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Zu Hause bleiben bis zum Ende

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Der Tiertransport zur Schlachtung, manchmal über weite Strecken, ist hinsichtlich des Tierschutzes ein strittiges Thema. Manche Betriebe haben sich deshalb für „mobile Schlachtung“ entschieden. Die Bunde Wischen eG im Norden der Stadt Schleswig hält ihre Robustrinder nicht nur ganzjährig auf der Weide, sie lässt sie auch dort ihr Leben beenden: durch Weideschuss.

Der Schießstand sieht aus wie ein Hochstand für Jäger, und so etwas Ähnliches ist er auch. Vier vierjährige Galloway-Ochsen sind von der nahen Weide in das Abschussgehege getrieben worden. Gerd Kämmer legt das Gewehr an und schießt. Es ploppt, da mit Schalldämpfer. Einer der Ochsen fällt um. Kämmer geht hinunter und prüft, ob er wirklich tot ist, zur Sicherheit gibt er noch einen Schuss aus nächster Nähe ab. Die drei anderen Tiere sind nicht beunruhigt, sie kümmern sich nicht um das Geschehen.

Zwei Versprechen

„Wir geben den Tieren, die bei uns geboren wurden, zwei Versprechen“, sagt Gerd Kämmer, Vorstandsvorsitzender der Bunde Wischen eG: „Zum einen, dass sie den Betrieb nicht lebend verlassen. Das klingt fies, doch es bedeutet, dass sie ihr ganzes Leben in vertrauter Umgebung verbringen. Das zweite Versprechen ist, dass sie lebend kein Schlachthaus von innen sehen werden.“ Bunde Wischen steht auf Plattdeutsch für bunte Wiesen, und das ist und bleibt das Zuhause der Rinder.

Nun werden die drei lebenden Galloways aus dem Gehege geschickt, der Frontlader kommt und transportiert den toten Körper hinaus auf eine Betonfläche zum Ausbluten, denn dies muss sofort nach der Tötung geschehen. Ein weiterer Ochse wird anschließend geschlachtet. 

Ein amtlicher Tierarzt begleitet standardmäßig den Prozess, an diesem Tag ist es der Kreisveterinär Schleswig-Flensburg selbst, Dr. Markus Sekulla. Schon vorher hat er die Lebend­untersuchung an den Tieren vorgenommen.

Gerd Kämmer im Schießstand

Die ausgebluteten Tierkörper werden verladen und in die 10 km entfernte Schlachterei von Roland Lausen in Silberstedt gefahren, dem Landesinnungsmeister des Fleischerhandwerks (siehe Ausgabe 3/23 vom 21. Januar). Das muss innerhalb von zwei Stunden geschehen, aber bei Bunde Wischen bleibt man mit zwei Schlachtungen stets locker unter einer Stunde, die reine Fahrzeit etwa 10 min, und Lausen ist vorbereitet.

Tierschutzgerechtes Töten

Kreisveterinär Sekulla unterstützt die Methode des Weideschusses zur Schlachtung. „Es ist ein tierschutzgerechtes Töten im Herkunftsbetrieb in gewohnter Umgebung für die Tiere, es entsteht kein Transportstress. Und ohne Stress ist auch die Fleischqualität besser.“ Für Wasserbüffel lässt er in seinem Zuständigkeitsbereich überhaupt nur den Weideschuss zu: Nur die Kugel könne deren mächtigen Schädel auch sicher durchdringen. 

Bunde Wischen hält rund 1.000 Robustrinder, hauptsächlich Galloways, dazu Highlander und White Parks. Geschlachtet werden über 200 pro Jahr, in der Regel vier in der Woche, und das ausschließlich durch Weideschuss. Damit ist der Betrieb der größte bundesweit, der mit dieser Methode arbeitet, und zwar seit 2010. Das wurde begleitet durch ein Forschungsprojekt der Universität Kassel-Witzenhausen. Es wurde untersucht und umgesetzt, welche technischen Voraussetzungen erforderlich sind – die Anlage des Schließstandes und des Abschussgeheges, des Ausbluteplatzes, der Transportmaschinen und -hänger. 

Abtransport zum Verladewagen

Befähigungsnachweise

Und natürlich sind rechtliche Voraussetzungen erforderlich. In einer Gesetzesänderung von 2021 wurde die Möglichkeiten für mobile Schlachtung ausgeweitet. Demnach besteht die Möglichkeit, dass auf jedem landwirtschaftlichen Betrieb die teilmobile Schlachtung durchgeführt werden kann, sofern sie von der zuständigen Veterinärbehörde zugelassen wird. Gekoppelt ist die Schlachtung an einen zugelassenen Schlachtbetrieb, in diesem Fall an den von Roland Lausen. Auch eine waffenrechtliche Genehmigung ist erforderlich. Zusätzlich muss der Ausführende über einen Befähigungsnachweis verfügen.

Die teilmobile Schlachtung kann durch Bolzenschuss oder Kugelschuss erfolgen. Der Bolzenschuss betäubt das Tier allerdings nur, die Tötung erfolgt durch das Ausbluten. Bereits für die Durchführung des Bolzenschusses bedarf es eines Befähigungsnachweises. Für den Kugelschuss, der das Tier direkt tötet, ist ein eigener Befähigungsnachweis erforderlich, der den für den Bolzenschuss einschließt, denn ein funktionsfähiges Bolzenschussgerät muss griffbereit sein, falls etwa das Gewehr bei einem nötigen Nachschuss versagt – das Notfallset. Kämmer hält sogar ein zweites Gewehr bereit. Der Kugelschuss ist zudem an die ganzjährige Freilandhaltung gebunden. Ein Jagdschein reicht als Befähigungsnachweis nicht aus, denn Nutzvieh ist kein jagdbares Wild, er ist umgekehrt aber auch nicht erforderlich. 

Die nächsten Lehrgänge für die Befähigungsnachweise werden im Landwirtschaftlichen Bildungszentrum Echem der Landwirtschaftskammer Niedersachsen angeboten – Prüfung in Theorie dort, in Praxis auf dem Heimatbetrieb des Teilnehmers. Kämmer ist seit fünf Jahren selbst Ausbilder in Echem, zudem hat er jüngst im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein eine Fortbildung durchgeführt. 

Kreisveterinär Dr. Markus Sekulla (li.) und Gerd Kämmer

Teilmobil und vollmobil

Was auf Bunde Wischen geschieht, nennt sich teilmobile Schlachtung, sprich: Das Tier wird auf dem Betrieb getötet und ausgeblutet und zur weiteren Verarbeitung in einen Schlachtbetrieb transportiert. Wie viele Betriebe in Schleswig-Holstein dies bereits durchführen, darüber hat die Innung keine Kenntnis. Im Kreis Schleswig-Flensburg sind es laut Aussage von Sekulla immerhin drei, die dies dauerhaft praktizieren, doch die Kreise handhabten das sehr unterschiedlich, sagt er. 

Neben der teilmobilen ist auch eine vollmobile Schlachtung möglich. Da kommt der Schlachter mit dem gesamten Equipment auf den Betrieb und vollzieht die komplette Schlachtung bis zur kühlhausfertigen Tierhälfte. Ein Lkw und eine Art Zelt seien da erforderlich. So etwas werde in Schleswig-Holstein seiner Kenntnis nach nicht durchgeführt, sagt Sekulla, und es sei auch nicht sinnvoll bei eher kurzen Wegen zur nächsten Schlachterei, rund ein Dutzend allein in seinem Kreisgebiet. Anders könne das in Bundesländern mit weiten Wegen sein. Es sei immerhin auch eine Kostenfrage: Auch die teilmobile Schlachtung koste mehr als die konventionelle, geschweige denn die vollmobile. Wer den Weideschuss wählt, tut dies also um der Tiere willen.

­Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat Anfang des Jahres bekundet, die hofnahe Schlachtung zu fördern. „Im Grunde gibt es die Voraussetzungen schon“, sagt Gerd Kämmer, „es müsste nur mehr umgesetzt werden.“

Streit um riesigen Solarpark in den Alpen

Die größte Photovoltaikanlage der Schweiz soll auf einem Bergrücken auf mehr als 2.000 m Höhe entstehen. Laut der Interessengemeinschaft (IG) Saflischtal würde das Projekt das Aus für die dortige Alpwirtschaft bedeuten.

Ulrike Steingräber kommt an sich aus Magdeburg. Ihre Wahlheimat ist aber das Saflischtal in der Schweiz. In der im Walis liegenden Region hat sie ihren Mann kennengelernt. In der Ortschaft Grengiols betreiben beide mit dem Bruder des Mannes eine landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaft. In den Sommermonaten steht das Vieh auf der Alpe Furggen. Dort arbeiten vier Saisonkräfte, ein Senn, ein Zusenn und zwei Hirten. Sie erledigen die Arbeit auf der Alpe, während im Tal die Bauern das Heu und das Emd (schweizerdeutsch für das Heu ab dem zweiten Schnitt) für den Winter in die Scheune bringen.

Jähes Ende der Alpe droht

Der geplante Solarpark Grengiols Solar hat eine immense Größe. Die Gesamtdimension beläuft sich auf rund 5 km2. Das sind in etwa 700 Fußballfelder. Die Module sollen zwar auf Ständern stehen, dennoch gehen die Älpler davon aus, dass eine Bewirtschaftung in der bisherigen Form nicht mehr möglich sein werde. Allein die baulichen Maßnahmen dürften enorme Schäden mit sich bringen. Betonstützen, Baumaschinen, Verankerungen werden den Weiden und der Grasnarbe stark zusetzen. Hinzu kommen zahlreiche Baustelleneinrichtungen und Infrastrukturen, wie Container und Materiallager. Auch das wäre mit einem funktionierenden Alpbetrieb nicht mehr vereinbar.

Für Ulrike Steingräber steht deshalb fest, dass „wir die Tiere über den Sommer nicht mehr nach Furggen bringen könnten“. Sie müsste dann auf andere Alpbetriebe ausweichen. Das wäre aber nicht ganz einfach, denn die entfallende Fläche ist erheblich. Die Alpe umfasst fünf Stationen zwischen 1.900 und 2.500 m Höhe und verfügt über etwa 500 ha. Sie gehört der sogenannten Burgergemeinde von Grengiols. Die Betriebsgemeinschaft ist Pächter.

Viel Geld in Alphütte investiert

Hinzu kommt, dass die Betriebsgemeinschaft viel Geld in die Alphütte investiert und sie in einen Topzustand versetzt hat. Insgesamt floss zirka eine halbe Million Franken in die Sanierung der Alphütten sowie in den Neubau von zwei Käsereien an zwei Stationen. Das Geld stammt vorwiegend aus privaten Mitteln, ganz zu schweigen von mehreren Hundert Arbeitsstunden, die die Familien dort oben im Rahmen dieser Sanierung geleistet haben. Ob es Entschädigungen für die Investitionen gibt, ist unklar. Da ein weiterer Betrieb die Alpe nutzt, wäre das ein herber Verlust für insgesamt drei Bauernfamilien.

Eine Visualisierung des Projekt mit einer etwas breiteren Perspektive macht den Gesamtumfang noch etwas besser sichtbar.  Visualisierung: IG Saflischtal
In den Sommermonaten sind rund 110 Rinder auf der Alpe. In einer eigenen Käserei wird die Milch weiterverarbeitet. Foto: Ulrike Steingräber
Das Saflischtal ist ein weitgehend unberührtes Refugium der Natur. Foto: Ulrike Steingräber
„Im Falle eines Baus des geplanten Solarparks in der genannten Dimension wäre es unserer Meinung nach unmöglich, dort weiter zu alpen“, sagt Ulrike Steingräber. Foto: privat
Ein Bild, das bald der Vergangenheit angehören könnte. In den Sommermonaten von Mitte Juni bis Mitte September weiden die Rinder auf der Alpe Furggen. Foto: Ulrike Steingräber
Die Betriebsgemeinschaft hat in den vergangenen fünf Jahren rund eine halbe Million Franken in die Sanierung der Alphütten sowie in den Neubau von zwei Käsereien an zwei Stationen investiert. Foto: Ulrike Steingräber
Die Interessengemeinschaft Saflischtal hat die geplante Maßnahme visualisiert und die Varianten mit und ohne Modulen einander gegenübergestellt. Visualisierung: IG Saflischtal


Unberührte Natur geht verloren

Das Gebiet Saflischtal gehört zum Landschaftspark Binntal und ist weitgehend frei von menschlichem Einfluss, bis auf eine schmale, holprige Naturstraße, die die fünf Alphütten miteinander verbindet. Zudem findet man im Saflischtal zahlreiche floristische und faunistische Raritäten. Es gibt keine Stromleitungen, keine Restaurants, wenig Tourismus. „Das Tal wird lediglich von uns Bauern extensiv bewirtschaftet und gepflegt“, betont Steingräber und ergänzt: „Wenn man bedenkt, wie viele Parkhäuser, Bahnhöfe, Industriehallen oder Skigebiete bereits existieren, deren Gebäude man mit Photovoltaik bestücken könnte, ist es nahezu eine Schande, unberührte Naturlandschaft derart zu verschandeln.“

Fläche für Investoren interessant

Die Schweiz will den Ausbau der Solarenergie massiv vorantreiben. Dafür hat sie zum einen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, um Großprojekte zu ermöglichen und schneller zu genehmigen. Zum anderen stellt das Land erhebliche Mittel bereit. Sie werden nach dem Windhundverfahren vergeben. Wenn das Budget aufgebraucht ist, ist zunächst einmal Schluss.

Der Südhang der Alpe Furggen liegt auf mehr als 2.000 m. Die Sonneneinstrahlung in hohen Lagen ist deutlich stärker als im Mittelland. Hinzu kommt, dass sie im Wallis 15 bis 20 % über dem Schweizer Durchschnitt liegt. Außerdem soll eine höhere Ertragssicherheit gewährleistet sein, weil die übliche Hochnebelgrenze überschritten wird. Wenn es im Tal duster ist, soll dann auf dem Berg immer noch Strom produziert werden können.

In der Summe verspricht das den Investoren einen guten Return on Invest. Die Gemeinden hoffen auf Erträge aus dem Solarzins, sodass auch sie häufig mit im Befürworter-Boot sitzen.

Interessengemeinschaft hält dagegen

„Unser Berg ist nicht zu verkaufen“, unter diesem gemeinsamen Motto hat sich eine Interessengemeinschaft für den Schutz und gegen den Bau von Grengiols Solar gegründet. Die Mitglieder wollen das Gebiet in seiner ursprünglichen Form erhalten und befürchten erhebliche Eingriff in die Natur.

So ist die Alpe Furggen kaum erschlossen. Für den Transport müssen neue Straßen und Bahnen gebaut werden. Aufgrund der kritischen geologischen Lage könnte es zu Erdrutschen kommen und bei Starkniederschlägen zur Erosion. Und die meteorologischen Risiken seien aufgrund hoher Schneemengen, Kälte, Wind und heftiger Gewitter kaum kalkulierbar.

Ob sie mit ihrem Anliegen Erfolg haben, steht noch nicht fest.  Nachdem es ein Wettrennen um die staatlichen Mittel gibt und der Zubau an Solarenergie bereits anläuft, könnte das Projekt am Faktor Zeit scheitern. Aber gewiss ist dies nicht. Bei ihren Unterstützern bauen sie auf eine bekannte Person: Buzz Aldrin war der zweite Mann auf dem Mond. Zur Alpe Furggen sagte er: „This is the most amazing landscape that I have ever seen!“ Also: „Das ist die einmaligste Landschaft, die ich je gesehen habe!“ Ob es sie in Zukunft noch geben wird, steht zum jetzigen Zeitpunkt offen.

Neuaufstellung der Regionalpläne

Die Landesplanung Schleswig-Holstein stellt die Regionalpläne für die Planungsräume I, II und III neu auf. Das Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport (MIKWS) teilte nun die Termine der in diesem Zuge geplanten Regionalkonferenzen Anfang Juli mit.

Zum Start des Beteiligungsverfahrens soll in sieben Abendveranstaltungen in den ersten beiden Juliwochen jeweils zwischen 18 und 20 Uhr über die Inhalte der Regionalpläne sowie den Beteiligungsprozess informiert werden.

Die Regionalkonferenzen finden an nachfolgenden Terminen statt:

– 3. Juli, Itzehoe (Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie, Hörsaal), Planungsraum III

– 4. Juli, Rendsburg (Hohes Arsenal, Bürgersaal), Planungsraum II

– 5. Juli, Flensburg (Rathaus), Planungsraum I

– 10. Juli, Plön (Berufsbildungszentrum), Planungsraum II

– 11. Juli, Norderstedt (Kulturwerk am See), Planungsraum III

– 12. Juli, Husum (Kreistagssitzungssaal), Planungsraum I

– 13. Juli, Lübeck (Handwerkskammer), Planungsraum III

Laut MIKWS richteten sich die Regionalkonferenzen in erster Linie an Vertreter aus Städten, Gemeinden und Kreisen in Schleswig-Holstein, das heißt an die Kommunalpolitiker wie an die Kommunalverwaltungen. Darüber hinaus sind Kammern, Verbände sowie die weitere interessierte Öffentlichkeit im Land eingeladen.

Der Planungsraum I umfasst die Kreise Nordfriesland, Schleswig-Flensburg und die kreisfreie Stadt Flensburg, der Planungsraum II die Kreise Rendsburg-Eckernförde, Plön sowie die kreisfreien Städte Kiel und Neumünster, der Planungsraum III die Kreise Dithmarschen, Steinburg, Pinneberg, Segeberg, Stormarn, Herzogtum Lauenburg, Ostholstein und die kreisfreie Stadt Lübeck.

Mit 24 in den Gemeinderat

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John Gosch dürfte mit seinen 24 Jahren das Durchschnittsalter in der zukünftigen Gemeindevertretung von Jübek deutlich senken. Der Youngster, der zum ersten Mal bei den Kommunalwahlen antrat, wurde am Wochenende gewählt. Er ist nun einer von sieben Gemeindevertretern der CDU. Haushohe Gewinnerin war in Jübek allerdings die Freie Wählergemeinschaft, die zehn Sitze gewann. Mehr darüber, warum der  langjährige erste Vorsitzende des Kreislandjugendverbandes Schleswig-Flensburg in der Dorfpolitik mitmischen will, im aktuellen Bauernblatt.

Bereit für fast 2.400 Gäste

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Knapp 2.400 Gäste erwartet das Organisationsteam des zehnköpfigen Landjugendvorstands der LJG Flintbek diesen Sonnabend zur Scheunenfete auf dem Hofgelände von Familie Sellmer in Reesdorf. Die Party zählt zu den größten Scheunenfeten in Schleswig-Holstein. Der Aufwand dafür ist enorm . Das Bauernblatt schaute bei den Vorbereitungen hinter die Kulissen.

Knapp 2.400 Gäste feiern auf dem Hofgelände und in der zum Tanztempel umfunktionierten Maschinenhalle.

Auch die mobilen Pferdeboxen von Sylvie Sellmer müssen aus der Maschinenhalle verschwinden. Foto: Sven Tietgen

Viergängemenü ohne Gluten

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Viele Menschen haben mit Unverträglichkeiten zu kämpfen. Um zu probieren, ein Viergängemenü ohne Gluten und Weizen zuzubereiten, trafen sich LandFrauen des OV Bordesholm zu einem Kochevent mit Maria Perna. Sie gründete nach langen Versuchen in der heimischen Küche in Wacken eine Firma, die weizen- und glutenfreie Mehlmischungen anbietet.

Lehr- und Versuchszentrum für Milchwirtschaft (LVZM)

Der Vorstand der Landwirtschaftskammer besuchte ­kürzlich die Traditionseinrichtung der Landwirtschaftskammer im ­ostholsteinischen Malente. ­Gemeinsam mit Präsidentin Ute Volquardsen erfuhr der Besuch von der Leiterin Meike von ­Bergen viel über den Standort.

Dort ist seit 1946 die Landesberufsschule für Molkereifachleute untergebracht. Das Ehrenamt musste sich zuerst „vermummen“. In der Lehrmeierei ist Hygiene oberstes Gebot. Dort findet sich alles, was auch in einer großen Meierei zu finden ist, nur eben in kleinerer Ausgabe: die Erhitzungsanlage für Milch und Sahne, ein Joghurtbereiter und die Buttermaschine. Dort sind die Auszubildenden zur Milchtechnologin/zum Milchtechnologen etwa damit beschäftigt, Süßrahmbutter oder Käse zu produzieren.

In der Käserei steht auch die Membranfiltrationsanlage. Dahinter verbirgt sich eine Technik für bessere Wertschöpfung, wie es sie in jeder modernen Meierei gibt. Daher ist die Ausbildung daran so wichtig. Die Maschine kann vielseitig eingesetzt werden. In der Be- und Verarbeitung von Milch- und Milchprodukten dient sie der Aufkonzentrierung oder Trennung zuvor definierter Inhaltsstoffe eines Rohmaterials. Abhängig von der Größe und den Eigenschaften der vorhandenen Moleküle werden entsprechende Filtereinheiten verwendet. Ziel ist es, durch diese Bearbeitung eine verbesserte Wertschöpfung einzelner Produkte zu erreichen. So können aus Milch beispielsweise Laktose oder Kasein aufkonzentriert werden, die dann als Einzelkomponenten zu Konzentraten weiterverarbeitet werden. Die Filtration löst die Inhaltsstoffe heraus und kann zugleich das Volumen verringern, was sich natürlich bei eventuellen Transporten wirtschaftlich auswirkt. Weitere Anwendungsmöglichkeiten liegen in der Standardisierung von Käsereimilch oder Milch mit verlängerter Haltbarkeit, in der Bearbeitung von Molke sowie bei der Joghurt- und Speisequarkproduktion. In der modernen Molkereitechnik ist diese Anlage unverzichtbar: gut, dass die Auszubildenden auch in Malente daran arbeiten können.

Die Milch für die Arbeit in Malente kommt von den Kammerkühen. Mehrere 100 l pro Woche kommen von der Herde aus dem Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp im Kreis Plön.

Über der Meierei liegen moderne und helle Labore. Eines wurde erst vor wenigen Jahren saniert, und Meike von Bergen freut sich noch immer, dass sie den Auszubildenden dieses moderne und arbeitsfreundliche Umfeld bieten kann. Alle Laborarbeitsplätze der Mikrobiologie haben hellblaue Kreamikarbeitsplatten. Sie sind so zu reinigen, dass dort nahezu keimfrei gearbeitet werden kann. Im Labor können die Milcherzeugnisse von den milchwirtschaftlichen Laboranten und Laborantinnen mikrobiologisch untersucht werden.

Neben der Lehrmeierei und Unterrichtsräumen verfügt der Komplex auch über einen Speisesaal und ein Internat. Die meisten Jugendlichen reisen zum Montag an und bleiben bis freitags. Auszubildende Milchtechnolog/-innen durchlaufen die überbetriebliche Ausbildung während elf Wochen innerhalb ihrer dreijährigen Ausbildungszeit. 

Nisse Lüneburg ist wieder in Schleswig-Holstein

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Bisher lag der Fokus der Familie Lüneburg auf der Zucht und der Ausbildung junger Pferde auf ihrem Hof Idenburg in Hetlingen, Kreis Pinneberg. Nun soll das Spektrum um die Vorbereitung und Präsentation talentierter Turnierpferde im internationalen Springsport erweitert werden. Diesen Bereich übernimmt Nisse Lüneburg, der damit wieder nach Hause kommt.

Die Brüder Nisse und Rasmus Lüneburg (v. li.) sind jetzt Geschäftspartner, hier mit Tomte, ihrem vielversprechenden Nachwuchspferd aus eigener Zucht. Foto: Assia Tschernookoff

Seit mehr als 40 Jahren haben sich die Lüneburgs der Zucht von qualitätsvollen Holsteinern verschrieben. Drei Stuten, mit denen Jan Lüneburg bis zur Klasse S geritten ist, bildeten den Grundstein und prägen bis heute die Nachkommen. „Stuten in der Zucht einzusetzen, die auch im Sport erfolgreich sind, hat sich bewährt“, sagt der älteste Sohn Rasmus Lüneburg, der 2011 den elterlichen Hof übernahm. Er setzte das Konzept seines Vaters fort. „Im Fohlenalter verkaufen wir unsere Pferde nicht“, macht er klar und erklärt: „Erst unter dem Sattel lassen sich Veranlagung und Leistungsbereitschaft wirklich erkennen.“

Nach einer ersten Sichtung und Selektion werden bereits einige Nachwuchspferde in die Vermarktung gegeben. Pferde mit entsprechendem Potenzial werden für den höheren Sport weiter ausgebildet und auf internationalen Turnieren präsentiert. Dafür wurden die talentierten Jungpferde bisher in Beritt gegeben. Es sei zeitlich gar nicht machbar, sich um Zucht und Ausbildung junger Pferde zu kümmern und gleichzeitig an internationalen Turnieren teilzunehmen. „Ich kann nicht von Mittwoch bis Sonntag von zu Hause weg sein“, so der 40-Jährige. Und er möchte es auch nicht, denn als junger Familienvater ist es sein Wunsch, seine beiden kleinen Kinder aufwachsen zu sehen.

Nun übernimmt der sechs Jahre jüngere Bruder Nisse diesen Part. Das Können und die Erfahrung für diese herausfordernde Aufgabe bringt er mit. Gleich nach dem Abi­tur wurde er Bereiter auf dem Magdalenenhof in Wedel. Dort hatte er die Gelegenheit, verschiedene Pferde unterschiedlichsten Alters zu reiten, und war im internationalen Turniersport bis zum Fünfsterneniveau unterwegs. Mehrmals wurde er Landesmeister von Schleswig-Holstein und Hamburg, dreimal gewann er das Deutsche Springderby in Hamburg-Klein Flottbek. 2020 ging er als Gesamtsieger aus der Riders Tour hervor, was ihm den Titel „Rider of the Year“ einbrachte.

Nach 13 Jahren bei der Familie Herz war es für ihn an der Zeit, etwas Neues zu beginnen, daher wechselte er in den Sportstall von Jan Tops im niederländischen Valkenswaard. Dort bestritt er erfolgreich Turniere, unter anderem in Spanien und Saudi-Arabien. „Es war eine spannende und lehrreiche Zeit und ich würde es immer wieder so machen“, berichtet der Springprofi, der dort Einblicke in ein völlig anderes Pferdemanagement bekam. Doch noch viel wichtiger sei, dass er gelernt habe, seinen eigenen Weg zu gehen. Deshalb habe er sich nun für die Selbstständigkeit entschieden, und zwar in Schleswig-Holstein, denn er habe auch gemerkt, dass er ein Nordlicht sei.

Im Hinblick auf Training und Förderung von Pferden haben Rasmus und Nisse Lüneburg dieselbe Auffassung: „Für uns sind Ausbildung und Sport eng miteinander verbunden.“ Da lag es nahe, sich auf Hof Idenburg als Partner zusammenzutun. Der Markt für im großen Sport einsatzbereite Springpferde sei da. „Wir haben aus unserer Zucht zwar selbst einen ganzen Schwung von talentierten Pferden, aber wir sind auch offen für Besitzer und Partner, die uns ihre Sportpferde in Beritt geben möchten“, so Nisse Lüneburg. „In den Sommermonaten haben wir ohnehin Platz genug, denn jetzt stehen unsere Jungpferde und die Stuten mit ihren Fohlen ohnehin rund um die Uhr auf unseren saftigen Marschweiden.“

Kluge Planung sorgt für attraktive Staudenbeete

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Ein herrlich blühendes Beet vom Frühjahr bis zum Herbst muss nicht der Traum eines jeden Gärtners bleiben. Mit kluger Pflanzplanung lässt sich der über 100 Jahre alte Leitspruch Karl Försters, „Es wird durchgeblüht“, umsetzen. Gemeint ist damit der Zeitraum von März bis Oktober, in dem immer etwas blüht. In der kalten Jahreszeit setzen Winter- und Immergrüne, attraktive Rinden oder einige wenige Winterblüher Akzente.

Mit dem geschickten Einbeziehen von Zwiebelblumen sprüht das Beet noch während der Entfaltung der Stauden bereits vor Farbe. Foto: Karin Stern

Bei der Gestaltung eines „durchblühenden“ Beetes kommt es weniger auf einzelne Effekte an, sondern vielmehr auf das gelungene Zusammenspiel der Stauden. Naturgemäß verändert sich die Rabatte im Verlauf der Jahreszeiten. So präsentiert ein Steingarten tendenziell im Frühjahr mehr Blütenflor, während die klassischen Beetstauden von Mai bis Oktober die Hauptrolle übernehmen. Daraus folgt, dass die vorgesehene Pflanzfläche ausreichend groß sein sollte. Oder man legt alternativ verschiedene „Jahreszeiten-Bereiche“ an unterschiedliche Stellen im Garten. Kluge Pflanzplanung bezieht auch die Tatsache ein, dass ein Blumenbeet vor allem dann schön üppig wirkt, wenn mehrere Pflanzenarten gemeinsam in voller Blüte stehen. Doch auch mit der Verwendung nur weniger Arten lässt sich der gleiche Effekt erzielen, indem dieselbe Art an mehreren Stellen im Beet auftaucht. Diese Wiederholungen vermeiden vielfarbige Unruhe und sorgen für ein harmonisches Gesamtbild. Dies wird auch durch die Beschränkung auf nur wenige Blütenfarben erreicht. Zwei bis drei Grundtöne, die miteinander ein stimmiges Zusammenspiel ergeben, sind völlig ausreichend. Gern gewählte Kombinationen sind das fröhlich wirkende Dreiergespann aus Gelb, Rot und Blau oder das romantisch daherkommende Trio Rosa, Weiß und Blau.

Der formschöne Wuchs der Steppen-Wolfsmilch fügt sich hervorragend in ein Staudenbeet ein. Foto: Karin Stern
Das Sortiment an Duftnesseln wächst seit einigen Jahren beständig. Die hübschen Blütenkerzen werden gerne von Schmetterlingen besucht. Foto: Karin Stern

Nicht unerwähnt bleiben darf eine Selbstverständlichkeit, die mitunter bei der Auswahl der Pflanzen übersehen wird. Ein Pflanzplan funktioniert nur dann, wenn die Standortansprüche der Gewächse beachtet werden. Sonnenhungrige Stauden entwickeln im Schatten nie ihre volle Schönheit und umgekehrt kümmern Schattenkinder in der Sonne vor sich hin. Ein überaus attraktives Beispiel für das Zusammenspiel der Tipps hinsichtlich Farbwahl und optimalem Standort ist der folgende Pflanzvorschlag für ein Beet in sonniger Lage. Das Grundgerüst bilden Steppen-Salbei (Salvia nemorosa), Hohe Gold-Garbe ‚Coronation Gold‘ (Achillea filipendulina), Asiatische Duftnessel ‚Blue Fortune‘ (Agastache rugosa), Sonnenhut ‚Goldsturm‘ (Rudbeckia fulgida) und Ruten-Aster ‚Lovely‘ (Aster vimineus). Wer dazu noch ein schönes Gras pflanzt, verpasst dem Beet einen passenden Rahmen. Als filigrane Schönheiten perfektionieren sie das Zusammenspiel von Farben und Formen.

Reitgras erhebt sich aus einem Meer von blühender Bergminze. Im Hintergrund sorgt eine Hortensie für Struktur.
Foto: Karin Stern

Wie mehr oder weniger große Wasserfontänen wirken Kleines Pfeifengras (Molinia caerulea), Rutenhirse (Panicum), Reitgras (Calamagrostis) oder Chinaschilf (Miscan­thus). Insbesondere Chinaschilf bietet eine breite Palette an Sorten zur Auswahl, die sich in Wuchshöhe, Blattform und -farbe, Blüte und Herbstfärbung unterscheiden. Nur ein Beispiel: Miscanthus oligostachyus wächst etwa 70 cm hoch, während ‚Große Fontäne‘ (Miscanthus sinensis) locker 2 m Höhe erreicht. Hübsch ergänzen lässt sich ein solches Beet mit Zwiebelblühern, die bereits zeitig im Frühjahr für Farbe sorgen. Infrage kommen hier neben Schneeglöckchen, Krokus und Traubenhyazinthen auch Mini-Narzissen oder Tulpen. Sehr empfehlenswert ist auch die blauviolett blühende Prärielilie ‚Caerulea‘ (Camassia leichtlinii), die im April und Mai den Blick auf sich zieht. Im Anschluss öffnen sich die Blüten des Zierlauchs (Allium).

Von März bis Mai verschönern niedrige Sträucher wie Schneeforsythie (Abeliophyllum distichum), Zierquitte (Chaenomeles) und Zwergmandel ‚Fire Hill‘ (Prunus tenella) das „Durchblühbeet“. Sie übernehmen neben den Zwiebelblühern die Rolle der Farbgeber, während sich die Stauden entfalten. Immergrüne wie Berg-Ilex ‚Glorie Dwarf‘ und ‚Glorie Gem‘ (Ilex crenata) oder als Kugeln geformte Eiben (Taxus baccata) sorgen dafür, dass das Beet auch im Winter nicht kahl aussieht. Die gleiche Funktion erfüllen wintergrüne Stauden wie Bergenie (Bergenia) und Purpurglöckchen (Heuchera).

Die Kokardenblume entfaltet in Gruppen von vier bis fünf Pflanzen ihre volle Schönheit. Foto: Karin Stern
Schönaster ,Madiva‘ nimmt im Verblühen einen weißen Farbton an. Als Extra gibt’s eine gelb-orangefarbene Herbstfärbung des Laubes. Foto: Karin Stern


Bei der Auswahl der Stauden fällt die Wahl häufig auf Arten mit einem lang anhaltenden Blütenflor. Einige davon verausgaben sich dabei und sind etwas kurzlebiger, müssen also in kürzeren Intervallen ausgetauscht oder verjüngt werden. Dazu gehören Kokardenblume (Gaillardia x grandiflora), Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria) und Storchschnabel ‚Rozanne‘ (Geranium-Hybride). Die ebenfalls etwas kurzlebige Prachtkerze (Gaura lindheimeri) erhält sich meist über Selbstaussaat. Als unkomplizierte Marathonläufer gelten Kerzen-Knöterich (Bistorta amplexicaulis), Kleinblütige Bergminze ‚Triumphator‘ (Calamintha nepeta) und Schönaster ‚Madiva‘ (Kalimeris incisa). 

Quelle: Karin Stern

Abgefischt?

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Sie haben sich die Herstellung von hochwertigen und regionalen Lebensmitteln auf die Fahnen geschrieben. Doch dies ist für immer mehr Fischwirtschaftsbetriebe in Schleswig-Holstein nicht mehr möglich. Heute gibt es nach dem Verband der Binnenfischer und Teichwirte noch gerade neun Betriebe, die im Haupterwerb eine Teichwirtschaft betreiben und die Verbraucher und Gastronomie mit frischen, regional erzeugten Fischen versorgen. Und es werden immer weniger.

Jan Kemnitz ist Fischwirt aus Leidenschaft. 35 Jahre lang war die Fischzucht Kemnitz im Naturpark Aukrug im südlichen Kreis Rendsburg-Eckernförde sein Arbeitsplatz und sein Lebensmittelpunkt. Ein kleines Paradies, mitten im Wald. „Ungefähr nach der Hälfte der Zeit habe ich das Land gekauft und hier auch ein Betriebsleiterwohnhaus gebaut.“ Selten gewordene Arten wie Meerforellen, Schnäpel, Steinbeißer und Schlammpeitzger züchtete er in seiner naturnahen Teichwirtschaft für den Verband der Binnenfischer und Teichwirte. Die jungen Fische wurden dann wieder ausgesetzt, um die letzten natürlichen Bestände zu unterstützen. „Ich hatte mich auf Rote-Liste-Arten spezialisiert, aber natürlich habe ich auch Speisefische und Besatzfische produziert.“

Doch damit ist es nun vorbei. Jan Kemnitz hat schweren Herzens aufgegeben und seinen Betrieb verkauft. Der Grund dafür ist vor allem der große Druck durch Fischotter, die sich auf seinem Gelände mitten im Wald sehr wohlfühlen. Sie haben ihm regelmäßig die Teiche leer gefischt. „Das Problem ist flächendeckend. In ganz Schleswig-Holstein sind Otter inzwischen wieder heimisch. Zuerst haben sie die Fische gefressen, aber sie gehen auch an die Amphibien und an Enten- und Gänsegelege. Seit drei Jahren habe ich hier kein Froschkonzert mehr.“

Viele Otter sind der Fische Tod

Der Otterbeauftragte für das Land Schleswig-Holstein, Kilian Lauff, dokumentiert die Otterpopulation in den Teichwirtschaften. Auch auf dem Gelände der Fischzucht Kemnitz sind ihm Otter in die Fotofalle gelaufen. „Nachdem wir wussten, wo wir suchen mussten, habe ich, um Zeit zu sparen, nicht mehr mit den Kameras gearbeitet. Ich habe dann anhand des Kots die Otter nachweisen können.“

Die Tiere genießen in Deutschland höchstmöglichen Schutzstatus. In der Roten Liste der Säugetiere Schleswig-Holsteins aus dem Jahr 2014 wird der Fischotter zudem in der Kategorie 2 „stark gefährdet“ gelistet. Aufgrund der seither festgestellten Wiederausbreitung der Art in Schleswig-Holstein ist hier künftig von einer verbesserten Einstufung auszugehen, heißt es aus dem Umweltministerium (MEKUN).

Für die Teichwirte ist längst klar, dass Fischotter in Schleswig-Holstein keine seltenen Tiere mehr sind. Doch gegen die Tiere vorgehen, das dürfen und das wollen die Fischer auch nicht. Thilo Kortmann, stellvertretender Vorsitzender des Verbandes der Binnenfischer und Teichwirte betont: „Wir wollen eine friedliche Koexistenz mit dem Otter. Aber dafür brauchen wir Unterstützung. Die Landesregierung hat mit viel Geld und Aufwand alles dafür getan, dass der Otter hier wieder lebt. Doch nun lässt sie sehenden Auges die binnenländische Fischproduktion zugrunde gehen.“

„Meine letzten Meerforellen-Elterntiere wollte ich Kilian Lauff geben, damit er weiter mit ihnen arbeiten kann. Doch der Teich, in dem ich sie hielt, war auch schon ausgeräubert worden, bevor wir ihn abfischen konnten. Innerhalb von drei Wochen sind dort 150 Meerforellen verschwunden“, gibt Kemnitz einen kleinen Einblick in den unbändigen Hunger, den die pelzigen Fischräuber entwickeln können.

Stellungnahme des Landwirtschaftsministeriums

Bisher ist es nur möglich, beim Landesamt für Landwirtschaft und nachhaltige Landentwicklung (LLnL) eine Unterstützung für Investitionen zu beantragen, um beispielsweise einzelne Teiche einzuzäunen. Das Landwirtschaftsministerium (MLLEV) antwortet auf die Frage des Bauernblattes, was unternommen wird, um die Fischwirte beim Schutz gegen Prädatoren, allen voran Otter, zu unterstützen, schriftlich: „Eine entsprechende Förderrichtlinie zum Ausgleich von Schäden befindet sich kurz vor der Veröffentlichung. Die Höhe der Ausgleichszahlung wird sich nach der Größe des bewirtschafteten Betriebs richten. Im Falle kleiner Teichwirtschaften besteht gegebenenfalls auch die Möglichkeit, die Installation von technischen Schutzvorrichtungen gegen Prädatoren zu fördern (zum Beispiel Zäune, Überspannungen). Die Betriebe müssen im Falle der Inanspruchnahme von Förderungen oder Ausgleichszahlungen jährlich Aufzeichnungen mit Angaben zur Bewirtschaftung, zu ihren jährlichen Erträgen und zu technischen und sonstigen Maßnahmen zum Schutz vor Schäden durch geschützte Tiere dem LLnL vorlegen. Ziel ist es, einen fortlaufenden Überblick über das tatsächliche Aufkommen von Prädatoren und dessen Entwicklung sowie die wirtschaftliche Situation der Betriebe zu gewinnen und somit die Ausgleichszahlungen möglichst bedarfsgerecht zu gestalten.“

Jan Kemnitz (li.) und Thilo Kortmann machen sich Sorgen um die Zukunft der Fischwirtschaft.  Fotos: Christiane Hermann

Ein Monitoring kommt zu spät

Doch über diesen Punkt sind die Teichwirte längst hinweg. Ein Monitoring benötigen sie nicht mehr, wenn die Teiche schon leer sind. Auch eine wirklich ottersichere Umzäunung seiner Teiche wäre auf dem naturnahen Gelände im Aukrug für Jan Kemnitz ohnehin nicht möglich gewesen: „Bei mir konkret wären es Teiche auf einem Gelände von über 45 Hektar mitten in der Natur. Das wäre nicht gegangen. Man hätte kleine Teile, die man dann spezialisiert für Speisefische hält, mit der entsprechenden Finanzierung einzäunen können. Aber für einen Fischzüchter ist das aus eigenen Mitteln nicht zu wuppen.“

Für Jan Kemnitz wäre solch eine Investition aus betriebswirtschaftlicher Sicht unrentabel gewesen. Deshalb hat er den größten Teil seines Geländes an die Schrobach-Stiftung verkauft. Die hat sich dem Naturschutz gewidmet und schreibt auf ihrer Webseite: „Die Schrobach-Stiftung hat für den Erwerb umfangreiche Fördermittel vom Land Schleswig-Holstein erhalten und ist zukünftig für die Umsetzung der in einem Managementplan festgelegten Ziele für dieses FFH-Gebiet verantwortlich. Amphibien wie Kammmolch und Knoblauchkröte sollen sich möglichst ausbreiten, die Quellfauna soll sich ungestört entwickeln und die grundwasserbeeinflussten Feuchtwälder sollen besonders geschützt werden.“

„Keine Fische, keine Amphibien“

Die Fischzüchter aber befürchten, dass der Erhalt der Kulturlandschaft ohne die fachgerechte Pflege durch Teichwirte nicht möglich ist. Jan Kemnitz ist sich sicher: „Ohne Fische in den Teichen funktioniert es nicht. Erst die Fische halten das Wasser frei, sodass die Amphibien sich wohlfühlen. Ohne Fische verlanden und versumpfen die Teiche. Dann gibt es sehr schnell auch keine Amphibien mehr hier, und der Otter verschwindet auch wieder. Dann verlieren wir mehr, als wir gewinnen, sogar in Bezug auf den Naturschutz.“ Auf Nachfrage des Bauernblattes antwortete die Schrobach-Stiftung schriftlich, sie „erarbeitet derzeit ein Konzept für das gesamte Anwesen, das zu einem Naturschutzzentrum entwickelt werden soll. Der Erhalt und die weitere Pflege der Teiche sind ein zentraler Bestandteil dieses Konzeptes.“

Doch auch ein anderer Punkt lässt die Teichwirte aufhorchen. Während sie seit Jahren mit dem MEKUN um mehr Unterstützung zum Erhalt ihrer Teichwirtschaften im Zusammenhang mit der zunehmenden Belastung durch die Otter ringen, bekam die Stiftung vom MEKUN erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt. Auf Anfrage gibt das Ministerium an: „Die Flächensicherung wurde durch das MEKUN mit rund 850.000 Euro aus Landesmitteln gefördert. Die Förderung umfasste den Ankauf von Offenlandflächen und Waldanteilen. Neben dem geförderten Flächenankauf hat die Schrobach-Stiftung mit Eigenmitteln die übrigen Betriebsflächen und Gebäude des Fischzuchtbetriebes erworben.“

Bleibt nur zu hoffen, dass dieses Geld der Steuerzahler gut investiert ist und die zu schützenden Amphibien wirklich von diesen Maßnahmen profitieren.

Halten die Fischwirte durch?

Für die heimische Nahrungsmittelproduktion sieht das anders aus. Auch wenn Landwirtschafts- und Fischereiminister Schwarz (CDU) betont: „Die Förderung einer regionalen Lebensmittelproduktion nimmt in der Arbeit meines Hauses einen hohen Stellenwert ein. Dies schließt selbstverständlich die Bereiche Fischerei und Aquakultur mit ein. Mir ist bewusst, dass unsere heimischen Binnenfischer aber auch die Teichwirte, vor großen Herausforderungen stehen. Um die Binnenfischereibetriebe in unserem Land in Zukunft besser zu unterstützen, plant das MLLEV die Ausgleichszahlungen für Prädatorenschäden in der Binnenfischerei zu erhöhen – und auch die Teichwirtschaften werden erstmals in unser Programm aufgenommen. Zudem stehe ich bezüglich der Prädatorenproblematik im Austausch mit dem MEKUN, das ein ergänzendes Förderprogramm für die Teichwirte plant. Als Landwirtschafts- und Fischereiminister ist es mir besonders wichtig, möglichst viele Betriebe der Binnenfischerei und Teichwirtschaft zu erhalten, damit wir auch in Zukunft regional erzeugten bzw. gefangenen Süßwasserfisch genießen können.“

Für Jan Kemnitz kommen diese Maßnahmen definitiv zu spät, und ob die restlichen neun verbleibenden Betriebe bis zu den geplanten Ausgleichszahlungen durchhalten können, bleibt abzuwarten. Undenkbar wäre doch ein Schleswig-Holstein ohne frischen Fisch aus nachhaltiger heimischer Teichwirtschaft.