Welche Folgen die Abschaffung der Agrardieselrückerstattung und der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft hätte, erläutert Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH), im Interview.
Wie konnte ein Beschluss der Ampel-Regierung in kürzester Zeit rund 8.000 Bauern mit 2.000 Schleppern nach Berlin treiben?
Klaus-Peter Lucht: Wir lehnen diesen Beschluss ab. Er ist ein Angriff auf die Landwirtschaft und den gesamten ländlichen Raum.
Wie hoch wären die zusätzlichen Kosten für die Betriebe?
Auf unserem Futterbaubetrieb mit 200 Kühen verbrauchen wir zirka 30.000 l Diesel im Jahr. Das bedeutet einen finanziellen Verlust von 6.000 €. Wenn meine Schlepper auch noch eine schwarze Nummer haben müssten, dann wären das noch einmal 3.000 €, die ich mehr verlieren würde, und mein Lohnunternehmer hätte dann auch keine grünen Nummernschilder mehr, was noch einmal mit mindestens 6.000 € zu Buche schlagen würde.
Sind alle Betriebe gleichermaßen betroffen?
Ökobetriebe brauchen ungefähr 20 bis 30 % mehr Diesel, weil sie mit der Hacke übers Feld fahren müssen. Klar ist: Als landwirtschaftlicher Sektor haben wir unsere Klimaziele erreicht. Wir arbeiten schon sehr effizient auf unseren Flächen und in unseren Ställen. Wir wollen und müssen dafür sorgen, dass unsere Bevölkerung mit hochwertigen Lebensmitteln versorgt wird. Das geht nur mit einer funktionierenden Landwirtschaft.
Wie groß ist Ihre Hoffnung, noch Änderungen zu erwirken?
Das ist keine Frage der Hoffnung, sondern wir erwarten einfach, dass diese Beschlüsse zurückgenommen werden. Und wenn das nicht passiert, werden wir auch in Schleswig-Holstein ab dem 8. Januar massiv demonstrieren.
Stimmen aus Schleswig-Holstein
Joachim Becker: Wir haben bei der Besteuerung des Agrardiesels schon ein Ungleichgewicht in Europa, das nun verstärkt werden soll. Wenn die Ampel ihre Pläne nicht zurückzieht, gibt es einen heißen Winter.
Jan-Hinrich Behnk: Die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern wird wieder einmal eingeschränkt, und das nimmt gerade mir als jungem Betriebsleiter Perspektiven. Auf unserem Milchviehbetrieb würde der Wegfall der Agrardieselrückerstattung sowie der Kfz-Steuerbefreiung etwa einen Cent je Kilo Milch ausmachen, was voll auf den Gewinn durchschlägt.
Birte Niemeyer: In der Familie waren wir uns alle einig, dass wir auf jeden Fall dabei sind, unseren Unmut darzulegen. Wir haben schon zu viele Einschränkungen und Kürzungen hinnehmen müssen. Zu viel ist zu viel. Einsparungen wären für alle nur möglich, wenn wir unsere Schlepper mit Heizöl fahren dürften.
Marven Böttcher: Wir fahren mit einem mulmigen Gefühl nach Hause, denn aktuell macht es den Eindruck, dass wir gegen eine Wand reden. Wir Landwirte sparen schon. Und durch den Wegfall von diversen Pflanzenschutzmitteln läuft es natürlich darauf hinaus, das mehr mechanische Arbeiten durchgeführt werden müssen. Das belastet die Betriebe schon mit zusätzlichen Dieselkosten und Personalstunden.
Jörn Höper: Ich erwarte mir momentan nichts von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Er wäre allerdings derjenige, der Wirtschaftsminister Robert Habeck zum Einleken bewegen müsste. Da wir zuletzt schon genug an Kürzungen hinnehmen mussten, gibt es aus meiner Sicht keinen Verhandlungsspielraum.