Die Erzeugerpreise für Rindfleisch sind seit einigen Monaten mehr als zufriedenstellend. Welche Ursachen das hat, erklärten Experten am Freitag vergangener Woche im Rahmen der Rindermastbereisung. Die traditionelle Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft für Vieh und Fleisch in Schleswig-Holstein und des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH) führte die Reisegruppe auf drei Betriebe im Kreis Dithmarschen.
Auf dem Betrieb von Thies Karstens in Tensbüttel-Röst fand der öffentliche Vortragsteil statt. BVSH-Präsident Klaus-Peter Lucht betonte in seiner Ansprache die Bedeutung der Rindermastbereisung: „Wir wollen zeigen, dass uns Tierwohl sehr wichtig ist.“ Von der Politik fordert er mehr Vertrauen in die Tierhalter und weniger Gängelung durch Bürokratie. Lucht hob die Notwendigkeit regionaler Schlachthöfe hervor. Diese gewährleisteten kurze Transportwege. Zudem bleibe die Wertschöpfung im Lande.
Verständnis aufbauen
Ralf Heisterkamp von Danish Crown stellte klar: „Wir sehen, wo die Herausforderungen sind, aber auch welche Dinge gut laufen.“ Die Preissteigerungen der vergangenen zwölf Monate passten aus Sicht des Schlachtunternehmens nicht optimal zu den langfristigen Verträgen mit den Kunden. Auch die Entsorgungskosten seien in Schleswig-Holstein stark gestiegen. Das mache sich bemerkbar, so der Leiter des Rindereinkaufs. Dennoch sei man trotz aller Widrigkeiten vernünftig und nachhaltig aufgestellt. „So ein Tag wie heute erleichtert es, gegenseitiges Verständnis aufzubauen und die Herausforderungen der anderen Stufen zu sehen“, lobte Heisterkamp die Veranstaltung.
Abbau der Bestände
Björn Wiencken, Marktexperte der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, berichtete von schrumpfenden Rinderbeständen in Deutschland in den vergangenen Jahren. Seit 2016 habe sich die Tierzahl von 12,6 Millionen auf 10,3 Millionen reduziert. Allein im Vergleich zum Vorjahr gebe es in Schleswig-Holstein 4 % weniger Milchkühe und knapp 9 % weniger Jungbullen. „Das ist ein Grund für die gute Marktlage“, erläuterte Wiencken. Der Trend stagnierender oder schrumpfender Rinderbestände sei in ganz Europa zu sehen. Das Gleiche gelte für Rinderschlachtungen.
Laut dem Kammer-Experten drücken die hohen Rindfleischpreise mittlerweile die Nachfrage. In der Konsequenz bedeute das, dass die Einfuhren stiegen. Das meiste Importfleisch komme aus EU-Nachbarländern und nur ein kleiner Teil beispielsweise aus Südamerika. Wiencken schilderte die Verbrauchersicht: „Importe sind wichtig, damit Rindfleisch kein Luxusgut wird.“ Insgesamt seien Produktion und Konsum von Rindfleisch in der EU sind auf gleichem Niveau.
Das Preisniveau bezeichnete Wiencken als zufriedenstellend. „Im Vergleich zur Rindermastbereisung 2024 liegen wir um zwei Euro pro Kilogramm Fleisch höher, sowohl bei Bullen als auch bei Kühen“, so der Marktkenner.
Der aktuelle Knick beim Kälberpreis sei auf den Ausbruch der Blauzungenkrankheit im vergangenen Herbst zurückzuführen. Aufgrund verzögerter Trächtigkeit kämen die Kalbungen jetzt vermehrt, was sich im Preis bemerkbar mache. Grundsätzlich erwarte er einen fortschreitenden Bestandsrückgang. Das führe zu stabilen Preisen, werde mittelfristig aber auch eine Anpassung der Schlachtkapazitäten zur Folge haben, prognostizierte Wiencken.
Kennzeichnung kommt
Roger Fechler, Bereichsleiter Vieh und Fleisch beim Deutschen Bauernverband (DBV), erklärte: „Wir haben neben dem hohen Erlösniveau auch ein hohes Kostenniveau.“ Daran müsse man sich gewöhnen. Er zeigte sich überzeugt, dass die Tierschutzdebatte auch mit der neuen Bundesregierung weitergehen werde. „Aber vielleicht haben wir bessere Möglichkeiten, pragmatische Lösungen zu finden“, so Fechler. Grundsätzlich sei das Bekenntnis zur Tierhaltung im Koalitionsvertrag zu begrüßen. Fördermittel für Stallumbauten müssten aber zuverlässig fließen. Wichtig sei die Zusage, dass für Stallum- oder -neubauten ein Bestandschutz von 20 Jahren gelten solle.
Mit Blick auf die staatliche Tierhaltungskennzeichnung forderte er eine komplette Neukonzeption, die praxistauglich auszugestalten sei. „Ganz wichtig sind gleichwertige Anforderungen und Kontrollen von importierter Ware“, forderte der DBV-Vertreter. Bevor weitere Tierarten wie Rinder in die staatliche Kennzeichnung aufgenommen würden, müsse man für die Schweine eine pragmatische Lösung hinbekommen. Dass grundsätzlich eine staatliche Haltungsformkennzeichnung auch für Rindermast und Milch kommen werde, daran habe er keinen Zweifel. Daher sei jetzt auch die Branche in der Verantwortung, bei der Entwicklung selbst voranzugehen.
Mit Blick auf ein verstärktes Tierseuchengeschehen in Europa gewinne die Biosicherheit auf den Betrieben an Bedeutung. Nach Aussage von Fechler müsse sich die Branche zudem zunehmend mit dem Thema Impfung beschäftigen.




