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Kombination mit dem Vertragsnaturschutz nutzen

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Mit Start der aktuellen Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ergeben sich für Grünlandbetriebe interessante neue Fördermöglichkeiten. Insbesondere die Kennarten-Ökoregelung (ÖR 5) in der Ersten Säule kann durch Kombinationen mit dem Vertragsnaturschutz in der Zweiten Säule einen Beitrag zum betrieblichen Einkommen leisten.

Im Grünland können bei entsprechender extensiver Bewirtschaftung auf einer Fläche von wenigen Quadratmetern bis zu 40 oder 50 Wildpflanzenarten vorkommen. Dabei sind weit über 400 Pflanzenarten auf Grünlandstandorte in Schleswig-Holstein spezialisiert. Das Grünland beherbergt damit einige der artenreichsten Vegetationstypen. Allerdings sind derart vielfältige Grünlandbestände in Schleswig-Holstein nur noch selten zu finden. Die ÖR 5 zielt daher darauf ab, noch vorhandenes artenreiches Grünland zu erhalten.

Für die Teilnahme an der ÖR werden keine einschränkenden Maßnahmen oder starre Fristen vorgegeben, sondern nur das Vorkommen ausgewählter sogenannter Kennarten zählt (ergebnisorientierte Honorierung). Es ist allein eine betriebliche Entscheidung, welche Bewirtschaftung zum gewünschten Ziel führen soll. Die Verantwortung und der Nachweis der Pflanzenarten liegen bei dem Betrieb.

Diese Art der Grünlandförderung wurde bereits im Rahmen von Agrarumweltprogrammen in einigen anderen Bundesländern in der Vergangenheit angeboten. In Schleswig-Holstein kann man zwar auf einige Erfahrungen aus Modellprojekten zurückgreifen (beispielsweise „Blühendes Steinburg“), dennoch dürfte die Fördermaßnahme der ÖR 5 mit der dazugehörigen Methodik für viele Grünlandbetriebe neu sein. Sie wird im Folgenden dargestellt.

Wie die Kennarten bestimmen?

Für die Teilnahme an der ÖR 5 müssen mindestens vier Kennarten mit je drei Einzelpflanzen auf einer Grünlandparzelle nachgewiesen werden. Die zulässigen regionalen Kennarten sowie die Nachweismethode sind in Anlage 1 und 2 der Landesverordnung zur Durchführung der GAP-Direktzahlungen-Verordnung festgelegt. Die Kennartenliste ist weit gefasst und lässt neben einzelnen Pflanzenarten auch ganze Pflanzenfamilien beziehungsweise -gattungen als Kennartengruppe zu (zum Beispiel Wegerich-Arten).

Eine Teilnahme an der ÖR 5 ist im Sammelantrag extra zu beantragen und mit dieser zu kennzeichen. Dabei ist auf der Schlag- beziehungsweise Parzellenebene bereits anzugeben, welche der notwendigen vier Kennarten voraussichtlich später im Jahr nachgewiesen werden können. Die Auswahl der Kennarten wird in einer der kommenden Versionen des Inet-Programms umgesetzt. Bis dahin genügt allein die Beantragung der ÖR 5. Dies setzt dann für die eingebrachten Flächen bereits eine gewisse Kenntnis über die Artenzusammensetzung der Grünlandnarbe durch den Bewirtschafter voraus.

Nach der Antragstellung erfolgt die selbstständige Erfassung der Kennarten während des Vegetationsverlaufs mit der neuen Profil-SH-App (siehe Bauernblatt-Ausgabe 17). Über diese App müssen durch die Antragstellenden georeferenzierte Fotos auf der Fläche erstellt und für eine mögliche Kontrolle vorgehalten werden. Nach Erteilung eines Prüfauftrages durch die Kontrollstelle innerhalb der App können diese dann als Nachweis eingereicht werden. Die Prüfaufträge werden in der Regel nach der Hauptblühsaison erteilt.

Können die bereits im Sammelantrag beantragten vier Kennarten auf den Flächen nicht gefunden werden, dürfen auch andere nachweisbare Kennarten aus der Liste herangezogen werden. Eine Anpassung der Angaben oder der Rückzug der beantragten ÖR-Flächen im Sammelantrag kann bis zum 30. September durch den Antragsteller vorgenommen werden, jedoch nicht mehr nach Erteilung eines Kontroll-/Prüfauftrages.

Wie genau man methodisch bei der Erhebung der Kennarten nach den Vorgaben für die ÖR vorgehen muss, ist in der Abbildung grafisch dargestellt. Die einzuhaltenden Abstände (3 m zum Parzellenrand, 10 m zwischen den Einzelpflanzen einer Kennart) werden durch die Geolokalisierung des Smartphones mittels geotagged Fotos innerhalb der Profil-SH-App erfasst. Ein Sicherheitszuschlag von einigen Metern ist sicher geboten. Um bei der Suche nach den drei Einzelpflanzen einer Kennart die Abstände sicher einzuhalten, kann es auch hilfreich sein, die Fundorte während des Abschreitens zum Beispiel mit einer Stange zu markieren.

Hinweis: Entgegen der bisherigen Darstellung gehen in der aktuellen Version der Profil-SH-App (Update vom 13. April 2023) die bereits erfassten Fotos nach der aktiven Abmeldung aus der App nicht mehr verloren, sondern bleiben dauerhaft hinterlegt und können auf Anfrage zu einem späteren Zeitpunkt gegenüber dem LLnL eingereicht werden. Weitere Funktionen werden aktuell getestet, sodass es vorteilhaft ist, die App stets aktuell zu halten.

Der bestmögliche Zeitpunkt für die Erstellung der Fotos liegt im Blühzeitraum der jeweiligen Kennart und kann je nach Wachstumsverlauf, Bewirtschaftungsintensität und Standorteigenschaften variieren. Bei schnittgenutztem Grünland sollte die Dokumentation im Mai bis Juni beziehungsweise vor dem ersten Schnitt liegen. Bestimmte Arten blühen aber auch noch nach der ersten Nutzung. Wenn die Kennarten nicht eindeutig auf den Fotos identifizierbar sind, werden diese als Nachweis nicht akzeptiert.

Da die Profil-SH-App keine Hinweise zur Pflanzenbestimmung enthält, empfiehlt es sich, zur Hilfestellung für die Identifikation der Kennarten zeitgleich eine KI-gestützte Pflanzenbestimmungs-App auf dem Smartphone zu nutzen. In der Bauernblatt-Ausgabe 17, 2023 benannte das MLLEV explizit die kostenlose App „Flora Incognita“, die unter anderem heimische (Wild-)Pflanzen gut erkennen kann und auch weiterführende Beschreibungen und Informationen zu den erkannten Pflanzen liefert. Ausprobieren lohnt sich.

Fundorte der Kennarten und Suche

Die Mindestanforderungen für die Teilnahme an der ÖR 5 können bereits durch eine oder mehrere prägnante Teilareale für den gesamten Grünlandschlag erfüllt werden. Der richtige Suchraum im Feld kann viel Zeit sparen und mitunter den Anteil förderfähiger Flächen erhöhen. Zu potenziellen Kennartenarealen gehören vor allem schlaginterne Grenzertragsstandorte wie besonders trockene oder feuchte Parzellenbereiche, zum Beispiel Sandlinsen, Tonkuppen oder feuchte Senken.

Auch eine von der intensiven Grünlandnutzung abweichende Bewirtschaftung in der Vergangenheit kann ausschlaggebend sein. Dazu zählen beispielsweise ein reduzierter Düngeeinsatz, spätere Mahd­termine, lange zurückliegende Neu- oder Nachsaaten oder eine extensive Beweidung mit geringeren Viehbesatzdichten.

Wer bei der Suche nach geeigneten Teilarealen zusätzlich Zeit sparen möchte, sollte auch einen Blick in die frei verfügbaren, kartografisch dargestellten Ergebnisse der landesweiten Biotopkartierung werfen. Unter Umständen wurden bei der Erhebung einige der eigenen Flächen als wertgebendes Grünland kartiert (siehe schleswig-holstein.de/biotope).

Kombination mit weiteren Förderungen

Die ÖR 5 kann mit weiteren Förderungen im Dauergrünland ergänzt werden. Eine Gesamtübersicht der Kombinationsmöglichkeiten ist in Tabelle 1 dargestellt. Allgemein gilt, dass vertragliche oder rechtliche Vorgaben auf der Antragsfläche ein Ausschlusskriterium für die Beantragung der ÖR 5 darstellen können, sofern die Vorgaben die Fördervoraussetzungen der ÖR beinhalten. Allerdings lässt sich die ÖR 5 auf derselben Fläche beispielsweise mit einigen anderen Ökoregelungen kombinieren.

Auch die Flächenförderung im ökologischen Landbau kann mit der ÖR 5 vollumfänglich in Anspruch genommen werden. Besonders attraktiv ist die vollständige Kombinierbarkeit der ÖR 5 mit allen Grünlandprogrammen des Vertragsnaturschutzes (VNS) des Landes Schleswig-Holstein (siehe Ausgabe 12, 2022). Eine Kombination der ÖR 5 auf einem Schlag ist hier ohne Abzüge möglich. Je nach VNS-Förderkulisse, Betriebsform und Ertragspotenzial der Antragsfläche können daher in der Summe Flächenprämien erzielt werden, die bisher nicht möglich waren. Eine Beispielrechnung für ausgewählte Kombinationsmöglichkeiten ist in Tabelle 2 aufgeführt. Neuanträge zum VNS werden in einer gesonderten Kachel Vertragsnaturschutz im Profil Inet abgegeben. Der Antragszeitraum hat bereits begonnen und endet am 1. Juli 2023.

Beratungsangebote gezielt nutzen

Die Entwicklung und der Erhalt artenreicher Grünlandflächen sind insgesamt eine wichtige Aufgabe des kooperativen Naturschutzes im Land. Landwirtschaftliche Naturschutzberatungen werden je nach Region durch die Lokalen Aktionen oder den Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) angeboten und durch die EU und das Land gefördert. Das Beratungsangebot ist für alle Betriebe kostenlos. Neben ein- bis zweijährigen Kennenlernverträgen für Grünlandflächen ist ein Beratungsschwerpunkt der Vertragsnaturschutz inklusive der zusätzlichen Berücksichtigung der Ökoregelungen. Diese und weitere Informationen zu den Beratungsangeboten, Fördermaßnahmen und den zuständigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner vor Ort findet sich unter ­naturschutzberatung-sh.de Dort gibt es auch einen Maßnahmensteckbrief mit näheren Erläuterungen zu der ÖR 5 und den regionalen Kennarten.

Fazit

Die Ökoregelung 5 – „Extensive Bewirtschaftung von Dauergrünland mit Nachweis von vier Kennarten“ – kann eine gute Möglichkeit sein, um sich Artenvielfalt im Dauergrünland honorieren zu lassen. Dabei ist eine gewisse Kenntnis selten gewordener Grünlandarten von Vorteil. Besondere Attraktivität erhält diese Maßnahme der Ersten Säule durch die breite Kombinierbarkeit mit den Vertragsnaturschutzprogrammen des Landes. In diesen Fällen kann die Beanspruchung einer kostenlosen Naturschutzberatung mehr Klarheit über die Eignung der Grünlandflächen verschaffen, um dadurch die Flächenprämien insgesamt zu verbessern.


Info

Seminarangebot für Beratungs- und Lehrkräfte: „Kennarten im Grünland – Fördermöglichkeiten von Ökoregelungen bis Vertragsnaturschutz“

Wie erkenne ich die Pflanzenarten im Grünland, die für eine Förderung im Rahmen der GAP (ÖR 5) notwendig sind? Wie können die Ökoregelungen mit ­Vertragsnaturschutzprogrammen kombiniert werden, um möglichst prämienoptimiert zu wirtschaften? Wie funktioniert der Artennachweis mittels Smartphone-App? Fragen wie diese werden im Rahmen eines ganztätigen Seminars beantwortet, organisiert von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein in Kooperation mit dem Deutschen Verband für Landschaftspflege. Nach der Klärung theoretischer Grundlagen werden im Rahmen einer Feldexkursion praktische Übungen zur Kennartenbestimmung und zum Nachweis über die Smartphone-App durchgeführt.

Geplante Termine: Donnerstag, 8. Juni, im Raum Langwedel (Kreis RD), Donnerstag, 15. Juni, im Raum Westküste (Kreis NF); jeweils 9 bis zirka 15.30 Uhr. Die Teilnahme ist förderfähig (Eler). Anmeldungen sind zu senden an: ­seminare@lksh.de

Gärtnereien in Schleswig-Holstein starten in die Sommerblumensaison

Schleswig-Holstein blüht auf: Die Gärtnereien in Schleswig-Holstein starten mit prall gefüllten Gewächshäusern in die Sommerblumensaison. Die Sortenvielfalt scheint von Jahr zu Jahr größer zu werden und neben den bewährten Standards locken auch immer wieder Neuheiten, die das Ausprobieren lohnen.

Die norddeutschen Gärtner haben am 28. April mit Aktionen in den Gärtnereien die Sommerblumensaison eröffnet. Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein hat 2021 in Schleswig-Holstein 55 Gärtnereien erfasst, die auf 20,3 ha Zierpflanzen in Gewächshäusern anbauen. Die Blumenhitliste im Land nach den angebauten Stückzahlen führen die Begonien mit 1,7 Millionen Pflanzen an. Die meisten davon sind die eher niedrig wachsenden Eisbegonien, die sich in der Beetbepflanzung bewährt haben. Unter den Knollen-Begonien gibt es beeindruckende Sorten, die sich gut in Kübeln und Ampeln machen. Fast gleichauf liegen Pelargonien und Petunien mit 840.000 beziehungsweise 832.000 herangezogenen Pflanzen. Pelargonien sind die Klassiker der Balkonbepflanzung, Petunien überzeugen vor allem in Ampeln und Kübeln. Darüber hinaus werden 2,6 Millionen Pflanzen als „Sonstige Beet- und Balkonpflanzen (zum Beispiel Fuchsien, Lobelien, einschließlich Combi-Pots)“ nicht weiter spezifiziert.

Die Gärtner im Norden haben einen Elfenspiegel (Nemesia) zur Pflanze des Jahres im Norden gekürt und ihr den Aktionsnamen „Elfie“ gegeben. Elfie schaut den Betrachter mit vielen strahlenden, freundlichen Blütengesichtern an, hat aber mit ihrer intensiven jeansblauen Farbe auch eine tolle Fernwirkung. Dabei verströmt sie einen zarten Duft nach Jasmin. Sie blüht früh und erreicht schnell ihre endgültige Attraktivität, verliert aber nicht an Kraft und blüht bis in den Herbst hinein. 

Überall in Schleswig-Holstein gibt es Gärtnereien, die sich mit den regionalen Klimabedingungen und den Bedürfnissen ihrer Kunden besonders gut auskennen. Diese profitieren vom Trend zum regionalen Einkauf. Einige Gärtnereien haben sich zusammengeschlossen und stellen sich der Zertifizierung des Gütezeichens Schleswig-Holstein. Dieses garantiert eine besondere Qualität der Pflanzen und dass die Pflanzen in Schleswig-Holstein gewachsen sind.

Neben der Regionalität gewinnen zwei weitere Trends zunehmend Bedeutung: Um nicht nur sich selbst eine Freude zu machen, achten immer mehr Blumenfreunde auch auf die Insekten und bevorzugen Pflanzen, die diesen Nektar und/oder Pollen anbieten. Die Fachleute in den Gärtnereien kennen die Pflanzen und können auch zu Insektennutzen beraten. Zu Information vorab bietet sich unter anderem die Seite bienenfuettern.de an. Die trockenen Sommer der letzten Jahre haben die Nachfrage nach hitzeverträglichen Pflanzen, die mit weniger Wasser auskommen, befördert. Das sind unter anderem die Begonien, Fächerblumen, Wandelröschen oder Goldzweizahn. Auch hier haben die Gärtnereien vor Ort viel Erfahrung und eine entsprechende Auswahl.

Gute Nachrichten für alle Turnierveranstalter

Turnierveranstaltungen sind bei vielen Pferdesportvereinen der Höhepunkt im Vereinskalender. Dies ist unabhängig davon, ob es sich um ein großes Turnier bis zur schweren Klasse oder um ein kleines Vereinsturnier handelt. Um dem Tierschutz in vollem Umfang gerecht werden zu können, bedarf es einer guten tierärztlichen Turnierbetreuung, doch diese wäre durch die neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) deutlich teurer geworden. In Schleswig-Holstein gibt es jetzt eine Sonderregelung.

Laut § 40 der Leistungsprüfungsordnung (LPO) hat der Veranstalter einer Pferdeleistungsschau für die Dauer des Turniers die tierärztliche Versorgung sicherzustellen. Grundlage dafür ist eine Vereinbarung zwischen Veranstalter und Tierarzt.

Seit Ende November 2022 haben es Pferdehalter, Reiterinnen und Reiter sowie Turnierveranstalter hinsichtlich der überarbeiteten GOT mit einer zusätzlichen Verteuerung und damit einer weiteren Herausforderung zu tun. Denn selbst bei einem weit im Voraus geplanten Termin wie einem Reitturnier sind die Tierärzte durch die Auslegung der GOT durch die Bundestierärztekammer gezwungen, den zweifachen Tagessatz abzurechnen. Hinzu kommt, dass die Tierärzte verfügbar und gewillt sein müssen, Turnierdienste zu übernehmen.

„Gerade die kleineren, ehrenamtlich organisierten Vereinsturniere sind davon besonders betroffen. Alteingesessene Tierärzte, die seit 30 Jahren die Turniere begleiten, haben uns um Rat gefragt, ob sie sich strafbar machen, wenn sie anders handeln“, erklärt Soenke Lauterbach, Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), die sich für eine Änderung dieser Auslegung einsetzt.

Auch in Schleswig-Holstein wurde aktiv gegen diesen Passus gearbeitet. Mit Erfolg: „In Abstimmung mit der Tierärztekammer Schleswig-Holstein haben wir erreicht, dass für die geplante Leistung einer tierärztlichen Turnierbetreuung zumindest nur der Einfachsatz als Abrechnungsgrundlage heranzuziehen ist“, erklärt Matthias Karstens, Geschäftsführer des Pferdesportverbandes Schleswig-Holstein. Dieser Einfachsatz liege bei 366,34 € für acht Stunden. Für jede die acht Stunden überschreitende halbe Stunde sieht die GOT eine Abrechnung von 24,38 € vor.
pm/fn

Eine neue Landwirtschaft ohne Landwirte?

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Die jüngsten Erfolge der Künstliche-Intelligenz-Forschung können beeindrucken. So ist es zum Beispiel möglich, fotorealistische Bilder und ganze Aufsätze wie von Zauberhand zu erzeugen oder sogar menschliches Verhalten vorherzusagen. In der Landwirtschaft haben die großen Landtechnikhersteller bereits Melk- und Feldroboter sowie autonome Schlepper im Angebot. Sensoren erfassen an 365 Tagen im Jahr den Zustand der Kuh. Die entsprechende Software ermittelt abschnittsgenau Fahrtrouten und den erwarteten Ertrag, berechnet den optimalen Brunstzeitpunkt oder überwacht das Verhalten einzelner Kühe. Und das alles soll erst der Anfang sein.

Man mag den Eindruck bekommen, als könnte künstliche Intelligenz (KI) schon bald den Landwirt ersetzen. Diese zugegebenermaßen etwas provokante Zuspitzung soll verdeutlichen, wie hoch die Erwartungen an die neuen Technologien sind. Nein, so schnell werden Rinderhalter nicht abgeschafft, aber natürlich macht die Entwicklung auch vor der Landwirtschaft nicht halt: KI, Big Data und Co. werden in einem Atemzug mit Schlagworten wie Digital Farming, Klimawandel und Tierwohl genannt. Die Politik ist sich des Potenzials und der öffentlichen Wahrnehmung dieses Themas bewusst in der Hoffnung, zukünftigen Herausforderungen besser begegnen zu können.

Wie sieht der Status quo aus?

KI hat im Ackerbau bereits für Aufsehen gesorgt, der Acker wandelt sich aktuell immer mehr in Richtung voll automatisierter Produktionsstraße. Im Vergleich dazu gibt es in der Milchviehhaltung zwar bereits zahlreiche Sensoren; praxisreife Assistenzfunktionen beschränken sich bisher jedoch noch auf einige wenige Anwendungsbereiche wie die automatische Erkennung von Fress- und Wiederkäuzeiten oder die Berechnung des Brunstzeitpunktes. Ein echter Mehrwert für den Landwirt, zum Beispiel durch das automatische Erkennen von chronischem Stress oder (subklinischen) Erkrankungen, lässt bisher noch auf sich warten. Aber warum ist das so?

Eine KI-basierte Analyse ermöglicht dem Landwirt, per Smartphone oder Tablet, Risikotiere in seiner Herde ohne weitere Hilfsmittel zu identifizieren.

Im Maschinenraum einer KI

Die grundlegende Funktionsweise einer KI ist gar nicht so kompliziert: Stark vereinfacht dreht es sich um das Erlernen von relevanten Datenmustern. Man kann sich diesen Prozess so vorstellen, dass zunächst durch ausgiebiges Probieren ein Netzwerk vieler kleiner Schablonen erstellt wird, ähnlich einem Mobile. Der Clou ist, dass ein solches Netzwerk hochkomplizierte Datenmuster in kleine „Häppchen“ aufteilen kann. Leitet man nun neue Daten durch dieses Netzwerk, werden jeweils passende Schablonen aktiviert. In der Summe all dieser aktivierten Schablonen ergibt sich dann am Ende die gewünschte Funktion des Netzwerks, also die „Intelligenz“ der KI. Herausfordernd dabei ist die anfängliche Schablonenerzeugung. Diese basiert auf mathematischer Optimierung, Know-how und Rechenleistung. Spielt aber alles richtig zusammen, hat die KI die relevanten Muster gelernt.

Am Beispiel der Milchuntersuchung stellt es sich folgendermaßen dar: Im Rahmen der monatlichen Milchleistungsprüfung werden die Milchinhaltsstoffe per Infrarotspektroskopie ermittelt. Das bedeutet, Milchproben werden mit für den Menschen unsichtbarem Licht bestrahlt und das reflektierte Licht im selben Moment analysiert. Für jede Wellenlänge wird dabei ein Wert gespeichert, und das daraus resultierende Spektrum der Milchprobe ermöglicht die automatische Ermittlung der Standard-Milchinhaltsstoffe. Es bietet darüber hinaus die Möglichkeit, anhand dieser Spektraldaten weitere Parameter und Zusammenhänge zu entwickeln. Durch den kausalen Zusammenhang zwischen einer beginnenden Ketose und den Milchinhaltsstoffen ist die KI so in der Lage, ein spezifisches Muster in einer Milchprobe zu erkennen und den Landwirt per Alarm in einer Smartphone-App darüber zu informieren. Auf Basis der Milchuntersuchung können somit bereits vor dem Auftreten klassischer Krankheitsanzeichen betroffene Kühe identifiziert werden.

Rinderhaltung stellt extra Herausforderungen

Ein wichtiger Aspekt bei der Konstruktion einer KI wurde bisher noch unterschlagen: KI-Verfahren sind per se zunächst „dumm“. Das bedeutet, dass erst ein „Trainieren“ der Netzwerke das Zerlegen komplexer Muster in einfache Schablonen ermöglicht. Dazu wird der sogenannte Trainingsdatensatz benötigt, welcher Ursache (Ketose) und Wirkung (Milchinhaltsstoffe) in Verbindung setzt.

Im Gegensatz zum Ackerbau ist es im Stall häufig aufwendiger und damit teurer, Trainingsdaten zu sammeln. Im Falle von Ketose ist während der KI-Entwicklung beispielsweise eine manuelle Begutachtung einzelner Tiere erforderlich. Hinzu kommt, dass die biologischen Zusammenhänge unscharf umrissen und komplex sind, sodass die Merkmale oftmals nur indirekt und ungenau gemessen und meist nur vergleichsweise wenige Tiere erfasst werden können.

Auch die Betriebsumwelt stellt aufgrund der variablen Betriebsstrukturen eine Herausforderung dar: Selbst wenn auf einem Betrieb viele Tiere bewertet wurden, ist nicht garantiert, dass die Ergebnisse auch auf andere Betriebe übertragbar sind. Dies würde vor allem Daten von vielen verschiedenen Betrieben benötigen. Es gibt zwar grundsätzlich Auswege aus der Situation, wie zum Beispiel vortrainierte KI, welche quasi „unfertig“ ausgeliefert werden und erst durch den Landwirt „angelernt“ werden müssten. Bis zur Praxisreife wird es aber noch dauern.

Assistenzsystemen gehört die Zukunft

Der Betriebsleiter wird auch in Zukunft die entscheidende Instanz auf dem Betrieb bleiben, aber immer mehr von KI-gestützten Assistenzsystemen profitieren. KI wird also maßgeblich die Zukunft der Tierhaltung bestimmen. Neue Systeme sind dabei ebenso zu erwarten wie die Weiterentwicklung bestehender – sei es beim Thema Tierwohl, um den Zeitaufwand zu reduzieren, um Leistungseinbußen durch subklinische Erkrankungen zu vermeiden oder um den Einsatz von Ressourcen zu optimieren. KI kann und wird die Produktivität an vielen Stellen deutlich erhöhen.

Jetzt ist also der richtige Zeitpunkt, das Thema KI bei neuen Investitionen mit zu berücksichtigen. Kompatibilität der unterschiedlichen Systeme ist dabei ein wichtiges Thema und erfordert viel Weitsicht, damit die Technik sinnvoll miteinander kombiniert werden kann und nichts doppelt auf dem Betrieb angeschafft werden muss. Auch ein gewisses Grundverständnis für die KI-Technologie kann hilfreich sein, um zukunftssichere Entscheidungen für oder gegen den Einsatz bestimmter Techniken auf dem eigenen Betrieb zu treffen.

Fallstricke gibt es genug: Ist die Technik praxistauglich? Bringt die KI einen echten Mehrwert? Wann wird ein Akkutausch notwendig? Wem gehören die Daten? Die Rinderhaltung steht erst am Anfang der Entwicklung. Klar ist jedoch schon heute: Innovationen auf Basis von KI werden dazu beitragen, dass die Landwirtschaft zukünftigen Herausforderungen gut gerüstet ins Auge schauen kann.

Fazit

Verglichen mit dem Ackerbau gibt es in der Rinderhaltung bisher wenig praxisreife KI-Systeme am Markt. Gründe für diesen Verzug sind das aufwendige und teure Sammeln von qualitativen Merkmalen im Stall und die fehlende Kompatibilität zwischen den Herstellern. Die Entwicklung der KI-Technologie schreitet jedoch schnell voran. Bestehende und zukünftige Systeme können viele Möglichkeiten bieten, das Herdenmanagement effektiv zu unterstützen.

Bohnen: Vielfalt in Farbe und Form

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Spätestens nach den Eisheiligen wird es Zeit, Bohnen zu „legen“, also die Samen in die Erde zu bringen. Doch vorher steht noch die Entscheidung an, ob Busch-, Stangen- oder Prunkbohnen angebaut werden. Experimentierfreudige wählen einfach von jeder Variante eine Samentüte und können so direkt vergleichen.

Unsere feinen Gartenbohnen (Phaseolus vulgaris) stammen aus Mittel- und Südamerika. Sie sind sehr kälteempfindlich und vertragen keinen Frost. Die Aussaat erfolgt im Freiland von Mitte Mai bis etwa Mitte Juli. Die Vorkultur im Topf ab dem letzten Aprildrittel verfrüht die Ernte. Wir unterscheiden zwei verschiedene Wuchsformen: die Buschbohne und die Stangenbohne.

Buschbohnen (Phaseolus vulgaris var. nanus) zählen zu den Schmetterlingsblütlern. Als solche stellen sie keine allzu hohen Ansprüche an den Boden. Optimal sind kalkhaltige und tiefgründige Böden in sonniger Lage. Wie bei den anderen Bohnenarten gibt es eine breite Auswahl an frühen, mittleren und späten Sorten mit grünen, gelben oder blauen Hülsen.

Buschbohnen häufelt man regelmäßig an, um die Standfestigkeit zu erhöhen. Foto: Karin Stern

Wer die Bohnen in Töpfen vorzieht, vermeidet Probleme mit der Bohnenfliege. Ihre Larven fressen sich im schlimmsten Fall bereits zwei Tage nach der Eiablage durch die Bohnenkerne, die in der Folge entweder gar nicht auflaufen oder nur deformierte Keimlinge hervorbringen. Bohnenfliegen entwickeln sich bei feuchter, kühler Witterung besonders gut. In solchen Frühjahren ist erfahrungsgemäß die Vorkultur der Bohnen die bessere Wahl. Dafür legt man vier bis fünf Samen 2 cm tief in mit Aussaaterde gefüllte Töpfe. Bei etwa 20 °C aufgestellt und gleichmäßig feucht gehalten, keimen die Samen innerhalb einer Woche. Nach dem Auflaufen stellte man die jungen Bohnen etwas kühler, gewöhnt sie ans Freiland und kann sie je nach Witterung um die Eisheiligen herum auspflanzen.

Die Direktsaat im Freiland erfolgt bis Mitte Juli entweder im Horst (jeweils fünf Samen im Abstand von 40 cm) oder in der Reihe (alle 5 bis 10 cm einen Samen, Reihenabstand 40 bis 50 cm). Manche Gärtner geben der Horstsaat den Vorzug, weil sie die Standfestigkeit der 30 bis 50 cm hohen Pflanzen insbesondere auf schwereren Böden erhöht. Tipp: Regelmäßiges Anhäufeln verbessert ebenfalls die Standfestigkeit und regt das Wurzelwachstum an. Von der Blüte bis zum Fruchtansatz ist der Wasserbedarf der Pflanzen am höchsten. Auf Düngergaben kann verzichtet werden. Wie bei allen Leguminosen wachsen auch an den Wurzeln der Bohnen sogenannte Knöllchenbakterien. Sie machen den Stickstoff aus der Luft für die Pflanzen verfügbar. Wichtig ist, die Bohnen regelmäßig zu ernten, bevor sie dicke Körner ausbilden. Dies regt die Blütenbildung an und erhöht den Ertrag. In der Regel reicht es aus, alle drei Tage durchzupflücken.

Wer keine runden Bohnenstangen zur Hand hat, kann sich mit Dachlatten helfen. Foto: Karin Stern

Stangenbohnen (Phaseolus vulgaris var. vulgaris) können bis Ende Juni ausgesät werden. Bei guter Pflege und ausreichender Wasserversorgung erzielen sie höhere Erträge als Buschbohnen. Je nach Sorte werden die grünen, gelben oder violetten Hülsen zwischen 10 und 30 cm lang. Die Hülsen sind entweder platt oder eher rundlich geformt. Achten Sie auf das Foto auf der Vorderseite der Samentüte oder auf entsprechende Hinweise in der Beschreibung. Als Kletterpflanzen, die eine Höhe von bis zu 3 m erreichen, sind Stangenbohnen auf eine Rankhilfe angewiesen. Am besten errichtet man diese noch vor der Aussaat. Tipp: Tief genug im Boden verankern oder stützen, um ein Umkippen zu vermeiden. Die Sprossen finden gleich nach der Keimung Halt an der Rankhilfe. Geeignet sind zeltartig zusammengebundene Bambusstäbe, ebenso wie einzelne, etwa 2 m lange Stangen im Abstand von 60 x 60 cm. Als Rankgerüst eignen sich auch Baustahlmatten oder das klassische Stangengerüst. Anstelle von runden Bohnenstangen übernehmen auch einfache Dachlatten die gleiche Funktion. Stangenbohnen können ebenfalls wie oben beschrieben vorgezogen oder direkt ausgesät werden. Je höher die Bodentemperatur, desto schneller keimen die Samen. Um jede Stange legt man sechs bis zehn Samen in den Boden oder setzt die vorgezogenen Jungpflanzen. Die Pflege erfolgt analog zu Buschbohnen: Anhäufeln, gute Wasserversorgung ab der Blüte, keine Düngergaben. Etwa zehn Wochen nach der Aussaat beginnt die Ernte. Auch bei Stangenbohnen empfiehlt sich regelmäßiges Durchpflücken alle drei Tage.

Die Blüten der Feuerbohnen haben einen hohen Zierwert. Foto: Karin Stern

Prunk- oder Feuerbohnen (Phaseolus coccineus) bieten neben den leckeren Hülsen auch hübsche Blüten. Sie werden nicht nur als Nutzpflanze eingesetzt, sondern dienen auch als Zierpflanze. Je nach Sorte wachsen Prunkbohnen 2 bis 4 m hoch. Sie zählen zu den Langtagspflanzen. Die Bildung der leuchtend roten Blüten setzt daher erst bei über zwölf Stunden Tageslicht ein. Die Hülsen der Prunkbohnen werden je nach Sorte bis zu 30 cm lang. Tipp: jung ernten und wie Busch- oder Stangenbohnen zubereiten. Aussaat und Pflege erfolgen wie oben bei den Stangenbohnen beschrieben. Wer die Pflanzen zu Zierzwecken kultiviert, putzt regelmäßig Verblühtes aus, um eine Nachblüte zu fördern. Bei heißer Witterung brauchen Prunkbohnen viel Wasser. Eine Düngung ist wie bei Stangen- und Buschbohnen nicht nötig. 

Feuerbohnen erntet man möglichst jung. Sie lassen sich wie Busch- oder Stangenbohne zubereiten. Foto: Karin Stern

Sortentipps

Buschbohnen (Auswahl):
grüne Hülsen: ‚Delinel‘, ‚Domino‘, ‚Maxi‘ 
sehr früh: ‚Maja‘, ‚Marona‘
Gluckentyp: (Hülsen sitzen in Büscheln oberhalb der Blätter): ‚Cropper Teepee‘
gelbe Hülsen: ‚Voletta Wachs‘, ‚Dior‘, ‚Dorado‘
blaue Hülsen: ‚Bluevetta‘

Stangenbohnen (Auswahl):
grüne Hülsen: ‚Algarve‘, ‚Matilda‘, ‚Neckarkönigin‘, ‚Cobra‘
gelbe Hülsen: ‚Neckargold‘
blaue Hülsen: ‚Blauhilde‘ (färbt sich beim Kochen grün) 

Prunkbohnen (Auswahl):
‚Hestia‘: niedriger, buschiger Wuchs, ideal für Ampel oder Balkonkasten
‚Butler‘: kräftiger Wuchs auch bei kühler und feuchter Witterung
‚Rotblühende‘: sehr starkwüchsig, hoher Zier- und Nutzwert
‚Lady Di‘: 30 cm lange Hülsen, sehr ertragreich

Zuckerwirtschaft spürt Krieg in der Ukraine

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Die Rübenkampagne 2022/23 barg für die deutsche Zuckerwirtschaft zahlreiche Herausforderungen. Das zeigt die Bilanz, die von der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker (WVZ) vorgelegt wurde. Großen Einfluss hatte der Krieg in der Ukraine. Laut WVZ erforderte der drohende Gasmangel hohe Investitionen in die standortspezifische Energieversorgung der Fabriken.

Den Landwirten haben der WVZ zufolge eine lang anhaltende Trockenheit, ein erhöhter Schädlingsdruck und früher Frost am Jahresende zu schaffen gemacht. Unter dem Strich der Kampagne 2022/23 stehen nach Angaben des Branchenverbandes rund 3,87 Mio. t Zucker, die aus 25,36 Mio. t Rüben erzeugt wurden. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zuckerproduktion damit um 14,9 % zurückgegangen. Das Rübenaufkommen fiel trotz größerer Fläche um 13,4 % kleiner aus. Dabei sank der Ertrag im Mittel von 82,4 t/ha Rüben auf nur 70,3 t/ha. Die Anbaufläche war um 5.527 ha oder 1,6 % auf 360.691 ha ausgeweitet worden.

Die zu bewältigenden Herausforderungen dürften in absehbarer Zeit auch nicht weniger werden. Sorgen bereiten der WVZ besonders politische Vorhaben wie die Brüsseler Pläne zur Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und das Freihandelsabkommen der EU mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten. Laut dem Vorsitzenden der Vereinigung, Dr. Stefan Streng, sollte in Sachen Pflanzenschutz auf Innovationen statt Verbote gesetzt werden. „Einsatzmengen lassen sich mit intelligenten Technologien reduzieren, solange uns ein Spektrum von Wirkstoffen erhalten bleibt“, so Streng. Bemühungen für mehr Umweltschutz und höhere Nachhaltigkeitsziele seien jedoch vergeblich, wenn europäischer Rübenzucker durch Importzucker verdrängt werde.

Angesichts der gestiegenen Produktions- und Betriebskosten seien die aktuellen Preisentwicklungen auf dem EU-Zuckermarkt und die stabile Nachfrage eine gute Grundlage für die kommende Rübenkampagne, so die WVZ. age

Produktion von Biozucker in der EU erheblich ausgeweitet

Die Produktion von Biozucker in der EU ist in der Kampagne 2021/22 deutlich angestiegen. Foto: Imago

Die europäischen Zuckererzeuger haben die Produktion von Biozucker zuletzt deutlich gesteigert. Das geht aus dem Statistischen Bericht 2021/22 hervor, den der Verband der Europäischen Zuckerindustrie (CEFS) vorgelegt hat. Demnach wurden im Rahmen der Kampagne 2021/22 in der EU-27 insgesamt 59.898 t Biozucker hergestellt; 2020/21 waren es erst 35.790 t gewesen. Spürbar ausgeweitet wurde auch die Anbaufläche. Laut Bericht wurde die nach ökologischen Kriterien bewirtschaftete Rübenfläche um 2.517 ha auf 9.251 ha ausgedehnt. Deutlich verbessert hat sich der Ertrag der Biolandwirte, der 2021/22 um fast 20 % auf 6,3 t Zucker pro Hektar zulegen konnte. Im Vergleich zum fünfjährigen EU-Mittel von 11,6 t/ ha im konventionellen Anbau fällt der Ertrag im Ökolandbau allerdings immer noch mager aus. Insgesamt wurden in der EU im Berichtsjahr rund 16,28 Mio. t Zucker erzeugt; das waren 14,2 % mehr als in der vorangegangenen Kampagne. Die dafür genutzte Fläche blieb mit 1,41 Mio. ha weitgehend stabil. 

Betrachtet man den Zuckerrübenanbau in der EU insgesamt, führen Frankreich und Deutschland, dort wurden laut CEFS 356.000 ha beziehungsweise 355.000 ha angebaut. An dritter Stelle folgte Polen mit 251.000 ha Zuckerrübenfläche. In Frankreich und Deutschland wurden im Rahmen der Kampagne 2021/22 insgesamt jeweils rund 4,55 Mio. t Zucker erzeugt, in Polen waren es 2,31 Mio. t. Westlich des Rheins wurden dafür 21 Fabriken betrieben; bundesweit waren es 18 und in Polen 17. Bezogen auf die gesamte EU wurde an 89 Standorten Zucker erzeugt. 2020/21 waren es noch 91 Fabriken gewesen, dem Bericht zufolge wurde jeweils ein Standort in Kroatien und Rumänien geschlossen. Die jüngste Kampagne nahm laut CEFS durchschnittlich 119 Tage in Anspruch und dauerte damit neun Tage länger als die vorangegangene.  age

„Das Programm seid ihr!“

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„Was für ein Start! Wir haben gewettet, wie viele von euch unsere Einladung annehmen würden, aber mit diesem Zuspruch hat keine von uns gerechnet“, verriet Hannah Kluvetasch angesichts der gut 100 Frauen, die vergangenen Donnerstagabend zum ersten Treffen der Jungen LandFrauen Ostholstein nach Schönwalde am Bungsberg gekommen waren.

Die Erzieherin gehört zum Orga-Team, das das Angebot der Ostholsteiner LandFrauen um ein junges Angebot erweitern will. Wobei „jung“, wie sich im Verlauf der Veranstaltung zeigte, keineswegs ausschließlich als Frage des Geburtsjahrgangs verstanden werden soll. Worum geht es dann? Es geht um neue Ideen, frischen Schwung, um ein Miteinander der Generationen.

Dass die Jungen LandFrauen genau dabei eine gewichtige Rolle spielen können, hat Ingrid Schumacher in Flensburg erfahren. Zwei Jahre hat sie beruflich dort verbracht und die Initiative während dieser Zeit kennengelernt. Jetzt hat die Kundenbetreuerin in einem Saatgutunternehmen ihren Lebensmittelpunkt in Langenhagen gefunden und Bewegung in den Kreisverband der Ostholsteiner LandFrauen gebracht. Ohne Mitstreiterinnen gehe das naturgemäß nicht, weiß die junge Frau, aber Gleichgesinnte waren bald gefunden: Neben Hannah Kluvetasch gehört Bauingenieurin Lisa Meier zum Initiativteam, das sich Anfang des Jahres zusammengetan und gleich an die Arbeit gemacht hat.

Dabei stehen die Jungen LandFrauen nicht allein da. „Ihr seid von selbst auf uns zugekommen und wir werden euch jede Unterstützung bieten“, sicherte die Vorsitzende der Ostholsteiner LandFrauen, Kathrin Dehn-Schumacher, in ihrer kurzen Ansprache zu. Die Zusammenarbeit ist längst angelaufen. Die Jungen LandFrauen waren bereits bei Sitzungen und Zusammenkünften dabei. Für alle sei gleich klar gewesen: „Die Chemie stimmt, weil es nicht um Konkurrenz geht, sondern um Bereicherung und eine erweiterte Perspektive, für alle“, so die Jungen LandFrauen. Und so wurden fröhlich Blümchen und Eierlikör getauscht, ehe es ans Arbeiten ging.

„Das Programm seid ihr“, mit diesen Worten, die gleichermaßen Ermunterung wie Anspruch bedeuten, schickte Hannah Kluvetasch die anwesenden Frauen in einen angeregten ersten Austausch. Zentrale Frage an den symbolischen Ortsschildern der sieben Ostholsteiner Ortsvereine: Was interessiert euch? Was soll bei den Jungen LandFrauen stattfinden? Peinliche Stille kam da nicht auf, der Saal rauschte von angeregten Gesprächen: „Ich war schon bei den Tagesseminaren der LandFrauen, das sind Einblicke, die man woanders nicht bekommt“, sagte Karina Dohse aus der Gemeinde Ahrensbök. Kristina Balfanz war aus Gießelrade gekommen, neugierig auf die Jungen LandFrauen. Sie könnte sich einen Erste-Hilfe-Kurs mit dem Fokus auf Kinder ebenso gut vorstellen wie einen Cocktailabend in netter Runde, denn Austausch sei wichtig.

Das war auch ein Schlüsselbegriff an diesem Abend und zugleich der rote Faden, der die Ergebnisse des Brainstormings verwob, die vom Vortrag zu Sprache und Konfliktlösung über Spieleabende bis zur Eisverkostung reichten. Reichlich Input, aus dem das Orga-Team etwas wachsen lassen will. Ganz ohne Plan waren die drei natürlich nicht angetreten. Am 19. Mai bittet Hannah Kluvetasch zu einem Lagerfeuerabend, für den 17. Juni bereitet Ingrid Schumacher Kreativ-Motiv-Bretter vor. Dass es bei allen Aktivitäten um weit mehr geht als unbeschwerte Freizeitgestaltung, machte Claudia Jürgensen deutlich. Seit 1. April ist sie die neue Präsidentin der LandFrauen in Schleswig-Holstein: „Es ist meine zweite Veranstaltung im Amt und ich freue mich sehr, dass die bei den Jungen LandFrauen stattfindet“, betonte sie und unterstrich die gesellschaftspolitische Dimension dieser Arbeit: „Wenn es um Frauen im ländlichen Raum geht, werden wir gefragt.“ Eines von vielen guten Argumenten, sich an diesem sprudelnd lebendigen Abend den Jungen LandFrauen anzuschließen oder bei einer ihrer künftigen Veranstaltungen dabei zu sein. Informationen gibt es unter anderem auf Insta­gram unter jungelandfrauen.oh

Am Ortsschild Bosau versammelten sich junge Frauen, die wie Kristina Balfanz (2. v. r.) aus Gießelrade, neugierig waren, was ihnen die Jungen LandFrauen zu bieten haben.
Lauter gute Ideen: Auf der Auftaktveranstaltung in Schönwalde brachten Meike John, Svea Dressel, Karina Dohse und Rika Kleingarn aus der Gemeinde Ahrensbök (v. li.) ihre Erwartungen an künftige Treffen der Jungen LandFrauen zu Papier.Fotos: Astrid Jabs
Sie haben die Jungen LandFrauen in Ostholstein ins Leben gerufen: Ingrid Schumacher, Hannah Kluvetasch und Lisa Meier (v. li.).

Alleinfutter für tragende und säugende Sauen

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Im November und Dezember vergangenen Jahres wurden in Schleswig-Holstein Alleinfutter für tragende und säugende Sauen vom Verein Futtermitteltest (VFT) beprobt, überprüft und bewertet.

Durch Mitarbeiter der Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein und der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein wurden die Proben direkt bei Anlieferung des Futters auf den Betrieben gezogen. Nach Untersuchung im Labor der Agrolab Lufa Kiel erfolgte die Bewertung beim VFT. Sobald hier eine Abweichung von der Deklaration oder den Vorgaben und Richtwerten festgestellt wird, wird das Futter durch ein zweites Labor überprüft. Dadurch wird die Gefahr von Analysefehlern minimiert und tatsächliche Abweichungen werden abgesichert.

Hinweise zur Vorgehensweise des VFT bei der Bewertung der Futtermittel, zu Anforderungen und fachlichen Vorgaben sind im Internet unter www.futtermitteltest.de zu finden. Über diese Seite ist ebenfalls ein Zugriff auf die Ergebnisse verschiedener Futtertypen in den einzelnen Regionen möglich.

Alleinfutter für Sauen aus Schleswig-Holstein

Im Test 88/2022 wurden vier ­Alleinfutter (AF), zwei für tragende Sauen und zwei für säugende Sauen, von zwei verschiedenen Herstellern untersucht.

Die AF für tragende Sauen waren mit 12 MJ ME/kg beziehungsweise 11,5 MJ ME/kg bei 14 % und 12,5 % Rohprotein mit 0,6 % und 0,62 % Lysin, 0,7 % und 0,76 % Kalzium und 0,51 % beziehungsweise 0,53 % Phosphor deklariert.

Die AF für säugende Sauen waren mit 13 MJ ME/kg und 12,8 MJ ME/kg bei 17 % und 16 % Rohprotein mit 0,95 % beziehungsweise 0,98 % Lysin, 0,85 % und 0,86 % Kalzium sowie 0,48 % beziehungsweise 0,55 % Phosphor deklariert.

Kommentierung der Alleinfutter für Sauen

Bezüglich der Genauigkeit der Nährstoffangaben der Hersteller (Deklarationseinhaltung) wurden die angegebenen Gehalte an Energie und den wesentlichen Nährstoffen mit den Laborbefunden verglichen (Tabelle 1). Alle Deklarationswerte wurden bestätigt.

Bei der fachlichen Bewertung (Tabelle 2) wird die Übereinstimmung der tatsächlichen Gehalte mit fachlich abgeleiteten Richtwerten bezüglich des Energieniveaus und der Aminosäuren- sowie Mineralstoffversorgung unter Berücksichtigung des vorgesehenen Einsatzzweckes beurteilt. Dieser wird dabei dem Fütterungshinweis beziehungsweise der Bezeichnung des Futters entnommen. Die Aussagefähigkeit des Fütterungshinweises wird mit beurteilt. Die vier untersuchten Futter hielten die Vorgaben im Rahmen der engen Toleranzen des VFT ein und erreichten nach Überprüfung der Deklaration und Bewertung des Einsatzzweckes eine sehr gute Bewertung – Note 1.

Alle beprobten Futter enthielten einen Phytasezusatz, was die Verdaulichkeit von Phosphor und Kalzium erhöht und eine Reduzierung der Mineralergänzung ermöglicht – so sind bei entsprechendem Zusatz die Richtwerte für Kalzium und Phosphor um 0,08 g/MJ ME niedriger.

Die vorliegenden Testergebnisse beziehen sich ausschließlich auf die geprüften Futterchargen und dürfen nicht generell für die Beurteilung der Futtertypen herangezogen werden. Sie lassen ebenfalls keine Rückschlüsse auf die übrigen Produkte der beteiligten Mischfutterhersteller zu.

Die Prüfung von Mischfutter durch den VFT wird durch Zuschüsse des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.

Mo Trac – Landmaschinen in Modellformat

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4.800 Modelltraktoren nennt Roman Molt aus Quarnbek sein Eigen. „Das geht über normale Sammelleidenschaft hinaus. Man kann sagen, ich bin total verrückt nach Treckern“, erklärt er. Eine Verrücktheit, die er mit unzähligen weiteren Sammlern europaweit und in den USA teilt. Mit der Modelltraktorenmesse „Mo Trac“, die vergangenen Sonntag in Bollingstedt zum zweiten Mal nach 2019 stattfand, verwirklichte sich Roman Molt seinen Traum von einer eigenen Messe.

Die Aussteller präsentierten eine Vielzahl an Modellen und Sonderanfertigungen

Die großen Schlepper und Anhänger der Firma Hand Landmaschinen mussten ausnahmsweise mal für einen Tag aus den Hallen weichen und für die unzähligen kleineren Modellvarianten der Aussteller Platz machen, die mit Teilnehmern aus Dänemark und Holland zudem für internationales Flair bei der Messe sorgten. Neben den Modellen in verschiedenen Größen und Ausführungen konnten die Besucher auch Dioramen bewundern, also detailgetreue Nachbauten von Landschaften oder Höfen in unterschiedlichen Maßstäben. Oder auch selber mittels Fernbedienung Baumaschinen, Bagger, Lkw oder Treckergespanne lenken, was viele der männlichen Besucher wieder zu Kindern werden ließ. Über 1.011 Besucher konnten sich Initiator Roman Molt und seine Tochter Rena Kemski freuen, ein voller Erfolg. „Wir wussten nicht, womit wir rechnen können, aber dass die Resonanz so groß ist, freut uns riesig“, erklärt Rena Kemski, die ihren Vater bei der Organisation und Durchführung der Messe unterstützt. Der zeigte sich ebenfalls überwältigt und dankbar. Mit den Hallen und dem Gelände der Firma Hand Landmaschinen habe er einen idealen Veranstaltungsort finden können und gleichzeitig einen Familienbetrieb, der voll hinter seiner Messeidee stehe, „das ist nicht selbstverständlich“, weiß Roman Molt, der im ganzen Land nach Ausstellungsmöglichkeiten gesucht hatte.

Mo-Trac-Initiator Roman Molt mit Tochter und Mitorganisatorin Rena Kemski

Seine Leidenschaft für Traktoren und Landwirtschaft begann bereits in seiner Kindheit. „Als ich anderthalb Jahre alt war, sind wir in das Torhaus des Gutes Quarnbek gezogen“, erzählt er. Dort begeisterte er sich schnell für die Trecker und Maschinen sowie für die Tiere des Hofes. Die Treckerbegeisterung hielt an und mündete in sein erstes Modell, einen kleinen, nicht lenkbaren Porsche. Daraus entwickelte sich über die Jahrzehnte seine Sammelleidenschaft. Dabei profitierte er auch von seinem Cousin, der einen Spielzeugladen betrieb und ihm jeden Freitag ein neues Modell mitbrachte. Inzwischen sind es 4.800 Stück, plus die, die zum Verkauf stehen. Bestimmte Marken oder Hersteller favorisiert er nicht: „Wenn es einzigartige Stücke mit speziellen Besonderheiten sind, ist mir die Marke egal“, so der Sammler. Von seinen Modellen einige auszustellen oder zu verkaufen, kam ihm dabei zunächst gar nicht in den Sinn.

Rena Kemski sammelt pinkfarbene Treckermodelle.

Erst der 2018 verstorbene Betreiber der Husumer Traktorado-Messe und gute Freund von Roman Molt, Jens Heine, brachte ihn auf die Idee, sich auch mal von dem einen oder anderen Modell zu trennen. „Mit einem eigenen Stand auf der Messe zu stehen, hat mir so viel Spaß gemacht“, erzählt Roman Molt. Es folgten Messebesuche in ganz Deutschland, Dänemark, Holland, Frankreich und sogar in den USA. Irgendwann reifte in ihm der Wunsch nach einer eigenen Messe. „Die Traktorado fand bis auf die Pause in den vergangenen Jahren immer im Spätherbst statt, ich wollte als Ergänzung dazu etwas im Frühjahr veranstalten“, so Molt. 2019 war es so weit und Roman Molt konnte mit der ersten Mo Trac seinen Traum von einer Messe für Modelltraktoren und -baumaschinen verwirklichen. „Und das auch nur, weil meine Familie hinter mir steht und mich bei allem unterstützt. Sonst könnte ich meine Treckerverrücktheit so nicht leben“, so Roman Molt. Tochter Rena sieht sich selbst mehr als die „Orga-Tante“ denn als Sammlerin. Doch auch ihre gut 15 Modelle sind besonders: „Sie müssen pink sein.“

Viele Besucher kamen zur Mo Trac
Sand schaufeln machte besonders den männlichen Besuchern Spaß. 
Wenn Männer wieder zu Kinder werden …
Kaj und Aage Jessen aus Dänemark haben sich auf das Drucken von Teilen und Fahrzeugen mit dem 3D-Drucker spezialisiert. 
Modelle aus dem 3D-Drucker
Aussteller kamen auch aus Holland und Dänemark
Es sind diese Details, die die Modelle so besonders machen.
Nicht nur Fahrzeuge im Modellformat gab es zu bestaunen und kaufen, sondern auch Anbaugeräte. 
Mo Trac, Modelltraktoren, Messe, Bollingstedt, Roman Molt und Rena Kemski
Fotos: Iris Jaeger und Privat
Moderne Ausbringtechnik gibt es ebenfalls schon im Modellformat.
Diorama von Trino Klingenberg
Detailgetreue Nachbildung eines landwirtschaftlichen Betriebes


Diesel- und Heizölpreise unter Druck

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Die Spritpreise sind aktuell so günstig wie zuletzt Ende 2021. Die Dieselpreise sind an den Tankstellen deutlich unter 1,60 €/l gefallen. Für Heizöl werden weniger als 90 ct/l verlangt. Grund für den Preissturz sind die weiter stark fallenden Rohölpreise und der scharfe Rückgang der Preise beim wichtigen Vorprodukt Gasöl. Die günstigen Kurse haben die Nachfrage belebt. Viele Heizölkunden füllen die im Winter verbrauchten Vorräte wieder auf. Auch Landwirte schließen Kontrakte über Diesel für das laufende Jahr ab. Dabei ist nicht sicher, ob die Kurse nicht noch weiter fallen.

Ein Grund für diese Entwicklung sind die reduzierten Rohölpreise. In New York ist die Notierung für WTI-Öl vom Höchststand 125 ­US-$/ bbl vom März des Vorjahres auf 67 US-$/bbl Mitte März dieses Jahres gefallen. Seitdem sind die Rohölpreise wieder etwas gestiegen und lagen Ende letzter Woche bei 77 US-$/bbl. Aktuell sorgen weltweit schwache Wirtschaftsdaten, die Angst vor steigenden Zinsen und hohe Öl- und Benzinvorräte für eine eher schwächere Preisprognose. Ein Parameter ist die Dieselnachfrage für den Lkw-Verkehr, der sowohl in den USA als auch in China erhoben wird. In beiden Ländern zeigen sich deutlich reduzierte Umsatzmengen für den Schwerlastverkehr. Viele Wirtschaftsberichte erwarten eine Verlangsamung der Konjunktur, was auf eine rückläufige Energienachfrage und nachgebende Rohölpreise hindeutet. In den USA steigen bereits jetzt die Arbeitslosenzahlen spürbar an. Mit großem Interesse werden die nächste Zinsentscheidungen der europäischen und der amerikanischen Zentralbank erwartet. Diese werden Anfang Mai veröffentlich. Für China gibt es jedoch auch Prognosen, die eine baldige Erholung der Wirtschaft vorhersagen. Diese könnte die Ölnachfrage wiederbeleben. Auf der anderen Seite nimmt die Gefahr von geopolitischen Spannungen zu. Dabei stehen Russland und China dem Westen mit den USA gegenüber.

Umfangreiche russische Ölexporte

Während die Opec-Plus-Länder eine Förderbegrenzung beschlossen haben, um das Angebot an die reduzierte Nachfrage anzupassen, verkauft Russland so viel Öl und Ölprodukte wie seit Jahren nicht. Die russischen Öllieferungen in das Ausland lagen im März auf dem Niveau vom April 2020 – trotz der westlichen Sanktionen gegen russisches Erdöl. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt die russischen Einnahmen aus dem Ölgeschäft im März auf 12,7 Mrd. US-$. Damit seien die Exporteinkünfte im Monatsvergleich zwar um etwa 1 Mrd. US-$ höher ausgefallen, allerdings seien die Einnahmen im Jahresvergleich um 43 % eingebrochen. Russland bietet Rohöl derzeit deutlich günstiger an. In den vergangenen Monaten richteten sich die russischen Ölexporte nach Medienberichten verstärkt in Richtung China, Indien und Türkei. Die Lieferungen werden dabei mit Tankern über den Seeweg abgewickelt. Diese Mengen gelangen über Umwege auch nach Europa. So soll aktuell viel Diesel aus Indien in die EU eingeführt werden. Hier sieht man den Ursprung in Russland.

Diesel wieder günstiger als Benzin

An den hiesigen Tankstellen ist Diesel mittlerweile wieder günstiger als Benzin. Erstmals nach neun Monaten war Diesel im März 2023 billiger als Super E10. Durch die jüngsten Preisabschläge für Diesel sollte sich diese Schere weiter öffnen. Rein steuerlich müsste 1 l Diesel an der Zapfsäule etwa 20 ct günstiger sein als 1 l Super E10. Aktuell liegt der Preisabstand bei zirka 14 ct. Die fehlenden Öl- und Diesellieferungen aus Russland haben dafür gesorgt, dass Diesel im vorigen Jahr teurer als Benzin verkauft wurde. Der Kriegsbeginn sorgte für eine dauerhaft hohe Nachfrage. Zudem griff die Industrie verstärkt auf Diesel als Gasersatz zurück.

Rund ein Jahr nach ihrem drastischen Anstieg zu Beginn des Ukraine-Krieges haben sich die Spritpreise wieder normalisiert. Im Verhältnis zu den aktuellen Rohölpreisen sind Spritpreise hierzulande eigentlich noch zu teuer. Doch die Mineralölkonzerne haben offenbar auch die Gelegenheit genutzt, die eigenen Gewinne zu erhöhen.