Start Blog Seite 162

Das bunte Finale

0

Die meisten Laubbäume in unseren Breiten werfen ihre Blätter im Spätherbst ab, überdauern den Winter kahl und treiben erst im Frühjahr wieder neu aus. Sie schützen sich so vor Frostschäden, aber auch vor übermäßiger Verdunstung im Winter, wenn der Boden gefroren und Wassernachschub nur schwer möglich ist. Vorteilhafter Nebeneffekt des jährlichen Großputzes: Viele Schadorganismen an den Blättern werden beim Verrottungsprozess durch Bodenorganismen abgebaut und umgewandelt.

Gesteuert wird der Prozess der Blattablösung durch Pflanzenhormone. Zunächst werden die in den Blättern enthaltenen Stoffe wie Phosphor, Eisen und Stickstoff in den Stamm verlagert und dort über Winter gespeichert, um beim Laubaustrieb im Frühjahr wieder zur Verfügung zu stehen. Anschließend bildet sich am Blattansatz ein Trenngewebe, das die Wasserabgabe unterbricht und zugleich das Eindringen von Schaderregern verhindert. Zuletzt fällt das Blatt schon bei leichter Windbewegung vom Baum. Die zurückbleibenden Blattnarben weisen bei jeder Baum- und Strauchart eine andere, typische Form auf und dienen im Winter als botanisches Unterscheidungsmerkmal. Bei manchen Baumarten bildet sich am Blattstiel kein Trenngewebe als „Sollbruchstelle“, sondern nur die Leitungsbahnen werden mit einem Zellgewebe verschlossen. Deshalb hängt bei Buchen und Eichen das braun gewordene Laub oft noch monatelang an den Zweigen und fällt zuweilen erst dann ab, wenn im Frühjahr die neuen Knospen austreiben.

Tageslänge und Temperatur steuern Farbe und Abwurf

Die herbstliche Laubfärbung beruht vor allem auf dem Rückzug des Chlorophylls. Wie die anderen Inhaltsstoffe wird auch der grüne Farbstoff, der Grundlage für die Photosynthese und damit für den Stoffwechsel und das Wachstum aller grünen Pflanzen ist, im Herbst abgebaut und im Stamm, in den Zweigen und in der Wurzel zwischengespeichert.

Indian Summer braucht sonniges Herbstwetter und kalte Nächte. Foto: Anke Brosius

Nach Abbau des Chlorophylls werden weitere im Blatt enthaltene Farbstoffe sichtbar, die im Sommer vom Grün überdeckt waren, insbesondere der gelbe Farbstoff Xanthophyll und Karotinoide, die Gelb, Orange und Rot hervorbringen. Rot bis Blauviolett färbende Anthocyane werden hingegen oft erst in der Phase des Chlorophyllabbaus neu gebildet.

Laubfärbung und -abwurf werden vor allem durch Tageslänge und Temperatur gesteuert, aber auch die Bodenbeschaffenheit kann eine Rolle spielen: Beim Kuchenbaum Cercidiphyllum japonicum etwa ist die gelb-rote Laubfärbung auf sauren Böden deutlich ausgeprägter als auf kalkhaltigen.

Sonniges Herbstwetter und kalte Nächte fördern eine kräftige Ausfärbung. In Jahren mit regenreichem Wetter oder Dauernebel ist die Blattfärbung vergleichsweise wenig ausgeprägt. Die prachtvolle Herbstfärbung nordamerikanischer Laubwälder (Indian Summer) im Zusammenhang mit dem dort typischen sonnigen und kalten Herbstwetter brachte amerikanische Forscher zu der Vermutung, dass die Aufgabe der erst kurz vor der Laubfärbung an der Blattoberfläche produzierten Anthocyane darin liege, das Blatt nach Auflösung des Chlorophylls vor zu starker Sonneneinstrahlung und Kälte zu schützen.

Meister der Farben: Ahorn und Zaubernussgewächse

Auch für Kübel geeignet: der rotlaubige Schlitzahorn ‚Jerre Schwartz‘ Foto: Anke Brosius

So kommen aus Nordamerika viele Bäume mit besonders ausdrucksvoller Herbstfärbung, wie der sich gelb verfärbende Silberahorn, Acer saccharinum, und der gelb-orangerot leuchtende Zuckerahorn, Acer saccharum.

Die glänzenden Blätter des Feuerahorns, Acer ginnala, leuchten im Herbst in kräftigem Rot. Der etwa 5 bis 7 m hoch und breit werdende Baum oder Großstrauch ist anpassungsfähig an Boden und Klima und verträgt auch Trockenheit. Hingegen eignet sich Acer rufinerve, der Rostbartahorn, dessen Herbstlaub gelb-rot leuchtet, nur für ausreichend feuchte und nicht zu heiße Standorte. Für ihn darf es auch halbschattig sein, etwa in einem geschützten Innenhof.

Verbreitet sind die vielen Formen des japanischen Fächerahorns, Acer palmatum. Während die Blätter der Art sommergrün sind und sich erst im Herbst orange bis rot färben, zeigt die Sorte ‚Atropurpureum‘ schon im Sommer eine mattrote Färbung, aus der im Herbst ein leuchtendes, reines Rot wird. Die feinen, schmal eingeschnittenen Blätter des Schlitzahorns, A. palmatum ‚Dissectum‘, leuchten im Herbst gelb bis ­orange.

Neben den Ahornarten prunken vor allem Zaubernussgewächse (Hamamelidaceae) mit leuchtenden Herbstfarben. Je nach Sorte fällt die Herbstfärbung der Japanischen Zaubernuss (Hamamelis japonica beziehungsweise intermedia) reingelb, orange, rot oder auch mehrfarbig aus. Die Scheinhaseln Corylopsis pauciflora und C. spicata zeigen ein gelbes beziehungsweise gelborangefarbenes Herbstkleid.

Das Herbstkleid der Zaubernuss leuchtet zauberhaft schön: Hamamelis intermedia. Foto: Anke Brosius

Die Federbuschsträucher Fothergilla gardenii und F. major werden nur knapp 1 m beziehungsweise gut 2 m hoch, fallen aber vor allem an sonnigen Standorten durch ihre ausgeprägte gelbe bis scharlachrote Herbstfärbung auf. Zu den Hamamelisgewächsen gehört auch der Eisenholzbaum, Parrotia persica, dessen Blätter je nach Standort gelb oder orange bis purpurrot leuchten.

Herbstfärbung beim Großen Federbuschstrauch Foto: Anke Brosius

Herbstbunte Gehölze für kleinere Gärten

Beim Amberbaum zeigen sich je nach Besonnung oft verschiedene Herbstfarben gleichzeitig. Foto: Anke Brosius

Eine auffällig schöne Herbstfärbung weist auch der Amberbaum, Liquidambar styraciflua, auf, der mit 8 bis 10 m Höhe gut in größere Vorgärten passt. Ein besonderer Tipp für warme, windgeschützte Standorte ist die Kräuselmyrte (Lagerstroemia indica), die bereits im Spätsommer bis Frühherbst mit kräftig rosaroter Blüte auffällt. Wenig später färben sich die Blätter je nach Sonneneinstrahlung gelb bis rot.

Der aus dem Mittelmeerraum stammende Perückenstrauch, Cotinus coggygria, bevorzugt sonnige, warme Lagen und kommt auch mit ausgeprägter Trockenheit zurecht. Seine Herbstfärbung ist am besten mit dem Wort „golden“ beschrieben. Es gibt auch eine rotlaubige Form, die sich im Herbst orange- bis scharlachrot färbt.

Unter den einheimischen Sträuchern ist die Felsenbirne, Amelanchier ovalis, hervorzuheben, deren Blätter sich orange bis kupferrot färben, sowie das Pfaffenhütchen, Euonymus europaeus, mit leuchtend roter Herbstfärbung. Die Blätter des Roten Hartriegels, Cornus sanguineum, färben sich zumindest in sonnigen Jahren in einem schönen Dunkelrot.

Die Kräuselmyrte ist ein Geheimtipp für geschützte Lagen. Foto: Anke Brosius

Ausgeprägter noch ist die scharlachrote Herbstfärbung des Amerikanischen Blumen-Hartriegels Cornus florida und des Japanischen Blumen-Hartriegels Cornus kousa.

Cornus kousa var. chinensis Foto: Anke Brosius

Violette Herbstfärbung ist selten, aber es gibt sie. Beim Japanischen Liebesperlenstrauch, Callicarpa japonica, färben sich im Herbst nicht nur die Beeren violett, sondern auch die Blätter weisen einen deutlich violetten Einschlag auf. Auch die Blätter der Purpur-Schönfrucht, Callicarpa dichotoma, sind je nach Standort und Wetter mehr oder weniger stark violett gefärbt.

Violette Herbstfärbung: Callicarpa dichotoma Foto: Anke Brosius

Farbkontraste schaffen

Die schönste Wirkung erzielen buntlaubige Gehölze einzeln oder in kleinen Gruppen sich ergänzender Farbtöne. Kontraste zu grünlaubigen Nachbarpflanzen, zum Beispiel einer Eibenhecke oder Efeubewuchs im Hintergrund, lassen sich nutzen, um den Farbeindruck zu verstärken. Unter den Kletterpflanzen fällt vor allem der Wilde Wein mit leuchtenden Herbstfarben auf: sowohl der dreilappige Parthenocissus tri­cuspidata als auch der fünfingrige P. quinquefolia. Bei der Begrünung von Mauern und Zäunen sollte man darauf achten, dass auch das Herbstlaub mit der Farbe der Wand harmoniert.

Reizvoller Farbkontrast: Wilder Wein mit Efeu Foto: Anke Brosius


Zwischen Leistungspotenzial und Ressourceneinsatz

0

Auf der Suche nach der optimalen Schnittstelle zwischen Leistungspotenzial und ­Ressourceneinsatz in der Legehennenhaltung konnte nun in einem Versuch am Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse (VBZL) der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen gezeigt werden: Eine N- und P-reduzierte Fütterung von Legehennen kann durchaus empfohlen werden.

Eine Reduktion der Stickstoff (N)- und Phosphor (P)-Emissionen bringt viele Vorteile mit sich. Neben den bekannten Folgen für die Umwelt wirkt sich die Reduktion auch vorteilhaft auf die Tiergesundheit aus, denn eine Aufnahme von überschüssigem Stickstoff führt beispielsweise zu einer vermehrten N-Ausscheidung in Form von energiereicher Harnsäure – ein Energieverlust über die Exkremente.

Dieser Vorgang belastet den Stoffwechsel der Tiere unnötigerweise und erhöht gleichzeitig ihren Energiebedarf bei gleichbleibender Leistung. Gerade Legehennen kommt eine Entlastung des Stoffwechsels entgegen. Allerdings spielt eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen eine zentrale Rolle, um die Leistung und Gesundheit der Tiere zu erhalten. Aminosäuren (AS) beeinflussen etwa die Eigröße, Kalzium und Phosphor sind wichtig für die Eischalenstabilität und Knochengesundheit. Vor allem im Hinblick auf eine längere Nutzungsdauer der Tiere, die aufgrund der gestiegenen Junghennenpreise vermehrt in den Fokus rückt, wird eine N- und P-reduzierte Fütterung oft mit Skepsis betrachtet.

Bereits in den Jahren 2020/2021 wurde ein Versuch zur N- und P-reduzierten Fütterung bei Legehennen am Versuchs- und Bildungszentrum Haus Düsse durchgeführt. Hintergrund des Versuchs war es herauszufinden, ob eine Absenkung von N und P im Futter unter die Werte der DLG für eine N- und P-reduzierte Fütterung möglich ist, ohne die Leistung negativ zu beeinflussen. Durch die Absenkung der N- und P-Gehalte im Futter sollten sich die N- und P-Ausscheidungen über die Exkremente reduzieren.

Die N- und P-reduzierte Fütterung nach DLG wurde dabei als Kontrollgruppe angenommen, da mit diesen Nährstoffgehalten eine stabile Leistung erzielt werden kann und unterschiedliche wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass ein Reduktionspotenzial der N- und P-Gehalte vorhanden ist. Es galt also in dem Versuch herauszufinden, ob und inwieweit Absenkungen möglich sind und welche Legehennenrationen in der Praxis umgesetzt werden können.

Die Tiere der Kontrollgruppe, Variante (V) 1, erhielten somit N- und P-reduziertes Futter nach DLG. V2 wurde weiter N-und P-reduziert gefüttert, und V3 erhielt nochmals umfangreicher N- und P-reduziertes Futter. Alle Fütterungsvarianten wurden an Weiß- und an Braunlegern geprüft. Die Ergebnisse zeigen, dass es keinen Einfluss der Nährstoffreduktion in Bezug auf die Genetik zu geben scheint. Die umfangreichste Absenkung der N- und P-Konzentration (V1 versus V3) hatte trotz eines Ausgleichs an Aminosäuren (Lys, Met+Cys, Thr, Trp) eine signifikante Reduktion der Eizahl, Eimasse, des Eigewichts und der Legeleistung je Durchschnittshenne zur Folge.

Auch in Bezug auf die Verteilung der Eigewichtsklassen konnte kein Unterschied zwischen den Futtervarianten festgestellt werden, lediglich in Bezug auf die Genetik. Die Dekalb White legten mehr Eier in den geringeren Gewichtsklassen. Foto: Kathrin Thieman

Noch mehr Optimierung möglich?

Nachdem der Vorversuch gezeigt hatte, dass ein gewisses Reduktionspotenzial gegenüber den von der DLG beschriebenen Verfahren möglich ist, folgte ein weiterer Versuch, um die Ergebnisse abzusichern und zu untersuchen, inwieweit eine weitere Optimierung hinsichtlich N und P gegenüber den DLG-Werten möglich sei. Aufgrund des Leistungsabfalls in V3 wurde diese im gegenwärtigen Versuch nicht noch einmal angewendet.

Am VBZL Haus Düsse stand zur Durchführung des Versuchs eine Kleingruppenanlage mit insgesamt 28 Wiederholungen zur Verfügung. Eingestallt wurden Legehennen der Genetiken Lohmann Brown (LB) und Dekalb White (DW), die jeweils zwei verschiedenen Futterstrategien zugeteilt wurden. Je Genetik und Fütterungsvariante gab es sieben Wiederholungen mit jeweils 36 Tieren. Eine Übersicht über die Konzentration ausgewählter Nährstoffe der zwei Fütterungsvarianten ist der Tabelle 1 zu entnehmen.

Die Reduktion der N- und P-Konzentration des Futters wurde im letzten Legeabschnitt vorgenommen. Hier wurde die Rohproteinkonzentration (N x 6,25) um zirka einen Prozentpunkt, die Phosphorkonzentration um zirka 0,5 Prozentpunkte abgesenkt. Um dies zu erreichen, wurde der Anteil von Weizen an der Ration zulasten von Soja- und Rapsextraktionsschrot erhöht. Alle Rationen enthielten Weizen, Gerste, Mais sowie Sonnenblumen- und Rapsextraktionsschrot in verschiedenen Mengenanteilen.

Variante 1

DW mit N- und P-reduziertem Futter nach DLG-Standard

LB mit N- und P-reduziertem Futter nach DLG-Standard

Variante 2

DW mit N- und P-reduziertem Futter unter DLG-Standard

LB mit N- und P-reduziertem Futter unter DLG-Standard

Das waren die Leistungsparameter

Während des Durchgangs wurden die Parameter der Legeleistung, die Verluste, die Kenngrößen der Eiqualität und die Eigewichtsverteilung erfasst. Tabelle 2 zeigt die durchschnittlichen Leistungsparameter über die 13 erhobenen Legeabschnitte. Die dargestellten Werte beziehen sich dabei auf den Parameter „je Durchschnittshenne“ (DH, Anzahl der durchschnittlich eingestallten Tiere, korrigiert um Verluste).

Die Ergebnisse zeigen, dass es keine signifikanten Unterschiede in der Legeleistung zwischen den Futtervarianten gab. Sie zeigen lediglich, dass die Tiere der Genetik Lohmann Brown einen signifikant höheren Futterverbrauch, eine größere Eimasse und ein höheres Eigewicht aufwiesen als die Tiere der Genetik Dekalb White.

Verteilung der Eigewichtsklassen

Die Ergebnisse der durchschnittlichen Verteilung der Eigewichtsklassen (S, M, L und XL), gemittelt über 13 Legeabschnitte in Abhängigkeit von der Genetik, zeigen, dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Futtervarianten gab. Durch die unterschiedliche Fütterung kam es demnach nicht zu einer Verschiebung der Eigewichtsklassen.

Lediglich die Genetik der Hennen beeinflusste die Legeleistung. Die Hennen der Genetik LB wiesen signifikant mehr Eier in den Gewichtsklassen XL (+3 %-Punkte) und L (+10 %-Punkte) auf, während die Hennen der Genetik DW signifikant mehr Eier der Gewichtsklasse M (52 % versus 46 %) und S (4 % versus 2 %) legten (Abbildung). Diese Ergebnisse bestätigten die bereits bekannten Unterschiede der beiden Genetiken. Generell hatten die DW-Hennen signifikant mehr Knick- und Brucheier (4,4 % zu 2,8 %) als die LB-Hennen (nicht in der Abbildung dargestellt).

Die Kenngrößen der Eiqualität

Bei der Frage, ob und wie eine N- und P-reduzierte Fütterung in der Legehennenhaltung umsetzbar ist, spielen neben den biologischen Aspekten auch die Kenngrößen der Eiqualität eine übergeordnete Rolle.

Die Kenngrößen der Eiqualität am Ende des 13. Legeabschnittes sind in Tabelle 3 dargestellt. Die Futtervarianten hatten keinen signifikanten Einfluss auf die Eiqualität. Demnach hatte eine Absenkung der N- und P-Gehalte unter die DLG-Vorgaben keinen Einfluss auf diese Merkmale. Allerdings zeigen sich hier, wie auch bei den Leistungsparametern, Unterschiede in Bezug auf die Genetik. Die Eier der LB-Hennen wiesen eine signifikant höhere Bruchfestigkeit auf. Die DW-Hennen wiesen hingegen signifikant höhere Werte bei der Eiklarhöhe und der Eiklarkonsistenz auf.

Berechnung der Nährstoffbilanz

Um mögliche Effekte einer N- und P-reduzierten Fütterung auf die Umweltwirkung der Legehennenhaltung beurteilen zu können, wurde basierend auf den Daten zum Futterverbrauch und der Gewichtszunahme eine Stickstoff- und Phosphorbilanz berechnet. Zur Bilanzierung wurde dabei auf die Annahmen zur Ganzkörperzusammensetzung von Legehennen nach DLG-Band 199 (2014) zurückgegriffen.

Tabelle 4 zeigt die aus den Leistungsdaten berechneten sowie die durch Exkrementanalysen bestimmten N- und P-Ausscheidungen. Die berechneten Werte zur N-Ausscheidung zeigen, dass bei den Weißlegern keine Unterschiede in der relativen Ausscheidung je Stallplatz und Jahr durch die nährstoffabgesenkte Fütterung erreicht werden konnten. Bei den Braunlegern konnte für N ebenfalls kein Effekt festgestellt werden. Allerdings konnte die P-Ausscheidung um 14 % abgesenkt werden.

Die teilweise unveränderten Werte sind darauf zurückzuführen, dass die Tiere unter Fütterungsvariante 2 numerisch mehr Futter fraßen. Die aus den Leistungsdaten berechnete N- und P-Ausscheidung je Kilogramm Eimasse für V1 konnte bereits veröffentlichte Werte bestätigen (vergleichbar mit der N- und P-reduzierten Fütterung nach DLG-Band 199).

Fazit

Die Ergebnisse aus dem VBZL Haus Düsse zeigen deutlich: Eine N- und P-reduzierte Fütterung von Legehennen ist möglich. Der hier aufgezeigte Versuch bestätigt die Ergebnisse aus dem Vorversuch (2020/2021).

Auch wenn die Hennen nochmals unter den derzeit von der DLG vorgegebenen Werten zur N- und P-reduzierten Fütterung gefüttert werden, weisen sie keinerlei Einbußen auf – weder in den Leistungsparametern noch in den Kenngrößen in Bezug auf die Eiqualität sowohl bei Braun- als auch bei Weißlegern. Ein Einfluss auf Eigröße und die Schalenstabilität konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

Ein Vergleich von Weiß- und Braunlegern zeigt hingegen ein typisches Bild. Die Hennen der Genetik LB hatten einen signifikant höheren Futterverbrauch, aber auch signifikant höhere Eigewichte. Auch bei den Eigewichtsklassen konnten die LB-Hennen mehr Eier in den höheren Gewichtsklassen generieren als die DW-Hennen. Bei den Kenngrößen der Eiqualität wiesen die Eier der LB-Hennen eine signifikant höhere Bruchfestigkeit der Schale auf, während die Eier der DW-Hennen höhere Werte bei der Eiklarqualität aufweisen konnten.

In Bezug auf die Ausscheidungswerte konnte allerdings kein positiver Effekt der Nährstoffreduktion festgestellt werden, weder über die berechneten Leistungsdaten noch über die Analysen. Da das Leistungsniveau bei gleichzeitig reduzierten Ausscheidungen erhalten bleibt, kann eine N- und P-reduzierte Fütterung durchaus empfohlen werden.

Alternative Nutzung von wiedervernässtem Grünland

0

Mitte September tagte der Ausschuss für Natur und Umwelt der Landwirtschaftskammer gemeinsam mit dem Umweltausschuss des Bauernverbandes zu Fragen des Klimaschutzes. Die Zusammenkunft fand statt unter dem Vorsitz von Sabine Schwarten zusammen mit Kammerpräsidentin Ute Volquardsen und Ludwig Hirschberg, Ausschussvorsitzender und Vizepräsident des Bauernverbandes, auf der Klimafarm der Stiftung Naturschutz in Erfde, Kreis Schleswig-Flensburg.

Zunächst stellte Dr. Elena Zydek, Stiftung Naturschutz, als Leiterin der Klimafarm sich und ihr Team vor. Dr. Arne Poyda, Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur (MEKUN), stellte die Strategie der Landesregierung zur Zukunft der Niederungen vor. Dabei sind Niederungen die Gebiete, die 2,5 m unter Normalhöhe null (NHN) liegen. In Schleswig-Holstein umfasst dies einen Anteil von rund 20 % der Landesfläche. Laut Poyda wird die Entwässerung der Niederungen durch die Folgen des Klimawandels und der Geländehöhenverluste künftig erheblich schwieriger und insbesondere teurer. Problematisch sind erschwerte freie Entwässerung, verkürzte Sielzeiten und die technische Anpassung von Schöpfwerken, verbunden mit zunehmenden Starkregenereignissen und stärker ausgeprägten Binnenhochwassern. Die Niederungsstrategie soll zu einer Verbesserung des Landschaftswasserhaushaltes in Schleswig-Holstein beitragen und gleichzeitig die wasserwirtschaftlichen Kosten in Grenzen halten.

Die beiden Ausschussvorsitzenden Sabine Schwarten (li.) und Ludwig Hirschberg (r.) mit der Projektleiterin der Klimafarm, Dr. Elena Zydek, Stiftung ­Naturschutz

Aus Klimaschutzsicht ist das Ziel der Treibhausgas (THG)-Neutralität bis 2040 ohne wiedervernässte Moore nicht erreichbar, so Dr. Poyda. Durch höhere Wasserstände werden THG-Emissionen und Geländehöhenverluste minimiert. Auch auf die Gewässerschutz- und Biodiversitätsziele hat ein verändertes Be- und Entwässerungsmanagement anteilig positive Auswirkungen.

Dr. Arne Poyda

Die Niederungsstrategie bildet die Grundlage für einen langfristigen Transformationsprozess, der unter dem Prinzip der Freiwilligkeit vor Ort durch Entwicklung regionaler Konzepte, zum Beispiel durch örtliche Wasser- und Bodenverbände, umgesetzt werden soll. Das Land hat dabei unterstützende und beratende Funktion. Seit Juni des Jahres ist eine neue Förderrichtlinie in Kraft getreten, die Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts innerhalb der schleswig-holsteinischen Niederungskulisse unterstützen kann, die auch den Anforderungen des Klima- und Ressourcenschutzes dienen. Aktuell wird die Strategie zur Zukunft der Niederungen auf Regionalkonferenzen im Land der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Unter schleswig-­holstein.de/niederungen sind weitere Informationen abrufbar.

Von Beginn an wurde die Erarbeitung der Niederungsstrategie in einem eigens gegründeten Beirat von vielen Interessengruppen kritisch-konstruktiv begleitet. Auch die Landwirtschaft ist unter anderem mit der Landwirtschaftskammer und dem Bauernverband vertreten.

Quelle: Dr. Arne Poyda

Das Projekt Klimafarm

Unter dem Titel „Entwicklung und Erprobung einer ökonomisch und ökologisch tragfähigen moorbodenerhaltenden Grünland-Bewirtschaftung“ werden auf der Klimafarm in der Eider-Treene-Sorge-Region neue Konzepte zum Umbau der Landwirtschaft in moorreichen Regionen, zur stabilen Rohstoffproduktion und zur Förderung von Innovationen erprobt. Das Projekt wird vom Bundesumweltministerium gefördert und hat eine Laufzeit von zehn Jahren. Die Region zeichnet sich aus durch ein Mosaik von Natura-2000-Gebieten und Stiftungsflächen, ein hohes Wiesenvogelvorkommen und eine ausgeprägte Grünlandnutzung mit intensiver Milchviehhaltung.

In der Diskussion: Kammerpräsidentin Ute Volquardsen (3. v. li.) mit Kerstin Ebke (r.) …
… sowie weitere Ausschussmitglieder von Landwirtschaftskammer und Bauernverband

Auf der Klimafarm wurden bereits erste Flächen vernässt und eine erste Ernte durchgeführt. Der Fokus liegt dabei auf den Ernteerzeugnissen von nassem Grünland und deren Verarbeitung. So können zum Beispiel Verpackungsmaterialien, Dachbegrünungssubstrate, Torfersatzstoffe, Rohstoffe zur Papierherstellung und Weiteres erprobt werden. Das Projekt wird wissenschaftlich durch die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) begleitet und auf ökologische und ökonomische Effekte untersucht, dabei werden unter anderem Treibhausgasemissionen gemessen. Über Öffentlichkeitsarbeit und weitere Aktionen wie etwa Feldtage werden die Fachwelt, aber auch die Region und die Nachbarschaft informiert.

Quelle: Dr. Elena Zydek

Agrarstruktur in den Niederungen

Kerstin Ebke, Landwirtschaftskammer, zuständig für den Bereich Naturschutz und Agrarstruktur, stellte zwei agrarstrukturelle Analysen vor, die für den Sorgekoog, Kreis Schleswig-Flensburg, als Auftrag des Eider-Treene-Verbandes und für die Miele- und Windbergener Niederung in Dithmarschen als Auftrag des Deich- und Hauptsielverbandes Dithmarschen durchgeführt worden sind.

In beiden Regionen sind gut aufgestellte, überdurchschnittlich große Haupterwerbsbetriebe ansässig, die das Grünland in den Niederungen für ihre Milchviehhaltung nutzen. Die Herden sind ebenfalls, verglichen mit dem Landesschnitt, überdurchschnittlich groß. Milchviehbetriebe sind aufgrund ihrer Ausstattung sehr kapitalintensiv und gleichzeitig durch die Stallungen an ihren Standort gebunden, was eine kurzfristige Transformation in Richtung wiedervernässtes Grünland deutlich erschwert. Gleichwohl gibt es Interesse in den Regionen, am Vertragsnaturschutz teilzunehmen oder Flächen zu tauschen.

Im Allgemeinen werden die Flächen derzeit nicht als schwierig zu bewirtschaften beschrieben, da sich die Betriebe an die Gegebenheiten in den Niederungen angepasst haben und seit Generationen mit den sensiblen Moorböden zurechtkommen müssen. Dabei ist vielen Landwirten bewusst, dass sich die Bewirtschaftung der Niederungsflächen bei veränderten wasserwirtschaftlichen Rahmenbedingungen deutlich erschweren wird und damit erhebliche Anpassungen in der Nutzung nötig werden könnten.

Dr. Lennart Schmitt

Positionspapier des Bauernverbandes

Dr. Lennart Schmitt, Geschäftsführer des Umweltausschusses beim Bauernverband, konstatierte, dass am Klimaschutz kein Weg vorbeiführe. Er berichtete, dass sich der Bauernverband schon frühzeitig mit dem Thema Moorvernässung befasst und in mehreren Sitzungen ein Positionspapier entwickelt habe. Erfolgreicher Moorschutz funktioniere nur im Einvernehmen mit den Flächeneigentümern und den Bewirtschaftern, deshalb sei das Prinzip der Freiwilligkeit essenziell. Gemeinsam müssten Konzepte ausgearbeitet werden, in denen die Belange aller Akteure Berücksichtigung fänden. Insbesondere müssten auch angrenzende nicht vernässte Flächen unbeeinträchtigt bleiben.

Wichtig sei hierbei insbesondere auch der gesellschaftliche Rückhalt und dass Nachhaltigkeitsleistungen honoriert werden müssten. Die Kostenübernahme sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die im Haushalt verankert werden müsse. Die Bauern benötigten hier Planungssicherheit. Es bringe nichts, die Produktion von zum Beispiel Milch ins Ausland zu verlagern. Bezüglich alternativer Erwerbsquellen erhofft sich Schmitt eine Klimafolgenabschätzung durch das Projekt Klimafarm, die auf wissenschaftlichem Fundament stehe. Die Bereitschaft zum Umbau der Landwirtschaft in moorigen Regionen erfordere, dass bei den landwirtschaftlichen Alternativen gleichzeitig eine stabile Rohstoffproduktion gewährleistet sei.

Auf dem abschließenden Hofrundgang unter Führung des Klimafarmteams wurde die Diskussion vertieft. Der Austausch zwischen den beiden Umweltausschüssen soll fortgesetzt werden.

Spezialmaschine zur Bewirtschaftung von nassen Flächen

Finnland – 20 Jahre Kupierverzicht

0

Seit 20 Jahren gilt in Finnland ein absolutes Schwanzkupierverbot bei Schweinen. Welche Erfahrungen haben finnische Schweinehalter gemacht, und was können deutsche Betriebe von ihnen lernen? Die Ergebnisse einer Exkursion in den Norden fasst der Beitrag zusammen.

Mit dabei war eine Expertengruppe mit fachlichen Schwerpunkten in den verschiedenen Bereichen der Schweinehaltung. So ist Dr. Sophie Diers vom Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp für den Schwerpunkt Fütterung mitgereist.

Timo Heikillä teilt sein Wissen über den Ringelschwanz mit Berufskollegen im In- und Ausland. Foto: Dr. Jochen Werner

Timo Heikkilä, der größte Ferkelproduzent Finnlands, hält rund 3.500 Sauen und erzeugt mit ihnen jährlich über 100.000 Ferkel – das sind ungefähr 5 % aller Ferkel in Finnland. Zusätzlich hat er auf seinem Betrieb Platz für die Aufzucht von 1.200 Jungsauen. Aus Tiergesundheitsaspekten setzt der Landwirt auf Eigenremontierung. Grundsätzlich erfreut der Betrieb sich eines sehr hohen Gesundheitsstatus. Interessant wird es beim Thema Ringelschwanz: Auf die Frage, wie viel Prozent der Ferkel mit intaktem Ringelschwanz an den Mäster gehen, antwortet Heikkilä: „Wir erfassen das gar nicht so genau, aber es sind sicherlich über 90 Prozent.“

Auch in Finnland sei viel über das Kupierverbot diskutiert worden. Größter Kritikpunkt war dabei laut dem Schweinehalter die auch in seinen Augen unfaire Wettbewerbssituation für Finnland. Er erinnert sich noch gut an die Zeit, als der absolute Kupierverzicht eingeführt wurde. „Es herrschte teilweise Panik“, sagt er. In seinem eigenen Betrieb hat Timo Heikkilä vieles ausprobiert und zuletzt auch bauliche Veränderungen für den Ringelschwanz vorgenommen. Jede seiner rund 3.500 Sauen ferkelt mittlerweile in einer Bewegungsbucht ab, und alle Tiere haben stets Zugang zu Raufutter.

Besonders beim Stallklima, bei der Reduktion von Schadgaskonzentrationen und der Energieeffizienz hat Timo Heikkilä viel angepasst und in Innovationen investiert. Betritt man eines der Abteile, fällt zum Beispiel auf den ersten Blick ein großer Plastikschlauch entlang der Stalldecke auf. In regelmäßigen Abständen sind Löcher in den Schlauch gestanzt, durch die die Zuluft gleichmäßig in jeden Bereich des Abteils eingebracht wird. Die mit eingeleiteten Staub- und Schmutzpartikel setzen sich nach dem Prinzip der Schwerkraft aufgrund der geringen Luftgeschwindigkeit größtenteils im Inneren des Schlauchs ab und geraten so nicht mit den Tieren im Abteil in Kontakt. Je nach Verschmutzung können die Kunststoffschläuche vergleichsweise einfach und schnell getauscht werden. Um Schadgase im Stall und vor allem im Tierbereich zu reduzieren, setzt der Betrieb auf eine Güllekühlung. Die Abwärme der Gülle wird außerdem zum Heizen im Winter genutzt.

Der Hof von Timo Heikkilä ist im Umkreis von rund 10 km der einzige mit Schweinen.
Die Expertinnen aus Deutschland verschafften sich einen umfassenden Eindruck in Finnland.
Die Expertengruppe (v. li.): Filmproduzent Dr. Jochen Werner (firefilm), Dr. Markus Böcklmann, Projektkoordinatorin Sara Weyer, Mirjam Lechner, Carmen Fögeling, Dr. Sophie Diers, Projektkoordinatorin Anna Farwick. Foto: Dr. Sophie Diers

Mikroklima entscheidend

Allgemein fiel auf, dass finnische Schweineställe grundsätzlich kühler gefahren werden, als man es aus Deutschland kennt. Um Heizkosten zu minimieren, setzt man hier vermehrt auf Mikroklimazonen, statt den ganzen Stall zu beheizen. Da das Prinzip der Klimazonen so entscheidend ist, richtet sich auch die klassische Buchtenstruktur, sowohl in der Ferkelaufzucht als auch in der Mast, danach aus: Die Buchten sind stets rechteckig geschnitten und überwiegend planbefestigt. Lediglich ein Drittel der Bucht ist meist perforiert, da die Tiere hier den Kotbereich anlegen sollen. Ein Kontaktgitter zur Nachbarbucht in diesem Bereich hilft dabei, den Kot- und Harnabsatz dort zu konzentrieren.

Der planbefestigte Liegebereich ist meist mit einer verstellbaren Abdeckung versehen, damit sich die Wärme dort konzentriert und den Schweinen eine angenehme Liegetemperatur verschafft. Charakteristisch für den Aktivitätsbereich sind häufig Raufen mit Heu oder Stroh sowie ein Langtrog mit einem Tier-Fressplatz-Verhältnis vom maximal 2:1. Die Futtervorlage erfolgt automatisiert und flüssig.

Die Gefahr für das Auftreten von Hitzestress, der für die Tiergesundheit von immenser Bedeutung ist, wird minimiert. Ebenso wird dem Konkurrenzkampf um die Ressource Futter entgegengewirkt. Die Schweine sind insgesamt ruhiger und gelassener.

Wissen teilen

Timo Heikkilä hält mittlerweile zahlreiche Vorträge zum Kupierverzicht und informiert auch in anderen EU-Ländern über Erfahrungen mit der Haltung unkupierter Schweine in Finnland. „Ich stelle mir längst nicht mehr die Frage, ob noch kupiert werden sollte.“

Auf der Versammlung der Interessengemeinschaft finnischer Schweinehalter sei die Haltung unkupierter Tiere zwar nach wie vor ein Thema, allerdings auf einer anderen Ebene: In Finnland soll ein Bonitierungsprogramm entwickelt werden, bei dem auch der intakte Ringelschwanz einbezogen wird. Deshalb stehen hier zukünftig die Erfassung und Definition des „intakten Schwanzes“ vermehrt im Fokus.

Die ausführliche Videoreihe der Exkursion nach Finnland findet sich unter: ringelschwanz.info/videos/

Der erste Trailer der Videoreihe: „20 Jahre Kupierverzicht in Finnland – eine Ringelschwanzreise“:


Das Nationale Wissensnetzwerk Kupierverzicht ist Teil der Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz im Bundesprogramm Nutztierhaltung. Die Förderung erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Projektpartner im Nationalen Wissensnetzwerk Kupierverzicht sind der Förderverein Bioökonomieforschung, die ISN-Projekt GmbH und die IQ-Agrar GmbH.


Termine

Im Oktober und ­November finden verschiedene Veranstaltungen rund um die ­Schweinehaltung im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp statt:

am 26. Oktober ein Lüftungsseminar für Praktiker über das Netzwerk Fokus Tierwohl, Anmeldung über avmallinckrodt@lksh.de

vom 13. bis 15. November ein Eigenbestands-Besamungskurs, Anmeldung über avmallinckrodt@lksh.de

Am 28. November ist der ­Große Schweinetag SH, Anmeldung nicht erforderlich.


Wie aus Biogas Elektromobilität wird

Die ungewöhnliche Forderung eines Mitarbeiters und etwa 80.000 Verkehrsbewegungen am Tag auf der benachbarten Autobahn 7 und der Bundesstraße 4 bestärkten Biogasanlagenbetreiber Christian Saul in Brokenlande, Kreis Segeberg, voll auf die Zukunft der E-Mobilität zu setzen. Immer mehr elektrisch betriebene Fahrzeuge im Land und eine notwendige EEG-Nachfolgeregelung für seine Biogasanlage veranlassten Saul, in eine besondere Form der direkten Stromvermarktung zu investieren.

„Elektromobilität funktioniert“, sagt Christian Saul inmitten des rund 6 ha großen Areals unweit der A 7, auf dem der studierte Betriebswirt und gelernte Gemüsegärtner mit einer Dauerlast von 3,5 bis 4 MW jährlich rund 33 Mio. kWh Biogas produziert. Fünf Blockheizkraftwerke (BHKW) vor Ort und fünf Satelliten-BHKW in der Umgebung wandeln die Energie in Strom und Wärme um. Zum Einsatz kommen verschiedene Mais- und Grassilagen, GPS, Hühnertrockenkot, Frischgras, Rüben, (Pferde-)Mist und Gülle. Den Transport übernimmt im näheren Umkreis seit Sommer der laut Saul deutschlandweit erste vollelektrische Lkw in der Landwirtschaft (siehe Bauernblattausgabe 31).

Der Betrieb konzentriert sich zunehmend auf die Vergärung von Gülle und Mist. Foto: jh

Von der Zukunft der E-Mobilität überzeugt

Der bis zu 666 PS starke Volvo FH electric bewegt dabei entweder einen Auflieger samt Gülletank oder einen Abschiebewagen, die Reichweite betrage aktuell noch weniger als 250 km, aber die Technik gehe weiter, so Saul: „Wir versuchen herauszufinden, welche Arbeitsreichweitenentfernung wirtschaftlich tragfähig ist.“ Das Wiederaufladen über einen DC-Lader mit einer Leistung von 300 kW dauere nur etwa zwei Stunden. Auch privat setzt der Unternehmer auf einen elektrisch angetriebenen Pkw und konnte bereits einige der 30 Mitarbeiter vom Umstieg auf E-Mobilität überzeugen. Geladen werden auch diese Fahrzeuge auf dem Anlagengelände. „Für mich war klar, dass bei der Suche nach einer EEG-Nachfolgeregelung hier an der A 7, also einer viel befahrenen EU-Kernstraße, mit E-Mobilität etwas gehen könnte“, erklärt Saul, der früher bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und einer Bank arbeitete, bevor er sich als Biogasanlagenbetreiber und Dienstleister in einer kleinen Unternehmensgruppe selbstständig gemacht hat. „Wir glauben, dass E-Mobilität kommt – und sie ist eine Möglichkeit, Klimagasemissionen in der Landwirtschaft einzusparen.“

Mit einer Dauerlast von 3,5 bis 4 MW produziert die Anlage jährlich rund 33 Mio. kWh Biogas. Foto: jh

Ursprünglich auf die Idee brachte ihn ein früherer Mitarbeiter, der als Schüler auf der Biogasanlage arbeitete und für sich einen Dienstwagen haben wollte: „Erst habe ich ihm an der Stirn gefühlt“, sagt Saul, aber der junge Mann habe ihn schließlich überzeugen können, 35 € seines monatlichen Gehaltes umzuwandeln und in einen damals wenig beliebten Elektro-Pkw des Herstellers Hyundai zu investieren – und diesen auf der Anlage laden zu können. Künftig will Christian Saul aber nicht nur für seine Mitarbeiter Ladestrom aus Regenerativen Quellen anbieten: Eine Ladeinfrastruktur mit einer Leistung von 20 MW für Lkw und Pkw soll – ähnlich einem Autohof – mit Restaurant und Kinderspielplatz entstehen. Die notwendigen Genehmigungen sind beantragt, gestalten sich aber nicht gerade unkompliziert. Realisiert werden soll das Vorhaben über Blockheizkraftwerke, Batterien und Gasspeicher.

Vor dem Hintergrund des über den Tag schwankenden Strompreises will sich Christian Saul künftig auf die Produktion von Ladestrom fokussieren. Die Stromproduktion aus Biogas koste etwa 20 ct/kWh: „Im Tagesverlauf liegt der Strompreis häufig darunter. Da hat man teilweise nur eine Stunde, in der man annähernd bei 20 Cent liegt. Wir sind nur ein kleiner Anbieter in einem riesengroßen Markt“, verdeutlicht der Geschäftsführer.

Die Instrumententafel des Volvo FH electric kommt ohne Drehzahlmesser und herkömmliche Tankanzeige aus. Foto: jh

Ökonomisch interessante Vermarktungsmöglichkeit

„Beim Anbieten von Ladestrom sehen wir es als wahrscheinlicher an, die Produktionskosten wieder hereinzubekommen. Dieser kostet an der Autobahn in etwa zwischen 20 Cent und einem Euro.“ Wolle man auch nach dem Auslaufen des EEG am Markt tätig sein, müsse man sich die Frage stellen, wo die Reise hingehe. „Wir gehen von einem weiteren Zubau bei Windkraft und Photovoltaik aus. Die Stromvermarktung auf dem Weg der Ladeinfrastruktur ist also auch ökonomisch sehr interessant“, erläutert Christian Saul. Ladestrom entsprechend der technologischen Entwicklung klimaneutral bereitzustellen, sieht der Anlagenbetreiber als tolle Leistung bei der Energiewende und insbesondere der Verkehrswende: „Zu unserer Überraschung sind wir einige der wenigen, die das überhaupt machen.“

300 kW leistet die DC-Ladestation an einem der Blockheizkraftwerke. Foto: jh

Die Technik der E-Mobilität sei – abgesehen von der noch verbesserungswürdigen Reichweite – insgesamt ausgereift, einfacher handhabbar als der Betrieb mit CNG und weniger energieintensiv als beim Wasserstoff.

Dazu komme ein unerreicht hoher Wirkungsgrad. „Eine Biogasanlage in Kombination mit Wind und Solar ist ideal, um direkt Ladestrom anzubieten. Darin sehe ich eine ganz große Zukunft auch für die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein“, blickt Saul nach vorn. Ladeinfrastruktur zur Verfügung zu stellen, könne ein ganz eigener Bereich sein, in dem Landwirte direkt in die Energiewende einsteigen und „ihre Früchte ernten und direkt verkaufen beziehungsweise Wertschöpfung betreiben können“.

Dekanter zur Ammoniumtrennung

Die großen Futtermittelberge aus Nachwachsenden Rohstoffen sollen auch auf der Brokenlander Anlage langfristig kleiner werden. Zunehmend konzentriert sich der Betrieb daher auf die Vergärung von Gülle und Mist. Während die Gülle im direkten Umkreis flüssig transportiert wird, setzt Saul auf den weiter entfernten Betrieben einen Dekanter der Firma Sloot­smid aus den Niederlanden ein, der die feste Phase abtrennt, während die flüssige Phase auf dem Betrieb bleibt und als aufbereiteter, flüssiger Ammoniumdünger für Grünland, Mais oder Getreide genutzt wird. Klimaschädliches, aber energiereiches Methan wandert als feste Phase in die Biogasanlage, die Gärreste werden anschließend wieder auf den Flächen ausgebracht. Neben der Möglichkeit für die Betriebe, überschüssige Nährstoffe – vor allem Phosphor – auf diese Weise loszuwerden, werde Stickstoff hingegen behalten und gleichzeitig Lagervolumen gespart: „Je nach Einstellung der Maschine werden zwischen zehn und 20 Prozent Lagervolumen gespart. Der Dekanter trennt besonders gut ab“, so Saul. Von den 18-30 km entfernt liegenden Betrieben transportieren die Mitarbeiter nur die festen Bestandteile zu Sauls Anlage. „Die Transportfähigkeit ist auf jeden Fall eher gegeben. Wir sollen künftig mehr Gülle vergären, aber da die Zahl der Betriebe begrenzt ist, vergrößern wir den Radius um die Anlage erheblich und erreichen, dass wir durch Technikeinsatz mehr Futtermittel bekommen.“

Für Christian Saul bedeutet all das: „Wir müssen darauf achten, dass wir effizient bleiben, die technologischen Trends bei der Umsetzung der Projekte mitgehen und diese nicht anderen überlassen. Die Landwirtschaft hat es auch selbst in der Hand.“

Die Anlage verfügt über ein abgedecktes Gärvolumen von insgesamt 36.000 m3. Foto: jh

Resistenzblocker – wie ein Schlüssel mit vielen Bärten

0

Um Pflanzenbausysteme noch besser zu verstehen, lohnt sich der Blick unter die Erdoberfläche. Denn neben dem Züchtungsfortschritt spielen auch die Bodeneigenschaften eine große Rolle bei der Anpassung des Ackerbaus an die Folgen des Klimawandels. Das verdeutlichte die Deutsche Saatveredelung (DSV) bei einem Pressegespräch am Dienstag (10. Oktober) auf ihrer Zuchtstation im niedersächsischen Asendorf.

Dr. Eike Hupe

Durch die Erderwärmung und häufiger auftretende Extremwetterereignisse braucht es zukünftig nicht nur resiliente Sorten. „Neben innovativen Sorten werden intelligente Anbausysteme immer wichtiger“, erklärte DSV-Vorstand Dr. Eike Hupe.

Für die DSV gehören Zwischenfrüchte dazu. Treiber des Zwischenfruchtanbaus sei mittlerweile nicht mehr das Erfüllen von Greening-Auflagen, sondern „dem Boden etwas Gutes zu tun“, unter anderem durch Humusanreicherung. Die DSV sieht sich selbst nicht mehr als reinen Saatgutanbieter. „Wir müssen zu den Landwirten fahren und den Nutzen eines Zwischenfruchtanbaus erklären“, betonte Hupe, dessen Unternehmen in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert. Die eigene Forschung sei immer der Erfolgsgarant für die DSV gewesen. Rund 12 % des Umsatzes flössen aktuell in die Entwicklung neuer Sorten und Anbausysteme.

Phoma-Blocker

„Wir suchen die Eier legende Wollmilchsau“, schilderte Sebastian Hötte. Der DSV-Rapsexperte nannte neben den Witterungsbedingungen auch biotische Faktoren und die politischen Rahmenbedingungen als Richtschnur für die Züchtung neuer Sorten. Neben Kohlhernie sei im Raps die Wurzelhals- und Stängelfäule (Phoma) von großer Bedeutung. Um einen Resistenzbruch zu verhindern, kombiniere die DSV verschiedene Gene. Hötte veranschaulichte: „Um dieses Schloss zu knacken, braucht es einen Schlüssel mit mehreren Bärten.“ Die Sorte ,Ludwig‘, die ab 2024 in Deutschland verfügbar ist, sei so ein „Phoma-Blocker“.

Sebastian Hötte und Linda Hahn erläuterten die Züchtungsarbeit der DSV.

Linda Hahn, DSV-Expertin für Getreide und grobkörnige Leguminosen, berichtete: „Wir hatten den wärmsten September seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.“ Das Gerstengelbverzwergungsvirus (BYDV) drohe erheblich zuzuschlagen, weil Blattläuse als Überträger massiv aufgetreten seien. Dagegen könnten Landwirte entweder mit Pflanzenschutzmitteln zur richtigen Zeit oder mit resistenten Sorten reagieren. Die Sorte ,Fascination´, die in Frankreich schon zugelassen sei, besitze eine solche BYDV-Resistenz. In der Weizenzüchtung habe die DSV Genomsequenzen aus trockenheitstolerantem Roggen transferiert. Dabei sei unter anderem die B-Weizensorte „Debian“ entstanden, die zusätzlich resistent gegen die Orangerote Weizengallmücke (sm1) ist.

Hahn betonte den „extremen Vorfruchtwert“ von Leguminosen. Die Weiße Lupine sei durch die eingezüchtete Anthrak­nosetoleranz wieder anbaufähig geworden. Dieses Jahr sei die Kultur deutschlandweit auf insgesamt 20.000 ha angebaut worden. Die Weiße Lupine könne bis zu 3 m tief wurzeln und über Wurzelexsudate den pH-Wert absenken, um beispielsweise Phosphor zu mobilisieren.

Globale Grenzen

Dr. Gernot Bodner vom Institut für Pflanzenbau der Universität für Bodenkultur Wien erklärte mit Blick auf die Herausforderungen der Landwirtschaft: „Um die globalen Grenzen einzuhalten, ist es wichtig, den Boden zu verstehen.“ Der Green Deal der EU werde die Landwirtschaft in den kommenden Jahren massiv verändern. „Wir suchen den klimafitten Boden“, so Bodner.

Dr. Gernot Bodner

Der Privatdozent erläuterte, dass steigende Temperaturen die Energie in der Atmosphäre erhöhten. Damit Boden Energie aufnehmen könne, müsse grüne Vegetation daraufstehen. Überhitzte Böden seien schädlich für das Bodenleben. Positiv seien hingegen Böden mit vielen Grob- und Mittelporen. Um so entsprechende Bodenstrukturen zu fördern, empfiehlt er den Anbau diverser Zwischenfrüchte sowie pfluglose Bodenbearbeitung.

Neue Erkenntnisse zum Zwischenfruchtanbau aus dem sogenannten Catchy-Projekt stellte DSV-Mitarbeiter Dr. Matthias Westerschulte vor. Neben dem langfristigen Humusaufbau zeige sich der Mehrwert des Zwischenfruchtanbaus auch in einer verbesserten Befahrbarkeit und mehr wasserstabilen Bodenaggregaten. Die pauschale Aussage, dass Zwischenfrüchte der Hauptkultur das Wasser „klauten“, nannte er daher falsch. Man müsse zudem zwischen winterharten und abfrierenden Zwischenfrüchten unterscheiden. Insbesondere bei abfrierende oder abgetöteten Zwischenfrüchten reduziere die Mulchdecke sogar die Verdünstung. 

Anhand eines Modells erklärte DSV-Berater Jan Hendrik Schulz die Vorgänge im Wurzelbereich.

Faszinierende alte Handschriften

0

„Endlich alte Briefe lesen können“ – so lautete der Titel eines Sütterlin-Workshops, zu dem das Landesarchiv Schleswig in das Prinzenpalais eingeladen hatte. In dem Kurs ging es aber um weit mehr als nur um das Lesen und Entziffern von scheinbar unlesbaren Zeichen: Durch das Schreiben der einzelnen Buchstaben in Sütterlin entfaltete sich eine ganz neue und eigene Faszination für alte Handschriften.

Ein kleines „e“, das aussieht wie ein gequetschtes „n“, ein kleines „h“, das aussieht wie ein „f“, ein „r“, das aussieht wie ein „w“ – beim Lesen von Sütterlin muss man sich gedanklich umstellen, aber mit ein wenig Übung wird das Lesen flüssiger. Ebenso das Schreiben der Buchstaben. Natürlich könne man jemanden beauftragen, Dokumente, Briefe oder andere Schriftstücke aus Nachlässen zu übersetzen: „Schöner ist es doch aber, selbst zu erfahren, was die Verwandschaft schriftlich mitzuteilen hatte oder welches Rezept die Uroma am liebsten zubereitet hat“, meint Gesa Füßle, Lektorin, Übersetzerin, Mediävistin und Expertin für deutsche Schreibschrift.

Gesa Füßle leitete den Workshop im Prinzenpalais in Schleswig

Seit zehn Jahren gibt die Hamburgerin Sütterlin-Workshops, weil sie es wichtig findet, dass Menschen die Schrift selbst zu entziffern lernen, „damit sie in ihrer Recherche unabhängig sind“. Entsprechend lagen auch die Interessen der 16 Teilnehmer an dem Workshop in Schleswig: Ahnenforschung, historische Forschung, Archivarbeit, privates Interesse, aber auch berufliche Notwendigkeit, um beispielsweise bei Gericht alte Verträge zu Hofüberlassungen und Erbregelungen lesen zu können.

Dabei handle es sich in den Dokumenten vor 1911 aller Wahrscheinlichkeit nach bei den Schriften um die deutsche Kurrentschrift, die seit Beginn der Neuzeit bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts als allgemeine Verkehrsschrift im gesamten deutschen Sprachraum galt und auch als deutsche Schreibschrift oder deutsche Schrift bezeichnet wurde, so Füßle. Typischerweise wurde sie zunächst mit dem Federkiel, später mit der Bandzugfeder geschrieben. Mit Einführung der Spitzfeder veränderte sich das Linienbild durch druckabhängige an- und abschwellende Linien. Diese waren zudem sehr schräg geschrieben, einige Buchstaben hatten starke Über- und Unterlängen, das Lineaturverhältnis lag bei 3:1:3. Wenn dann noch die eigene „Klaue“ mit dazukam, fiel das Entziffern schwer.

Mit etwas Übung fällt das Sütterlin-Schreiben mit der Zeit immer leichter. 

1911 erhielt der Grafiker, Pädagoge, Buch- und Schriftgestalter Ludwig Sütterlin vom preußischen Kultur- und Schulministerium den Auftrag, die Kurrentschrift zu vereinfachen, um den Kindern das Schreibenlernen zu erleichtern. Sütterlin vereinfachte die Buchstabenformen, verringerte die Ober- und Unterlängen (Lineatur im Verhältnis 1:1:1) und stellte die relativ breiten Buchstaben aufrecht.

Ab 1915 führte man die deutsche Sütterlinschrift in Preußen ein. Sie begann in den 1920er Jahren die bis dahin übliche Form der deutschen Kurrentschrift abzulösen, 1935 wurde sie in einer abgewandelten Form als Deutsche Volksschrift Teil des offiziellen Lehrplans. Sütterlin ist somit nur eine Variante der Kurrentschrift. Der Normalschrifterlass der Nationalsozialisten 1941 untersagte das Lehren der Kurrentschrift im Schulunterricht. Als Ausgangsschrift wurde ab 1942 in den Schulen die lateinische Schrift als Deutsche Normalschrift eingeführt. „Kurrent und Sütterlin haben die gleichen Buchstaben, wenn man Sütterlin lesen kann, kann man auch Kurrent lesen“, erklärte Gesa Füßle den Workshopteilnehmern und empfahl, beim Versuch, Schriftstücke zu entziffern, dranzubleiben, sich nicht zu viel vorzunehmen, sich Zeit zu lassen und die Schrift in Ruhe auf sich einwirken zu lassen. „Es hilft, sich die einzelnen Buchstaben oder Schriftzeichen mit dünnen Bleistiftstrichen abzuteilen, um sich das Wort Buchstabe für Buchstabe zu erschließen.“ Schwierig werde es, wenn Linien zusammengezogen werden wie beim „St“ oder „Sz“. Für das Schluss-s gibt es darüber hinaus noch ganz eigene Regeln.

Konzentriertes Lesen und Schreiben im Sütterlin-Workshop im Schleswiger Prinzenpalais

Und so übten die Teilnehmer den Vormittag über das Schreiben von zunächst einzelnen Buchstaben, dann Silben und Wörtern bis hin zu einfachen Sätzen. Am Nachmittag ging es dann ans Lesen oder vielmehr Entziffern alter Rezepte, Briefe und Poesiealbumsprüche. Neben der Schwierigkeit, die Linienformen zu erkennen, um daraus Buchstaben zu bilden, erschwerten die veraltete Sprache und Schreibweise das flüssige Lesen. „Mitunter hilft es, den Text abzufotografieren und so groß zu ziehen, dass man die Linien besser erkennen kann“, lautete eine Empfehlung von Gesa Füßle.

Im Alltag übe das Verfassen von Einkaufszetteln oder Notizen in Sütterlin das Schreiben und Lesen der alten Handschriften, mit dem positiven Nebeneffekt, dass sich die eigene Handschrift ebenfalls verbessere, da man achtsamer schreibe. 

Die Qual kommt nach der Wahl

0

data-cookieconsent=’ignore‘ src=’https://www.bauernblatt.com//wp-content/uploads/AuroraTemplate/vendor.js’>

Am vorigen Sonntag wurden per Stimmzettel einige Rechnungen beglichen. Die Parteien der Berliner Ampel-Koalition wurden bei den Landtagswahlen am 8. Oktober in Hessen und Bayern regelrecht abgestraft. Die Quittungen für lähmende und inkonsequente Politik in Berlin wurden in München und in Wiesbaden geschrieben. In der Kurzzusammenfassung sieht das so aus: Die Unionsparteien kommen jeweils auf den ersten Platz. Daneben punkteten in Bayern die Freien Wähler. Die AfD wird in Hessen zweitstärkste Kraft. Die Grünen und die SPD mussten in Bayern wie in Hessen ordentlich Federn lassen. Die FDP bleibt in Bayern draußen und schaffte in Hessen nur noch ganz knapp den Einzug in den Landtag. Unerwartet sind die Verschiebungen nach den Diskussionen der vergangenen Monate nicht. Beunruhigend ist vielmehr der Ruck am rechten Rand.

In Hessen hat die CDU die Landtagswahl mit großem Vorsprung gewonnen und kam auf 34,6 % der Stimmen (+7,6 %). Zweitstärkste Kraft wurde die AfD mit 18,4 % (+5,3 %) vor der SPD mit 15,1 % (–4,7 %), den Grünen mit 14,8 % (–5 %) und der FDP mit 5 % (–2,5 %). Die CSU bleibt stärkste Kraft in Bayern mit 37 % (–0,2 %) Wähleranteil. Die Freien Wähler (FW) legten deutlich zu und sind auf Platz zwei mit 15,8 % (+4,2 %), dahinter die AfD mit 14,6 % (+4,4 %). Auf Platz vier landeten die Grünen mit 14,4 % (–3,2 %) der Stimmen. Die SPD fiel auf 8,4 % (–1,3 %) ab, und die FDP schaffte den Wiedereinzug in den Landtag mit 3 % nicht.

Neu sind die Rekordergebnisse in westdeutschen Flächenländern für die extrem rechte AfD. Sie zieht so stark wie nie in die beiden Landtage ein und kann voraussichtlich Oppositionsführerin werden. Sie profitiert vor allem von Ängsten gegenüber der wirtschaftlichen Entwicklung, der Migration und der Klima- und Energiepolitik. Der rechte Rand kann Landwirten nichts bieten. Die Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen in Bayern zeigte, dass die Landwirte wenig von der AfD halten. Nur 6 % ihrer Stimmen kamen aus der Landwirtschaft. Die Grünen in Bayern erhielten nur 2 % ihrer Stimmen aus der Landwirtschaft, genauso wenige wie der SPD (2 %).

Zwei Punkte werden für die Landwirtschaft relevant nach dem Wahlausgang. Mit den Stimmengewinnen bei den Landtagswahlen wachsen die Ansprüche auf die Besetzung der Ministerposten. So fordern in Bayern die Freien Wähler ein weiteres Ministerium und zielen auf das Landwirtschaftsministerium ab. Der hessische Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat Boris Rhein will nach seinem Sieg zuerst mit den Grünen sprechen, die bei der Wahl lediglich auf dem vierten Platz landeten. Aber bereits im Wahlkampf hat die Hessen-CDU mit der Bildung eines eigenständigen Agrarressorts aus dem jetzigen Agrar- und Umweltministeriums geworben und zwar unter CDU-Führung.

Die Ergebnisse dieser Landtagswahlen werden sich in der Agrarpolitik auch auf Bundesebene zeigen. Die parteiliche Zusammensetzung der Agrarministerkonferenz (AMK) wird in Bewegung kommen und für einzelne Themenblöcke neue Allianzen ermöglichen. Seit der Bildung eines eigenständigen Agrarministeriums in Schleswig-Holstein und dessen Wechsel von den Grünen zur CDU im Jahr 2022 konzentrieren sich die Mehrheitsverhältnisse bei der AMK wieder mehr auf die CDU. Dazu könnte Hessen jetzt eine weitere Stimme beitragen. Das mag für viele eine grundsätzlich gute Nachricht sein. Die Frage auf Landesebene bleibt, wie sich Mehrheiten und Oppositionen gestalten. Die Luft für demokratische Mehrheiten wird dünner. Der Missmut gegenüber der Berliner Ampelkoalition ist offen ausgesprochen.  mbw

Flurbereinigung schafft Tauschmöglichkeit

0

Flächentausch ist eine begehrte Option, wenn Moore für den Klimaschutz wiedervernässt werden sollen. Eine Möglichkeit dazu bietet die Flurbereinigung. In der fünften Veranstaltung der Reihe „Zukunft der Landwirtschaft in den Niederungen“ des Landwirtschaftsministeriums (MLLEV) stellte die Flurbereinigungsbehörde in der Rendsburger Deula ihre Arbeit vor – und lud anschließend zu einem Ortstermin im Wilden Moor bei Osterrönfeld ein.

„Schön, dass wir die Flurbereinigung haben! Der Vorteil ist: Man kann über fünf Ecken tauschen“, sagt Klaus Wieck: „Es hat hier keine Verlierer gegeben. Alle, die getauscht haben, haben gut getauscht. Aber man muss auch Flächen dafür haben, dann dreht sich das Karussell.“

Wieck ist Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft (TG) Wildes Moor. Ein solches Gremium ist auch nötig, denn es gibt rund 400 Eigentümer dort. Größter ist die Gemeinde Osterrönfeld mit knapp 170 ha, ein Naturschutzverein pflegt die Flächen. Die Stiftung Naturschutz eignet derzeit 12,5 ha, teils (noch) als Grünland. „Wiedervernässung – nun, der nähern wir uns erst“, sagt Sonja Limberg von der Flurbereinigungsbehörde ( FlurbB), die das Wilde Moor betreut.

Das Verfahren läuft bereits seit 1988. „Es beruht auf Freiwilligkeit, da kann es schon mal länger dauern, aber auf diese Weise können für alle Beteiligten die besten Lösungen gefunden werden“, sagt Thorsten Petrowitz von der FlurbB: „Bei Mooren brauchen wir einen langen Atem. Flurbereinigung ist eine Generationenaufgabe.“

Entsprechend ist das Verfahren im Wilden Moor noch nicht abgeschlossen. „Ein paar Ackerflächen haben wir noch zum Tausch“, verrät Wieck. Wenn ein passender Betrieb aufgegeben werde, bemühe sich die TG, dessen Flächen für ihren Fundus zu kaufen. Dies sei in der Vergangenheit bereits gelungen, zum Beispiel bei einem in den 1990er Jahren aufgelösten Betrieb, daraus könne man immer noch schöpfen. „Diese Nutzflächen schieben wir immer noch hin und her“, sagt Sonja Limberg. Auch die Landgesellschaft, die auf der Veranstaltung vertreten war, ist Projektpartner und Dienstleister und führt ebenfalls Flächenangebote aus ihrem Fundus heran.

„Wiedervernässung von oben“ – Nieselregen hielt die rund 30 Teilnehmer nicht von einem Ortstermin ab: vorne r. Sonja Limberg ( FlurbB), r. dahinter Klaus Wieck, Vorsitzender der TG.

Die Flurbereinigung ist landesweit erfolgreich unterwegs. Im Pirschbachtal bei Mölln könne es jetzt nach „nur“ 20 Jahren in die Planvorlage gehen, erklärt Petrowitz: „Die Öffentlichkeit ist hochzufrieden.“

Fördermöglichkeiten gibt es reichlich: für die Flurbereinigung selbst 60 bis 70 % aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK), für Naturschutzverfahren in der Flurbereinigung gar 100 %. Für Wegebau außerhalb der Flurbereinigung gibt es immerhin noch 53 % Förderung – ja, auch Wegebau ist im Spektrum des Verfahrens enthalten.

Der gesamte Ablauf ist durch Gesetz geregelt, wie Beate Tjardes von der FlurbB erläutert. Die Anregung dazu muss aus der Öffentlichkeit kommen, Träger des Verfahrens sind die Beteiligten, die FlurbB begleitet neutral. Es wird die TG mit ihrem Vorstand gebildet. „Dann kommt der wichtigste Teil, der am längsten dauert: die Verhandlungen für den Tausch“, sagt Tjardes. Nach Besitz- und Nutzungsübergang können Baumaßnahmen erfolgen, um Flächen bewirtschaftbar zu halten, etwa Wegebau, Knickanlage oder -verlegung, Mäandrierung von Bächen. Am Ende erfolgt der Eigentumsübergang mit Berichtigung der öffentlichen Bücher.

„Das größte Problem ist, dass es insgesamt wenig Flächenverfügbarkeit gibt. Es herrscht ein großer Flächendruck“, erklärt Timo Neumann, Leiter der FlurbB. Die Behörde ist dem Landesamt für Landwirtschaft und nachhaltige Landentwicklung (LLnL) zugeordnet und damit dem Landwirtschaftsministerium unterstellt. Minister Werner Schwarz (CDU) macht in einem Video deutlich: „ Flurbereinigung ist eine Möglichkeit, den Moorschutz voranzubringen, weil sie alle Beteiligten mitnimmt.“

Klaus-Peter Dau, Vorstandsmitglied im Bauernverband Schleswig-Holstein und maßgeblich engagiert in Fragen der Zukunft der Niederungen, hat sich ebenfalls auf der Veranstaltung informiert. „Es müssen geeignete Flächen aufgekauft werden, um Handlungsreserve zu haben, dann werden die Landwirte auch bereit sein zu tauschen. Doch da wird der Spielraum immer enger“, sagt er. „Ein Problem dabei ist: Wer bezahlt bei einem Tausch die Differenz zwischen Ackerland und Moorland? Das ist noch nicht geklärt.“

Informationen zur Flurbereinigung mit Beispielverfahren unter: https://t1p.de/utju3

Herbstvielseitigkeit in Bad Segeberg

0

Nun sind auch die Landesmeister der Vielseitigkeit ermittelt. Weder bei den Junioren und Jungen Reitern noch bei den Senioren gab es eine Titelverteidigung. Sowohl Mathies Rüder als auch Malin Petersen mussten sich in diesem Jahr mit dem Vizetitel zufriedengeben. Gold ging an Tom Nik­las Körner und Sophie Vogg.

Für die Landesmeisterschaftswertungen der Senioren und der Junioren/Jungen Reiter wird traditionell eine CCI2*S-Prüfung geritten. Im vergangenen Jahr war Mathies Rüder in dieser Prüfung ein Start-Ziel-Sieg gelungen. In diesem Jahr fand er nicht ganz so gut ins Turnier: Der fünfte Platz in der Dressur reichte trotz des besten Geländeergebnisses und eines fehlerfreien Springens nicht für einen Sieg in der Prüfung. Mit dem Ergebnis von 28,6 Punkten wurden der Fehmaraner und sein Oldenburger Qualvino aber Zweite und damit Vizelandesmeister der Junioren und Jungen Reiter. Mit seinen 18 Jahren ist Rüder im letzten Juniorenjahr.

Der Junge Reiter Tom Niklas Körner aus Pronstorf-Strenglin, Kreis Segeberg, gewann die CCI2*S-Prüfung und wurde damit Landesmeister der Junioren und Jungen Reiter.  Foto: Chrissi VE Fotografie

Tom Niklas Körner aus Pronstorf-Strenglin, Kreis Segeberg, startet bereits bei den Jungen Reitern. Er hatte in Bad Segeberg seinen bewährten Chip Chap ZH gesattelt. Der Holsteiner Wallach von Carrico und sein Reiter siegten in der Dressur und kamen trotz eines Fehlers im Gelände auf 26,6 Punkte. Damit wurden sie sowohl Prüfungssieger als auch die neuen Landesmeister der Junioren und Jungen Reiter.

Dritte in der Landesmeisterschaftswertung wurde Justina Charlotte Hayessen. Die Reiterin des Reitvereins Preetz, Kreis Plön, hatte im Sattel des Holsteiner Wallachs I Follow von Ibisco xx insgesamt 40,10 Punkte gesammelt und damit den neunten Platz der Prüfung erreicht.

Titel für Tasdorferin

Neue Landesmeisterin der Senioren ist die Prüfungsdritte Sophie Vogg, die seit drei Jahren in Tasdorf, Kreis Plön, ansässig ist. Dort betreibt sie mit ihrem Mann Christian Vogg eine Reitanlage. In Bad Segeberg hatte sie mit Guy de Beau­vallon einen Sohn des Contendro gesattelt. Das Paar kam auf 33,7 Punkte und konnte sich so über den Titel freuen.

Vizemeisterin wurde die schwedische Olympiareiterin Malin Petersen. Sie lebt seit Jahren in Schleswig-Holstein und hatte sich bereits 2022 und 2020 den Titel geholt. In diesem Jahr musste sie Vogg den Vortritt lassen. Petersen und ihre Holsteiner Stute Hotline wurden Vierte in der Dressur, bekamen im Gelände aber 7,6 Strafpunkte. So beendete das Paar die Prüfung mit 36,10 Punkten.

Bronze in der Landesmeisterschaft ging an die fünftplatzierte Beeke Jankowski (37,9). Die Berufsreiterin aus Schmalensee, Kreis Segeberg, hatte nicht nur den Hannoveraner Eddie Welt dabei, sondern auch die Oldenburger Stute Kanzel M, mit der sie auf den sechsten Platz (38,6) kam.

Damit war die Abteilung der Reiter aus Schleswig-Holstein und Hamburg deutlich besser aufgestellt als die zum Teil weit angereisten Reiter aus den anderen Bundesländern. Die gebürtige Schleswig-Holsteinerin Malin Hansen-Hotopp, die heute in Mecklenburg-Vorpommern einen Pferdebetrieb führt, siegte mit dem Trakehner Monsieur Schnabel und 38,5 Punkten in der zweiten Abteilung. Ihr folgte Nadine Marzahl aus Münster, die in diesem Jahr bei der Deutschen Meisterschaft knapp eine Medaille verpasst hatte. Sie bekam mit der Hannoveranerin Dia Divina 39,5 Punkte.

Wetter machte es schwer

Dritte wurde Sophia Frank aus Bayern, die mit ihrem Lord Locksly im Juniorenlager startet. Ein ganz besonderer Gast kam auf den vierten Platz: Der Mannschaftsolympiasieger Frank Ostholt war aus Warendorf angereist. Der Nachwuchstrainer der Junioren und Jungen Reiter hatte Jum Jum gesattelt, einen Westfalen-Wallach aus eigener Zucht.

„Er hat das Turnier und vor allem das Gelände sehr gelobt“, freute sich Matthias Karstens. Der Geschäftsführer des veranstaltenden Pferdesportverbandes Schleswig-Holstein (PSH) hatte ein anstrengendes Wochenende hinter sich, als er am Sonntagabend resümierte: „Mit dem heutigen Abschluss dürfen wir zufrieden sein. Der Sonnabend war aber für alle Beteiligten schwer.“ Es hatte den ganzen Tag durchgeregnet. Das sei wirklich eine immense Belastung für alle beteiligten Helfer gewesen.

Karstens, das Organisationsteam, der technische Delegierte Karsten Theise und der Parcourschef Torben Mölleken hatten Überlegungen angestellt, wie es am Sonntag weitergehen könnte. „Wir hatten unterschiedliche Szenarien bis hin zu Teilabsagen skizziert, aber dann sagte der Wetterbericht etwa sieben Stunden Trockenheit voraus“, berichtete Karstens. Inzwischen kennen die Veranstalter „ihr“ Gelände gut genug, um zu wissen, dass das Wasser in dieser Zeit abläuft. „So wie wir den Boden kennen, schluckt der das gut weg“, erklärte Karstens. Und so war es dann auch. Lediglich auf einer Wiese nahe am Wald sei eine Sequenz etwas nasser gewesen, doch das habe nicht gestört.

Aufgebaut hatte Mölleken, der im dritten Jahr für den PSH den Parcours gestaltete, eine schöne und selektive Tour mit schwierigen und leichteren Sequenzen an unterschiedlichen Stellen. „Überall waren kleine Raffinessen. Das hat er wirklich gut hinbekommen“, lobte Karstens.