Wenn im Frühling der Husumer Schlosspark in ein violettes Blütenmeer getaucht wird, zieht es Jahr für Jahr zahlreiche Besucherinnen und Besucher in die nordfriesische Stadt. Über vier Millionen Krokusse verwandeln die Parkwiesen rund um das Schloss vor Husum in ein fast surreal wirkendes Blütenmeer.
Warum gerade hier diese Krokusse wachsen, ist bis heute nicht ganz sicher. Eine der beliebtesten Theorien besagt, dass einst Mönche versucht haben könnten, Safran anzupflanzen – jenes sagenumwobene, edle Gewürz, das aus den Blüten des Krokus gewonnen wird.
Doch wie so oft bei Geschichten mit einem Hauch von Magie steckt auch hier ein kleiner Irrtum: Denn der im Schlosspark blühende Frühlingskrokus (Crocus napolitanus) ist nicht jener, aus dem Safran gewonnen wird. Der echte Safran stammt von einer ganz besonderen, im Herbst blühenden Art: dem Crocus sativus, Safrankrokus.
Der Safrankrokus – botanische Kostbarkeit
Crocus sativus ist eine ausdauernde Zwiebelpflanze, deren violette Blüten mit ihren leuchtend roten Narben den Herbst verschönern. Die Farbe der Blüten variiert zwischen schieferblau und kräftigem Violett, manchmal mit einem Hauch von Lavendel oder Purpur. Doch ihre wahre Kostbarkeit liegt im Inneren: In jeder einzelnen Blüte wachsen drei leuchtend rote Narben – die berühmten Safranfäden.
Diese Narben, die weiblichen Organe der Blüte, sind es, die seit Jahrtausenden als kostbares Gewürz geschätzt werden. Um ein einziges Kilogramm getrockneten Safran zu gewinnen, benötigt man etwa 150.000 Blüten – eine mühsame Handarbeit, die nicht mechanisiert werden kann. Kein Wunder also, dass Safran oft teurer als Gold gehandelt wird und den Beinamen „Rotes Gold“ trägt. Für den Handel wird Safran als Gewürz oft gefälscht oder gestreckt.
Anbau und Pflege – anspruchsvoll, aber lohnend
Der Safrankrokus hat große, flach-kugelige Knollen und kommt aus wärmeren und trockeneren Regionen. Er stellt bei uns hohe Ansprüche an seinen Standort: Er liebt warme, sonnige Plätze mit gut durchlässigem Boden. Staunässe oder ein dauerhaft feuchter Standort, besonders im Winter, kann die Zwiebeln schädigen oder gar zum Faulen bringen. Deshalb empfiehlt sich eine Pflanzung an einem geschützten Ort mit sehr guter Drainage. Ideal ist es, die Zwiebeln in lockeren, sandigen Boden zu setzen. Die Pflanzzeit ist von Mitte August bis Mitte September, Blütezeit ist dann im selben Jahr: Oktober und November.
Die Kultur in Töpfen hat sich bei uns gut bewährt. In diesem Fall können die Töpfe nach der Blüte ins Trockene gebracht oder unter Dach gestellt werden – ein Trick, den vor allem Hobbygärtner in weniger mediterranen Regionen gerne nutzen, um den klimatischen Anforderungen gerecht zu werden. Safranblüten werden etwa 20 cm hoch. Die Blätter sind zart und grasähnlich.
Die Magie der Safranfäden
Nach der Ernte werden die kostbaren Narben in einem sehr behutsamen Verfahren getrocknet – ein essenzieller Schritt, denn erst durch das Trocknen entfaltet der Safran sein unvergleichliches Aroma. (Wer jetzt Safran nur so zum Spaß im Topf anbauen möchte, der trocknet die Narben auf einem Tuch an der Heizung.)
Der Duft ist warm, leicht bitter, mit einer erdigen Note und einem Anklang von Honig. Geschmacklich ist Safran sehr intensiv, exotisch und unverwechselbar.
Seine charakteristische tiefgelbe Farbe verdankt der Safran vor allem Crocinen, das sind Carotinoide, die in den Fäden enthalten sind. Schon winzige Mengen reichen aus, um Speisen wie Reis, Suppen oder Süßspeisen zu färben und ihnen eine feinwürzige, fast mystische Note zu verleihen. Für diesen besonderen Geschmack sorgen Safronal und der Bitterstoff Picrocrocin.
In der persischen, indischen, arabischen und mediterranen Küche ist Safran ein unverzichtbares Element – sei es im spanischen Paella, im französischen Bouillabaisse oder im persischen Tahdig.
Und bei uns sagt man ja „Safran macht den Kuchen geel“.
Herkunft und Verbreitung
Obwohl Safran ursprünglich wohl aus dem östlichen Mittelmeerraum stammt, wird er heute in einem weiten geografischen Gürtel angebaut – von Spanien im Westen über Marokko, Griechenland und Iran bis nach Indien und sogar in kleinen Mengen in der Schweiz, Italien und Frankreich. Die größten Produzenten weltweit sind Iran und Spanien, die zusammen über 80 % der globalen Jahresproduktion liefern. Die weltweite Erntemenge beläuft sich auf etwa 300 t pro Jahr – ein verschwindend kleiner Wert, gemessen am Aufwand und an der Nachfrage.
In Europa ist der Anbau fast ausschließlich auf den Mittelmeerraum beschränkt. Dort ermöglichen die heißen, trockenen Sommer und die milden Winter die idealen Bedingungen für die Kultivierung.
Safran – mehr als nur ein Gewürz
Neben seinem Einsatz in der Küche wurde Safran auch in der Medizin, in der Kosmetik und in der Textilfärbung verwendet. (Man sagt, die Husumer Mönche, die leider den falschen Krokus anbauten, wollten mit dem Safran ihre Kutten färben …) Schon in der Antike schätzten ihn Ägypter, Griechen und Römer wegen seiner heilenden Wirkung. Man schrieb ihm eine beruhigende, entzündungshemmende und sogar aphrodisierende Wirkung zu. Im Mittelalter war Safran Bestandteil vieler Arzneien, und auch heute noch wird er in der Naturheilkunde eingesetzt, etwa als Stimmungsaufheller.
Doch trotz all dieser Eigenschaften bleibt Safran vor allem eines: ein Symbol für Luxus und Sinnlichkeit. Die aufwendige Ernte, die geringe Ausbeute und die jahrtausendealte Geschichte machen ihn zu einem Gewürz, das nicht nur Geschmack verleiht, sondern auch Geschichten erzählt – von fernen Ländern, alten Kulturen und der Kunst, aus wenigem das Kostbarste zu machen.
Und für Garteninteressierte ist Safran eine spannende Kultur: Wir hatten in der Gärtnerei einen Kunden, der mit seinem Männerkochclub Safran im Topf kultivierte und zur Blütezeit mit der Pinzette ein paar Narben erntete, trocknete und dann eine köstliche Paella daraus zubereitete, einmal im Jahr.




