen

Die Unzufriedenheit der Landwirtschaft hat Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), deutlich artikuliert: „Diese Entscheidung der Kommission ist mehr als betrüblich. Deshalb ist es umso wichtiger, die Maßnahmen zur Bestandsreduzierung mit aller Konsequenz und ohne Verzögerung zu ergreifen, die – wie die Kommission bestätigt – jetzt bereits möglich sind.“ Entschädigungen müssten für alle betroffenen landwirtschaftlichen Flächen und Kulturen gezahlt werden. Eine Begrenzung auf Sommerungen, die das Ministerium offenbar plant, lehnt Lucht ab. Alle landeseigenen Flächen müssten zur Kompensation und als ausgewiesene Äsungsflächen zur Verfügung gestellt werden. Maßnahmen, um die Population zu kontrollieren, seien nun vorrangig. Die bisherigen Vergrämungsmaßnahmen hätten keine ausreichende Wirkung gezeigt.

Weltberühmt und doch geheim

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Bilder sagen mehr als Worte. Auf den englischen Street-Art- und Graffiti-Künstler Banksy trifft das besonders zu. Seine Identität hält er verborgen. Bis heute weiß niemand, wer er ist oder wie er heißt, und doch kennt ihn jeder. Denn er spricht zu uns durch seine Werke. Seine Botschaften sind deutlich, wenn auch mitunter grotesk, provozierend, subtil, witzig, ironisch, aber auch poetisch und immer politisch und gesellschaftlich aktuell. In Hamburg sind noch bis zum 11. Dezember seine Werke als originalgetreue Reproduktionen in einer aufwendig gebauten Ausstellung zu sehen.

Dafür wurden mehr als 150 seiner Werke, darunter Graffitis, Fotografien, Skulpturen, Videoinstallationen und Drucke auf verschiedenen Materialien wie Leinwand, Stoff, Aluminium, Forex und Plexiglas eigens für diese Sonderschau reproduziert und zusammengetragen. „Wir wollen Kunst zum Erlebnis machen, für jedermann sichtbar und an einem Ort zusammengebracht“, erklärt Produzent und Ausstellungsmacher Oliver Forster von Cofo Entertainment in einer Pressemitteilung. Banksy sei für seine Graffitis bekannt, die er auf der ganzen Welt verteilt hat. „Daneben hat er ziemlich früh angefangen, immer wieder original signierte Kunstwerke und Drucke in limitierter Auflage zu verkaufen, von denen sich die meisten im Privatbesitz befinden und somit für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind“, so Forster weiter. Deshalb habe man versucht, mit „The Mystery of Banksy – A Genius Mind“ die besten und eindrucksvollsten Motive an nur einem Ort erlebbar zu machen.

„Banksy spricht mit seinen Schöpfungen signifikante Wahrheiten und Probleme in unserer Welt an, vor denen wir nur allzu gerne die Augen verschließen“, erklärt die Kuratorin und Kreativdirektorin der Ausstellung, Virginia Jean. Banksys Bilder thematisieren das allgemeine Weltgeschehen. Flüchtlingsdramen, Kriege, Waffengewalt, Armut, Klimawandel, Medien, Gesellschaft – all das findet sich in seinen Werken wieder. Dabei hält er uns mit seiner oft genial einfachen Bildsprache den Spiegel vor.

Das „Phantom der Kunstwelt“ oder auch der „König der Straßenkunst“, wie er genannt wird, hat mit seinen Bildern längst Kunstgeschichte geschrieben, seine Werke erobern nicht nur die Straßen, sondern auch die Auktionshäuser. Banksy gilt derzeit als der teuerste Künstler der Gegenwart. Seine verkäuflichen Werke erzielen Millionenumsätze. Und das, obwohl der Untergrundkämpfer Kommerz ablehnt. Deutlich machte Banksy das unter anderem, als er bei der Versteigerung eines seiner gerahmten Drucke mit dem Motiv „Girl with balloon“ kurz nach dessen Verkauf für rund 1,7 Mio. € einen Schreddermechanismus im Rahmen auslöste. So spektakulär Auktionen wie diese sein mögen, in erster Linie sollen seine Botschaften jeden erreichen. Der Künstler selbst spendet seine Verkaufserlöse. Informationen zur Ausstellung und Ticketbuchung unter mystery-banksy.com



Banksy Ausstellung in Hamburg
Fotos: Iris Jaeger
Foto: Dominik Gruss/Cofo Entertainment


Marktkommentar, Marktlage und Markttendenz KW 42

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Die Kurse für Erdgas sind am europäischen Spotmarkt zuletzt deutlich gefallen. Der TTF-Gaspreis ist Ende voriger Woche auf 142 €/ MWh gefallen. Der Spitzenwert lag noch im August bei 350 €/ MWh. Vor dem Kriegsbeginn in der Ukraine lag der Kurs bei etwa 70 €/ MWh. Trotz des aktuellen Rückgangs liegt der aktuelle Kurs am Gasmarkt somit noch dreimal so hoch wie im Vorjahr. Der aktuelle Terminmarktkurs nähert sich somit dem Niveau, bei dem die Gaspreise zukünftig gedeckelt werden sollen, nämlich 12 ct/kWh. Als Gründe für den Preisrückgang werden der hohe Speicherstand, das milde Wetter und Einsparungen der Verbraucher angeführt. Aber auch die Gaspreisbremse der Bundesregierung und ein geplanter dynamischer Gaspreisdeckel der EU könnten sich preisdämpfend auswirken.

EU-Gaspreisdeckel

Vor allem die Pläne aus Brüssel werden aktuell lebhaft diskutiert. Die EU-Kommission hat einen Entwurf vorgelegt, mit dem man zu hohe Ausschläge am TTF-Energiemarkt verhindern möchte. Ziel soll sein, extreme Ausschläge der Gaspreise sowie Spekulationsgeschäfte zu vermeiden. Damit soll verhindert werden, dass Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Gasversorgung bekommen. Die EU-Kommission plant außerdem die Einführung von Instrumenten, welche die Bereitschaft fördern sollen, Gaslieferungen über den Terminmarkt abzusichern. Dies zeigt die wichtige Aufgabe dieser Instrumente. Denn gerade die Lieferanten, die ihre Lieferverpflichtungen am Terminmarkt vor der Krise abgesichert hatten, konnten ihre Lieferverpflichtungen zum vereinbarten Preis einhalten. Andere Anbieter, die aus Kostengründen darauf verzichtet haben, stecken jetzt in der Krise. Diese konnten lange sehr günstige Preise anbieten, da man die Ware am Spotmarkt zu den damals günstigen Kursen eingekauft und auf eine teure Absicherung verzichtet hat. Nun haben sie sich „verzockt“, da sie jetzt Lieferverpflichtungen erfüllen müssen und sich die Kurse am Spotmarkt vervielfacht haben. Unter ihnen sind sehr große Erdgas-Importeure und viele kommunale Versorger. Viele Verbraucher sind verärgert darüber, dass jetzt die Allgemeinheit dafür einspringen muss, diese Unternehmen zu retten. Um ein Gegengewicht zu den alternativen Gaslieferanten zu bieten, plant die EU zudem eine gemeinsame Einkaufsplattform. Diese soll auch das Auffüllen der Gasspeicher koordinieren. Dennoch bleibt der Preisspielraum nach unten begrenzt. Die Preise sind nicht nur durch Spekulationen gestiegen, sondern durch das begrenzte Angebot. Die beiden Nord­stream-Leitungen sind durch Sabotage zerstört worden. Damit entfällt der direkte Weg für günstiges Gas. Der europäische Markt ist auf lange Sicht knapp versorgt. Die Preise für LNG-Gas aus den USA, Norwegen oder Katar sind sehr hoch. In Deutschland sind die LNG-Terminals erst im Bau. Damit bleibt die Lage angespannt, eine Verschärfung ist nicht ausgeschlossen. Trotz der geplanten Maßnahmen muss auch weiterhin mit hohen Erdgaspreisen für den Endkunden gerechnet werden. Der sicherste Weg, Geld zu sparen, bleibt somit, den Gasverbrauch so weit wie möglich zu beschränken.

Warten auf die Strompreisbremse

Die Stromnotierungen sind am Terminmarkt zuletzt ebenfalls gesunken, auch als Folge der reduzierten Erdgasnotierungen und der Verlängerung der Laufzeiten einiger Kernkraftwerke. Doch eine Entwarnung ist nicht in Sicht. Strom wird knapp bleiben. Als zweiter Teil des von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigten „Doppelwumms“ sollen auch die Strompreise für die Verbraucher gedeckelt werden. Konkrete Inhalte der Strompreisbremse liegen jedoch noch nicht vor. Es wird erwartet, dass Privathaushalte sowie kleine und mittelständische Unternehmen eine Basisversorgung zu gedeckelten Preisen nutzen sollen. Wie hoch dieser Basisverbrauch ausfallen soll, wurde aber noch nicht gesagt. Für größere Unternehmen solle ein „spezifischer Basisverbrauch verbilligt“ werden, heißt es in einem Papier der Bundesregierung. Wenn diese Grundlast überschritten worden ist, soll der (derzeit hohe) Marktpreis greifen. Damit will man Anreize zur Einsparung setzen. Zur Finanzierung der Strompreisbremse sollen auch Zufallsgewinne von Stromproduzenten abgeschöpft werden, die derzeit wegen des beträchtlichen Strompreises hohe Zusatzgewinne einfahren.

Marktlage für die Woche vom 17. bis 23.10.2022

Getreide: Nach dem vorangegangenen Preisanstieg sind die Matif-Weizenkurse in der letzten Woche wieder gefallen.

Raps: Auch die Matif-Rapskurse haben im Wochenverlauf nachgegeben. Der schwache Sojamarkt zeigt hier Wirkung.

Futtermittel: Die US-Sojaernte kommt gut voran und übertrifft die Erwartungen. Hierzulande bleibt Sojaschrot vorerst noch teuer.

Kartoffeln: Die Ernte der Speiseware konnte größtenteils beendet werden. Die Einlagerung verringert das aktuelle Angebot.

Schlachtrinder: Die Kurse für Schlachtkühe gaben in der Vorwoche nochmals nach. Die Jungbullenkurse blieben stabil.

Schlachtschweine/-sauen: Bislang konnte sich der Basispreis behaupten, obwohl die Schlachter den Druck erhöht haben.

Ferkel: Entsprechend der Entwicklung am Schweinemarkt blieben die Ferkelkurse unverändert. Die Nachfrage reicht bislang aus.

Milch: Die sehr hohen Milchpreise haben die Produktion wenig steigen lassen. Weiterhin kann die Nachfrage kaum bedient werden.

Schlachtlämmer/-schafe: Die Schlachtlämmerkurse sind nochmals reduziert worden. Günstige Importe aus England erhöhen den Preisdruck.

Markttendenz für die Woche vom 24. bis 30.10.2022

Getreide: Derzeit hängt viel davon ab, ob Russland den Weizen-Transportkorridor durch das Schwarze Meer weiter offen hält.

Raps: Die reduzierten Rohölkurse belasten den Rapshandel. Die kanadische Rapsernte steht vor dem Abschluss.

Futtermittel: Rapsschrot ist zuletzt deutlich im Preis gestiegen. Durch den schwachen Euro sind Importe sehr teuer.

Kartoffeln: Die Nachfrage im LEH hat sich leicht belebt. Die Forderungen für erste ausgelagerte Ware wurden erhöht.

Schlachtrinder: In der laufenden Woche werden für Jungbullen vereinzelt Aufschläge gezahlt. Das Angebot reicht nicht immer aus.

Schlachtschweine/-sauen: Die Schlachter bekräftigen ihre Forderungen durch Hauspreise und reduzierte Schlachtungen.

Ferkel: Die Nachfrage bleibt verhalten. Das Angebot an freien Ferkeln steigt wieder an, die Nachfrage tendiert schwächer.

Milch: Der Preisanstieg hat sich für viele Produkte nicht weiter fortgesetzt. Die Kurse für Spot-Milch tendieren wieder schwächer.

Schlachtlämmer/-schafe: Weitere Preisabschläge sind möglich. Die Schlachter reduzieren die Stückzahlen.

Mut zum Diskurs

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Zwei starke Preise gehen an zwei starke jungen Frauen, die 2020/2021 in der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) die Jugendverbände vertreten haben. Mit Courage und Offenheit waren Kathrin Muus und Myriam Rapior dort vorangegangen. Damit hatten sie die Übereinkunft zwischen Umweltschutz, Gesellschaft und Landwirtschaft erst möglich und den gemeinsamen Weg in die Zukunft frei gemacht. Jetzt ehrte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) beide mit der Professor-Niklas-Medaille, Ende Oktober erhalten sie zudem den Ehrenpreis des Deutschen Umweltpreises 2022. pm, bdl

Resilienztest für die Agrarpolitik

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Der Chef des Welternährungsprogramms (WFP), David Beasley, sprach am Mittwoch vor dem Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages. Er warnte vor einer globalen Nahrungsmittelkrise im kommenden Jahr und in deren Folge vor einer Massenmigration. Schon die Klimakrise und die Corona-Pandemie hätten Millionen Menschen zusätzlich in den Hunger getrieben, berichtete er im Ausschuss.

Nun hat der russische Angriff auf die Ukraine die Lage dramatisch verschärft. Bei seinem Amtsantritt im April 2017 seien 80 Millionen Menschen akut vom Hungertod bedroht gewesen, jetzt seien es 345 Millionen, erläuterte der WFP-Chef. Jahrelange Erfolge bei der Hungerbekämpfung seien zunichte gemacht worden. Betroffen sind vor allem Länder in Subsahara-Afrika und im Nahen sowie Mittleren Osten, die stark von Getreide- und Düngemitteln aus Russland und der Ukraine abhängig sind. Der Krieg verhindert den Export von Getreide, Düngemitteln und Treibstoffen und verteuert Rohstoffe und Nahrungsmittel stark. Beas­ley führte weiter aus, 50 % der Nahrungsmittel könnten nur dank Düngemitteln erzeugt werden. 

Der WFP-Exekutivdirektor appellierte an die Staatengemeinschaft, mehr Geld zur Verfügung zu stellen, um die Versorgungssicherheit in den betroffenen Ländern zu sichern und Hungersnöte, Destabilisierung und Massenflucht zu verhindern. Der WFP-Chef hat es so ausgedrückt: Es sei zehnmal günstiger, vor Ort für eine regelmäßige Versorgung mit Schulessen zu sorgen, als sich später um Geflüchtete zu kümmern. Mehr Geld zu spenden, sei eine wichtige und notwendige Bitte. Aber Geld macht nicht satt, wenn man nicht genug dafür kaufen kann. Die Zusammenhänge von Hunger, Handel und Landwirtschaft hat Beasley dargestellt. 

Am Montag dieser Woche führte auch EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski beim Agrarrat in Luxemburg aus, dass es unklar ist, ob die Bauern in der Ukraine weiterhin in der Lage sein werden, Lebensmittel in hinreichendem Maße zu produzieren. Viel hänge hier vom Verlauf des Krieges in den kommenden Monaten ab. Wenn man die Nachrichtenlage verfolgt, ahnt man, wie prekär die Lage ist.

Das wird die Versorgungssituation weiter verschlechtern und die Preise erhöhen. Gleichzeitig bereitet die EU-Kommission mit dem Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie den Weg für politisch manifestierte Produktionseinschränkungen. Das neue Agrarsystem der EU-Politik muss unter diesen Veränderungen der geopolitischen Lage schon um seine Resilienz kämpfen, noch bevor es richtig starten konnte.

Landjugendgefühl in Nordirland

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Gut 14 Tage verbrachte Jessica Bruhn in Nordirland. Der Jugendaustausch mit den Young Farmers‘ Clubs of Ulster (YFCU), die in ihrer Struktur sehr dem Landjugendverband in Deutschland ähneln, machten das Abenteuer möglich. Hier ihr Bericht über die spannenden Tage im Landesteil des Vereinigten Königreichs Großbritannien auf der Insel Irland.

Gleich am Flughafen in Belfast wurde ich von meiner ersten Gastfamilie abgeholt. Kaum angekommen, startete auch schon das Programm. Da meine Gastgeberin am Abend zu einer Vorstandssitzung ging, nahm sie mich kurzerhand mit. Während sie in der Versammlung saß, übernahmen zwei befreundete Mitglieder die Rolle der Gastgeber, und sie starteten mit mir zu einer kleinen Wanderung durch den Knockmany Forest bei Augher im Süden der Grafschaft Tyrone.

Auch die nächsten Tage waren ereignisreich. Jeden Morgen wurde ich von einem neuen Mitglied aus einer neuen Ortsgruppe abgeholt und erst abends ging es wieder zurück. Die anfänglichen Schwierigkeiten in der Verständigung legten sich schnell, aber ich muss schon sagen, dass die Nordiren einen starken und nicht leicht zu verstehenden Akzent haben.

Gesehen habe ich in diesen Tagen mehrere Höfe. So erhielt ich Einblicke in die Legehennenhaltung, in die Schafzucht und in die Milchviehhaltung. Auf den Milchviehbetrieben durfte ich teilweise sogar mit im Melkstall helfen. Meine Zeit dort war zudem von zahlreichen besonderen Ereignissen geprägt, angefangen beim Stock Judging. Bis das Event stattfand, war ich mir nicht sicher, was mich erwarten würde. Schlussendlich handelte es sich um einen Wettbewerb, bei dem die Teilnehmenden in den Sparten Schaf, Milchvieh, Fleischrinder und Silage eine Beurteilung abgeben sollten und diese anschließend vor einem Richter (einem Landwirt der entsprechenden Sparte) begründen mussten. Die jeweiligen Sieger von Altersklassen und Sparte wurden im Anschluss geehrt. Ich selbst durfte ebenfalls eine kleine Bewertung für Schafe abgeben. Teilnehmen kann an diesem Wettbewerb übrigens jedes YFCU-Mitglied unabhängig davon, ob ein landwirtschaftlicher Hintergrund existiert oder nicht.

Nach diesem fachlichen Abend stand am nächsten Tag etwas ganz anderes auf dem Programm: die jährliche John Bradley Challange (Fancy Dress Slippery Football). Für mich war ein Platz in einem Team frei gehalten. Damit während des Spiels ja niemand trocken blieb, wurde regelmäßig mit einem Feuerwehrschlauch für Abkühlung gesorgt. Bei Temperaturen von etwa 17 bis 19 °C und einer leichten Briese war das ein recht kühles Vergnügen. Ich musste aber feststellen, dass die Nordiren ein anderes Temperaturempfinden haben und Wasserspiele lieben, egal bei welchem Wetter.

Neben den spaßigen Aktivitäten haben die einzelnen Gruppen unter anderem auch unterschiedliche Charity-Veranstaltungen. In County Down hat zum Beispiel eine Ortsgruppe einen Tractor Run veranstaltet. Etwa 150 Trecker, Lkw und Oldtimer fuhren eine Stunde lang durch die Dörfer, um von den Anwohnern begutachtet zu werden. Die Teilnahmegebühr von 10 € je Fahrzeug wird jedes Jahr an eine Stiftung gespendet. In diesem Jahr ging sie an die Parkinson-Forschung. Das waren nur einige der vielen Erlebnisse und ich kann den Jugendaustausch jedem empfehlen, der Auslandserfahrung sammeln möchte. Ich wurde überall aufgenommen als würde ich seit Jahren dazugehören. Das war auch eine Art Landjugendgefühl über Deutschlands Grenzen hinaus.

Mädelsausflug an die Nordküste: Der Mussenden Temple auf der Kliffküste in der Nähe von Castlerock wurde auch durch die Serie „Game of Thrones“ weltbekannt.
Private Führung für Jessica (li.) durch die handzahmen Ballyboley-Dexter-Herden in Greyabbey.

Mit Hula-Hoop aktiv in den Herbst

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Zu einem sportlichen Schnupperangebot trafen sich die Bordesholmer LandFrauen. An zwei Nachmittagen hatten sie die Möglichkeit zu hullern.  

Bei allerbestem Wetter erklärte Kursleiterin Melli, worauf beim Hullern zu achten ist. Je nach Gewicht und Größe des Reifens lässt sich dieser einfacher und schneller oder schwerer drehen. Und dann ging es los. Alle hatten recht schnell den Schwung raus. Mit Musik wurde der Reifen erst auf der A- und dann auf der B-Seite (gute und nicht so gute Seite) gedreht. Die Schnupperstunden vergingen wie im Fluge. Die eine oder andere hat sich inzwischen einen eigenen Reifen gekauft, um weiterzuüben. Im aktuellen Bauernblatt ist zudem zu lesen, mit welche sportlichen Aktivität die Stuvenbornerinnen in den Herbst starteten.

Aus der Verzweiflung zum Erfolg

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Getrieben von der Sorge um ihre Tochter, hat Maria Perna auf vielen Umwegen und mit unendlicher Ausdauer eine Lösung gefunden, die sie zugleich zur Unternehmerin machte. In ihren Geschäftsräumen in Holstenniendorf erzählt die LandFrau, wie es dazu kam, dass sie heute Expertin für ganz bestimmte Brotmischungen ist – denn eigentlich waren Sprachen ihre Leidenschaft.

Die Mischmaschine steht heute mal still. Doch oft herrscht in den Räumen des ehemaligen Supermarkt-Ladenlokals geschäftiges Treiben. Maria Perna und ihre Mitarbeiterinnen mischen hier Biobackmischungen zusammen, verpacken und verschicken die bestellte Ware im Akkord. Seit 2018 versorgen die „Breadonauts“ mit den Brot-, Pizza- und auch Crêpe-Mischungen Menschen, die an Zöliakie leiden. „Zöliakie ist eine Glutenunverträglichkeit, die bei einer bestimmten genetischen Anfälligkeit auftreten kann“, erklärt Maria Perna. Und sie weiß, wovon sie spricht, denn Tochter Paulina ist betroffen und kann nichts essen, was irgendwie mit Gluten in Berührung gekommen ist.

Bis zu dieser Erkenntnis und zur richtigen Diagnose war es ein langer, mehr als steiniger Weg. „Paulina war schon als Baby immer kränklich und sehr dünn. Die Ärzte haben alles untersucht, konnten aber nichts feststellen.“ Jahrelang wusste niemand, woran das Kind litt. Zwischenzeitlich wurde auch die Mutter für übersensibel gehalten. „Doch ich wusste immer: Da stimmt was nicht.“ Die Fremdsprachenkorrespondentin für Englisch, Französisch und Spanisch begann deshalb eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. „Ich wollte die Schulmedizin nicht infrage stellen und auch nie als Heilpraktikerin arbeiten. Es ging mir nur darum zu verstehen, was mit meinem Kind los ist“, sagt sie. Und eines Tages zahlte sich die Mühe aus. Sie hatte gelernt, Blutwerte zu verstehen, und brachte die Ärzte damit auf die richtige Spur, auf der sie weitersuchen konnten. „Das Blutbild ist wie ein großes Buch, wenn man nur eine Seite aufschlägt, dann sieht man all die anderen nicht.“ Doch ein Arzt nahm sie ernst, schaute genauer auf die anderen Seiten des Buches und entdeckte endlich den entscheidenden Hinweis auf die Erkrankung, an der Marias Tochter litt. „Damals war unser Kind schon neun Jahre alt“, erinnert sie sich.

Mit der Diagnose kamen jedoch neue Schwierigkeiten. Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung. Menschen, die daran leiden, dürfen kein Gluten zu sich nehmen, denn der Körper wehrt sich mit aller Kraft gegen etwas, das für Gesunde völlig harmlos ist. „Das löst sofort Entzündungen im Darm aus. Wenn das nicht erkannt wird, kann es schlimmstenfalls zu Darmkrebs führen“, hat die LandFrau inzwischen gelernt. „Bei Paulina äußerte es sich so, dass sie ohnmächtig wurde. Einmal aß sie etwas vermeintlich Glutenfreies und fiel im Badezimmer um. Ich vergesse niemals das Geräusch, als Paulina mit dem Kopf auf den Fliesen aufschlug.“

Nach diesem Erlebnis stand fest, dass sich Paulina unbedingt absolut glutenfrei ernähren musste. Gluten ist Bestandteil von Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel. Es wird auch als Klebereiweiß bezeichnet und sorgt dafür, dass das Brot beim Backen zusammenhält. „In Deutschland gibt es die Tradition, Abendbrot zu essen. Auch unsere Familie hat es so gehalten. Darauf wollten wir nicht verzichten“, erzählt Maria Perna. Doch alles, was es beim Bäcker zu kaufen gibt, war von da an für Paulina tabu. „Also haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, was wir machen wollen, damit unser Kind wenigstens zu Hause nicht auf sein Essen achten muss und alles essen kann, was im Haus ist. So haben wir beschlossen, dass wir zu Hause auf alles verzichten, das Gluten enthält.“ Auch die drei jüngeren Schwestern machten mit.

Doch dann stand die nächste Herausforderung an, denn es galt, etwas zu finden, das für Pauline verträglich ist. Erneut krempelte Maria Perna die Ärmel hoch und fing an, nach Alternativen zu suchen und Rezepte auszuprobieren. Sie experimentierte mit Reis-, mit Hirse- und Kichererbsenmehl sowie mit Mais- und Kartoffelstärke. „Das Schwierigste ist es, einen Teig dazu zu bringen aufzugehen. Manchmal war das Brot so hart, dass man damit hätte Häuser bauen können, ein andermal schmeckte es einfach nur nach Pappe. Oft bin ich erst um drei Uhr ins Bett, nur um dann um fünf Uhr wieder aufzuwachen und zu denken: Jetzt habe ich die Lösung“, beschreibt sie diese aufreibende Zeit. Akribisch schrieb sich Maria Perna beim Backen jeden Schritt auf und entwickelte mit der Zeit Mehlmischungen, mit denen es sich nicht nur gut backen ließ, sondern die auch der ganzen Familie schmeckten.

Nach den ersten Erfolgen auf dem Weg der Suche und des Ausprobierens wollte die LandFrau aus dem Kreis Steinburg diesen Weg für andere Betroffene verkürzen. So hat sie mit ihren selbst entwickelten, biozertifizierten Backmischungen inzwischen einen Onlinehandel eröffnet und verschiedene Produkte zur Marktreife gebracht. Gemeinsam mit drei Mitarbeiterinnen nimmt sie die Bestellungen auf und verschickt die Mischungen an Privatpersonen und Händler. Auf Märkten und Messen macht die LandFrau Pfannenbrot, Brötchen, Ofenbrot, Pizzateig und Crêpes bekannt. In ihrer Show-Küche bietet sie Kurse an, bei denen man gemeinsam backen und lernen kann, die Teigmischungen kreativ mit eigenen Ideen zu einer abwechslungsreichen Kost für Menschen zu gestalten, die sonst auf so vieles verzichten müssen.

Marias Tochter ist inzwischen symptomfrei und studiert. Wenn sie nach einem Besuch bei der Familie wieder den Koffer packt, verstaut sie darin nicht nur Kleidung, sondern vor allem glutenfreie Backmischungen, die ihre Mutter für sie entwickelt hat. Sie ermöglichen ihr heute ein unbeschwertes Leben.

Ehrenamt und Hauptamt beraten über Zukunft von Futterkamp

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Das Ehren- und Hauptamt trafen sich Ende September im Lehr- und Versuchszentrum (LVZ) der Kammer, um in Futterkamp über die Zukunft der Schweinehaltung zu beraten. Dabei ging es vor allem um den Schweinestallneubau und das Versuchswesen.

Es ist üblich, dass die Präsidentin eingangs von der Situation der Kammer berichtet. Ute Volquardsen freute sich über eine erfolgreiche Norla, eine gut besuchte Erntepressekonferenz, Freisprechungsfeiern unter normalen Bedingungen und darüber, dass die Eler-Förderung bis 2023 weitergeführt werde. Sehr gut gefallen hätten ihr auch die Treffen der ehrenamtlichen Richter, die sich sonst nie begegneten und sich über ihre Erfahrungen austauschen konnten. „Das war wie ein Lehrlingstreffen“, sagte sie. Ute Volquardsen berichtete ferner, dass man den neuen Umweltminister zu Gesprächen eingeladen habe.

Sauenhaltung mit Vorbildcharakter

Es folgte eine angeregte Diskussion, als Dr. Sophie Diers, Fachbereichsleiterin Schwein, und Claus-Peter Boyens, Leiter des LVZ, von der Planung des neuen Sauen­stalls berichteten. Genehmigt werden soll das Bauvorhaben von der Kammerhauptversammlung im November, und bezuschusst wird es vom Land. Es wird aufgrund der aktuellen Situation mit um 30 bis 35 % steigenden Baukosten gerechnet. Um den Haushalt möglichst wenig zu belasten, sollen diese Mehrkosten weitgehend aufgefangen werden. Der Fachbereich plant, an einigen Stellen in Umbauten statt Neubauten zu investieren, sich um Fördermittel zu bemühen und nochmals mit den Anbietern nachzuverhandeln. Das Ehrenamt begrüßte diese Vorgehensweise, sie entspreche dem Handeln auf den Betrieben in einer angespannten Erlössituation. Es sei zwar schade, wenn man von seinen Träumen wegmüsse, aber das entspreche der Realität auf den Höfen, sagte beispielsweise Fachausschussmitglied Eike Brandt. Sich ganz von dem Neubau zu verabschieden, davor warnte Prof. Joachim Krieter, Leiter der AG Tierhaltung und Produktqualität an der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Kieler Christian-Albrechts-Universität. Er sagte, das Versuchswesen im Schweinebereich in Futterkamp suche schon jetzt seinesgleichen und sei weit über die Landesgrenzen hinaus anerkannt. Mit dem Neu- und Umbau der Sauenhaltung bekomme das LVZ endgültig Leuchtturmfunktion.

Positiv ist, wie die Genehmigungsbehörden auf die Pläne reagierten. Hintergrund dafür ist, dass die Schweinehaltung nicht aufgestockt wird, sondern in mehr Tierwohl investiert werden soll.

Dr. Sophie Diers (r.) erläutert im Altgebäudebestand den geplanten Neu- und Umbau in der Futterkamper Schweinehaltung. Foto: Isa-Maria Kuhn

„Versuchswesen: Bei uns geht alles!“

Dr. Ariane Horst stellte anhand einiger Beispiele ebenjenes Versuchswesen vor. Sie ist bei der Kammer verantwortlich für die Versuchsdurchführung und statistische Auswertung im Schweinebereich. Eine Erklärung, warum sogar Firmen aus dem Ausland in Futterkamp Versuche durchführen lassen, die Geld einspielen und wichtige Erkenntnisse für die Praxis liefern, hatte sie parat: „Bei uns geht alles. Wir können Versuche in der Sauenhaltung, in der Ferkelaufzucht und Mast durchführen.“ Die Fragen, um die es sich dreht, sind Fütterung, Haltung, biologische Leistung und Tierverhalten. Die Ziele seien Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Tiergesundheit. Die Ergebnisse werden regelmäßig im Bauernblatt in der Rubrik „Schweine aktuell“ veröffentlicht. Dr. Sophie Diers machte auf Nachfrage des Ausschusses aber eine Ausnahme: „Es finden keine Versuche statt, bei denen die Tiere erhöhtem Stress ausgesetzt werden, das lehnen wir ab.“

Maya Johanna Japp als Trainerin bei Mustang-Makeover

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Mustangs leben noch heute frei in Amerika, aber ihr Lebensraum ist bedroht und jährlich verlieren Tausende ihre Freiheit. Im Rahmen des Mustang-Makeover werden gerettete Tiere aus den Auffangstationen nach Europa gebracht. Dort verbringen sie bis zu 140 Tage bei ausgewählten Trainern, bevor sie im Rahmen des CHIO in Aachen vorgestellt und versteigert werden. Maya Japp aus Großbarkau, Kreis Plön, war in diesem Jahr zum dritten Mal als Trainerin dabei.

„Eigentlich wollte ich nicht mehr mitmachen“, verrät Maya Japp im Hinblick auf das Mustang-Makeover. Nachdem sie zwei Mustangs abgeben musste, wusste die Pferdewirtschaftsmeisterin, wie schwer ihr das fallen würde, obwohl sie ihre ersten beiden Schützlinge in guten Händen weiß.

Schon 2018 hatte sie mit der Stute Diamond mitgemacht. „Mit ihrer neuen Besitzerin bin ich inzwischen sehr gut befreundet. Ich kann Diamond jederzeit besuchen und auch reiten“, freut sich Japp. Ihr zweiter Mustang kam in die Nähe von Köln und auch diese Stute hat es gut getroffen. Doch für die leidenschaftliche Pferdeliebhaberin fühlte es sich jedes Mal an, als ob sie sich die Pferde aus dem Herzen reißen würde. Denn zum normalen Ablauf des Mustang-Makeover gehört es, dass die Pferde nach der Vorstellung beim CHIO Aachen versteigert werden. Von den Einnahmen wird der Flug bezahlt, der Rest geht zur Hälfte in die Mustanghilfe und zur anderen Hälfte an den Trainer.

Als der NDR anfragte, ob sie nicht wieder dabei sein wolle und sich mit der Kamera begleiten lassen würde, kam sie ins Grübeln. „Jeder Mustang hat einen Paten und ich habe dann eine Freundin gefragt, ob sie diese Rolle übernehmen würde“, berichtet Japp. So fand sie eine Lösung für ihr Dilemma: Ihre Freundin übernahm nicht nur die Patenschaft, sondern kaufte den Mustang im Vorfeld. „Damit ich mir nicht wieder ein Pferd aus dem Herzen reißen muss“, erzählt Maya Japp gerührt. Normalerweise werden den Trainern die Pferde zugelost, doch aufgrund der besonderen Situation durfte sich Japp ihren Mustang vorher aussuchen. „Allerdings konnte ich die Pferde nicht vorher sehen. Es gab nur ein paar Fotos“, berichtet die engagierte Trainerin, deren Steckenpferd die Freiarbeit ist.

Schwierige Lebensumstände in den USA

Für das Mustang-Makeover fliegen die Veranstalter, Silke und Michael Strussione, immer eigens in die USA. Die Pferde leben dort in einer schwierigen Situation: In freier Wildbahn würden sie verhungern, denn ihr Lebensraum wird immer kleiner. Doch auch das Einfangen bedeute viel Stress und die Auffangstationen böten ebenfalls zu wenig Platz. „Manche Pferde sterben auch dort, weil sie sich beispielsweise bei Rangkämpfen etwas brechen und man sie nicht anfassen kann“, erklärt Japp.

In den USA dürfen die Mustangs nicht geschlachtet werden. Wer für ein paar Dollar einen Mustang erwirbt, muss diesen mindestens ein Jahr lang halten und versorgen. Danach allerdings können die ehemaligen Wildpferde auf Schlachttransporte nach Mexiko geschickt werden. „Viele Pferde gehen diesen Weg und werden in dem Jahr eher schlecht als recht versorgt“, weiß Japp. Die Strussiones möchten mit dem Mustang-Makeover auf diese Missstände aufmerksam machen und bieten jedes Jahr einigen der Tiere eine neue Chance in Europa.

Das Ehepaar sucht für die Veranstaltung vor allem nach Pferden, die fit aussehen, ein möglichst gutes Gebäude haben und in der Herde nicht schon sehr auffällig sind. Meist sind es fünf Tiere mehr, als Trainer ausgesucht wurden, denn „es fallen immer welche raus, weil sie mehr Zeit brauchen oder gesundheitliche Probleme haben“, erklärt Japp. So wurden auch dieses Jahr zwei Mustangs ausgetauscht und privat vermittelt.

Im Lkw in das zukünftige Zuhause

Maya Japp hatte sich aufgrund der Bilder gleich für das Pferd mit dem Tag 5.781 entschieden. Die etwa siebenjährige, 154 cm große Fuchsstute namens Ntscho-Tschi wurde in South Steens in Oregon geboren und hatte sie neugierig gemacht. Kurz gab es noch Probleme, denn der Test auf PSSM, eine Muskelerkrankung, war verloren gegangen, doch am Ende durfte die Stute nach Großbarkau ­kommen.

Die Mustangstute Ntscho-Tschi ließ sich anfangs nicht anfassen. Schnell fasste sie aber Vertrauen zu ihrer Trainerin Maya Japp. Foto: Michelle Schmalz

Noch in den USA fand ein sogenanntes Vortraining statt. Das bedeutet, dass den Pferden in einem Zwangsstand ein Halfter übergezogen wird. Daran wird ein Strick befestigt, der dranbleibt. „Anfassen wird nicht geübt. Es wird lediglich der Strick aufgehoben und die Pferde sollen lernen mitzugehen“, berichtet Japp. „Es sind viele Pferde und die Zeit ist kurz“, erklärt sie das Prozedere und man hört, wie viel Unbehagen ihr die Gedanken daran bereiten.

So wird auch ein paar Mal das Verladen geübt, allerdings nicht wie bei uns üblich auf einem Einer- oder Zweierhänger. In Amerika werden die Pferde wie Vieh auf den Hänger getrieben. Dann geht es zu dritt in einem Container in den Flieger, bevor die Trainer ihre Schützlinge am Flughafen abholen. „Ich habe sie ebenfalls frei in einem Lkw nach Hause gefahren“, verrät Japp. Andere Trainer hätten ihre Pferde mit einem normalen Hänger abgeholt, aber dann brauche es einen Seilzug für die Klappe und die Stange könne man nicht schließen: zu gefährlich.

Die Rolle der Leitstute einnehmen

Auf der Anlage von Ina Krüger-Oesert in Großbarkau, wo Maya Johanna Japp ebenfalls zu Hause ist, war schon ein Roundpen vorbereitet. Zum Glück war das Wetter so gut, dass keine Box nötig war. Vorsichtig führte Japp die Stute vom Lkw. Der Strick blieb erst mal dran. „Da wäre ich gar nicht drangekommen“, erklärt sie.

Alle ihre Mustangs waren unterschiedlich. Die erste Stute, Shine like a Diamond, die Japp vor vier Jahren vorstellte, war beispielsweise anfangs sehr gefährlich, weil sie beißend und tretend auf Menschen losging. Ntscho-Tschi hingegen war zwar nie aggressiv, hatte jedoch im Vortraining gelernt, dass sie sich losreißen konnte. „Sie ist einfach gegangen, wenn es ihr zu viel war“, erinnert sich Japp. Heute ist das alles kein Problem mehr. „Das hat sich gelegt, als das Vertrauen so richtig da war. Nach sieben Wochen etwa“, erinnert sich die klassisch-barocke Ausbilderin. Doch sie ist sich sicher: „Würde ich etwas durchsetzen wollen, vor dem sie richtig Angst hat, dann würde dieses Verhalten wohl wieder auftreten.“

Nur 98 Tage hatten Japp und Ntscho-Tschi Zeit, sich auf Aachen vorzubereiten. In den ersten Wochen ging es nur darum, Zeit miteinander zu verbringen. Ein- bis zweimal am Tag arbeitete Japp mit der Stute für eine halbe Stunde. „Mustangs haben gelernt zu überleben. Sie folgen dem Leittier, egal was ist. Erschrecken sie sich vor etwas, das die Leitstute nicht als Problem ansieht, verbrauchen sie unnötig Energie. Die Mustangs dürfen in der freien Wildbahn keinen Schritt zu viel machen. Wenn man es schafft, die Rolle der Leitstute einzunehmen, dann vertrauen sie einem zu 100 Prozent“, berichtet Japp und fügt hinzu: „Dann ist es fast egal, was in Aachen passiert. Wenn ich sage, das Publikum ist okay, dann ist es das auch. So funktioniert das bei unseren Hauspferden nicht mehr. Daher kann ich mit einem Mustang Sachen erreichen, die ich mit meinem selbst gezogenen Vierjährigen nicht könnte.“

„Jeder sollte einen Mustang haben“

In Aachen wird den Trainern weitgehend freie Hand gelassen. Sie müssen eine Trailaufgabe am Boden und geritten sowie eine Horsemanship-Aufgabe zeigen. Dabei reitet jeder Trainer in seiner Reitweise. Am Ende kommt das große Finale, in dem jeder seine Stärken zeigen kann.

Maya Johanna Japp ist in ihrer Arbeit die Harmonie und die Leichtigkeit zwischen Pferd und Reiter besonders wichtig. Und das konnte sie in Aachen beeindruckend unter Beweis stellen: „Wir sind über eine große Wippe, durch ein Ballonfeld, durchs Feuer und durch eine Papierwand geritten und über von Helfern gehaltene Tücher gesprungen“, zählt Japp ihre Vorstellung auf. Danach nahm sie auch noch den Halsring ab, mit dem sie vorher statt einer Trense geritten war, und zog mit Ntscho-Tschi eine Luftballonschleppe durch ein Tuch, das in Wellen geschlagen wurde. Zum Abschluss legte sich die ehemals wilde Mustangstute in das Tuch. Das alles absolvierte die Trainerin mit einer schweren Mittelohrentzündung.

Für ihr Finale hatte sich Maya Johanna Japp viel ausgedacht. Mit einer Ballonschleppe ging es in ein Wellentuch. Foto: Jasmin Schmitz

Trotz ein oder zwei Patzern – am Feuersprung zog die Stute einmal vorbei – war Japps Show nach Ansicht vieler Zuschauer die beste. Doch ihr Ziel, nach dem dritten Platz 2018 und dem zweiten Platz 2019 in diesem Jahr zu siegen, schaffte die 31-Jährige nicht. Es gab wohl einige Unstimmigkeiten mit einem der Richter und am Ende kamen Japp und ihre Ntscho-Tschi auf den dritten Platz.

Ein bisschen enttäuscht war Maya Japp schon, aber am Ende siegte die Freude über ihr Pferd: „Jeder sollte einen Mustang haben, denn wenn man ihr Herz erobert hat, gehen sie mit einem durch dick und dünn und durch das ganze Leben“, sagt sie und streichelt zärtlich den Hals ihrer Stute, die nun für immer bei ihr bleiben darf. Es sei gut, dass es dieser Mustang sei, denn sie passe am besten zu ihr.

Auf die Frage hin, ob sie denn nun mit dem Mustang-Makeover abgeschlossen habe, muss sie lachen: „Sag niemals nie. Das Mustang-Fieber ist sehr stark und ansteckend.“Lena Höfer

Heute kann Maya Japp ihre Ntscho-Tschi in allen Disziplinen reiten. Foto: Jenny Dankworth