Durch das Testbetriebsnetz (TBN) werden seit 1956 Buchführungsdaten von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft, der Fischerei und des Gartenbaus vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) in Zusammenarbeit mit den Bundesländern erhoben. Die Datenerhebung übernehmen neutrale Erhebungsstellen in den Bundesländern. In Schleswig-Holstein ist dies die Landwirtschaftskammer unter der Leitung des MLLEV. Daniela Rixen sprach für das Bauernblatt über die neuen Vergütungssätze und die Verwendung der Daten mit dem Verantwortlichen bei der Landwirtschaftskammer, Karsten Hoeck.
Karsten Hoeck ist Leiter des Marktbereiches der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Er sammelt die Testbetriebsdaten für Schleswig-Holstein und stellt sie für das BMLEH zusammen.
Herr Hoeck, Sie betreuen hierzulande das Testbetriebsnetz. Was war der ursprüngliche Zweck, dass 1956 das Testbetriebsnetz ins Leben gerufen wurde, wie entwickelte es sich und warum gibt es jetzt Neuerungen?
Karsten Hoeck: Ursprünglich sollte durch dieses System die Veränderung der Einkommenslage der Betriebe abgebildet werden. Der Krieg und die Zeiten des Hungers waren noch nicht lange vorbei und man wollte genau wissen, wie sich die betrieblichen Einkommen entwickelten, und außerdem die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen. Kenngrößen wie der Gewinn waren besonders wichtig. Über die Jahre sind immer mehr Merkmale in der Datenerhebung hinzugekommen, zum Beispiel Infos über alternative Einkommensquellen oder auch Arbeitskräfte in der Landwirtschaft. Es stellte sich dann heraus, dass diese Daten in vielen Bereichen mitunter eine sehr gute Basis für Analysen etwa zur Politikfolgenabschätzung oder auch anderen landwirtschaftlichen Forschungsansätzen liefern konnten.
Derzeit wird das System modernisiert, warum?
Es werden immer wieder aktuelle Fragestellungen einbezogen. Neben den Buchführungskennzahlen sind jetzt auch Daten für die Nachhaltigkeitsbewertung gefragt. Diese Daten werden im europaweiten Farm Sustainability Data Network (FSDN) zusammengeführt.
Was ist FSDN und wie hängt es mit dem TBN zusammen?
FSDN, das neue EU-weite Datennetzwerk zur Nachhaltigkeitsbewertung landwirtschaftlicher Betriebe, ist eine Initiative der Europäischen Union, die im Rahmen der Farm-to-Fork-Strategie (als Teil des Green Deal) eingeführt wurde. Es ist spätestens ab 2028 für die Mitgliedstaaten verpflichtend, die Teilnahme für die Betriebe bleibt aber weiter freiwillig. Ziel ist es, regelmäßig und systematisch Daten zur Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe in Europa zu erheben, zu analysieren und für politische Entscheidungen nutzbar zu machen. Das deutsche TBN ist ein Teil dieses Netzwerks und stellt wie bisher die nationalen Buchführungsdaten für die EU bereit.
Wie viele und welche Betriebe nehmen am Testbetriebsnetz teil?
Das TBN ist ein deutschlandweites Netzwerk von zirka 8.000 landwirtschaftlichen Betrieben, die freiwillig und anonym wirtschaftliche Daten bereitstellen. Diese Daten bilden die Grundlage für Agrarstatistiken und politische Entscheidungen. In Schleswig-Holstein sind es aktuell rund 350 Betriebe, und es können gern noch mehr werden, um die Datenbasis weiter zur verbessern. Dabei sind alle Betriebsformen willkommen.
Das TBN ist also eine staatliche Hoheitsaufgabe im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums – wofür werden die Daten verwendet?
Die Daten fließen unter anderem in den BMLEH-Jahresabschlussbericht Landwirtschaft ein. Dieser ist eine bundesweit einheitliche wirtschaftliche Auswertung aller Testbetriebe und dient als Grundlage für agrarpolitische Entscheidungen und die Bewertung von Förderprogrammen.
Warum ist der BMLEH-Jahresabschluss für Landwirte wichtig?
Immer mehr Banken verwenden den BMLEH-Abschluss als Referenz zur Kreditbewertung (Rating) landwirtschaftlicher Betriebe. Wer teilnimmt, hat einen offiziellen betriebswirtschaftlichen Abschluss in der Hand – ein starkes Argument gegenüber Kreditinstituten. Das wird vielleicht zunehmend dann auch für die Nachhaltigkeitskriterien gelten.
Wer kann am Testbetriebsnetz teilnehmen und was gibt es für die Teilnahme?
Die Teilnahmeprämie für den landwirtschaftlichen Betrieb beträgt 200 € jährlich. Wichtig ist die Bereitschaft der Buchführungsstelle, fristgerecht zu arbeiten. Denn diese muss den BMLEH-Jahresabschluss rechtzeitig erstellen. Die Aufwendungsentschädigung dafür beträgt 595 € für die Buchstelle. Die Auswahl der Betriebe erfolgt über länderspezifische Auswahlpläne. Wer mitmachen möchte, wendet sich nach Abklärung mit der Buchstelle an khoeck@lksh.de
Werden die Daten anonymisiert und damit vertraulich behandelt?
Ja. Alle Daten werden anonymisiert und absolut vertraulich behandelt. Die aggregierten Ergebnisse lassen keinen Rückschluss auf einzelne Betriebe zu.
Wer kann also mitmachen?
Alle landwirtschaftlichen Haupterwerbs- und Nebenerwerbsbetriebe mit Buchführungspflicht. Die Auswahl erfolgt regional und nach Betriebsformen, um ein repräsentatives Bild zu erhalten.
Warum ist das TBN politisch wichtig?
Nur durch verlässliche Daten mit ausreichend großer Datenbasis können gerechte Agrarförderungen, Ausgleichszahlungen, Umweltmaßnahmen und EU-Programme gezielt angepasst und verbessert werden. Das TBN ist also quasi das Rückgrat evidenzbasierter Agrarpolitik.
Warum sollte ich als Betriebsleiter persönlich mitmachen?
Es lohnt sich aus meiner Sicht immer, sich zu engagieren. In diesem Fall geht es auch darum, die Interessen der Landwirte in der Politik zu stärken und einen Beitrag zu leisten, dass die Agrarförderung realitätsnah gestaltet wird. Außerdem geht es auch darum, den Erfolg des eigenen Betriebes objektiv einzuordnen und zu verbessern. Neben den Veröffentlichungen des BMLEH werden den teilnehmenden Betrieben in vielen Fällen Auswertungen der Länder zur Verfügung gestellt. Auch ein auf den Daten des Testbetriebsnetzes beruhender Betriebsvergleich ist möglich. Dieser eröffnet den Betrieben eine individuelle Unternehmensanalyse, die Rückschlüsse auf Stärken und Schwächen zulässt und so Impulse für die Optimierung des Betriebes gibt.
Info
Zweck des Testbetriebsnetzes ist es, den politisch Verantwortlichen, der Wirtschaftsberatung, der Wissenschaft sowie den Berufsverbänden aktuelle und repräsentative Ergebnisse zur wirtschaftlichen Lage und, soweit möglich, zur ökologischen sowie sozialen Lage der Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen. Hierzu werden in repräsentativ ausgewählten Testbetrieben gegebenenfalls über Steuerberatende und landwirtschaftliche Buchstellen Daten in Form des BMLEH-Jahresabschlusses erfasst. Daraus ermitteln das BMLEH und die Länder spezielle Buchführungsergebnisse.
Weitere Infos unter www.bmel-statistik.de
Die Auswertungen werden hier in verschiedenen Kriterien wie zum Beispiel Betriebsform, Betriebsgröße, Region aufgegliedert dargestellt. Der aktuelle Flyer findet sich hier unter: https://t1p.de/4ce55
Weitere Informationen zum Thema Testbetriebsnetz und Verfügung erteilt Karsten Hoeck unter khoeck@lksh.de oder unter Tel.: 0 43 31-94 53-222.