Start Blog Seite 130

Marktkommentar

0

Die deutschen Schweineschlachtbetriebe beklagen immer wieder ein Margenproblem, plädieren deshalb regelmäßig für eine Senkung ihrer Einkaufspreise, das heißt der Schlachtschweinepreise, zur Verbesserung ihrer Bruttomarge, der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis. Daraus müssen sie ihre Kosten decken und wollen verständlicherweise auch einen Gewinn erzielen.

Die Schlachtkapazität betrug in Deutschland bis Ende 2023 zirka 1,1 Millionen Schweine pro Woche. Derzeit werden regelmäßig weniger als 700.000 Tiere pro Woche geschlachtet. Damit werden fast 40 % der Kapazitäten nicht genutzt, die Fixkosten laufen aber weiter und verschlechtern die Marge der Schlachtbetriebe. Der politisch gewollte abnehmende Fleischkonsum ist Hauptgrund für diese Entwicklung, da der Pro-Kopf-Verzehr immer weiter zurückgeht. Weniger Fleischkonsum bedeutet weniger Schweineschlachtungen, bedeutet weniger Schlachter, bedeutet geringe Kapazitätsauslastung, bedeutet höhere Kosten. Gleichzeitig machen auch andere gestiegene Kosten der Branche zu schaffen – zum Beispiel für Energie – sowie ein akuter Fachkräftemangel. Dazu kommen ein immer höherer Bürokratieaufwand und Investitionen zur Umsetzung der EU-Hygienevorschriften.

Vion reduziert Schlachtkapazitäten

Die Vion Food Group, Nummer drei in Deutschland unter den Top Ten der Schlachtkonzerne, die hier 82 % der Schweine schlachten, baut ihre Kapazitäten nun deutlich ab. Nach der Schließung des Rinderschlachthofes Bad Bramstedt (ehemals 250 Mitarbeiter) am 31. Juli 2023 wurde Anfang 2024 bekannt, dass der Schlachthof Emstek mit einer Kapazität von 70.000 Schweineschlachtungen pro Woche geschlossen wird. Betroffen sind rund 750 Mitarbeiter. Dazu sind ein Rinderschlachthof in Thüringen, ein Schweineverarbeitungsbetrieb in Brandenburg sowie der Schinkenspezialist Ahlener Fleischhandel (NRW) betroffen, sie sollen an Mitbewerber in Deutschland verkauft werden.

Politik will regionale Schlachthöfe erhalten

Aber auch immer mehr regionale kommunale Schlachthöfe müssen schließen. Hohe Kosten, fehlendes Personal, geringe Auslastung und massive wirtschaftliche Verluste sind die Gründe. Die Politik wolle eigentlich genau das Gegenteil, ist aus den Landwirtschaftsministerien in Niedersachsen und Hessen zu hören: also die Förderung kleiner, regionaler Betriebe, die die Tiere von den Landwirten auf kurzen Wegen holen können. Wie das genau geschehen und vor allem finanziert werden soll, ist noch nicht bekannt. Im Moment läuft es komplett andersherum. Die Transportwege für Schlachttiere werden immer länger, was jedem Tierwohl-Gedanken widerspricht.

Auch andere Bereiche sind vom Rückgang des Fleischkonsums betroffen, so ging die Produktion von Schweinemastfutter 2023 gegenüber 2022 um rund 500.000 t zurück und fünf Mischfutterbetriebe mussten schließen. Das bedeutet die Gefahr von regionalen Monopolen und natürlich längere Transportwege zulasten der Umwelt.

Rückgang des Fleischkonsums

Der Schweinefleischkonsum nahm in den vergangenen zehn Jahren um etwa ein Viertel von 38,7 kg im Jahr 2012 auf 29,0 kg pro Kopf im Jahr 2022 ab. Dieser deutliche Rückgang ist der Haupttreiber der notwendigen Strukturanpassungen der Schweineschlachtbranche in Deutschland. Gleichzeitig nimmt auch das Exportgeschäft wegen der anhaltenden ASP-bedingten Sperren weiter ab. Deshalb ist eine weitere Konsolidierung in der Schlacht- und Verarbeitungsbranche unter den gegebenen Umständen leider unausweichlich, so schmerzhaft dies für die Betroffenen auch ist.

Die Politiker sind gefordert, Stellung zu beziehen. Dem neutralen Betrachter ist unklar, was ihr Ziel ist: Es wird erklärt, sich zukünftig an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientieren zu wollen, die unlängst veröffentlich hat, einen Fleischkonsum von 300 g pro Woche und Kopf zu empfehlen. Das wären 15,6 kg pro Kopf jährlich, also ein Drittel des derzeitigen gesamten Fleischkonsums. Wieso sollen dann noch regionale Schlachthöfe erhalten werden? Wie werden die dann weiter notwendigen Strukturanpassungen abgefedert?

Marktlage für die Woche vom 29.4. bis 5.5.2024

Getreide: Feste Terminkurse für alt- und neuerntige Weizenkontrakte erhöhten am Kassamarkt die Gebote und belebten das Angebot damit spürbar.

Raps: Schäden an den Pflanzen konnten in weiten Teilen Europas nach den frostigen Temperaturen nicht ausgeschlossen werden und sorgten für Beunruhigung am Markt.

Futtermittel: Der Preisauftrieb für Futtergetreide war etwas geringer als zuvor, es gab aber mehr Umsatz. Auf der Großhandelsstufe verzeichnete Mais kräftige Aufschläge.

Kartoffeln: Die ersten landwirtschaftlichen Kartoffellager sind bei stetigem Absatz geräumt worden.

Schlachtrinder: Landwirte lieferten Jungbullen zögernder ab, damit passte das Angebot besser zur Nachfrage.

Schlachtschweine/-sauen: Insbesondere die sehr ruhigen Geschäfte mit Grillgut belasteten den Markt.

Ferkel: Deutschlandweit standen sich Angebot und Nachfrage relativ ausgewogen gegenüber.

Milch: Dieses Jahr wurde die Vorjahresmenge leicht verfehlt.

Schlachtlämmer/-schafe: Dem kleinen Angebot stand eine deutliche ruhigere Nachfrage gegenüber.

Markttendenz für die Woche vom 6. bis 12.5.2024

Getreide: Gestützt wird der Weizenmarkt weiter von der Trockenheit in Südrussland und den südlichen Plains der USA.

Raps: Der Euronext-Raps präsentiert sich derzeit stabil und so wird auch die weitere Entwicklung erwartet.

Futtermittel: Rapsschrot bleibt knapp und gefragt, Sojaschrot tendiert dagegen preislich schwächer, da am heimischen Markt eine Nachfrageflaute herrscht.

Kartoffeln: Für Kühlhausware wird je nach Qualität ein Aufschlag von 2 € bis 4 € gezahlt.

Schlachtrinder: Schlachtkühe sind etwas zu knapp, woran sich auch in den kommenden Wochen wahrscheinlich wenig ändern dürfte.

Schlachtschweine/-sauen: Das kleine Angebot lässt sich vermarkten, mit dem Anstieg der Temperaturen belebt sich der Absatz.

Ferkel: Die Stückzahlen haben sich leicht erhöht, es werden wieder erste freie Partien angeboten.

Milch: Impulse aus der anlaufenden Spargel- und Eis-Saison sind für Rahm bislang nicht spürbar.

Schlachtlämmer/-schafe: Es werden mehr frische Lämmer angeboten, für die höhere Preise gezahlt werden.

Gestaltungsideen mit Würzpflanzen

0

Für aromatische Kräuter findet sich immer noch ein Plätzchen im Garten. Ob im Kräuterbeet oder Nutzgarten, im Hochbeet oder Kübel, im Staudenbeet oder zwischen Sommerblumen – Kräuter bereichern optisch und verwöhnen zudem mit würzigen Aromen.

Es ist nicht nur Geschmackssache, sondern auch eine Frage des vorhandenen Platzes, ob Kräuter ein eigenes Beet erhalten sollen. Liegt das Beet gleich bei der Terrasse, fallen die Wege zur Küche kurz aus. Praktisch sind auch Bereiche im Gemüsegarten, die für Kräuter reserviert sind. Hier können Sie die verschiedenen Arten nach ihren Ansprüchen gruppieren. Neuerdings häufiger zu sehen sind sogenannte Kräuterräder. Dabei werden einzelne Sektionen mit Steinen abgetrennt und unterschiedlich bepflanzt. Die Steine nehmen dabei die äußere Form des Radkranzes und der Speichen auf.

Für Borretsch findet sich noch irgendwo ein Plätzchen, sei es im Gemüsegarten oder im Staudenbeet. Foto: Karin Stern

Doch dank ihrer Optik müssen Kräuter gar nicht unter sich bleiben. Bronzefenchel und Borretsch passen prima in jede Staudenrabatte oder zwischen einjährige Sommerblumen. Einige Stauden wie Duftnessel (Agastache) und Indianernessel (Monarda) haben inzwischen den Weg in die Küche gefunden und dienen zunehmend als Aromapflanzen für die Teezubereitung. Aufgrund der vergangenen heißen und trockenen Sommer haben viele Gärtner auf Beete mit trockenheitsliebenden Stauden umgestellt. Hier fügen sich mehrjährige Arten wie Salbei (Salvia officinalis) und Thymian (Thymus) prima zwischen robuster und langlebiger Sonnenbraut (Helenium), Strohblume (Helichrysum thian­shanicum), Brandkraut (Phlomis), Schafgarbe (Achillea) und Kugeldistel (Echinops ritro) ein.

Richtig gut machen sich einige Kräuter zudem als Beeteinfassung. Ganz klassisch eignet sich Lavendel (Lavandula) für diesen Zweck. Aber auch Schnittlauch (Allium schoenoprasum) mit seinen lilafarbenen Blütenkugeln macht in dieser Funktion eine gute Figur. Mit ihren dichten, weißen Blütenbällen ist die Sorte ‚Elbe‘ das dekorative Pendant. Diese Sorte zeigt sich robuster und wüchsiger als andere weiß blühende Varianten. Der heimische Schnittlauch ist mit der Blüte von Mai bis August nicht nur äußerst zierend, sondern auch für Insekten eine gute Nektarquelle. Außerdem eignen sich Salbei (Salvia) und Currykraut (Helichrysum italicum) als Beeteinfassungen. Letzteres ist leider nur bedingt winterhart, ebenso wie die buntlaubigen Sorten des Salbeis.

Im Kiesbeet macht Rosmarin in der Nachbarschaft der Blauraute eine gute Figur. Foto: Karin Stern
Die eindrucksvolle Blüte von Schnittlauch und Oregano ist ein toller Blickfang. Foto: Karin Stern

Auch in Töpfen fühlen sich die meisten Würzpflanzen wohl. Optisch ansprechend wirken verschieden große Terracotta-Töpfe, als Gruppe zusammengestellt. Besonders hübsch kommen solche Topfgruppen daher, wenn sich noch ein paar Dauerblüher wie Geranien oder Zauberglöckchen hinzugesellen. Den täglichen Gießaufwand muss man jedoch einplanen, insbesondere bei heißem und trockenem Wetter.

Vor der Umsetzung neuer Pflanzideen sind die Voraussetzungen für das gute Gedeihen der jeweiligen Kräuter zu prüfen. Mittelmeerkräuter wie Rosmarin (Rosmarinus officinalis) und Salbei brauchen durchlässigen Boden und einen sonnigen, warmen Platz. Liegt der geplante Standort im Halbschatten, passt das gut zu Schnittlauch, Zitronenmelisse (Melissa officinalis), Dill (Anethum graveolens), Minze (Mentha) und Petersilie (Petroselinum crispum). Sie schätzen nährstoffreichen, feuchten Boden. Pfefferminze (Mentha x piperita) treibt jedoch gern Ausläufer und breitet sich daher rasch aus. Ganz praktisch ist es, sie in einem Topf ohne Boden auszupflanzen. Die Seitenwände wirken dann wie eine Rhizomsperre. Alternativ kann man auch einen handelsüblichen Topf eingraben, sofern er über ausreichend große Wasserabzugslöcher verfügt. Ohnehin lassen sich im Topf die unterschiedlichen Ansprüche sehr leicht über die Wahl des Substrats verwirklichen. Für jedes Kraut finden sich die passende Erde und der optimale Aufstellplatz. Obwohl die meisten Kräuter ohne großen Pflegeaufwand gedeihen, kommt es mitunter zu Befall mit Echtem oder Falschem Mehltau. Echter Mehltau zeigt sich auf den Oberseiten der Blätter und an den Stängeln. Der Schönwetter-Pilz tritt vorwiegend bei trockenwarmem Wetter mit nächtlicher Taubildung auf. Falscher Mehltau zeigt sich zunächst auf der Blattunterseite und ist im weiteren Krankheitsverlauf meist auch auf der Blattoberseite erkennbar. Er tritt bei länger andauernder feuchter Witterung auf. Beim ersten Anzeichen schneidet man alle kranken Pflanzenteile sofort großzügig heraus.

Die Topfkultur bremst den Ausbreitungsdrang der Minze. Foto: Karin Stern
Buntlaubige Salbei-Arten sind leider nicht immer sicher winterhart. Foto: Karin Stern
Thymian bietet dank der großen Sortenvielfalt eine breite Palette an Laubfarben. Foto: Karin Stern
Echter Salbei lässt sich prima in Beete mit trockenheitsresistenten Pflanzen integrieren. Foto: Karin Stern
Currykraut braucht unbedingt einen guten Winterschutz. Dennoch kann die Pflanze im Winter absterben. Foto: Karin Stern


Hommage an‘t Plattdüütsche in allen Facetten

„Theater is uns Leven“ – unter diesem Motto stand das Theaterfestival op Platt, das am Sonnabend, 4. Mai, endet. Eröffnet wurde der Theaterreigen vergangene Woche Donnerstag mit einer Gala in der Stadthalle Neumünster. Dort konnten die Zuschauer erleben, wie vielfältig die plattdeutsche Sprache einsetzbar und wie facettenreich niederdeutsches Theaterspiel ist.

Es war ein Abend voller Witz, Frohsinn, Comedy, viel Musik und Gesang, aber mitunter auch mit nachdenklichen Momenten in dem voll besetzten Theatersaal der Stadthalle Neumünster. Den Einstieg machte Stargast Werner Momsen, de plattdüütsche Popp, gespielt von Detlef Wutschik mit Ausführungen zum Thema „Glauben“. Allein bei den Fußballgöttern gibt es ja nicht nur den einen Gott. Und dann verteufeln sich die einzelnen Mannschaftsgötter auch noch gegenseitig: „Alleen in de Twete Liga hest du denn ja al 18 Gödder.“ Über den Glauben an den Weihnachtsmann bis hin zu Verschwörungstheorien reichten seine Gedankengänge und wer Gottesdienste besucht, kennt das von ihm beschriebene Gefühl: Man sitzt in der Kirchenbank, alles ist still und dann kommt dieser eine Gedanke „jetzt bloß nicht husten“ – inklusive Verteilorgie von Hustenbonbons, die Muddern bergeweise in ihrer Handtasche hat.

Stargast Werner Momsen (Detlef Wutschik) mit Moderatorin Carina Dawert

Nachdenkliche Momente gab es bei der Filmvorführung von den Jungen Lüüd ut Löwenstedt mit „In de Juni geev dat immer Erdbeeren“. Darin wird das Thema Flucht aus einer neuen Perspektive erzählt. Ein Stück, das berührt und das 2022 für den Deutschen Amateurtheaterpreis Amarena nominiert war.

Theaterkostproben und Gesangsvorführungen gab es unter anderem von den Niederdeutschen Bühnen und Theatervereinen Neumünster, Süsel, Kiel, Flensburg, Lübeck und Schleswig mit heiteren Szenen aus dem Alltag, wie dem trinkfreudigen Babysitter, der das Abendessen des Baby-Vaters mit seinem Chef vermasselt, mit heimtückischen Schwestern, die um das Erbe des verstorbenen Vaters ringen, mit Frauen in den Wechseljahren – also mit der ganzen Bandbreite, die das Leben und Miteinander so zu bieten haben, und alles in plattdeutscher Sprache, die an diesem Abend, so befand es NDR-1-Moderatorin Carina Dawert, der größte Promi war. Die Woche über gab es dann im ganzen Land Plattvorführungen. Das Theaterfestival op Platt löst nach 30 Jahren die Niederdeutschen Theatertage Molfsee ab. 

Mit frischem Wind und neuen Ideen

Seit November 2022 ist Dr. Kerstin Poehls Direktorin des Freilichtmuseums Molfsee. 57 Jahre nach der Eröffnung wurde damit erstmals vom Stiftungsrat der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen eine Frau an die Spitze berufen.

Von ihrem Büro im alten Torhaus genießt die Direktorin einen weiten Blick auf das Freigelände. Zurzeit wird hier ordentlich gebuddelt und gewühlt. Kleine und größere Baustellen prägen das Bild. „Bis 2025 stehen Tiefbauarbeiten und eine Sanierung und Restaurierung an 28 historischen Gebäuden auf dem Plan. Es sollen unter anderem Barrieren abgebaut werden, sodass die Häuser mittelfristig für Menschen mit Einschränkungen zugänglich sind“, informiert die 45-Jährige bei einem gemeinsamen Kaffee.

Bauarbeiten prägen momentan das Bild im Freilichtmuseum Molfsee.

Die Kulturanthropologin ist bereits viel in der Welt herumgekommen. Unterschiedliche Stationen im In- und Ausland sorgten dafür, dass sie sowohl in Wissenschaft und Forschung als auch in der Ausstellungspraxis wertvolle Expertise und Erfahrungen sammelte. Ebenso baute sie sich ein internationales Netzwerk an Kooperationspartnern auf. Nun hat sie, nur 20 km von ihrem Geburtstort Nortorf entfernt, eine neue Herausforderung gefunden.

Im Schnelldurchlauf lässt sie zunächst ihren beruflichen Werdegang Revue passieren: „Zur Schule ging ich in Rendsburg. Nach dem Abitur 1997 studierte ich Ethnologie, Skandinavistik und Betriebswirtschaftslehre in Tübingen. Ein Stipendium ermöglichte mir 1999 einen Studienaufenthalt in Stockholm. Danach wechselte ich an die Humboldt-Universität zu Berlin, machte hier meinen Magisterabschluss und promovierte 2007 mit meiner Arbeit ‚Europa backstage‘ über europäische Eliten“, führt sie aus. Anschließend war sie als Kulturreferentin in der schwedischen Botschaft in Berlin beschäftigt, organisierte dort Ausstellungen sowie Film- und Literaturveranstaltungen. Danach kehrte sie in den Wissenschaftsbetrieb zurück.

2011 ging sie für ein Gastjahr auf die griechische Insel Lesbos an die Universität der Ägäis. Nach Lehraufträgen in Trondheim und Göttingen widmete sie sich ab 2012 als Juniorprofessorin für Empirische Kulturwissenschaft (vormals Volkskunde) an der Universität Hamburg verschiedenen Forschungsprojekten. „Zum Beispiel forschte ich über Migration in und nach Europa und darüber, wie man dieses Thema in Ausstellungen umsetzen kann, und über Zucker als globales und regionales Handelsgut“, schaut sie zurück.

Das neue Eingangs- und Ausstellungsgebäude Jahr100Haus beherbergt unter anderem die Dauerausstellung „Land. Leute. Leben – im 20. Jahrhundert in Schleswig-Holstein“.

Und jetzt also die Wirkungsstätte Freilichtmuseum Molfsee. 1965 eröffnet, ist es das größte Freilichtmuseum Norddeutschlands und zugleich zentraler Erinnerungs- und Erlebnisort für die Alltags- und Kulturgeschichte vom 16. bis ins 20. Jahrhundert im Land zwischen den Meeren. Auf 40 ha Freifläche stehen über 70 historische Gebäude. Es gibt eine Sammlung zur Alltagskultur und seit 2021 das Jahr100Haus, ein modernes Gebäude, das Raum für Dauer- und Sonderausstellungen bietet. Seit 2013 gehört das Freilichtmuseum Molfsee zur Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Got­torf, ist aber eigenständig. Es verschmolz mit der 2014 geschlossenen Volkskundlichen Sammlung des ehemaligen Volkskundemuseums am Schleswiger Hesterberg und zählt pro Jahr zirka 130.000 Besucher.

„Ich bin hier von allen mit großer Offenheit empfangen worden“, freut sich Kerstin Poehls. Ob sie glaube, dass sie als Frau einen anderen Blick auf die historische Alltagsgeschichte und -kultur habe als ihre männlichen Vorgänger im Amt? „Ja, insgesamt hat sich in der Museumslandschaft in den vergangenen Jahrzehnten ein Generationenwechsel vollzogen. Damit verbunden ist, dass mehr Frauen in diesem Bereich gestaltend tätig sind und verstärkt ihre weiblichen Perspektiven einbringen. Deutschlandweit werden immer mehr Museen von Direktorinnen geführt“, berichtet sie und gibt zu bedenken, dass etliche Museen, wie auch Molfsee, in den 1960er Jahren gegründet worden seien. Sie seien keine Expresszüge, sondern langsam und genau in Bewegung. Deshalb spiegelten sich hier teilweise noch die damaligen traditionellen Rollenbilder und Darstellungen von Frauen und Männern wider. „Heute nehmen wir andere Fragen in den Fokus als früher. Zum Beispiel: Wer lebte in den damaligen Gebäuden? Wer agierte wie aus welcher Position und Macht heraus? Wie sah der Frauenalltag aus?“

In diesem Zusammenhang erwähnt sie das schleswig-holsteinische LandFrauen-Archiv. Seit seiner Gründung im Jahr 2006 hat es seinen Standort im Freilichtmuseum und wird in Kooperation von Freilichtmuseum und LandFrauenverband getragen. Ziel der Zusammenarbeit ist der Aufbau einer umfassenden Sammlung von schriftlichen und bildlichen Zeugnissen zur Geschichte aller Frauen im ländlichen Raum, mit Schwerpunkt auf dem 20. Jahrhundert. In den vergangenen Jahren gab es einige Sonderausstellungen zur LandFrauen-Geschichte, zuletzt 2018 unter dem Titel „Kohl-, Appel- un Blomenhoff – Ländliche Hausgärten in Schleswig-Holstein“.

Das Gelände des Freilichtmuseums bietet mannigfaltige Einblicke in das bäuerliche und ländliche Leben von anno dazumal.

„Ich freue mich schon sehr darauf, neue Formate mit den LandFrauen zu entwickeln. Wenn Sie auf unser Museumsprogramm 2024 schauen, werden Sie sehen, dass sie auch hier als wichtige Akteurinnen im ländlichen Raum mit eingebunden sind“, bemerkt sie. So habe es im Rahmen der aktuellen Ausstellung „Heimaten. Eine Ausstellung und Umfrage“ im Februar einen Genussabend zum Thema Grünkohl mit den LandFrauen gegeben. Im Juli werden sie unter dem Motto „Heimaten erzählen“ den Alltag auf dem Land gestern und heute schildern.

„Für mich ist diese Kooperation ein gelungenes Musterbeispiel dafür, wie Gruppen von Menschen das Freilichtmuseum mit Leben füllen, hier mitarbeiten und sich mit ihm verbunden fühlen, es als ‚ihren Ort‘ verstehen und begreifen. Das ist großartig“, findet die Direktorin. Berichten will die Mutter zweier Töchter auch über die Kooperation mit Kindergärten und Schulen, die regelmäßig im Freilichtmuseum für spannende Aktionen zu Gast sind. „Mittlerweile ist ja die Großelterngeneration, die den Enkeln und Urenkeln aus eigenem Erleben etwas über die alte Zeit und Lebenswirklichkeit erzählen könnte, nicht mehr da. Wir wollen Geschichte so präsentieren, dass sie für die junge Generation ansprechend ist.“

Ein Anliegen ist es Kerstin Poehls, in ihrer Arbeit über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, Lokales, Globales und Europäisches miteinander zu verknüpfen und Themen wie Klimakrise, Migration oder die Bewahrung der Natur und ihrer Ressourcen museal aufzugreifen. „Ich möchte mit meinem Team auf Geschichte neugierig machen, Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart schaffen und Dialoge über unsere Zukunft initiieren“, bringt sie die Ziele auf den Punkt. Ebenfalls solle das Museum mit seinem Ganzjahresbetrieb ohne Winterpause noch bekannter werden, denn auch bei Regen- und Winterwetter lohne ein Besuch im Jahr100Haus.

Bevor es abschließend auf einen kurzen Spaziergang durchs Gelände geht, möchte die Direktorin alle Bauernblatt-Leser auf die aktuelle Ausstellung „Heimaten. Eine Ausstellung und Umfrage“ aufmerksam machen, und sie ermuntern, sich aktiv an ihr zu beteiligen. Sie läuft bis zum 21. Juli, befasst sich mit dem Konstrukt „Heimat“ und bricht dabei bewusst mit klassischen Vorstellungen dieses Themas (siehe auch Bauernblattausgabe 38 vom 23. September 2023). „Klar ist: Die eine für alle und jeden Moment gültige Definition von Heimat gibt es nicht. Aus diesem Grund steht der Titel dieser Schau im Plural“, erklärt sie. Die Ausstellung sei als Einladung zum Dialog angelegt, ein vielseitiges Rahmenprogramm runde sie ab.

Frischen Wind und neue Ideen will Kerstin Poehls in die Museumsarbeit bringen. „Ich denke, dass wir noch nachdrücklicher mehr unterschiedliche Menschen zum lustvollen Nach- und Mitdenken über Alltagskulturen früher und heute einladen können.“ Weitere Infos und Veranstaltungen unter ­freilichtmuseum-sh.de

Heute Direktorin, früher Besucherin: Kennengelernt hat Kerstin Poehls das Freilichtmuseum Molfsee erstmals als Kind, als sie es mit ihrer Oma besuchte. 
Fotos: Silke Bromm-Krieger
Die Gebäude auf dem Gelände des Freilichtmuseums sind Zeitzeugen
Idyllische Impression: Ein Spaziergang durch das Freigelände lohnt sich zu jeder Jahreszeit.
Ein historischer Heurechen dokumentiert auf dem Freigelände die Landwirtschaft vergangener Epochen.
Molfsee ist das größte Freilichtmuseum Norddeutschlands und zugleich zentraler Erinnerungs- und Erlebnisort für die Alltags- und Kulturgeschichte vom 16. bis ins 20. Jahrhundert im Land zwischen den Meeren.
Spinnkopfmühle aus Fockendorf (um 1850)


Ein Blick auf die Fläche zahlt sich aus

0

Eine erfolgreiche Unkrautbekämpfung zeichnet sich neben hohen Wirkungsgraden der Herbizide auch monetär aus. Durch eine gute Vorbonitur der Maisflächen können Herbizidkomibinationen auf die aktuelle Verunkrautung abgestimmt und möglicherweise die Mittelkosten reduziert oder mechanische Unkrautbekämpfung eingesetzt werden.

In weiten Fruchtfolgen und auf Flächen mit einer nur geringen Verunkrautung kann eine einmalige Herbizidanwendung sinnvoll sein. Treten Problemunkräuter wie beispielsweise Ackerfuchsschwanz, Storchschnabel-Arten oder auch Hirsearten und Weißer Gänsefuß auf, kann eine einmalige Anwendung nicht ausreichend sein. Dabei sollten die Unkräuter im Drei- bis Vierblattstadium sein. In Abbildung 1 sind unterschiedliche Strategien in einer weiten Fruchtfolge dargestellt.

Bei einem so hohen Storchschnabelbesatz dürfen die Pflanzen bei der Behandlung nicht größer sein, dennoch ist eine vollständige Bekämpfung nicht mehr zu erwarten. Foto: Nils Bols
Stehen größere Ackerfuchsschwanzpflanzen in der Maisreihe, können diese durch eine Hacke nicht mehr verschüttet werden. Foto: Manja Landschreiber

Varianten ohne den Einsatz von Bodenwirkstoffen sollten nur bei einer geringen Verunkrautung eingesetzt werden. Eine Zugabe gräserwirksamer Herbizide sichert die Wirkung gegen Ungräser zusätzlich ab. Bodenwirkstoffe tragen dazu bei, den Auflauf von Unkräutern und Ungräsern nach der Applikation zu mindern. Die Zugabe blattaktiver Produkte solle in jedem Fall erfolgen.

Einsatz eines Mischungspartners

Beim Einsatz der Triketone Laudis oder auch Callisto können Mischungspartner die Wirkung auf bestimmte Unkräuter und Ungräser verbessern, in Abbildung 2 sind mögliche Mischungspartner dargestellt. Spielen Gräser eine Rolle, kann ein nicosulfuronhaltiges Produkt ergänzt werden. Sind auf der Fläche Kamille, Knöterich-Arten oder auch Ampfer-Arten zu finden, ist der Zusatz von Peak für eine bessere Wirkung vorteilhaft. Ist der Besatz mit Weißem Gänsefuß oder Spießblättriger Melde zu hoch, sollte auf das Produkt Arrat + Dash gesetzt werden. Es können auch anstelle einer Mischung mit Triketonen und einem Partner Fertigprodukte wie MaisTer power (0,75-1,0 l/ ha) oder Zingis + Mero (0,2-0,25 l/ha + 1,75 l/ ha) eingesetzt werden.

Mögliche Nachlagen in einer Spritzfolge

Welche Vorlagen in einer Spritzfolge empfohlen werden, wurde in Ausgabe 16 ab Seite 35 dargestellt. Die Nachlage sollte nach dem erneuten Wiederaustrieb der Unkräuter und Ungräser erfolgen, wenn sich diese wieder im Ein- bis Zweiblattstadium befinden. In Abbildung 3 sind die Empfehlungen abgebildet. Beim Einsatz von Produkten mit dem Wirkstoff Mesotrione darf die maximal zulässige Aufwandmenge nicht überschritten werden. Die Produkte am Markt haben unterschiedliche Maximal-Aufwandmengen. Eine Ergänzung zu möglichen Unkräutern und Ungräsern kann Abbildung 2 entnommen werden.

Werden die Produkte Zingis oder MaisTer power eingesetzt, muss keine Ergänzung von speziellen Produkten erfolgen. Diese beiden Produkte haben eine gute Wirkung sowohl auf Gräser als auch auf Unkräuter. Bei Problemunkräutern wie beispielsweise Storchschnabel-Arten (Bild links) sollte bei der Nachbehandlung auf Produkte wie Zingis oder MaisTer power gesetzt werden.

Bei den Mischungspartnern Arrat + Dash, Peak oder auch Nicogan sollte die Applikation nur bei einer gut ausgebildeten Wachsschicht des Maises erfolgen. Gegen Borstenhirse sollte ein Sulfonylharnstoff (zum Beispiel Nicogan oder MaisTer power) ergänzt werden. Fingerhirse-Arten hingegen können mit Triketonen wie Callisto oder Laudis am besten bekämpft werden. Die Hühnerhirse wird sowohl von den Triketonen als auch von den Sulfonylharnstoffen ausreichend erfasst.

Ackerfuchsschwanz in Nachlage bekämpfen

Nach einer Vorlage zur Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz muss zwingend eine Nachlage erfolgen. In der Abbildung 4 sind mögliche Produkte abgebildet. MaisTer power hat die beste Wirkung gegen Ackerfuchsschwanz unter den ALS-Hemmern. Jedoch sollte bei der Anwendung von ALS-Hemmern im Mais bedacht werden, dass diese auch im Getreide eingesetzt werden. Vorhandene Resitenzen wirken sich somit negativ auf die Wirkung aus.

Pflanzenschutz mit Mechanik

In den vorangegangenen Jahren konnten bei der Landwirtschaftskammer erfolgreich Versuche in der mechanischen Unkrautbekämpfung durchgeführt werden, in denen eine Herbizidmaßnahme durch eine Reihenhacke ersetzt wurde. Für einen erfolgreichen Einsatz sollte eine sonnige, gern auch windige Witterung herrschen. Nachfolgender Regen innerhalb eines Tages verringert die Wirkung. Ideale Termine zum Hacken sind ab dem Vierblattstadium bis hin zum Reihenschluss.

Der Einsatz einer Reihenhacke darf nicht zu spät erfolgen. Zu große Unkräuter in der Reihe können so nicht mehr verschüttet werden. Foto: Nils Bols

Werden die Kosten zwischen einer Herbizdanwendung inklusive Durchfahrt und einem Hackdurchgang verglichen, ist das Hacken nur geringfügig teurer, verursacht bei den Maispflanzen aber auch keinen Stress durch die Herbizide. Die Wirkungsgrade gegenüber Unkräutern und Ungräsern sind etwas geringer als bei reinen Herbizidmaßnahmen, aber dennoch vergleichbar. Sind die Unkräuter in der Maisreihe zu groß, um diese beim Hacken zu verschütten, kann der Einsatz einer Bandspritze, bei der nur die Maisreihen mit Herbizid behandelt werden, die Wirkung in der Reihe absichern.

Fazit

Beim Herbizideinsatz im Mais kann nicht nur die Mittelwahl, sondern auch die Anwendungsstrategie entscheidend für den Erfolg sein. So ist eine Einmalanwendung günstiger, kann aber schwer bekämpfbare Unkräuter häufig schlechter erfassen als eine Spritzfolge. Der Einsatz von mechanischen Geräten wie beispielsweise einer Reihenhacke kann sinnvoll integriert werden.

Tabelle: Wirksamkeit ausgewählter Herbizide im Mais:
https://www.bauernblatt.com/wp-content/uploads/2024/04/1624-Bols-Tab.2-scaled.jpg

Auflagen der Herbizide im Mais: 
https://www.lksh.de/fileadmin/PDFs/Landwirtschaft/Pflanzenschutz/Pflanzenschutzmittel_Ackerkulturen/Herbizide/Mais_H_Abstandsauflagen.pdf

Beprobungen bei „InnoRind“ laufen nach Plan

0

Die landwirtschaftliche Routine in der Kälberhaltung sieht standardmäßig eine Einzelhaltung der Kälber nach der Geburt vor. Um das Tierwohl zu verbessern und den Kälbern eine frühe Sozialisierung zu ermöglichen, wurde am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp (LVZ) bereits im vergangenen Jahr die frühe Gruppenhaltung im Iglubereich etabliert. Erste Versuchsergebnisse liegen nun vor.

In der frühen Gruppenhaltung in Futterkamp haben bis zu acht Kälber die Möglichkeit, ab dem zweiten bis zum 14. Lebenstag in einer Kleingruppe aufzuwachsen. Das Haltungssystem in Futterkamp ermöglicht durch herunterklappbare Ausläufe eine individuell gesicherte Kolostrumversorgung innerhalb der ersten Lebenstage. Die frühe Gruppenhaltung repräsentiert die Versuchsgruppe. Weiterhin werden auch Kälber in Einzeliglus aufgestallt, welche die Kontrollgruppe abbilden.

Nicht nur Baumaßnahmen im Kälberbereich sind in dem Projekt eingeschlossen, sondern auch Untersuchungen zur Verbesserung des Tierwohls der abkalbenden Kühe. Die dazugehörige Umbaumaßnahme im Abkalbebereich wurde im Februar abgeschlossen. Drei Wochen vor dem errechneten Kalbetermin beziehen die Kühe und Färsen nun einen flächenmäßig verdoppelten Abkalbebereich. Zwei der Gruppenbuchten sind mit Separees als Rückzugsmöglichkeit ausgestattet. Kühe und Färsen werden weiterhin in getrennten Gruppen gehalten. Alle Kühe, die in den Gruppenbuchten mit Separee laufen, sind Teil der Versuchsgruppe.

Parallel gibt es weiterhin Einzelbuchten, welche die Kontrollgruppe repräsentieren. Die Umbaumaßnahmen und Neugestaltungen sind Teil des Projektes „Innovationsnetzwerk Rind (InnoRind)“ und werden nun mittels Probenentnahmen und Beurteilungssheets systematisch beobachtet und analysiert. Die Probennahme ist am 9. März mit dem ersten Kalb und der dazugehörigen Kuh gestartet und soll rund ein Jahr andauern.

Die Kälber werden sehr engmaschig gesundheitlich untersucht und beurteilt.

Versuchsaufbau im Überblick

Sobald die Kalbung erfolgt ist, werden sowohl die Kuh als auch das Kalb in den Versuch integriert. Es wird bei den Betrachtungen berücksichtigt, ob die Kuh in der Gruppe im Separee gekalbt hat oder in der Einzelhaltung. Weiterhin werden die Kalbungen mittels Videokameras begleitet und der Kalbeverlauf einbezogen. Die Annahme der Separees und die Kalbeverläufe darin sind Bestandteil einer Fragestellung innerhalb des Versuchs.

Direkt nach der Kalbung, spätestens zur nächsten Melkzeit, werden die Kälber in die frühe Gruppenhaltung beziehungsweise, wenn diese mit acht Kälbern voll belegt ist, in die Einzel­iglus eingestallt. Im Iglubereich erfolgen dann einige Beprobungen und Beobachtungen, um die Leistungsentwicklung, Gesundheit sowie das Stressniveau in den beiden Haltungssystemen herausfiltern und vergleichen zu können. Am 15. Lebenstag werden die Kälber in die weitere Gruppenhaltung umgestallt. Dort wird weiterhin die Leistungs- und Gesundheitsentwicklung der Kälber erfasst und verglichen.

Beprobungen der Tränkekälber

Zwischen dem zweiten und dritten Lebenstag wird allen Kälbern eine kleine Menge Blut abgenommen. Nach dem Abzentrifugieren wird dann mittels Refraktometer der Brix-Wert bestimmt und so die Kolostrumversorgung der Kälber beurteilt. Als weniger invasiv, aber genauso informativ stellen sich die genommenen Speichelproben dar. Im Labor wird hier der Gehalt des Stresshormons Cortisol festgestellt und so das Stressniveau beurteilt.

Zentrifugierte und eingefrorene Blutprobe zur Bestimmung der Versorgung des Kalbes durch die Kolostrumgabe

Die Speichelproben werden jeweils zu drei bestimmten Zeitpunkten genommen. Die erste Probe erfolgt am vierten Lebenstag, die zweite am zehnten und die dritte zum Zeitpunkt des Umstallens in die weitere Gruppenhaltung am 15. Lebenstag. Auch in diesem Zusammenhang wird verglichen, ob Kälber aus der frühen Gruppenhaltung durch erhoffte Vorteile der frühen Sozialisierung zum Zeitpunkt des Gruppenwechsels ein geringeres Stressniveau haben als die Kälber aus den Einzeliglus.

Zur engmaschigen Überwachung der Gesundheitsentwicklung werden die Kälber mehrfach wöchentlich durch einen Gesundheits-Check beurteilt. Ziel ist es, regelmäßig Allgemeinzustand, Nasenfluss, Ohrenstellung, Kotverschmutzungen, Nabel, Augen und Husten zu beurteilen und zu dokumentieren. Weiterhin werden bei den Kälbern zusätzlich einmal wöchentlich die Atemfrequenz, Herzfrequenz und Rektaltemperatur sowie die Kotkonsistenz erfasst. Diese Gesundheits-Checks werden bis zum Abtränken (77. Lebenstag) erfolgen und zusätzlich durch die Kontrolle der Gewichtsentwicklung aus betrieblichen Routinewiegungen ergänzt.

Zusatzproben erfolgen auch

Innerhalb des Projektes sind Untersuchungen der Erregerübertragung am Beispiel von Darmbakterien (Escherichia coli, positiv für ESBL (extended-spectrum beta-lactamase)) im Iglustall vorgesehen. Dafür werden in Futterkamp 20 weiblichen Kälbern im Einzeliglu und 20 weiblichen Kälbern in der frühen Gruppenhaltung Kotproben entnommen und analysiert. Die Entnahme erfolgt am zweiten beziehungsweise dritten Lebenstag, zum Zeitpunkt des Umstallens und zwischen dem 22. und 23. Lebenstag. Grund für diese Untersuchung sind Fragestellungen zum Einfluss des Kalb-Kalb-Kontaktes auf die Infektionsdynamik.

Ein wöchentlich mehrfacher Gesundheits-Check der Kälber erfolgt in einer ruhigen Umgebung.

Welche Erfahrungen gibt es?

Zum heutigen Zeitpunkt befinden sich 23 Kälber im Versuch. Täglich werden Kälber beurteilt und beprobt. Durch die Digitalisierung der Bewertungsbögen und Listen ist die Datenerfassung im Stall erleichtert worden. Die Beprobungen und Beurteilungen der Kälber bewirkten bisher nur geringe Stressanzeichen bei den Kälbern, insofern sich auch unruhigere Kälber bereits kurz nach der Beprobung wieder beruhigten und keine weiteren Stressanzeichen zeigten. Auch die Kühe, die zur Messung der Herzfrequenz einen Gurt umgelegt bekamen, zeigten sich unbeeindruckt ohne auffällige Stressanzeichen.

Die Wahl des Abkalbeortes ist bislang geteilt. Die eine Hälfte der Kühe wählte das Separee zur Abkalbung, die andere Hälfte blieb in der Gruppe und kalbte dort ab, ohne sich zurückzuziehen. Nichtsdestotrotz hatten die Kalbungen bislang einen komplikationslosen und leichten Verlauf. Im Kälberbereich lässt sich jetzt schon feststellen, dass die Kälber aus der frühen Gruppenhaltung beim Wechsel in die weitere Gruppenhaltung ruhiger, aufgeweckter und motivierter sind. Zudem ist ihnen der Tränkeautomat bekannt und es bedarf keinerlei Gewöhnung. Die Gewöhnung an den Tränkeautomaten in der frühen Gruppenhaltung wurde durch den Nachahmungseffekt positiv beobachtet.

Es sind erste aktuelle Eindrücke und Beobachtungen im Stall. Die genaue statistische Auswertung der Proben und Beobachtungen erfolgt am Ende des Versuchs im Sommer 2025. Durch die noch engere gesundheitliche Überwachung fallen Ausschläge in der Gesundheit sofort auf und ermöglichen ein noch schnelleres Eingreifen.

Fazit

Die aktive ­Probenentnahme für die Versuche zur Steigerung des Tierwohls innerhalb des Kälber- und Abkalbebereiches im Projekt „InnoRind“ läuft seit Anfang März in Futterkamp. Aktuell befinden sich 23 Kälber im Versuch. Alle beteiligten Kühe und Kälber werden täglich beobachtet und im Hinblick auf zum Beispiel die Gesundheit beurteilt. Bislang verläuft der Versuch nach Plan.

Energiewende wird zum Standortvorteil

Vor der anstehenden Europawahl blickten mehr als 670 Teilnehmer beim Windbranchentag in Husum vorigen Mittwoch auf die energiepolitische Rolle Schleswig-Holsteins in Europa – und umgekehrt. Zwar sei der Ausbau der Windenergie im Land auf einem guten Kurs, doch für die angestrebte Klimaneutralität bis 2040 müssten die Beschleunigungsmöglichkeiten, die die EU ihren Mitgliedstaaten bereitstelle, konsequent umgesetzt werden.

Ein derart großer Konsens über die Notwendigkeit der Energiewende wie heute habe bisher nie bestanden, sagte Bärbel Heide­broek, Vorsitzende des Bundesverbandes Windenergie (BWE), und appellierte an Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), hier „auf Kurs“ zu bleiben. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine hätten die Menschen verstanden, dass Erneuerbare Energien für den Klimaschutz, aber auch für die wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit wichtig seien.

Ministerpräsident Daniel Günther Foto: jh

Heidebroek begrüßte das auf dem Weg befindliche Solarpaket I, das der Bundestag zwei Tage später verabschieden sollte: „Durch die Umsetzung der europäischen RED-III-Richtlinie in deutsches Recht können Windvorranggebiete zu Beschleunigungsgebieten erklärt werden.“ Einen Wermutstropfen stellt für die BWE-Präsidentin die Duldungspflicht im Solarpaket dar: „Es geht uns nicht darum, bei Eingriffen nicht zu entschädigen, aber wir müssen mit der Energiewende vorankommen und dürfen nicht blockiert werden von Einzelnen, die ihren persönlichen Vorteil sehen. Hier hoffen wir auf Nachbesserung.“

LEE SH-Geschäftsführer Marcus Hrach sagte dazu: „Schleswig-Holstein kann davon profitieren, dass naturschutzrechtliche Prüfungen bereits auf der Planungsebene durchgeführt werden. Bisher wurde das in den einzelnen Genehmigungsverfahren geprüft.“ Das Land brauche vom Bund daher schnellstmöglich Klarheit, wie die RED-III-Vorgaben zielführend national umgesetzt würden. Dabei solle das Augenmerk auf „Beschleunigung, unbürokratischer Handhabung und geeigneten Maßnahmen für den Artenschutz“ liegen.

Zufrieden mit den jüngsten Genehmigungs- und Zubauzahlen zeigte sich Wolfgang Stapelfeldt, Vorsitzender des BWE SH, kritisierte aber die Flächenplanung im Land, die aus Sicht des Verbandes zu langsam vorangehe. „Die geplanten gut drei Prozent der Landesfläche sind durch die Rotor-in-Regelung zu knapp bemessen. Hier muss mehr kommen“, sagte er. Zur nationalen Umsetzung der Red-III-Richtlinie forderte der Landwirt, dass alle aktuell ausgewiesenen und alle künftigen Vorranggebiete „definitiv zu Beschleunigungsgebieten erklärt werden müssen“.

Die Gemeindeöffnungsklausel (GÖK) stellt Stapelfeldt zufolge einen wichtigen Baustein der Energiewende dar, doch auch hier sei die Landesregierung zu zögernd: „Es werden weitere Hürden aufgebaut durch die Änderungen im Landesentwicklungsplan, wo Ausschlusskriterien zu Zielen der Raumordnung erklärt werden sollen.“ Dadurch werde die GÖK ausgebremst. Gemeinden einen größeren, positiven Handlungsspielraum zu lassen, sei absolut richtig. Bis zur Rechtskraft neuer Regionalpläne könne die GÖK Lücken im Zubau schließen. „Diese Chance darf nicht verpasst werden“, so Stapelfeldt. Die Branche wolle weiter nach vorn gehen und wisse auch um die Brückenfunktion Schleswig-Holsteins für Skandinavien. „Europa schaut auf Schleswig-Holstein als Modellbundesland bei den Erneuerbaren“, hielt Stapelfeldt fest.

Der „Kampf zwischen Joe Biden und Europa wird aus Norderwöhrden und Lohe-Rickelshof aufgenommen“, veranschaulichte Ministerpräsident Günther und sprach von einem fundamentalen Interesse Schleswig-Holsteins, den Ausbau der Erneuerbaren weiter voranzutreiben. Zugleich appellierte Günther, den „problematischen Regionalraum“ nicht auszunutzen, um überborden viel zuzubauen, sondern sich weiter an die „normalen Regeln im Land“ zu halten, um die Akzeptanz auch in diesem Planungsraum nicht zu gefährden.

Der Ministerpräsident sprach sich für mehr Optimismus, Eigenverantwortung und Zuversicht aus: „Wir haben Ansiedlungserfolge, die nur darin liegen, dass wir auf den konsequenten Ausbau Erneuerbarer Energien gesetzt haben.“ Das Vorhaben, klimaneutrales Industrieland werden zu wollen, habe nichts mit Deindustrialisierung zu tun. Investitionsentscheidungen wie die des Unternehmens Northvolt seien auch für andere Unternehmen im Land ein Gewinn: „Die Menschen werden sich danach ausrichten“, so Günther. Energiewende-Staatssekretär Joschka Knuth (Grüne) ergänzte: „Die Windenergie ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Schleswig-Holstein. Allein 2023 lagen die Investitionskosten bei mehr als 900 Millionen Euro. Wertschöpfung und Beschäftigung in der Windbranche werden weitersteigen.“ Bereits 2021 waren in Schleswig-Holstein rund 15.500 Menschen in der Erneuerbare-Branche beschäftigt, mehr als die Hälfte davon in der Windenergie.

Ausbauzahlen in SH

In Schleswig-Holstein werden 3.169 Windkraftanlagen mit einer Leistung von 8,37 GW betrieben. Im ersten Quartal 2024 wurden 62 Anlagen mit einer Leistung von 231 MW neugenehmigt, weitere 265 Neugenehmigungsanträge sind in Bearbeitung. Damit steigt die installierte Leistung auf rund 8,5 GW, weitere rund 2 GW kommen in den nächsten Monaten durch bereits genehmigte Anlagen dazu. pm

Wolfgang Stapelfeldt (li.), Bärbel Heidebroek und Moderator Jörn Genoux Foto: jh

Mit Codierung Fahrräder schützen

0

Der E-Bike-Boom hält unvermindert an: 2023 wurden in Deutschland erstmals mehr E-Bikes (53 %) als herkömmliche Fahrräder (47 %) verkauft. Um E-Bikes und Fahrräder, die oft sehr teuer in der Anschaffung sind, noch besser vor Diebstahl zu schützen, gibt es eine bundeseinheitlichen Fahrradcodierung. Der OV Wacken und Umgebung organisierte einen öffentlichen Termin für die Codierung, der nicht nur von LandFrauen rege genutzt wurde.

Mit Familie Schenk in Wacken, der Firma Heilmann aus Burg und der Polizeidienststelle Itzehoe fanden die LandFrauen Partner für ihre Aktion. Die Polizei war wichtig, weil vor der Codierung anhand des Personalausweises und/oder des Kaufvertrages zunächst der rechtmäßige Besitz festgestellt wurde. Die Codierung hilft nicht nur, gestohlene Räder, die wieder aufgefunden wurden, zweifelsfrei dem richtigen Besitzer zuzuordnen. Sie erschwert auch den Weiterverkauf, denn der ist bei Fahrrädern mit Codierung ohne Eigentumsnachweis nicht möglich. Zudem wird die Nummer gut sichtbar direkt in den Rahmen geprägt und die Akkus von E-Bikes erhalten spezielle Aufkleber mit der Codierung. Das sei für Diebe ein Grund, die Finger von diesen Fahrrädern zu lassen, so die Erfahrung der Polizei. Es können auch andere Gegenstände wie Werkzeuge, Rasenmäher, Roller, Fahrradträger oder -anhänger codiert werden. Die Firma Heilmann kommt auch gern in weitere Vereine. Weitere Informationen unter www.fahrradcodierer.de

Über 60 Interessenten kamen zu der von den LandFrauen organisierten Codierungsaktion nach Wacken.

Dialog nach der Demo in Bothkamp

0

Im Rahmen der Bauerndemonstrationen standen Anfang des Jahres in Absprache mit dem Marktleiter des Rewe-Markts in Wankendorf Landwirte mit vier Traktoren auf dem Parkplatz „Die Resonanz der Kunden war da, aber mir fiel auf, wie viele offene Fragen es gibt und wie hoch die Hemmschwelle ist, einfach zu fragen“, erinnert sich Dorothea Storm, Vorsitzende des OV Kirchbarkau.

Angeregt von einer Veranstaltung der Kirchengemeinde in Bokhorst zum Thema „Dialog mit der Landwirtschaft“, schlug sie ihrem Vorstand vor, diese Idee aufzugreifen. Das kam gut an und Storm fand auch Bauern aus der Region, die sich den Fragen der Bürger stellen wollten. Heiner Staggen erklärte sich bereit, die Moderation zu übernehmen. Doch je näher die Veranstaltung rückte, um so mehr stieg das Lampenfieber. Würde überhaupt jemand kommen? Würde ein guter Dialog entstehen?

Beide Fragen beantwortete der Abend im Leckerhölkenhus mit Ja. Die Veranstaltung war nicht nur gut besucht, die Besucher hatten Mut zu fragen und die Bauern die Chance zu antworten. „Aufgrund der guten Resonanz wollen wir im Herbst zu einem weiteren Dialog einladen“, so die Initiatorin. Für die LandFrauen Kirchbarkau sei das ein Beitrag zur Verbraucherbildung. Über Nachahmung würden sie sich freuen. 

Dorothea Storm begrüßte zum Dialog mit Landwirten.

Foto: Veronika Hofterheide

Bumi mit Weiterbildung, Wein und Wahlen

0

Auf nach Heilbronn zur Bundesmitgliederversammlung!, hieß es am Freitag voriger Woche für einen Teil des Landesvorstands. In Hamburg trafen wir uns mit den Delegierten der Landesverbände Niedersachsen und Bremen zur gemeinsamen Weiterfahrt.

Tajo Lass (1. Vorsitzender Schleswig-Holstein) mit Joachim Rukwied (DBV-Präsident), Theresa Schmidt (Bundesvorsitzende) und Jan Hägerling (ehemaliger Bundesvorsitzender, v. li.)

Nach sechs Stunden Bahnfahrt voller Spaß und Austausch kamen wir bei bestem Wetter in Heilbronn im nördlichen Baden-Württemberg an. Beim gemeinsamen Abendessen gesellte sich als Überraschungsgast Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbands, der aus Heilbronn stammt, auf ein Getränk und regen Austausch zu uns. Es ist uns eine große Freude, ihn im Juni auch bei uns auf dem Deutschen Landjugendtag in Jübek begrüßen zu dürfen.

Am Sonnabend informierte der Bundesvorstand über Aktuelles auf Bundesebene, über die Auswertung von Veranstaltungen und über Themen, Veranstaltungen und Projekte. Außerdem gingen wir ein Positionspapier zum Thema „Nein zu Gewalt gegen Frauen – für ein sicheres und freies Leben für alle“ durch und beschlossen es.

Die Mittagspause konnten wir bei strahlendem Sonnenschein im Park verbringen. Anschließend genossen wir eine Führung durch die Altstadt, wo wir den Bollwerks­turm, die Kilianskirche und das Rathaus mit der astronomischen
Uhr besichtigten. Unsere Stadtführerin war von 1974 bis 1976 zum Käthchen von Heilbronn gewählt worden. Sie brachte uns die Geschichte der historischen Figur näher und begleitete uns auf ihren Spuren.

Der bisherige Bundesvorsitzende Jan Hägerling (li.) gratuliert seinem Nachfolger Lars Ruschmeyer zur Wahl.  Fotos: Lisa Tödter

Am Abend lud uns Adrian Riess, ein Mitglied des Landesvorstands Württemberg-Baden und Lauffener Weingärtner, zu einer Besichtigung seines Betriebs mit anschließendem Abendessen und Weinprobe ein. Er führte uns Schritt für Schritt durch die Herstellung der Weine.

Nach dem Abendessen wurden Jan Hägerling als Bundesvorsitzender und Sebastian Dückers als stellvertretender Bundesvorsitzender mit Standing Ovations in ihre „Landjugendrente“ verabschiedet. Am Sonntag wurde Lars Ruschmeyer, Niedersächsischer Landesverband, zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt. Er kommt von einem Milchviehbetrieb zwischen Bremen und Hamburg. Nach Abitur und Ausbildung zum Landwirt studierte er Agrarwissenschaften in Kiel. Christian Leu, Vorsitzender des Landesverbands Württemberg-Baden, wurde zum neuen stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt.