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Gemeinsam gegen psychische Belastungen

Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (LKSH) und die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) gehen seit Anfang des Jahres gemeinsame Wege, um Menschen in der Land-, Forstwirtschaft und im Gartenbau, die unter psychischen Belastungen gesundheitlich leiden, zu unterstützen.

Das Konzept „Mit uns im Gleichgewicht gegen psychische Belastungen in der Landwirtschaft“ wurde nun der Öffentlichkeit im Lehr- und Versuchszentrum in Futterkamp vorgestellt. Parallel dazu fand dort ein Workshop der beteiligten Beratungskräfte statt, um sich für diese präventive Aufgabe noch besser zu vernetzen und weitere Absprachen über Strukturen zu treffen.

Jeder kennt Betroffene, und sie kommen in allen Gesellschaftsschichten und Branchen vor, auch im Agrarbereich. Die Zahl der an Depressionen und Burn-out Erkrankten ist nach Angaben der SVLFG auch im landwirtschaftlichen Bereich gestiegen. Um hier präventiv zu unterstützen, haben sich Landwirtschaftskammer und SVLFG zu einer Kooperation entschlossen, um in solchen Belastungssituationen wirksam zu beraten.

Denn psychische Belastungen sind oft mit großen Herausforderungen im Umfeld gekoppelt, wie zum Beispiel familiären Konflikten, unklarer Betriebsnachfolge, finanziellen Problemen oder auch Pflegesituationen et cetera, die krank machen können.

Das gemeinsame Projekt „Mit uns im Gleichgewicht“ richtet sich an Mitglieder der Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK), denen nun beispielsweise anteilig die Kosten für die sozioökonomische Beratung und Mediation der Landwirtschaftskammer erstattet werden. Erfahrene Beratungskräfte der Kammer begleiten Unternehmerinnen, Unternehmer und Familienmitglieder durch schwierige betriebliche und familiäre Situationen. Im Fokus steht dabei immer der Mensch.

Im Rahmen eines Pressegespräches wurde das Kooperationskonzept der SVLFG und der LKSH „Mit uns im Gleichgewicht gegen psychische Belastungen in der Landwirtschaft“ in Futterkamp der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach Bayern und Niedersachsen geht auch Schleswig-Holstein diese Kooperation ein.

Belastungsfaktoren reduzieren

Auf den folgenden Seiten schildert zum einen ein Betroffener, wie er aus der Krankheitsspirale wieder hinausgekommen ist (Seite 48, Bauernblatt Ausgabe 12/23), und es erläutert ein Wissenschaftler, wie wirksames Stressmanagement funktioniert (Seite 49, Bauernblatt Ausgabe 12/23). Vielleicht findet sich der eine oder andere in diesen Schilderungen wieder. Dann lohnt es sich, das Angebot der SVLFG, gekoppelt mit den Dienstleistungen der Landwirtschaftskammer, näher in Augenschein zu nehmen.

Die Präsidentin der Landwirtschaftskammer, Ute ­Volquardsen, begrüßt die Kooperation mit der SVLFG außerordentlich: „Wir haben nun ein Instrument in der Hand, um Landwirten und Landwirtinnen und ihren Familien noch konkreter Hilfe an die Seite zu stellen, die auch finanziell unterstützt wird. Denn unsere Erfahrungen mit Veränderungsberatung (Changemanagement), Mediation und Hofübergabegesprächen und auch der sozioökonomischen Beratung sind sehr gut. Kommt es zur Lösung einer Situation im Vorfeld, kann es gelingen, dass Menschen ihre Resilienz zurückgewinnen und gar nicht erst krank werden – sozusagen Gesundheitsprävention durch Beratung.“

Der Vorstandsvorsitzende der SVLFG, Walter Heidl, ergänzt: „Wir bieten dieses präventive Gesundheitsangebot an, weil solche Belastungen wesentlich zu chronischen psychischen und physischen Krankheiten beitragen. Werden die Belastungsfaktoren reduziert, ist dies ein wertvoller Beitrag zur Gesunderhaltung der Menschen in der Grünen Branche.“

Regina Eichinger-Schönberger, Stabsstelle Gesundheitsangebote, verantwortlich für das Projekt sozioökonomische Beratung und Mediation bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), und Sönke Harders, langjähriger Berater der Landwirtschaftskammer unter anderem in den Bereichen Prozessberatung, Coaching und sozioökonomische Beratung, vermitteln, worauf es in Belastungssituationen in der Landwirtschaft bei präventiven Maßnahmen ankommt.

Teilfinanzierung der Beratungsstunden

Die SVLFG übernimmt in dieser Kooperation die Finanzierung von bis zu zehn Beratungsstunden pro Präventivmaßnahme für Mitglieder der LAK – also zum Beispiel bis zu zehn Stunden Konfliktberatung und bis zu zehn Stunden für ein anderes Angebot. Sönke Harders, langjähriger Berater der Landwirtschaftskammer, berichtet, dass komplexe Fälle mitunter 40 bis 50 Gesprächsstunden bis zu einer Lösung in Anspruch nehmen könnten und dies eine gute Anschubfinanzierung durch die SVLFG sei.

Und Enno Karstens, Abteilungsleiter Bildung, Betriebswirtschaft und Beratung, ergänzt, dass die sozioökonomische Beratung der Landwirtschaftskammer auch in Teilen durch das Land finanziert werde. Eine Doppelförderung sei hier nicht gegeben und ausgeschlossen.

Auf die Frage, was jetzt neu sei an den Aufgaben, sagt Karstens: Die Zusammenarbeit zwischen SVLFG und Landwirtschaftskammer werde nun institutionalisiert und das gegenseitige Miteinander noch besser verwoben.

Erfolge durch gezielte, präventive Beratung messbar

Ergebnisse der SVLFG zeigen bei einer zu Beginn sehr hohen Belastung der Betroffenen, dass sich deren Gesundheitszustand durch die Beratung signifikant verbessert. Dies schildert Regina Eichinger-Schönberger aufgrund von Auswertungen unter den Mitgliedern der SVLFG in Bayern und Niedersachsen. Aufgrund der Wirksamkeit habe man sich jetzt auch entschieden, in Schleswig-Holstein diese Kooperation – hierzulande mit der Landwirtschaftskammer – einzugehen.

Ähnliche Kooperationen bestehen schon in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sowie in Bayern und Niedersachsen. Weitere Bundesländer sollen folgen. Eine Voraussetzung sei dafür die Sicherstellung einer hohen Qualität der Beratung. Die Ergebnisse der SVLFG zeigen eine nachhaltige Verbesserung der Gesundheit bei einer Begleitung durch Fachexperten. „Bei dieser Kooperation bringen beide Partner ihre Kernkompetenzen ein“, so Eichinger-Schönberger.

Nachfrage nach Beratung steigt

Die SVLFG stellt zudem fest, dass ihre Krisenhotline immer mehr in Anspruch genommen wird, dass die Einschreibezahlen beim Telefoncoaching steigen und dass der Anteil an bereits psychisch Erkrankten, die gerne ein Präventionsangebot in Anspruch nehmen würden, deutlich höher ist als erwartet. Über die Hälfte der Krisenhotline-Anrufer sowie der Telefoncoaching-Teilnehmenden sind Männer. Dies betont auch Enno Karstens. Für Männer sei es oft leichter, sich anonym telefonisch zu melden als direkt zu einem persönlichen Gespräch zu gehen.

Insgesamt stellen beide Institutionen fest, dass in der Landwirtschaft ein hoher Druck zur Veränderung bestehe, vielleicht sogar höher als in anderen Branchen. Die Kammer berichtet zudem, dass die Nachfrage nach Beratung insgesamt deutlich gestiegen sei. Der Bedarf an sozioökonomischer Beratung sei aufgrund der hohen Agrarpreise zuletzt zwar etwas zurückgegangen, die Zahl der Beratungsfälle rund um das Thema Konflikte und Mediation steige aber.

An Bedeutung gewinne auch der Bereich der Prozessberatung, der die Menschen in den Mittelpunkt stellt im Kontext mit Umfeld und Wirkungsgebiet. Für diese Beratungsbereiche steht ein extra ausgebildetes Beraterteam bei der Kammer zur Verfügung (siehe auch Bild oben rechts). Man ist jetzt gespannt, wie gut das neue Präventionsangebot von SVLFG und Landwirtschaftskammer „Mit uns im Gleichgewicht gegen psychische Belastungen in der Landwirtschaft“ angenommen wird.

Weitere Fachinformationen unter: www.svlfg.de/gleichgewicht, Tel.: 05 61-785-1 05 12 (Telezentrum SVLFG), gleichgewicht@svlfg.de und unter www.lksh.de/­beratung sowie bei Sönke Harders (sharders@lksh.de) oder Enno Karstens (ekarstens@lksh.de) von der Landwirtschaftskammer und unter www.lksh.de/beratung


„Mit uns im Gleichgewicht“ –
ein kurzer Überblick

Eine Auswahl der Angebote:

Krisenhotline Tel.: 05 61-785-1 01 01 (24 Stunden an sieben Tagen die Woche)

Trainings- und Erholungswoche für ­pflegende Angehörige

Auszeit für pflegende Eltern

gesunder Umgang mit Stress / Seminar Stressmanagement

• Seminar „Gesprächsführung nach ­traumatischen Erlebnissen“

Seminar „Gesund führen“

Präventionsprogramm „Stark gegen Stress“

intensives Einzelfallcoaching


Aufgaben der Landwirtschaftskammer
als Kooperationspartner

Unterstützung der Kunden bei Lösung von ­Konflikten mit ausgebildeten Mediatoren

Einsatz von ausgebildeten systemischen ­Coaches bei Themen wie Strategien, ­Mitarbeiterführung, schwierigen Entscheidungen, Teambildung, ­Veränderungsprozessen

Beratung zu zukünftigen Geschäftsmodellen durch Prozessberatung

mehrtägige Betriebsleiterseminare zu Themen wie „Zusammenarbeit zwischen den ­Generationen“ et cetera

sozioökonomische Beratung mit klassischem ­Aufgabenprofil


Was bietet die sozioökonomische Beratung der Kammer?

Die sozioökonomische Beratung richtet sich an landwirtschaftliche Betriebe und landwirtschaftliche Familien, die aufgrund finanzieller, persönlicher, familiärer oder gesundheitlicher Probleme unter Druck stehen und sich dadurch in einer schwierigen betrieblichen Situation befinden. Die sozioökonomische Beratung umfasst folgende Aufgaben:

Überprüfung auf Ressourcen und Anpassungsmöglichkeiten innerhalb der Familie beziehungsweise des Betriebes zur Entwicklung langfristig stabiler Lösungen

Unterstützung bei der Klärung persönlicher/familiärer Konflikte/Krisen

Unterstützung bei Verhandlungen und Gesprächen (unter anderem mit Banken)

Beratung existenzgefährdeter Betriebe bei notwendigen Konsolidierungs- und Anpassungsmaßnahmen (unter anderem wenn die Eigenkapitalbildung der vorigen drei Jahre negativ ausgefallen ist)

Hilfestellung bei der Aufgabe oder Umstellung eines Betriebes

Unterstützung bei Fragen der Hofübergabe nach der Höfeordnung sowie von Betrieben ohne direkten Hofnachfolger mit dem Ziel einer effektiven und stabilen Fortführung des Betriebes

Einkommens- und Vermögenssicherung für Familien in der Landwirtschaft – Wie geht es mit unserem Betrieb weiter?

Erstellung eines Sanierungsgutachtens in Anlehnung an den IDWS-6-Standard

Boxen hilft bei Integration

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„Hallo, ich bin Aminata, ich freu mich auf das Training mit euch“, mit diesen Worten begrüßte Schleswig-Holsteins Sozial- und Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) vergangene Woche ganz unbefangen die Teilnehmerinnnen und Teilnehmer am gemeinsamen Training beim Verein Unlimited Boxing in Kiel-Ellerbek. Die meisten der Kinder und Jugendlichen hatten zuvor noch keine Ministerin persönlich gesehen oder mit einer gesprochen. Dass es sich um einen besonderen Termin mit einer wichtigen Person handeln musste, merkten sie am Presserummel, denn an diesem Nachmittag wimmelte es nur so von Leuten mit Kameras, Handys und Schreibblöcken in der Hand.

Auspowern und Freunde treffen – für Samad (li.) und Rais ist Boxen mehr als nur ein Kampfsport.

Im Rahmen ihrer Tour „Schleswig-Holstein. Sozial. Stark.“ folgte Touré einer Einladung des Boxvereins, an einem Training mit Kindern und Jugendlichen aus den umliegenden Stadtteilen teilzunehmen, um die integrative und soziale Arbeit des Vereins kennenzulernen. Viele der jungen Leute haben einen Migrationshintergrund, leben in einem sozial problematischen Umfeld. „Wir werden hier täglich mit dem Ärger, den Sorgen und Problemen der jungen Leute konfrontiert“, erklärte Akbulat Uzuev, Boxer und Bruder von Boxstudio-Inhaber Zelim Uzuev. „Wir sind mit vielen Vereinen hier in Kiel vernetzt. Es ist wie eine eigene Welt hier. Die Kinder und Jugendlichen trainieren und treffen neue Freunde, anstatt draußen Blödsinn zu machen“, so Uzuev. Beim Forum für Migrantinnen und Migranten Kiel, das einmal im Monat im Kieler Rathaus stattfindet, hatten sie Aminata Touré angesprochen, mal vorbeizuschauen. Das machte sie und schaute nicht nur zu, sondern machte eine Stunde lang bei dem äußerst schweißtreibenden Training mit. Nebenbei blieb kurz Zeit, mit den Kindern und Jugendlichen zu sprechen. Deutlich wurde, dass Boxen viel mehr ist als nur mit den Fäusten um sich zu schlagen. Schon beim Betreten des Studios fiel auf, wie höflich, respektvoll und freundschaftlich alle miteinander umgingen. Das Training selbst ist fordernd, neben Kraft braucht es vor allem Ausdauer, Köpfchen und Kondition. „Boxen hilft uns, den Kopf frei zu bekommen“, erklärte Jura-Studentin Acelya Alic. Man sei nach dem Training ausgepowert und zufrieden. Ein Aspekt, den auch Oxana Bilkenroth, Vorstandsmitglied beim Forum für Migrantinnen und Migranten Kiel, hervorhob: „Den meisten fällt das Einleben als Migrant oder Migrantin schwer, vor allem wenn es mit der deutschen Sprache noch nicht gut funktioniert. Anstatt ihren Frust an anderen auszulassen, lernen sie hier, ihre Angst abzulegen. Durch das Boxen lernen sie ihre Stärken kennen und entwickeln ein Selbstbewusstsein. Dadurch gehen sie im Alltag anders in Konflikte hinein, handeln besonnener, weil sie wissen, dass sie stark sind und nicht angreifen müssen, um sich zu verteidigen.“

Boxen verbindet und macht stark



Natur und Alltag, zeitlos schön und doch real

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Mit gleich drei Ausstellungen startet die Herbert-Gerisch-Stiftung in Neumünster in die neue Saison. Vergangenen Sonntag fand die Frühjahrseröffnung mit Führungen durch die Ausstellungen von Rainer Gröschl in der Villa Wachholtz, Renate Löding im Gerisch-Souterrain sowie herman de vries in der Remise statt.

Drei Künstler, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und doch einen alle in irgendeiner Form die Natur und der Alltag, die sich thematisch wie ein roter Faden durch die Ausstellungen ziehen. Der Kieler Grafiker und Maler Rainer Gröschl möchte mit seinen Werken Geschichten erzählen, will aber mit seiner Symbolhaftigkeit den Betrachtern genug Raum für eigene Interpretationen geben. Seine „Musterunterbrechungen“, wie die Ausstellung in der Villa Wachholtz betitelt ist, reduzieren sich auf Formen und Farbe. Stilisierte Umrisse, Linien, Andeutungen lassen Objekte wie ein Haus, eine Waldlichtung, Köpfe oder Muster erkennen, gleichzeitig wirken sie durch Weglassen und Aussparen wenig konkret, laden dadurch zum Hinschauen, Entdecken, Interpretieren und Nachdenken ein.

Einige der Bilder haben keinen Titel: „Um die Besucher damit nicht zu sehr zu beeinflussen, jeder soll für sich selbst die Bilder deuten“, erklärt der Künstler, der aus dem grafischen Genre kommend die Malerei mit in sein Werk integriert hat und die vielfältigen Möglichkeiten von beidem nutzt. Viele seiner Arbeiten sind erst kurz vor Ausstellungsbeginn fertig geworden wie das Werk „Der Traum ist aus“, in dem er den Ukraine-Krieg thematisiert. Es wirkt farbenfroh und leuchtend, sei aber ein Protestbild. „Aktiv zu malen und Kunst zu machen, hilft mir, belastende Situationen aufzulösen“, erklärt Rainer Gröschl.

Lichtung von Rainer Gröschl

Zur Ausstellungseröffnung ließ er die Besucher selbst am Anfertigen eines Kunstwerkes teilhaben, indem er eine Tiefdruckplatte auslegte, auf der die Besucher mit entsprechendem Werkzeug Botschaften und Wünsche an die Politik formulieren konnten. Diese Platte geht in die Druckerei, das Ergebnis auf Papier wird in einigen Wochen zu sehen sein. Eine Idee, die auch Brigitte Gerisch, Vorsitzende der Herbert-Gerisch-Stiftung, begeisterte: „Durch die interaktive Teilnahme beziehen wir unsere Besucher in die Kunst mit ein.“

Zeitlos wie die Natur stellen sich auch die filigranen Porzellanarbeiten der Neumünsteraner Künstlerin Renate Löding im Gerisch-Souterrain dar. Schalen, Wandobjekte und Installationen, zum Teil in Kombination mit Glas, orientieren sich an der vielfältigen Schönheit der Natur.

Paperporzellan mit geschmolzenem Glas von Renate Löding

Die Oberflächen und Strukturen der hauchdünnen Arbeiten weisen Risse, Brüche, Materialeinschlüsse, Poren und offene Ränder auf. „Dadurch vermitteln die Objekte den Eindruck von Vergänglichkeit und Gebrochenheit“, erklärt Brigitte Gerisch, die sich für die Arbeiten der Keramikerin begeistert und selbst einige ihrer Werke ihr Eigen nennt.

„Ich töpfere seit mehr als 40 Jahren und habe eine eigene Werkstatt mit Ofen im Haus“, erzählt Renate Löding. Sie töpfere aus Freude, das Handwerk verschaffe ihr ein tiefes Gefühl von Zufriedenheit. Sie setze dabei verschiedene Themen künstlerisch um. Ihr bevorzugtes Material sei dabei das Paperporzellan. „Dazu mische ich Porzellanpulver mit Papier und Wasser und bringe diese Mischung in dünnen Schichten auf“, erläutert sie ihre Arbeitsweise. Durch das Papier verändere sich die Eigenschaft der Masse. Sie reiße nicht so leicht beim Trocknen und Brennen und habe eine höhere Formbeständigkeit. „Beim ersten Brand verbrennt das Papier, die Keramik wird dadurch leichter und fester. Dann reibe ich die Objekte mit Oxiden, Engoben oder Glasuren ein und brenne sie ein zweites Mal.“ Einem ihrer ausgestellten Objekte hat sie Glasscherben mit beigegeben. Durch das geschmolzene Glas wirken die Paperporzellanförmchen je nach Lichteinfall so, als ob Wasser darin schimmert.

Der Titel der Ausstellung des niederländischen Künstlers herman de vries lautet „aus der natur”. Sie wurde 2006 das erste Mal in der Stiftung gezeigt und präsentiert sich nun erneut in der Remise mit Objekten aus der eigenen Sammlung, ergänzt um Leihgaben. Wer den Raum betritt, wird sogleich von einem bezaubernden Lavendelduft empfangen, der von einem kreisrunden Lavendelblütenteppich stammt, den de vries auf dem Boden in der Mitte des Raumes ausstreuen ließ. „In Anlehnung an seine bekannten Damaszener Rosenfelder“, erläutert Brigitte Gerisch. Nur, dass der Lavendel auch farblich besser zu den ausgestellten Werken und zum Boden passe als die Rosen. Zu sehen sind Zeichnungen, Erdausreibungen und Blattcollagen sowie die Steigerwalder Holzbibliothek als eine Leihgabe der Galerie Müller-Roth aus Stuttgart. Der leidenschaftliche Naturphilosoph und Mitbegründer der Zero-Gruppe „nul“ lege Wert auf eine ganzheitliche Betrachtung der Natur. Sein Leitspruch laute dabei „Zeigen, was ist“, erklärt Gerisch. Er verarbeitet Naturmaterialien wie Blätter, Gräser, Blüten und andere Strukturen zu Collagen, ohne sie in ihrer Form zu verändern. „So lenkt er den Blick auf das Wesentliche. Wie oft laufen wir über Blätter hinweg, ohne genau zu sehen, wie schön sie sind? So aufgereiht als Bild an der Wand, bekommt man einen ganz anderen Blick auf die Schönheit der Natur“, findet die Stiftungsvorsitzende. Weltweit sammelte der Künstler mehr als 8.000 verschiedene Erden, von denen er Hunderte als Erdausreibungen auf Papier festhielt.

Erdausreibung von herman de vries

Er sei bekannt dafür, sich bis heute keinem ideologischen Diktat zu beugen, und lege Wert auf die Kleinschreibung seines Namens und seiner Texte: „indem ich dinge aus der primären wirklichkeit, aus der natur präsentiere, lenke ich den blick auf dinge, die geschehen, und auf die poesie, die darin liegt, auf die erstaunlichen vorgänge, die zu sehen wir nicht fähig sind …“, lautet ein Zitat. Weitere Informationen unter gerisch-stiftung.de 

„Who is gonna catch me…“ von Rainer Gröschl
Fotos: Iris Jaeger
„Musterunterbrechung“
Rainer Gröschl
Druckgrafiken von Rainer Gröschl
Filigranes Porzellanhandwerk von Renate Löding
Schalen aus Paperporzellan
Renate Löding
Stiftungsvorsitzende Brigitte Gerisch
Blattcollage von herman de vries
Steigerwalder Holzbibliothek von herman de vries
Wandobjekt aus Paperporzellan


1,5 Grad war einmal – zieht euch warm an, es wird heiß

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Der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) schlägt Alarm. Das Ziel wurde aufgegeben, die Erderwärmung auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau (1850-1900) zu begrenzen. Sie liegt jetzt schon bei rund 1,1 Grad. Die 1,5 Grad könnten bereits in der ersten Hälfte der 2030er Jahre überschritten werden, hieß es am Montag in Interlaken (Schweiz) bei der Vorstellung des aktuellen Berichtes. 

Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren häufen sich und werden extremer. Die aktuellen Pläne der Regierungen, das Tempo und der Umfang der bisherigen Klimaschutzmaßnahmen genügten nicht, um das Ziel zu erreichen, die Erderwärmung zu begrenzen, betont der Weltklimarat. Die Folgen würden häufigere und intensivere Wetterereignisse sein. Erwärme sich die Erde weiterhin, würden die Gefahren eskalieren, warnt der IPCC. Klimabedingte Dürren würden zu noch mehr und höheren Ernteausfällen und Wasserknappheiten führen, als wir sie bereits in den vergangenen Jahren gesehen haben. 

2018 stellte der Weltklimarat fest, es sei gefährlicher als zuvor gedacht, wenn die Erderwärmung um mehr als 1,5 Grad ansteigt. Um das zu verhindern, müssten die CO2-Emissionen bis 2030 fast halbiert werden. Von ehemals zwölf Jahren sind bereits fünf um, und die Zahlen haben sich kaum geändert. Seit 2019 sind die globalen Emissionen eher noch weiter angestiegen. Das Problem wird also größer statt kleiner. 

Wir müssen anfangen, uns ernsthaft mit der Welt jenseits von 1,5 Grad Erderhitzung zu beschäftigen: mit der Zunahme von Wetterex­tremen, einem drastischeren Anstieg des Meeresspiegels und der Gefährdung von Milliarden Menschen durch Hitzewellen, Wassermangel und Nahrungsmittelknappheit. Wir müssen damit rechnen, dass viele Menschen aus dem globalen Süden alles auf sich nehmen werden, um diese Veränderungen in gemäßigten Breitengraden überleben zu können. Große Flüchtlingswellen sind zu erwarten.

Während die Klimabehörde der Vereinten Nationen mit seriöser Wissenschaft vor dem Klimawandel warnt, versuchen die politischen Entscheidungsträger das Klimawissen strategisch für ihre Parteiideologie einzusetzen. Dabei sollten politische Bemühungen auf internationaler Ebene noch stärker gefragt sein, um den Hebel an großen Industrien ansetzen zu können. 

Dass ein Teil der Lösung in einer angepassten Landwirtschaft liegt, ist vollkommen unbestritten. Diskussionen über einen Umbau der Tierhaltung und Landnutzungssystemen sind vor diesem Hintergrund berechtigt. Doch werden die Regionen, die eine leistungsfähige Landwirtschaft ermöglichen, in diesem Szenario in den kommenden Jahren kleiner. Für eine ausreichende Nahrungsmittelproduktion wird in Zukunft mehr gebraucht als Verbote, Erlasse und Ordnungsrecht. Auch eine pflanzlich basierte Ernährung kann nicht ohne Landwirte produziert werden, die mit intelligenter Technologie bodenschonend Pflanzen anbauen, die züchterisch an die sich ändernden Umweltbedingungen angepasst wurden und hoffentlich auch dann noch in ausreichender Menge heranwachsen werden, wenn wir uns jenseits der 1,5-Grad-Erwärmung einrichten müssen.

Erdrutschartiger Wahlsieg für die Partei vom Land

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Bei den Provinzwahlen in den Niederlanden konnte die Partei Bauern-Bürger-Bewegung (BBB, BoerBurgerBeweging) einen überwältigen Sieg feiern. Unter Führung von Parteichefin Caroline van der Pals gewann die bislang kaum bedeutende BBB aus dem Stand in sechs von zwölf Provinzen die meisten Stimmen. Zu den großen Zielen der Partei gehört eine Anpassung der Stickstoffpolitik.

Der Aufstieg der BBB wird als Absage an die Umweltpolitik der niederländischen Regierung interpretiert, was vor allem die Pläne zur Verringerung des Ausstoßes von Stickstoffverbindungen durch die Landwirtschaft betrifft. Wenn das niederländische Oberhaus am Sonntag, 30. Mai, gewählt wird, dürfte die BBB nach jetzigen Prognosen 15 von insgesamt 75 Sitzen erlangen. Bislang war die 2019 gegründete Partei im Senat nicht vertreten. Das Oberhaus wird von den Provinzparlamenten gewählt.

Die niederländisch-irische Journalistin Caroline van der Pals gründete die BBB im Oktober 2019 als Reaktion auf die Bauernproteste in den Niederlanden. Sie sitzt seit März 2021 für die BBB im Repräsentantenhaus. Sjaak van der Tak, der Vorsitzende des niederländischen Bauernverbandes LTO (Land en Tuinbouw Organisatie), sagte: „Dieses Ergebnis ist ein Gewinn für unsere Landwirte. Es erfordert einen echten Kurswechsel. Das Kabinett und die Länder müssen jetzt ihre großen Stickstoffpläne anpassen.“

Die BBB verdankt ihren Wahlsieg dem seit längerem bestehenden Unbehagen auf dem Land, das durch die Stickstoffkrise zum Vorschein kam, folgern Wissenschaftler der Universität Amsterdam, die die Entwicklung der BBB analysieren. Der Eindruck, von Politikern und der urbanen Bevölkerung ignoriert zu werden, sei schon vor einiger Zeit auf dem Land entstanden. Van der Plas verstehe es auch Gruppen im städtischen Umfeld anzusprechen, so die Wissenschaftler. Dies erkläre, warum die BBB auch in Großstädten wie Den Haag und Rotterdam viele Stimmen gewinnen konnte.

Der Sieg der BBB kam nicht ganz unerwartet, berichtete der niederländische Agrar- und Parlamentsjournalist René Bouwmeester. Wahlumfragen zeigten im Vorfeld, dass die BBB eine Rolle spielen würde. Die Partei konnte im ganzen Land punkten, wobei die Unterstützung unter den Landwirten besonders hoch war.

Mit den Provinzwahlen habe die Partei sich verbreitert, das zeige die Herkunft der Wähler, so der Journalist. Wechselstimmen kommen nicht nur von der mitte-rechts orientierten christdemokratischen CDA mit traditionell großer Anhängerschaft auf dem Land. Die Stimmen für die BBB stammen Umfragen zufolge von Wechselwählern fast aller Parteien, so von der rechtspopulistischen PVV und der rechtsliberalen VVD von Ministerpräsident Mark Rutte. Die sozialistische Partei SP und die linksliberale D66 verloren ebenfalls Stimmen an die BBB. Die Recherche zeige nicht, dass Wähler der rechtsextremen FvD massenhaft gewechselt seien, wie befürchtet wurde, berichtet Bouwmeester. age, mbw

Energiepflanzen zur Biogaserzeugung

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In Schleswig-Holstein gibt es 863 Biogasanlagen (Stand: Oktober 2021), die auch aus Energiepflanzen vom Acker vielseitig einsetzbares Biogas produzieren. Dabei ist Mais für Biogasanlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung oder in aufbereiteter Form als erdgasgleiches Biomethan noch immer die wichtigste Kultur. Zu den ergänzenden Energiepflanzen zählen unter anderem Getreide-Ganzpflanzen, Gräser von Acker- und Dauergrünland, Leguminosen-Gras-Gemenge, Sorghumhirsen und Durchwachsene Silphie.

Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein prüft auf dem Versuchsfeld Schuby, Kreis Schleswig-Flensburg, die genannten Energiepflanzen schon seit vielen Jahren. Der Versuchsstandort liegt im Naturraum Geest auf dem Mittelrücken. Der vorherrschende Bodentyp ist Feuchtpodsol, die Bodenart humoser Sand mit 22 bis 24 Bodenpunkten. Die klimatischen Verhältnisse zeigen im langjährigen Mittel eine Tagestemperatur von 8,3 °C, 1.600 Sonnenstunden und 803 mm Niederschlag pro Jahr.

Silomais ist wichtigste Energiepflanze

Der Ausbau von Erneuerbaren Energien und somit auch die Förderung der Nutzung von Nachwachsenden Rohstoffen zur Energiewende traten mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz im Jahr 2000 (EEG 2000) erstmals in Kraft. Strom aus Erneuerbaren Energien wurde gefördert. Es folgte ein rasanter Anstieg der Anbaufläche von Silomais auch in Schleswig-Holstein (siehe Grafik).

In Biogasanlagen liefert Mais von den Ackerpflanzen immer noch den höchsten Gasertrag bei hohen Biomasseerträgen und guter Silierbarkeit. Veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen seit 2012 haben dazu geführt, dass sich die Maisanbaufläche für die Biogaserzeugung seitdem nicht mehr wesentlich erhöht hat.

Noch immer hat Mais als Substrat für Biogas die größte Bedeutung, und seit Jahren nimmt Silomais die größte Fläche für Ackerfrüchte in Schleswig-Holstein ein. Im vergangenen Jahr wurde hierzulande auf rund 163.800 ha Mais angebaut (654.400 ha Ackerfrüchte insgesamt laut Statistikamt Nord). Der Landwirt kann dabei beim Silomais aus einem großen Sortenspektrum je nach Zweck und Standortbedingungen auswählen. Weitere Informationen zu Sorten und Anbau unter www.lksh.de/Landwirtschaft/Ackerkulturen/Mais

Getreide-GPS – ertraglich gute Ergänzung zu Mais

Eine gute Option für den Einsatz in Biogasanlagen ist auch Getreide-Ganzpflanzensilage (GPS), wie die Tabelle zeigt. Auf dem leichten Versuchsstandort Schuby ist mit Blick auf den Ertrag vor allem Winterroggen geeignet. Das tatsächliche Ertragspotenzial von Wintertriticale zeigt sich auf besser geeigneten Böden.

Im Unterschied zu Druschgetreide per Mähdrescher wird die Getreide-GPS-Ernte bereits im Stadium der Milchreife durch Häckseln und Einsilieren der gesamten Pflanze vorgenommen. Während der Abreife sind der tägliche Zuwachs an Trockenmasseertrag und der Anstieg des Trockensubstanzgehaltes bei kühler Witterung niedriger als bei warmer Witterung.

Zur Ernte sollte der Trockensub­stanzgehalt (TS) nicht unter 28 % liegen, um Sickersaftbildung zu vermeiden. Der optimale Erntezeitpunkt liegt zwischen 28 und 33 % TS in der Gesamtpflanze. Der Anbau von Wintergetreide für die Ganzpflanzensilage-Produktion in einer Biogasfruchtfolge mit Silomais ist zu empfehlen. Ergebnisse zu Getreide-Ganzpflanzensilage stehen unter: https://www.lksh.de/landwirtschaft/futter-und-substratkonservierung/energiepflanzen/

Sorghumhirsen – zu exotisch oder interessant?

Das Interesse an Sorghumhirsen in der Biogasbranche steigt derzeit an. Hohes Biomassepotenzial, gute Wasser- und Nährstoffeffizienz sowie Trockenheitstoleranz zeichnen Sorghumhirsen aus. Letzteres Merkmal äußert sich darin, dass bei Dürre das Wachstum ohne Chlorophyllabbau unterbrochen und unter günstigeren Bedingungen wieder fortgesetzt wird.

Sorghumhirsen (li.) sind später reif als Silomais, die Trockenmasseerträge pro Hektar können bei den Hirsen noch zulegen.

Sorghumhirsen bilden ein weitverzweigtes, feines und tief reichendes Wurzelsystem aus, Wasser und Nährstoffe können noch aus tieferen Schichten aufgenommen und in Biomasse umsetzt werden. In Deutschland werden seit einigen Jahren Sorghumhirsen zu energetischen Zwecken angebaut und seit zwei Jahren auch als Energiepflanze auf dem Versuchsstandort Schuby geprüft.

Sorghumhirsen gehören wie auch Mais in die Gruppe der C4-Pflanzen und weisen damit eine sehr hohe Photosyntheseleistung auf. Zur Biomasseproduktion werden Sorghum bicolor (Mohren-, Futter- und Zuckerhirse), Sorghum sudanense (Sudangras) und die Kreuzung beider Arten, Sorghum bicolor x Sorghum sudanense (Sudangrashybride), angebaut. Sorten der Art Sorghum bicolor bilden wenige kräftige Bestockungstriebe aus, besitzen sehr dicke Halme und meist kompakte Rispen. Sorten der Art Sorghum sudanense hingegen bestocken sich stärker, besitzen dünnere Halme und zumeist lockere, schilfartige Rispen.

Eine Zwischenstellung nehmen Mischtypen aus Sorghum bicolor x sudanense ein. Bei den erzielten Versuchserträgen von überwiegend Dualtypen (Sorghum bicolor) blieb Sorghumhirse zweijährig geprüft hinter Mais zurück (siehe Tabelle). Auch die Abreife ist später als bei Silomais. Für einen erfolgreichen Sorghumanbau ist die Aussaat sehr wichtig. Die Aussaattemperatur für diese Sommerkultur ist mit mindestens 12 °C sehr hoch.

Ackergras und Leguminosen-Grasgemenge

Biogasbetriebe können die Energiepflanzen-Fruchtfolge auch mit mehrjährigem Ackergras und Leguminosen-Gras-Gemengen (Kleegras) ergänzen. Die Ackerflächen werden nach ein- bis dreijähriger Nutzung mit Ackerfutterbau wieder umgebrochen. Mit dem Anbau von Ackergräsern in Reinsaat, von Mischungen aus Ackergräsern und von Leguminosen-Gras-Gemengen wird die Produktion von mehrschnittigen Aufwüchsen mit hohem Ertragsniveau an Biomasse und hochverdaulicher organischer Substanz angestrebt.

Die Vielzahl von Grasarten und -sorten ermöglicht eine Vielzahl an Kombinationen, somit können Mischungen an jeweilige regionale Standortbedingungen angepasst werden. In mehrschnittigen Ackerfutter-Gemengen werden vorrangig kurzlebige Weidelgräser und kleinkörnige Leguminosen gemischt. Die Schnitthäufigkeit liegt zwischen drei und fünf Mal pro Jahr, wobei die dreischnittige Nutzung bei insgesamt höheren Trockenmasseerträgen und niedrigeren Erntekosten einer größeren Häufigkeit vorzuziehen ist. Zur jeweiligen Ernte sind gute Silierbarkeit und niedriger Rohfaser- beziehungsweise Ligningehalt wichtig, um gute Vergärbarkeit garantieren zu können. Bei gräserbetonten Mischungen ist das Erntezeitfenster eng, da der ansteigende Rohfasergehalt die Vergärbarkeit herabsetzt. Allerdings ist das Risiko sich entwickelnder Resistenzen der Gräser gegenüber Herbiziden in Fruchtfolgen nicht zu unterschätzen.

Die Durchwachsene Silphie konnte auf dem Versuchsstandort Schuby der Landwirtschaftskammer eine ausgeprägte Trockenheitstoleranz nicht bestätigen, eher durchschnittliche bis niedrige Trockentoleranzen beziehungsweise Wassernutzungseffizienz wurden beobachtet.

Ein weiteres wichtiges Substrat für die Biogasproduktion sind Aufwüchse des absoluten Dauergrünlands. Standortgerechte Mischungsempfehlungen können unter anderem dem Faltblatt für Ackerfutterbaumischungen entnommen werden (https://bit.ly/3T0mPDP).

Energie aus Durchwachsener Silphie?

Der Anbau der ausdauernden Energiepflanze Durchwachsene Silphie ist mehrjährig, eine wirtschaftliche Nutzung kann durchaus über 15 Jahre erfolgen. Noch per Pflanzung wurde 2011 auf der Versuchsstation Schuby ein Silphiebestand etabliert. Durch züchterische Erfolge ist mittlerweile ausreichend keimfähiges Saatgut für eine Aussaat mit herkömmlicher Sätechnik vorhanden. Nach dem Etablierungsjahr entfällt die jährliche Bodenbearbeitung.

Bisher wurde nur im Anlagejahr 2011 im Versuch eine Herbizidmaßnahme durchgeführt. Allerdings kann diese Dauerkultur nicht mit klassischen, züchterisch intensiv bearbeiteten und weitverbreiteten Energiefrüchten auf dem Standort mithalten. Die aufgeführten Ergebnisse in der Tabelle weisen die geringsten Ertragsleistungen der Durchwachsenen Silphie gegenüber den anderen geprüften Energiepflanzen auf. Langjährige Erfahrungen der Kammer auf dem Versuchsstandort Schuby zeigen außerdem, dass sich die früher beschriebene ausgeprägte Trockenheitstoleranz der Silphie nicht bestätigt hat. Es konnte eine durchschnittlich bis niedrige Trockentoleranz beziehungsweise Wassernutzungseffizienz beobachtet werden.

Fazit

Silomais ist nach wie vor die wichtigste Kultur zur Biogasproduktion. Wintergetreide-Ganzpflanzensilagen sind vom Trockenmasseertrag her aber nicht zu unterschätzen, wie es auf dem Geest-Versuchsstandort mit Winterroggen deutlich wird. Sorghumhirsen, Ackergras und Leguminosen-Gras-Gemenge können in der Ertragsleistung noch zulegen. Die Durchwachsene Silphie als Dauerkultur ist dagegen keine Alternative für den Anbau von Energiepflanzen für die Biogasproduktion.

AMK: Tierhaltung, Grünland und Naturschutz auf der Agenda

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In Büsum, Kreis Dithmarschen, findet noch bis Ende dieser Woche die Agrarministerkonferenz (AMK) statt. Werner Schwarz (CDU), schleswig-holsteinischer Landwirtschaftsminister und AMK-Vorsitzender, bittet neben seinen Kollegen aus den Bundesländern auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) zum Gespräch. Die Agenda der Politiker ist mindestens genauso lang wie die Forderungspapiere der Naturnutzer- und -schützerverbände. Ein Überblick:

Schwarz will trotz grundlegender Kritik an der Agrarpolitik der Ampel-Regierung weiter auf Kooperation setzen. „Grabenkämpfe bringen uns nicht weiter“, erklärte der Minister im Vorfeld der Konferenz. Der Umbau der Tierhaltung erfordere gemeinsame Lösungen. Von der AMK erhofft sich Schwarz eine gemeinsame Einschätzung, „dass es weitergeht mit dem Umbau der Tierhaltung“. Die Bereitschaft dazu sei bei vielen Landwirten nach wie vor vorhanden. Noch sei die Tür offen, „und das müssen wir nutzen“.

Die Zeit drängt

Einsteigen will Schwarz in die Diskussion um die künftige EU-Agrarpolitik. Das frühere Mitglied der Zukunftskommission Landwirtschaft bekennt sich zu deren Vorschlag für einen Umstieg in eine Gemeinwohlprämie. Über deren Ausgestaltung werde man aber noch intensiv diskutieren müssen. Offene Kritik übte der Kieler Ressortchef an Özdemir: „Es wird viel angekündigt, ohne dass erkennbar ist, ob und, wenn ja, wie es umgesetzt werden soll.“ Daneben gebe es „einen Hang zur Ordnungspolitik und wenig Interesse daran, mit Anreizen zu arbeiten“.

Gemeinsam haben die Agrarministerinnen und -minister von CDU und CSU dem Bundeslandwirtschaftsminister in einem Brief eine Mitverantwortung für den Strukturbruch in der Schweinehaltung zugeschrieben. Durch überzogene und nicht praktikable Anforderungen, viel zu gering bemessene Fördermaßnahmen und zeitliche Verzögerungen von dringend notwendigen politischen Entscheidungen drohe eine weitere Abwanderung der heimischen Tierhaltung.

Die vom Bauernverband Schleswig-Holstein organisierte Kundgebung fand Donnerstagvormittag vor den Büsumer Hafenterrassen statt.

Fehler der Vergangenheit?

Nach Ansicht von Özdemir zeigt die „dramatische Entwicklung“ am Fleischmarkt, wie wichtig der Umbau hin zu einer nachhaltigen und zukunftsfesten Tierhaltung ist. Alle Umfragen zeigten, dass die Verbraucher sich beim Einkauf mehr Nachhaltigkeit wünschten. Auch der Lebensmitteleinzelhandel habe auf diese Entwicklung reagiert und bereits weitergehende Schritte angekündigt. Derweil seien wichtige politische Weichen in den vergangenen Legislaturperioden nicht gestellt worden, obwohl es an Erkenntnissen und Empfehlungen nicht gemangelt habe.

Özdemir forderte die Agrarministerinnen und -minister der Union in den Bundesländern auf, mit ihm gemeinsam dafür zu sorgen, dass auch in Zukunft gutes Fleisch aus Deutschland komme. So wie bisher könne es nämlich nicht weitergehen. Außerdem werde die rückläufige deutsche Fleischproduktion nicht durch ausländische Ware ersetzt, obwohl dies von manchen immer wieder fälschlicherweise behauptet werde.

Ende des Stillstandes

Der Deutsche Bauernverband (DBV) erhofft sich von der AMK konkrete Beschlüsse. „Die Betriebe brauchen dringend eine echte Perspektive“, so DBV-Präsident Joachim Rukwied zum gegenwärtigen Stillstand bei wichtigen Vorhaben für die Tierhaltung. „Die bisher vorliegenden Gesetzentwürfe und Eckpunkte aus der Bundesregierung werden dem Anspruch an ein schlüssiges und funktionierendes Gesamtkonzept nicht gerecht“, heißt es in einem gemeinsamen Papier von DBV und Bauernverband Schleswig-Holstein zur AMK. Darin werden gravierende Schwachstellen im vorgelegten Entwurf für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz kritisiert. Die Vorschläge zur Änderung des Baugesetzbuchs seien unzureichend, um den Umbau zu Tierwohlställen zu ermöglichen. Kontraproduktiv seien die vorgesehenen Obergrenzen in der Bundesförderung zum Umbau.

Rukwied bekräftigte außerdem seine Absage an die Brüsseler Vorschläge zum EU-Naturschutzpaket: Seinen Angaben zufolge hätte eine Umsetzung des Kommissionsentwurfs zur Wiederherstellung der Natur in Verbindung mit dem Vorschlag für die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln schwerwiegende negative Folgen für die landwirtschaftlichen Betriebe und die Ernährungssicherung in Europa. Der Bauernverband wirft der Kommission vor, sie setze einseitig auf mehr Schutzgebiete und damit letztlich auf pauschale Nutzungsverbote. Gleichzeitig fehle eine Strategie zum Ausbau des kooperativen Naturschutzes und zur Förderung der Biodiversität mit einer produktiven Landnutzung.

Weidehaltung fördern

Weichenstellungen in der Milchpolitik fordern der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Zum einen müsse die aktuelle Situation auf dem Milchmarkt als Krise anerkannt und mit Gegenmaßnahmen beantwortet werden. Zum anderen gehe es darum, eine zusätzliche Ökoregelung für die Honorierung von Dauergrünland und die Weidehaltung von Milchkühen einzuführen.

Auch Greenpeace fordert, die Weidehaltung von Milchkühen intensiver zu unterstützen. Wie die Umweltorganisation mitteilte, ist der Anteil der Milchkühe mit Zugang zum Weidegrünland laut offiziellen Daten innerhalb von zehn Jahren von 42 % auf 31 % im Jahr 2020 gesunken.

Land schafft Verbindung Schleswig-Holstein und Hamburg (LsV) warnt davor, dass die fortschreitende Ausweitung von Schutzgebieten und das damit verbundene Quasi-Berufsverbot Existenzen koste. Dadurch würden die traditionellen landschaftsprägenden Berufsgruppen Stück für Stück abgeschafft. Was fehle, sei eine wissenschaftlich fundierte Politik, in der vorausschauendes Handeln Standard sei, so LsV.

Der Verband „Der Agrarhandel“ warnt davor, voreilig über die Verringerung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland zu entscheiden. Vielmehr sollten sich die Ressortchefs an der für Juni erwarteten Folgenabschätzung der EU-Kommission orientieren. 

Der BVSH ruft zur Demo-Teilnahme auf:

Neue Geschäftsführerin

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Hallo, ich bin Fehmke Dallmeier-Tießen und seit dem 15. März als Geschäftsführerin und Agrarreferentin des Landjugendverbandes Schleswig-Holsteins im Amt.

Ich lebe mit meinem Mann zusammen auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Dithmarschen. Bisher arbeitete ich nach meinem Agrarwissenschaftsstudium in der Futtermittelbranche. Anschließend begründete ich ein Start-up in Kiel mit, das ebenfalls in der Agrarbranche tätig ist. Die Landjugend ist mir durch meine jahrelange Mitgliedschaft in der LJG Flintbek bestens vertraut.

In meiner neuen Position freue ich mich insbesondere auf die Abwechslung der Tätigkeiten, die Zusammenarbeit mit jungen Menschen und den direkten Kontakt zur Landwirtschaft. Außerdem bereitet mir das Netzwerken mit verschiedenen Institutionen viel Freude.

Infos und Spaß mit Günter und der Ameisenkönigin

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Wie plane ich eine Fete? Was ist eine Lavo, und was hat das mit Landjugend zu tun? Das und vieles mehr konnten die Teilnehmer des neuen Seminars Landjugend.Leben.Lernen (La.Le.Le.) in Bad Segeberg erfahren.

Statt wie bisher RudL (Rund um die Landjugend) heißt es jetzt La.Le.Le., wenn es darum geht, bei der Landjugend ein Seminar für den Erwerb der JuLeiCa und als Vorbereitung für die Vorstandsarbeit zu besuchen. Abgesehen von dem Namen haben sich auch die Wochenenden und Themen etwas verändert. Ab sofort gibt es nur noch zwei statt vier Wochenenden. Dafür werden Themen wie die Laju Service GmbH in Zukunft als Infoabende angeboten, an denen alle Landjugendlichen unabhängig von La.Le.Le teilnehmen können.

Mit einer neuen Gruppe und neuen Erwartungen ging es so am Freitag in das erste Wochenende. Zunächst stand das Kennenlernen im Fokus. Das wurde in ein lustiges Spiel verpackt: Anhand einer Klopapierrolle musste man zu jedem Blatt eine Geschichte über sich erzählen.

Die fachlichen Themen konnten durch den engen Zeitplan dann doch nicht auf den nächsten Tag warten. Das Thema Rechtsfragen in der Jugendarbeit war gleich ein anstrengender Tagesordnungspunkt, der zugleich Wichtiges für alle bot. Einen „Muttizettel“ hat wohl jeder schon mal ausgefüllt, aber was das für Verpflichtungen mit sich bringt, ist doch eher unklar. Um den Tag aufregender abzuschließen, ging es mit Spielen und Warm-ups weiter. Es wurden noch einige nette Gespräche geführt, bevor der Tag wirklich zu Ende war.

Ein ausgiebiges Frühstück läutete den Sonnabend ein. Zwischen vielen Karl-May-Plakaten im Speisesaal (man befand sich ja in Bad Segeberg!) startete man in den Tag. Als erstes Thema ging es um Fördermöglichkeiten in der Jugendarbeit. Trotz verschiedenster Voraussetzungen konnten alle einen groben Eindruck bekommen, was in ihrem eigenen Kreis so möglich ist. Für erfolgreiche Vorstandszeit braucht es nicht nur gute Ideen, sondern auch ein Verständnis von Gruppen und ihren Phasen. Dieses Wissen konnte die Einheit zum Thema Gruppenpädagogik bieten.

Bei einem Vortrag

Auflockerung in die anstrengende Arbeit brachte die „Ameisenkönigin“. Wird eine Karte mit einer Ameise darauf gezogen, müssen sich alle Teilnehmer auf den Rücken legen und mit den Armen in der Luft krabbeln. In einem vollen Saal zwischen Fremden macht das natürlich viel Spaß.

Nach dem Mittagessen ging es mit einer ernsteren Einheit weiter. Bei den Themen Lebenswelten und Kindeswohlgefährdung mussten sich die Teilnehmer mit vielen Dingen beschäftigen, die einem im Alltag in der Regel nicht begegnen oder nicht so bewusst sind. So machen einige Liedtexte einen ganz anderen Eindruck, wenn man sie nicht gesungen, sondern von jemand anderem gesprochen hört.

Um aus diesem schweren Thema wieder herauszukommen, lernten die Teilnehmer Günter kennen. Günter ist das Seminarmaskottchen, das unseren inneren Schweinehund darstellt. Um Günter besser zu verstehen und ihn mehr unter Kontrolle zu bekommen, schrieben alle einen Brief an ihr zukünftiges Ich. Darin wurden Ziele, Ängste und Erwartungen an sich selbst festgehalten.

Am Sonntag kam das beliebte Thema Fehlplanung auf den Tisch. Gemeinsam wurde der gesamte Ablauf einer Fete durchgegangen, mit allen Punkten von der Idee bis zum Helferfest. Durch den gemeinsamen Austausch konnte man neue Ideen für eigene Projekte aufgreifen.

Um die Strukturen der Landjugend zu verstehen, gab es eine Übersicht, wie unser Verband aufgebaut ist und wer dabei welche Aufgaben erfüllt. Ein reiner Sachvortrag wäre natürlich viel zu langweilig. Daher ging es danach in eine Quizrunde. Die Teilnehmer mussten die verschiedensten Landjugendfragen beantworten. Die Antworten dazu waren auf der Webseite des Verbandes oder auf Instagram zu finden. Dann wurden die Sieger verkündet.

Brandwunden, stabile Seitenlage und Defibrillator

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Klappt es noch mit der Herzdruckmassage? Wie wird richtig beatmet? Erkennen wir die Symptome eines Schlaganfalls oder Herzinfarkts? Was muss ich tun, wenn …? Mit diesen Fragen hatte der OV Legan zu einer Auffrischung in Erster Hilfe eingeladen.

Christian Voß-Posing demonstriert bei Inge Lange, wie ein Druckverband angelegt wird.

Die 33 LandFrauen folgten interessiert den Ausführungen des Rettungsassistenten Christian Voß-Posing, der zugleich Angehöriger der Feuerwehr Hamburg ist. Seine Fragen regten die Runde zur Diskussion und zur Schilderung von bereits erlebten Nothilfesituationen an.

So sensibilisierte Voß-Posing die Zuhörerinnen für die Symptome eines Schlaganfalls, Herzinfarkts oder Bluthochdrucks. Wie in den unterschiedlichen Situationen gehandelt werden sollte, erarbeitete sich der Kreis durch Diskussion. Der Referent erläuterte, was zum Beispiel durch Veränderung der Sitzposition im Köper geschieht. Um Unterkühlungen zu vermeiden, wird eine Brandwunde heute mit lauwarmem statt mit kaltem Wasser behandelt.

Anke Ivens übt, den Kopf für die Beatmung richtig zu überstrecken.

Bei der Versorgung von Wunden und dem Anlegen eines Druckverbandes wirkten die Teilnehmerinnen aktiv mit. Einige Mutige versuchten sich an der stabilen Seitenlage und der Herzdruckmassage an der Übungspuppe.

Der Umgang mit einem Defibrillator wurde anschaulich dargestellt. Alle Teilnehmerinnen wissen jetzt, wie die Schockdioden am Körper platziert werden, und haben eine gewisse Scheu gegenüber dem Gerät verloren.

Jeder hat die Pflicht, Erste Hilfe im Rahmen seiner Möglichkeiten zu leisten. Dies kann auch das Absetzen eines Notrufs sein. Die Teilnehmerinnen hatten am Ende des Lehrgangs ein gutes Gefühl, künftig nicht ganz hilflos einer Notfallsituation gegenüberzustehen.