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Ein unzertrennliches Team

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Nach Expertenschätzung gibt es aktuell zirka 3.000 Assistenz- oder Servicehunde in Deutschland. Für Menschen mit einer Behinderung sind sie Freund und Helfer zugleich. Marianne Preuße-Böttcher aus Kronshagen im Kreis Rendsburg-Eckernförde kann auf die Golden-Retriever-Damen Emilia und Frieda zählen. Tag und Nacht sind die tierischen Begleiterinnen an ihrer Seite.

Marianne Preuße-Böttcher kehrt gerade von einer Spazierfahrt mit den Hunden heim. Die Bauernblatt-Reporterin geht ihr draußen auf dem Bürgersteig ein Stückchen entgegen, um sie zu begrüßen. Doch blitzschnell stellen sich Emilia und Frieda vor ihr Frauchen und bellen. „Sehen Sie, die passen gut auf mich auf“, sagt die 74-Jährige lächelnd und streichelt den beiden beruhigend über den Rücken. Diese Geste signalisiert Entwarnung, alles okay. Die Hunde rücken, nun freundlich mit dem Schwanz wedelnd, beiseite.

Seit etwa 1990 nutzt Marianne Preuße-Böttcher aufgrund einer zurückliegenden Erkrankung und von Multipler Sklerose den Rollstuhl. Im Alltag übernehmen Emilia und Frieda zahlreiche Aufgaben, die sie ihnen selbst antrainiert hat. Die tierischen Helfer, die als Assistenz- oder Servicehunde bezeichnet werden, ermöglichen ihr ein selbstständigeres Leben und mehr Unabhängigkeit. Zudem sorgen sie für mehr Sicherheit in unterschiedlichsten Lebenssituationen. „Emilia und Frieda können den Reißverschluss an meiner Jacke öffnen und mir beim Ausziehen helfen. Wenn mir etwas herunterfällt, heben sie es auf. Sie holen mir das Telefon, tragen mir Dinge ins Obergeschoss unseres Hauses oder unterstützen mich beim Einkaufen“, freut sie sich. Beim nächtlichen Toilettenbesuch passten die Hunde wachsam auf, dass sie nicht falle. „Sollte das dennoch passieren, machen sie ihren Rücken steif, sodass ich mich an ihnen hochziehen kann.“

Frieda trägt einen Gurtrucksack, der auch mit dem Begriff „Servicehund“ darauf hinweist, dass sie ein Hund bei der Arbeit ist.

Die Seniorin berichtet ebenfalls, dass ihr schon allein die Anwesenheit der Hunde seelisch guttue. Sie hätten eine ausgleichende und entspannende Wirkung auf sie und strahlten eine herrliche Ruhe aus. Dadurch trügen sie automatisch zur Reduktion ihrer krankheitsbedingten Schmerzen bei. Wenn die Vierbeiner „im Dienst“ sind, tragen sie Gurtrucksäcke, an denen oben ein Griff und seitlich mehrere Taschen angebracht sind. In ihnen können beispielsweise griffbereit Medikamente oder Notfallutensilien verstaut werden. Aber die angelegten Gurte, auf denen ein Rotes Kreuz auf weißem Grund und der Begriff „Servicehund“ aufgenäht sind, haben noch eine weitere Funktion. „Sie weisen deutlich darauf hin, dass der Hund ‚bei der Arbeit‘ ist“, so Marianne Preuße-Böttcher.

Hunde nicht ablenken

In diesem Fall gebe es einige Umgangsregeln, die Mitmenschen bei einer Begegnung unbedingt beachten sollten. „Oft sprechen fremde Leute meine Hunde einfach an, streicheln sie ungefragt, wollen mit ihnen kuscheln oder spielen. Doch sie werden dadurch von ihren eigentlichen Aufgaben abgelenkt“, gibt sie zu bedenken. Deshalb sei es ihr ein Anliegen, darüber zu informieren, wie sich Passanten gegenüber einem Servicehund am besten verhalten sollten. „Fassen Sie den Hund nicht an. Sprechen Sie nicht unaufgefordert mit ihm. Lenken Sie den Hund nicht durch laute Geräusche ab. Halten Sie Ihren eigenen Hund zurück“, bittet sie. Störe man die Konzentration eines Servicehundes, könne es im schlimmsten Fall passieren, dass er sein Frauchen oder Herrchen nicht mehr optimal schützen könne.

Auf ihre Hunde kann sich Marianne Preuße-Böttcher verlassen.

Im Alltag haben Emilia und Frieda durchaus ihre jeweiligen Lieblingsaufgaben, die ihrem unterschiedlichen Temperament, Charakter und Wesen entspringen. „Die sechsjährige Frieda ist eher ruhig. Sie mag es am liebsten, Sachen vom Boden aufzuheben. Emilia ist ein paar Jahre älter, lebhafter, verschmuster und verspielter. Sie liebt unsere Einkaufstouren am Donnerstag zum Wochenmarkt. Die beiden verstehen sich auch untereinander prima und lernen voneinander“, beobachtet sie. Ihre Liebe zu Hunden wurde der gebürtigen Ankumerin aus dem Landkreis Osnabrück in die Wiege gelegt. Ihr Vater war Jäger und bildete Jagdhunde aus. Von Kindesbeinen an kam sie mit, wenn er auf den Hochsitz oder zum Hundetraining ging. Im jugendlichen Alter stieg sie mit ins Hundetraining ein. Außerdem legte sie die Jagdscheinprüfung ab.

Für ihr Medizin- und späteres Psychologiestudium verließ sie die niedersächsische Heimat und zog nach Kiel. „Meinen ersten eigenen Hund holte ich dort aus dem Tierheim. Es war ein Tibet-Terrier, der über 16 Jahre bei mir lebte. Es folgten Mischlingshunde und vor allem Golden Retriever“, blickt die Mutter zweier erwachsener Töchter, die ebenso hundebegeistert sind, zurück. Eine Zeit lang züchtete sie Golden Retriever und bildete aus ihren Würfen Servicehunde für Menschen mit einer Behinderung aus. „Es ist sehr individuell, welche Hilfen Betroffene im Alltag benötigen. Die Anforderungen variieren. Jedem ist etwas anderes wichtig, zum Beispiel dass ein Hund das Licht anschalten, eine Schublade öffnen oder Wäsche aus der Waschmaschine holen kann.“ In Dankbarkeit erinnert sie sich an ihre Hündin Canebella, kurz Canie genannt. „Wir hatten eine ganz besondere geistige Verbindung. Sie war mein Seelenhund, ging jedoch unlängst über die Regenbogenbrücke. Als ich einmal während eines Urlaubs im Gardasee badete, geriet ich durch eine Unterströmung in Gefahr. Canie sah das, schwamm auf mich zu und stupste mich an. Ich hielt mich am Griff ihres Gurtes fest, während sie mich ans sichere Ufer zog.“

Regelmäßig ist Marianne Preuße-Böttcher mit den Begleithunden unterwegs, um Kinder behutsam an Vierbeiner heranzuführen. Einmal rief die Lehrerin einer sechsten Klasse aus Neumünster bei ihr an, ob sie nicht kommen könne. Mit vier „Goldies“ besuchte sie die Schüler im Alter von elf und zwölf Jahren im Unterricht. Es war für sie erstaunlich zu sehen, dass die Kinder in Anwesenheit der Hunde konzentrierter waren und die Klassenatmosphäre viel ruhiger war als gewöhnlich.

Heilsamer Umgang

„Der Umgang mit Hunden ist für Kinder heilsam. Er regt das Nervensystem an, stärkt die Sozialkompetenz, das Selbstvertrauen und fördert das Miteinander“, ist die Hundebesitzerin überzeugt. Manchmal besucht sie in Kronshagen eine Grundschule. Dort werden ihre wuscheligen Fellnasen in den ersten Klassen sehnsüchtig als Lesehunde erwartet. „Leseschwache Kinder haben Freude daran, unbefangen, ohne Druck, Stress und Kritik den Hunden vorzulesen.“ Früher bot sie mit ihrem Mann im Rahmen von Ferienaktionen Hunde-Workshops für Kinder an. Mehrere Jahre begleiteten ihre damaligen Hunde sie bei einer ehrenamtlichen seelsorgerischen Tätigkeit.

Auf Zuruf holt Emilia für ihr Frauchen Marianne das Telefon vom Schrank. Diese und weitere Aufgaben hat sie ihren Hündinnen selbst antrainiert.

Bleibt abschließend die Frage, wie sie es eigentlich schaffte, den Vierbeinern so viele nützliche Dinge beizubringen? „Ich setzte immer darauf, eine zu trainierende Aufgabe in mehrere kleine Lerneinheiten zu unterteilen und beim Gelingen der einzelnen Lernschritte den Hund positiv in seinem Verhalten zu verstärken. Das musste nicht jedes Mal zwangsläufig mit einem Leckerli geschehen. Ein Streicheln und liebe Worte reichten oft völlig aus“, blickt sie zurück. Ergänzend sichere ein stetes Training der erlernten Fähigkeiten einen anhaltenden Lernerfolg. Selbstverständlich brauche ein Servicehund nach getaner Arbeit Ruhephasen, einen artgerechten Ausgleich sowie liebevolle Zuwendung und Pflege. Das Wohl und die Gesundheit der Tiere ständen bei der Arbeit und Ausbildung immer an erster Stelle.

Während Marianne Preuße-Böttcher spricht, sitzen ihre Begleiterinnen rechts und links aufmerksam neben ihr. Sie haben sich vorsichtig an sie gelehnt und man spürt: Die drei sind ein unzertrennliches Team. „Emilia und Frieda bedeuten mir unheimlich viel. Ich möchte meine Hunde nicht missen“, sagt sie und streicht sanft über die Köpfe ihrer goldigen Lieblinge.

Info

Ein Assistenz- oder Servicehund ist ein unter Beachtung des Tierschutzes und des individuellen Bedarfs eines Menschen mit Behinderung speziell ausgebildeter Hund, der aufgrund seiner Fähigkeiten und erlernten Assistenzleistungen dazu bestimmt ist, diesem Menschen die selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, zu erleichtern oder behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen.

Die Kosten für die Ausbildung eines Assistenz- oder Servicehundes werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen. Die Besitzer tragen sie selbst oder suchen Sponsoren. sbk

Ein Kälberpalast mit Platz, Licht und Luft

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Die Zukunft bauen – das wollen die ZukunftsBauer! Eike Jürgensen aus Högel in Nordfriesland ist in der Schleswig-Holsteiner Arbeitsgruppe dieses Projektes des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Dem Bauernblatt erzählt sie, was sie zur ZukunftsBauerin macht.

„Das ist unser Kälberpalast“, sagt Eike Jürgensen stolz. „Alle bei uns geborenen Kälber bleiben auch auf dem Betrieb.“ Im Februar 2023 war der Stall nach einem Jahr Bauzeit fertig, da wurde das erste Kalb dort hineingeboren.

Der Stall ist aufgeteilt in drei Abteilungen, und die haben sprechende Bezeichnungen: „Kälber-Kita“ für die ganz jungen, „Grundschule“ für die Kälber an den Tränkeautomaten bis zum dritten Monat und „Gemeinschaftsschule“ für die abgetränkten bis zum sechsten Monat. 1.350 m2 groß ist die überbaute Fläche des Stalls. „Wir halten darin insgesamt rund 80 Kälber. Wir könnten viel mehr unterbringen, aber sie sollen viel Platz haben und Licht und Luft.“ Wandhohe Lüftungsrollos werden je nach Wetter und Windrichtung geöffnet oder geschlossen. Kurzum, den Kälbern soll es gut gehen: „Ein verwöhntes Kalb wird später eine gute Milchkuh oder ein schicker Mastbulle.“

Eike Jürgensen mit „Dorit“. Die Jungkälber im „Kindergarten“ haben alle Einzelboxen.

Eike (50) und ihr Ehemann Henning (55) halten außerdem 160 Milchkühe und 100 Mastbullen, bewirtschaften 120 ha Futterbau. Gegründet hat den Betrieb Mitte der 1970er Jahre Schwiegervater Harro, heute 84. Er hat 1982 mit dem Melken angefangen. „Er hatte viel Weitblick, darauf können wir gut aufbauen. Wir bauen für die Zukunft, denn wir wollen für unsere nächste Generation sorgen“, nimmt Eike das Motto des Projektes ZukunftsBauer auf. Denn die Töchter im Alter von 15 bis 23 – Lienke, Sige Marie und Rutje, derzeit noch in verschiedenen Ausbildungen – werden den Betrieb übernehmen, in welcher Kombination auch immer. Deshalb wurden sie von Anfang an in die Konzeption eingebunden. Von Rutje stammt auch der Ausdruck „Kälberpalast“.

„Mit diesem Bau stellen wir uns zukunftsfähig auf“, ist Eike Jürgensen überzeugt. Und diese räumliche Konzeption stellt sie auch öffentlich dar. Seit 18 Jahren bereits veranstaltet die ausgebildete Erzieherin Führungen vor allem für Grundschul- und Kindergartenkinder, in der Saison auch für Familien, vermittelt über die Tourist Info Bredstedt. Rund 400 Gäste kommen so pro Jahr auf den Hof. Sie laufen bei der Arbeit mit, denn einerseits soll diese nicht vernachlässigt werden, andererseits bekommen die Besucher so besser das echte Leben auf dem Hof mit: „Schnacken und Arbeiten geht gut zusammen.“ Und die Kinder freuen sich, wenn sie mithelfen dürfen: Futter anschieben, fegen mit dem großen Besen.

Bedauerlich finden es die Jürgensens, dass für die Schulen so große Hürden für einen Bauernhofbesuch bestehen: Anträge stellen, Fahrten organisieren. Kitas seien da flexibler. Deshalb fährt Eike auch selbst an Schulen – mit dem Trecker und einem zahmen Kalb – und liest dort Geschichten. Vorstellen kann sie sich auch Besuche an weiterführenden und Berufsschulen mit mehr inhaltlicher Vermittlung, dafür brauche es noch ein Konzept.

Die Kälber haben übrigens alle Namen. „Wir kennen ohnehin jede Kuh, aber so holen wir die Leute besser ab“, sagt Sige Marie. Es scheint, dass Familie Jürgensen das Konzept ZukunftsBauer schon seit Langem lebt. 

Video von Eike Jürgensen unter: https://t1p.de/zgbo2

Die Familie am Hoflader mit Milchshuttle (v. li.): Eike, Tade Brodersen, Sige Marie, Henning, Nico Gregersen

Üben mit dem Ernstfall vor Augen

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In verschiedenen Übungsszenarien trainierten Einsatzkräfte von Feuerwehren aus ganz Schleswig-Holstein am vergangenen Wochenende in Tellingstedt, Kreis Dithmarschen, die Personenrettung an, unter und aus einem Mähdrescher. Auslöser des auch für Feuerwehren besonderen Trainings war der schwere Arbeitsunfall eines jungen Mannes im vergangenen Sommer in der Nähe von Rostock, der in die Förderschnecke des Korntanks geraten war und dessen Leben nur durch eine Amputation beider Beine noch in der Maschine gerettet werden konnte.

Die Gesichter der Anwesenden wirken ernst und nachdenklich, als der Mähdrescher vom Typ New Holland CR 9070, den der Hersteller zur Verfügung stellte, inmitten der Halle und bereits ohne jegliche Seitenverkleidungen noch einmal mit Vollgas läuft und einen ohrenbetäubenden Lärm verursacht. Neben den Einsatzkräften sind an diesem Tag auch Interessierte aus anderen Bundesländern sowie von Tageszeitungen und Fernsehen angereist. Nicht alle hier haben eine solche Maschine schon auf dem Feld im Einsatz erlebt. Beim Blick auf die von etwa 460 kW angetriebenen Riemen, Ketten und Förderschnecken wird noch einmal allen bewusst, welche Energie und Kraft hinter dieser Technik stehen.

Außergewöhnliches Übungsobjekt

Auch wenn es sich bei den Übungsszenarien in Tellingstedt um Bedingungen handelt, die nicht an diejenigen auf dem Feld heranreichen können, so ist die Ausbildung direkt an einer derart großen landwirtschaftlichen Maschine dennoch ungewohnt realitätsnah. Zumeist wird die Technische Hilfeleistung in den Feuerwehren an Pkw geübt, eine derartige Ausbildung an einem Mähdrescher hat es in Deutschland bislang noch nicht gegeben. Etwa ein halbes Jahr haben die Organisatoren und ehrenamtlichen Feuerwehrmänner Marco Weber und Henning Edler in ihr Projekt gesteckt, warben um Sponsoren, luden Gäste und Pressevertreter für die nichtöffentliche Veranstaltung ein. Unterstützt wurden sie unter anderem durch den Löschzug-Gefahrgut des Kreises, das Technische Hilfswerk aus Heide und Burg-Hochdonn, das Deutsche Rote Kreuz aus Heide sowie von Herstellern für Feuerwehrausrüstung und Werkzeuge.

Nach theoretischen Unterweisungen in die Technik des Dreschers und für die eigene Sicherheit werden die 30 Teilnehmer in die Übungslagen eingewiesen. Die meisten von ihnen sind Feuerwehr-Kreisausbilder für Technische Hilfeleistung, die ihr neu erlerntes Wissen und ihre Erfahrungen als Multiplikatoren weitertragen sollen. Mitglieder der „Lukas Rescue League“, eines Trainernetzwerks des gleichnamigen Herstellers von Rettungsgeräten, und das „Fire and Rescue“-Team des Werkzeugherstellers Milwaukee Deutschland unterstützen die Teilnehmer. Obwohl sie alle in ihren Wehren Teamwork gewohnt sind, haben die Feuerwehrleute in dieser Konstellation noch nicht gemeinsam gearbeitet. „Man merkt sofort, dass hier alle in der Feuerwehr sind. Wir sprechen eine gemeinsame Sprache und ziehen an einem Strang“, sagt Henning Edler begeistert.

Verschiedene Einsatzlagen realistisch simuliert

Die Szenarien sehen unter anderem jeweils die Rettung einer Person unter dem Mähdrescher, aus dem Korntank, aus der Kabine, dem Schneidwerk und einem am Mähdrescher verunfallten Pkw vor. Als das rund 24 t schwere Gefährt mit einem hohen fünfstelligen Restwert an einer Seite mittels Hebekissen angehoben wird, kommt es direkt zu einer Schrecksekunde: Trotz Sicherungen bewegt sich der Mähdrescher etwa einen halben Meter nach vorn. Auch das gehört zu einer Übung dazu, umgehend wird nachgebessert.

Um die eingeklemmte Person im nächsten Szenario aus den Tiefen des Korntanks zu befreien, wird seitlich von außen eine Öffnung geschaffen, durch die der Patient achsengerecht, also wirbelsäulenschonend, über eine Arbeitsplattform ins Freie gerettet werden kann.

Spezialtechnik und modernstes Werkzeug

Für ihre Übung stehen den Feuerwehrleuten neben Spezial­equipment wie den pneumatischen Hebekissen auch akkubetriebene hydraulische Scheren mit einem Schneiddruck von 750 bar, Spreizer, Rettungszylinder und diverse Werkzeuge, die der Fachhandel zu bieten hat, zur Verfügung: ob Handkreissägen mit Metallschneideblättern, Säbelsägen mit Multi-Material-Sägeblättern, Schlagschrauber oder Trennschleifer – allesamt akkubetrieben. Zudem gibt es Aufbruchwerkzeuge verschiedenster Art, dazu LED-Scheinwerfer, Hölzer zur Stabilisierung und vieles mehr.

Zur Rettung einer bewusstlosen Person aus der Kabine entfernen die Einsatzkräfte zunächst Tür und Kabinenholm. Das Dach wird mit einem Hydraulikstempel gesichert und die riesige Glasscheibe mithilfe einer Säbelsäge in Sekunden in der Mitte durchtrennt. Vor den mechanischen Einwirkungen sowie dem Glasstaub werden sowohl der Verletzte als auch die betreuende Person geschützt. Durch die so geschaffene 90° große Öffnung können die Einsatzkräfte den Verletzten ins Freie transportieren.

An diesem Nachmittag informiert außerdem die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) aus dem Unfallgeschehen, die Werkzeughersteller präsentieren ihre neuesten Produkte und am Abend gibt es ein Zusammenkommen „Feuerwehr trifft Landwirtschaft“.

Wie sich die bearbeiteten Materialien verhalten, was mit den Rettungsgeräten möglich ist und wo die Grenzen sind, tragen die Teilnehmer als Multiplikatoren nun weiter. Eine Fortsetzung des Formates, auch mit anderen Maschinen, halten Henning Edler und Marco Weber für überaus sinnvoll – nicht zuletzt auch, um für die Arbeit der Feuerwehren im Land zu werben.

Bilder aus Tellingstedt in der Diashow:

Der rund 24 t schwere Mähdrescher wird auf einer Seite angehoben, um eine mit dem Arm darunter eingeklemmte Person zu befreien. Foto: jh
Achsengerecht wird der Patient seitlich aus dem zuvor geöffneten Korntank über eine Arbeitsplattform gerettet. Foto: jh
Die Organisatoren Marco Weber und Henning Edler (v. li.) steckten ein halbes Jahr Planung in die auch für Feuerwehren besondere Ausbildung. Foto: Niklas Bruhn
Nachdem Tür und Geländer entfernt sind, wird das Kabinenglas für eine große Rettungsöffnung zerteilt. Foto: jh
Der Hallenboden hielt: Mithilfe von Hydraulikstempeln und Hebekissen wurde der Mähdrescher angehoben. Foto: jh
Durchtrennte Förderschnecke: Noch vor Jahren wäre die Akkutechnik hier an ihre Grenzen gestoßen. Foto: jh
Akkubetriebene hydraulische Scheren und Spreizer Foto: jh
Blick von oben in den Korntank: Die Ausgestaltung und Anordnung der Technik variiert zwischen Herstellern und Baureihen. Eine stets gleiche, standardisierte Vorgehensweise kann es daher nicht geben. Foto: jh


Training für technische Großtierrettung

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Das Netzwerk Fokus Tierwohl veranstaltet am 16. März ­gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein ein Training der technischen Großtierrettung. Referent ist ­Michael Böhler von ­ComCavalo, der Landwirte, Tierärzte, ­Feuerwehreinsatzkräfte und Pferdebesitzer im ­norddeutschen Raum in theoretischen und ­praktischen Grundlagen der ­technischen Großtierrettung schult.

Die meisten Tierbesitzer sind im Notfall bereit, erhebliche Risiken einzugehen, um ihre Tiere aus einer Gefahrensituation zu retten. Häufig wird in einem solchen Fall unvernünftig und wenig tiergerecht gehandelt oder sogar das eigene Leben gefährdet.

Daher ist es von enormer Bedeutung, dass Einsatzkräfte bei der Rettung von Großtieren ein Bewusstsein für potenzielle Risiken entwickeln, das Verhalten von Großtieren in Notsituationen verstehen und am Einsatzort systematisch und effektiv handeln können.

Im theoretischen Teil der Schulung stellt Michael Böhler grundsätzliche Regeln der Großtierrettung vor und zeigt mithilfe von vielen anschaulichen Video- und Bildsequenzen Einsätze, bei denen die Rettungen durch Stress, Hektik, Planlosigkeit und unter Einsatz ungeeigneter Hilfsmittel nicht optimal verlaufen sind.

Im praktischen Teil wird zunächst das Anbringen der richtigen Hilfsmittel am Dummy geübt. Danach werden verschiedene Unfallszenarien nachgestellt.

Termin: 16. März
Veranstaltungsort: LVZ Futterkamp, Seminarraum Sophienhof
Ansprechpartnerin: Hannah Straky, Tel.: 0 43 81-90 09 47
Anmeldung bis zum 11. März an hstraky@lksh.de
Teilnehmerzahl: 20
Dauer: 8.30 bis 15.45 Uhr
Kosten: kostenfrei, inklusive Verpflegung

Das Netzwerk Fokus Tierwohl wird von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gefördert.

Kennzahlen nur noch einmal pro Jahr

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Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel­sicherheit (BVL) hat Mitte Februar auf seiner Homepage die bundesweiten Kennzahlen im Rahmen des Antibiotika-Minimierungskonzeptes veröffentlicht. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Jahren erfolgt die Veröffentlichung der Kennzahlen nur noch einmal im Jahr (immer am 15. Februar). Diese Zahlen gelten dann für zwei Halbjahre (zweites Halbjahr des vorhergehenden Jahres und erstes Halbjahr des aktuellen Jahres). Die Kennzahlen vom 15. Februar 2024 gelten also für das zweite Erfassungshalbjahr 2023 und das erste Halbjahr 2024, erläutert das Landeslabor Schleswig-Holstein. Die Therapiehäufigkeiten für die einzelnen meldepflichtigen Nutzungsarten der tierhaltenden Betriebe werden weiterhin halbjährlich berechnet und mitgeteilt.

Die Therapiehäufigkeiten für das zweite Halbjahr 2023 wurden den Tierhalterinnen und Tierhaltern für die betreffenden Nutzungsarten bereits mitgeteilt. Diese Therapiehäufigkeiten sind nun bis zum 1. März 2024 mit den veröffentlichten Kennzahlen zu vergleichen und zu dokumentieren. Sollte sich aus dem Vergleich ergeben, dass die eigene Therapiehäufigkeit unterhalb der entsprechenden Kennzahl 1 liegt, sind keine weiteren Schritte erforderlich. Liegt die eigene Therapiehäufigkeit zwischen den Kennzahlen 1 und 2 (sogenanntes 3. Quartil), so ist mit der betreuenden Tierarztpraxis ein Gespräch zu führen, in dem die Optionen zur Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes erörtert werden sollen.

Überschreitet die eigene Therapiehäufigkeit die Kennzahl 2 (sogenanntes 4. Quartil), so hat die Tierhalterin beziehungsweise der Tierhalter unter Mitwirkung der betreuenden Tierarztpraxis einen Maßnahmenplan zu erstellen und bis zum 1. April 2024 beim Landeslabor einzureichen. Dieser Plan muss Maßnahmen enthalten, um den Antibiotika-Einsatz unter Berücksichtigung der notwendigen tierärztlichen Versorgung erkrankter Tiere zu senken.

Für die Erstellung der Maßnahmenpläne stellt das Landeslabor eine digitale Informations- und Kommunikationstechnologie zur Verfügung: den Maßnahmenplan-Onlinedienst.

Die mit dem neuen Tierarzneimittelgesetz 2023 neu hinzugekommenen Nutzungsarten werden schrittweise in den Maßnahmenplan-Onlinedienst eingebunden. Die Einreichung für die Nutzungsarten Ferkel bis 30 kg (SM1), Mastschweine ab 30 kg (SM2), Zuchtschweine (SM4) und Saugferkel (SM0) sowie Masthühner (HM1) und Mastputen (PM1) ist bereits möglich. Auch Maßnahmenpläne für die Nutzungsart zugegangene Kälber bis zwölf Monate (RM5) können online eingereicht werden. Als Nächstes werden dann die Milchkühe (RM4) in den Onlinedienst integriert und im letzten Schritt folgen die Lege- und Junghennen (HM3 und HM4).

Hier werden die digitalen Angebote des Landes bereitgestellt. Um einen Maßnahmenplan online einreichen zu können, muss zunächst eine Registrierung im Serviceportal durchgeführt werden. Hierfür muss ein Unternehmenskonto angelegt werden. Dazu wird eine ­E-Mail-Adresse benötigt, die noch mit keinem anderen Bürger- oder Unternehmenskonto verknüpft ist. Sollten also im Serviceportal bereits ein Zugang bestehen, benötigt man für die Registrierung zur Nutzung des Onlinedienstes eine neue/andere E-Mail-Adresse.

Es ist wichtig, dass sich die betreuende Tierarztpraxis vor der jeweiligen Tierhalterin beziehungsweise dem jeweiligen Tierhalter angemeldet hat, da so sichergestellt wird, dass die Praxis dann auch im Programm sichtbar und für die Tierhalterinnen und Tierhalter auswählbar ist. Die obligatorische Registrierung im Serviceportal ist aus Gründen der Authentifizierung und des Datenschutzes notwendig. Wurde die Anmeldung erfolgreich abgeschlossen, kann der Onlinedienst jederzeit mit wenigen Klicks gestartet werden. Eine detaillierte Anleitung zum Anmeldungsprozedere findet sich auf der Homepage des Landeslabors unter Tierarzneimittelüberwachung – Tierhalter – Informationen zur staatlichen HIT-Antibiotikadatenbank:

Für die Tierhalterinnen und Tierhalter ergeben sich folgende Vorteile durch die Nutzung des Onlinedienstes:

– Auf die Verwendung von Papier wird verzichtet.

– Die Tierhalterinnen und Tierhalter können die Pläne gemeinsam mit der betreuenden Tierarztpraxis online erarbeiten und zentral speichern, bevor die fertigen Pläne an das Landeslabor übermittelt werden.

– Sollte zukünftig erneut ein Plan nötig werden, kann eine Vorlagenfunktion genutzt werden, mit deren Hilfe die meisten allgemeinen Daten aus einem bereits vorliegenden Plan automatisch übernommen werden können, sodass nur noch wenige zusätzliche Eingaben zu machen sind.

– Der Onlinedienst ist so aufgebaut, dass sich alle notwendigen Angaben aus der Eingabemaske erschließen. So sinkt das Risiko für aufwendige Rückfragen oder Nachforderungen.

– Untersuchungsergebnisse, Befunde et cetera können direkt zum entsprechenden Maßnahmenplan hochgeladen werden. Die gesonderte Übermittlung per E-Mail, Fax oder Post entfällt damit.

– Der Onlinedienst spart allen Beteiligten Zeit und damit den Tierhalterinnen und Tierhaltern auch tatsächlich Geld, da die Gebühren von der Bearbeitungszeit der Maßnahmenpläne abhängig sind.

Sofern das Einreichen eines Maßnahmenplanes nicht online erfolgen soll oder kann (zum Beispiel weil die benötigte Nutzungsart noch nicht im Onlinedienst verfügbar ist), ist für die Einreichung das auf der Homepage des Landeslabors bereitgestellte PDF (unter Tierarzneimittelüberwachung – Tierhalter – Formulare zur staatlichen HIT-Antibiotikadatenbank) entsprechend für die gesuchte Nutzungsart auszudrucken, auszufüllen und per ­E-Mail oder Fax an das Landeslabor zu übermitteln.

Wichtig: Nur die auf der Homepage des Landeslabors zur Verfügung gestellten Formulare garantieren, dass alle erforderlichen Daten erfasst werden. Bei Verwendung alter Formulare, von Vordrucken aus anderen Bundesländern oder Loseblattsammlungen ist mit Nachforderungen vonseiten des Landeslabors zu rechnen, was zwangsläufig eine Erhöhung der Bearbeitungsgebühr bewirkt.

Folgende Fristen stehen als Nächste an:

– bis 1. März: Vergleich der Therapiehäufigkeit für 2023/II mit den Kennzahlen und Dokumentation des Vergleichs

– bis 1. April: Einreichen eines Maßnahmenplanes für 2023/II bei Überschreitung der Kennzahl 2

– 30. Juni: Ende des Erfassungshalbjahres 2024/I

– 1. Juli bis 14. Juli: Meldungen in der HI-Tier-Antibiotika-Datenbank für das Erfassungshalbjahr 2024/I

Diese Fristen sind gesetzlich im Tierarzneimittelgesetz (TAMG) vorgeschrieben und müssen bundesweit erfüllt werden. Bei versäumter Meldung oder nicht fristgerecht eingereichtem Maßnahmenplan müssen Verwarn- oder Bußgelder erhoben werden.

Fragen zum Maßnahmenplan-Onlinedienst im Landeslabor beantworten
Dr. Ulf Rintisch (Tel.: 0 43 21-90 46 04),
Sönke Wolfgramm (Tel.: 0 43 21-90 49 62) und
Dr. Katrin Zeiger (Tel.: 0 43 21-90 45 69)

Schnacken am „Lagerfeuer“

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Fleisch hat bei vielen ein negatives Image. Der Bauernverband Schleswig-Holstein (BVSH) will das ändern, indem er den „Agrill“ feiert – den Monat, in dem Deutschland die Grills anwirft und mit Genuss, Fleisch und anderen Köstlichkeiten in den Frühling startet. Mit Unterstützung der Zur-Mühlen-Gruppe ist für die Agrill-Kampagne eine eigens kreierte Bratwurst entstanden, die auch entsprechend vermarktet werden soll. Wie gut die Agrill-Wurst gelungen ist, überprüfte BVSH-Vizepräsident Dietrich Pritschau Anfang Februar in Böklund, Kreis Schleswig-Flensburg.

„Die Gemütlichkeit einer Grillrunde bietet die Chance, Besucher auf die Betriebe einzuladen und in lockerer Atmosphäre ins Gespräch über Landwirtschaft zu kommen“, erläuterte Pritschau. Dabei entstehe Lagerfeuer-Atmosphäre. Man wolle positive Botschaften senden, den Genuss in den Vordergrund stellen und keine Moraldiskussionen führen. „Natürlich gehören Gemüse und Kartoffelsalat auch zum Grillen dazu“, stellte Pritschau klar.

Dietrich Pritschau überprüfte neben dem Geschmack auch die „Grillfähigkeit“ der Wurst.

Die in Böklund entwickelte Agrill-Wurst schmeckt dem Schweinehalter ausgezeichnet. „Das Herstellungsverfahren macht die Wurst besonders saftig“, berichtete Dörte Truelsen, Dispositionsleiterin am Zur-Mühlen-Standort in Böklund. Aufgrund der groben Einlage gebe es etwas zu kauen. Besonders sei außerdem, dass die Rohware garantiert aus Schleswig-Holstein komme und auch hier verarbeitet werde.

In welchen Supermärkten das Produkt gekauft werden kann, stand steht noch nicht endgültig fest. Nils Jürgensen, Key-Account-Manager bei der Zur-Mühlen-Gruppe, steht aktuell in Verhandlungen mit den Lebensmitteleinzelhandelsketten. Davon, dass sich die Wurst gut vermarkten lässt, zeigten sich alle überzeugt. Truelsen betonte: „Wir können nicht nur Masse, sondern auch etwas Traditionelles mit besonderen Rohstoffen schaffen.“

Hintergrund: Im Rahmen der Agrill-Kampagne wollen Landwirtinnen und Landwirte landesweit kleine Grillfeste veranstalten, um mit Nachbarn und Interessierten über Landwirtschaft und Tierhaltung ins Gespräch zu kommen. Bilder, Videos und weitere Informationen werden in Kürze auf der Internetseite www.agrill.org gezeigt.

Neben dem BHSV und der Zur-Mühlen-Gruppe unterstützen der Bundesverband Rind und Schwein sowie die Initiativen Focus Fleisch und Land schafft Werte die Agrill-Kampagne. Der Verband erhofft sich durch die Unterstützung von Agrarbloggern zudem hohe Reichweiten im Internet.

Die Agrill-Aktionsbratwurst kann bald auch im Einzelhandel erworben werden.

Als „Vincinette“ die Deiche brechen ließ

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Mit ihrem Buch „Als der Sturm kam“ hat die Autorin Anja Marschall in einem Roman die Ereignisse verarbeitet, die sich in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 ereigneten. Das Orkantief „Vincinette“ führte zu einer verheerenden Sturmflut, bei der über 300 Menschen ums Leben kamen. Auch in der Wilstermarsch waren die Ausläufer des Orkans zu spüren.

Der Schwiegervater von LandFrau Heike Nagel aus Nortorf im Kreis Steinburg war in der Sturmnacht 1962 im Einsatz und erzählte oft in der Familie davon. Die Feuerwehr war immer noch mit einem Großbrand beschäftigt, als die Alarmierung zum Deich kam. In Kasenort drohte der Stördeich zu brechen, das Sperrwerk, das heute in der Störmündung bei Ivenfleth für Sicherheit sorgt, war damals noch nicht gebaut.

Viele erinnern sich noch gut an die Sturmnacht, auch wenn sie in der Wilstermarsch nicht so stark war wie in Hamburg-Wilhelmsburg oder in Cuxhaven, wo am Abend gegen 22 Uhr bereits ein Wasserstand von 10 m über NN gemessen wurde. „Ich war noch viel zu klein, aber nach den Erzählungen meines Schwiegervaters war die Situation auch bei uns besorgniserregend“, sagt Heike Nagel.

Autorin Anja Marschall aus Wewelsfleth im Kreis Steinburg wurde ein halbes Jahr nach der Sturmflut geboren. Nach der Premierenlesung in der Hamburger Speicherstadt stellte Marschall im Spiegelsaal des Neuen Rathauses in Wilster dem Verein Leselust ihr Buch „Als der Sturm kam“ vor. Mit fiktiven Personen, aber auf der Grundlage von Originalmaterial aus Protokollen hat sie die Ereignisse der Sturmflut aufgearbeitet. Sie beschreibt tatsächliche Schicksale an anderen Orten aus Respekt vor den Opfern. In einer Passage erzählt Anja Marschall, wie ein Bauer mit Frau und Knecht in der Küche seines Hofes das Geschehen draußen verfolgt. Unruhig macht er sich auf den Weg auf den Deich, um zu sehen, was wirklich geschieht. Das Wasser schwappt bereits über die Deichkrone, die nur schwer zu erklimmen ist. Der Deich bricht und der Landwirt kann nur mit ansehen, wie erst eine Hausecke, dann der ganze Hof weggespült werden, bevor er selbst von den Fluten mitgerissen wird. Das hätte auch in der Wilstermarsch passieren können, denn auch dort drohte der Deich zu brechen. An einigen Stellen hatte das Wasser bereits Löcher gerissen, als der Wasserstand auf einmal zu sinken begann. An drei Stellen, in Itzehoe, Heiligenstedten und Münsterdorf, war der Deich gebrochen und das Wasser konnte ablaufen. Somit waren die tief gelegenen Marschländereien gerettet.

Wie präsent die Schicksalsnacht auch nach über 60 Jahren immer noch ist, zeigten die Resonanz auf die ausgebuchte Veranstaltung und die vielen Geschichten, die im Anschluss im Saal erzählt wurden.

Autorin Anja Marschall

Foto: Sabine Kolz

Superkräfte, Schnittstellen und Twister

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In Hanerau-Hademarschen trafen sich Vertreter aus dem Landesvorstand, den Kreisverbänden und der Geschäftsstelle des Landjugendverbandes Schleswig-Holstein zu ihrer ersten diesjährigen Landesausschusssitzung. Es ging an diesem Wochenende um Vereinsrecht und die Verbandsarbeit, aber auch darum, sich kennenzulernen und das Netzwerk auszubauen.

Nachdem die fast 50 Teilnehmenden die Zimmer im Jugendgästehaus Osterlüchten bezogen hatten, startete das Programm des Wochenendes mit einer Vorstellungsrunde, denn sowohl im Verband als auch in der Geschäftsstelle gibt es viele neue Gesichter. Viel Spaß machte es, die Frage zu beantworten, was die Landjugendsuperkraft für jeden Einzelnen sei. Die Gedanken reichten von Organisationstalent, Flexibilität, Kreativität, immer mittendrin und voll dabei zu sein bis hin zum Slogan „Planlos geht der Plan los“. Und das ist nur eine kleine Auswahl der genannten Superkräfte.

Auch der neue Landesbildungsreferent Thore Groth war dabei, stellte sich bei den Kreisvorständen vor und nutzte das Treffen in Hanerau-Hademarschen, um ein Netzwerk und damit eine gute Schnittstelle zwischen Land und Kreis auszubauen. Als gelernter Tourismuskaufmann ist er genau der Richtige, um Exkursionen in Zukunft noch besser planen zu können. Ebenso war Matthias Räth als Bundesjugendreferent das erste Mal mit den Kreisen im direkten Austausch.

Rund und die Landesausschusssitzung hatte die Steinburger Kreislandjugend ein buntes Programm geplant. So fuhren die Teilnehmenden zur Werksbesichtigung beim Landhandelsunternehmen Trede und von Pein in Dammfleth. Dort wurden sie von Geschäftsführer Detlef Hermann Beimgraben und seinem Sohn Christian in Empfang genommen. In zwei Gruppen konnten sie den gesamten Kreislauf der Futterherstellung für Rinder, Schweine und Pferde nachvollziehen. Und es ging hoch hinaus. Vom Siloturm in 47 m Höhe hatten bei glücklicherweise regenfreiem Wetter alle einen tollen Blick von Itzehoe bis Brunsbüttel. Die Führung kam seht gut an. Sie war die Fahrt ins östliche Steinburg absolut wert.

Aus Dammfleth im Gästehaus zurück, wartete bereits ein weiterer wichtiger und spannender Tagesordnungspunkt auf die Lajus: Der Hamburger Rechtsanwalt Marc Raters, der sich aufs Vereinsrecht spezialisiert hat, hielt einen spannenden Vortrag, speziell auf die Landjugend zugeschnitten. Alle Fragen, die im Laufe des Vortrags aufkamen, konnten anhand von persönlichen Erlebnissen oder plausiblen Beispielen direkt vor Ort geklärt werden. Die an der Sitzung Teilnehmenden lernten eine Menge für die Vereinsarbeit dazu. Nach so viel Input stand am Abend Entspannung auf dem Programm, unter anderem beim Twister-Spiel.

Am Sonntag blieb nach dem gemeinsamen Frühstück noch genügend Zeit für eine Austauschrunde in kleinen Gruppen, um Wünsche, Sorgen und offen gebliebene Fragen anzusprechen. Nach dem gemeinsamen Aufräumen fuhren alle mit einem guten Gefühl nach Hause und freuen sich auf weitere Treffen zum Austauschen und Kennenlernen.

Die Gruppe besichtigt das im Landhandel tätige Traditionsunternehmen Trede & von Pein, das auch in die Ausbildung von Lehrlingen investiert.

Fotos: Lisa Tödter
Wilde Verrenkungen waren beim Twister-Spiel gefordert.

Update NP-Bilanzrechner

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Mit einem Update des NP-Bilanzrechners sowie des Düngeplanungsprogramms (DPL) der Landwirtschaftskammer lässt sich nun auch die Berechnung zur 170-kg-N-Obergrenze einfach an Endo-SH übergeben.

Mithilfe einer neuen Schnittstelle können die Daten, die für die Berechnung der 170-kg-N-Obergrenze gefordert sind, aus dem NP-Bilanzrechner exportiert werden. Über eine Importfunktion im DPL werden die Daten eingelesen und können anschließend gemeinsam mit den Düngedaten wie gewohnt mit einer XML-Datei an Endo-SH übergeben werden. Ein direktes Eingeben der Daten zur Berechnung der Stickstoff-Obergrenze ist in DPL nicht möglich. Updates können heruntergeladen werden.

Update zum Düngeplanungsprogramm

Update zum N- und P-Bilanzrechner

Gelbschalen sind wichtige Werkzeuge

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Das vergangene Jahr hat es wieder gezeigt: Konnte der Große Rapsstängelrüssler nicht rechtzeitig bekämpft werden, hatte das Auswirkungen auf die Rapsbestände. Verdrehte Pflanzen und Larven in den Stängeln waren die Folge. Besonders der frühe Zuflug birgt Gefahren. Um diesen richtig einzuschätzen, reicht nicht nur „Bauchgefühl“, sondern es wird als Hilfsmittel die Gelbschale auf dem Acker benötigt.

Auch wenn es die Gelbschale mittlerweile schon als elektronische Variante gibt, eines bleibt: die Eigenverantwortung für das Aufstellen, die regelmäßige Kontrolle und das Wechseln des Wassers.

Der Große Rapsstängelrüssler erwacht bereits bei Bodentemperaturen von zirka 5 °C auf den vorjährigen Rapsflächen. Das ist in jedem Jahr zu einem anderen Zeitpunkt der Fall. Im Frühjahr 2023 trat es am Wochenende des 18. und 19. März ein. Leider blieb nur ein kurzes Zeitfenster für eine notwendige Behandlung, da am 20. März Regen einsetzte. Wer zu diesem Zeitpunkt seine Gelbschalen nicht auf dem Acker hatte, verpasste dieses wichtige Ereignis.

Da der Große Rapsstängelrüssler auf den vorjährigen Rapsflächen überwintert und folglich auch dort erwacht, ist es ratsam, auf Befallsflächen des vorigen Jahres ebenfalls eine Schale aufzustellen. Gehört die Vorjahresbefallsfläche einem Berufskollegen, sollte die Schale im eigenen Raps, wo der Zuflug dann überwacht wird, zu dieser Seite hin ausgerichtet werden. Somit wird der Weg kurz gehalten.

Über die Frage, wie viele Gelbschalen im Raps stehen sollen, wird häufig diskutiert. Mehrere Schalen bieten sich besonders auf großen Flächen an. Diese spiegeln dann eher die tatsächlichen Gegebenheiten wider. Begrenzen Knicks oder Waldränder einen aktuellen Rapsschlag, sollten auch dort Schalen stehen, denn dort überwintern Gefleckter Kohltriebrüssler und Rapsglanzkäfer. Sind die Gelbschalen gut platziert, ist die Fängigkeit deutlich höher. Regelmäße Kontrollen mit Wasserwechsel verstehen sich von selbst.

Der Standort der Gelbschale ist entscheidend für eine gute Fängigkeit der Rapsschädlinge.

Der Große Rapsstängelrüssler

Der Große Rapsstängelrüssler sucht nach dem Erwachen sofort die nächstgelegenen Rapsschläge zur Eiablage auf. Die Weibchen sind sofort geschlechtsreif und beginnen nach der Paarung, ihre Eier abzulegen. Somit verbleibt nicht viel Zeit für eine Behandlung, denn mit dem Vollzug der Eiablage beginnt auch schon die Schädigung des Rapses.

Das Weibchen scheidet bei der Herstellung der Einischen Wuchsstoffe aus, die für die typischen Verdrehungen der Stängel verantwortlich sind. Diese sind sehr auffällig und nicht zu verkennen. Die Bekämpfung muss demzufolge innerhalb von drei Tagen mit dem Zuflug (Bekämpfungsschwellen!) und vor der Eiablage erfolgen. Resistenztechnisch ist die Welt beim Großen Rapsstängelrüssler noch in Ordnung. Der Resistenzfaktor ist über die Jahre hinweg stabil geblieben.

Die digitale Gelbschale zeigt die Summe der Stängelschädlinge an, unterscheidet aber nicht zwischen dem Großen Rapsstängelrüssler und dem Gefleckten Kohltriebrüssler. Das ist aber für den Behandlungstermin wichtig.

Der Gefleckte Kohltriebrüssler

Der Gefleckte Kohltriebrüssler benötigt normalerweise etwas höhere Temperaturen. Ihn erkennt man an dem weißen Fleck auf dem Rücken und den roten Füßchen. Nach dem Erwachen im Winterquartier und dem Einflug in die Rapsbestände vollzieht er erst einen ausgiebigen Reifungsfraß, bevor er mit der Eiablage startet. Somit stehen für eine eventuelle Bekämpfung je nach Witterung zirka fünf bis 14 Tage zur Verfügung. Nach erfolgter Eiablage wachsen die Rapsstängel gerade weiter, sodass die Larven äußerlich oft unentdeckt bleiben. In Resistenztests des Julius-Kühn-Instituts (JKI) konnte eine beginnende Resistenz gegen Pyrethroide festgestellt werden.

Bekämpfung und Bekämpfungsschwellen

Um die Insektizidmaßnahme richtig zu terminieren, ist es von großer Bedeutung, die Schädlinge zu unterscheiden. Es gilt, vor allem den Großen Rapsstängelrüssler sicher zu erkennen. Seine höhere Schadwirkung wird auch in der niedrigeren Bekämpfungsschwelle im Vergleich zum Gefleckten Kohltriebrüssler von nur fünf Käfern pro Gelbschale innerhalb von drei Tagen sichtbar. Der Große Rapsstängelrüssler ist komplett schwarz gefärbt, wobei er durch seine dichte Behaarung eher grau wirkt. Dagegen hat der Gefleckte Kohltriebrüssler, wie der Name es schon verrät, einen weißen Fleck auf dem Rücken sowie rotbraune, feingliedrige Füße. Der Populationsanstieg der vergangenen Jahre könnte bei günstigem Frühjahrswetter auch in diesem Jahr zu einem stärkeren Zuflug führen.

Stängel- und Triebrüssler ohne Rapsglanzkäfer können mit Pyrethroiden der Klasse II, zum Beispiel Karate Zeon oder anderen, in Schach gehalten werden. Treten allerdings neben den Stängelschädlingen gleichzeitig in bekämpfungswürdiger Zahl Rapsglanzkäfer auf, sollte Trebon 30 EC (B2) (Pyrethroid Klasse I) zum Einsatz kommen. Mavrik Vita/Evure (B4) hat gegen die Stängelschädlinge keine Zulassung. Das Produkt Carnadine 200 mit dem Wirkstoff Acetamiprid hat eine Zulassung gegen Stängelschädlinge von 0,25 l/ha erhalten. Allerdings hat das Produkt die Auflage NG405, das bedeutet: kein Einsatz auf drainierten Flächen. Eigene Versuchsergebnisse liegen nicht vor.

Fazit

Um den Zuflug besonders des Großen Rapsstängelrüsslers rechtzeitig festzustellen, führt kein Weg an der Gelbschale vorbei. Bei keinem anderen Rapsschädling hängen Zuflug und Bekämpfung zeitlich so nahe zusammen. Hier gilt es, die Prioritäten richtig zu setzen.

Eine Behandlung sollte nur nach Überschreitung von Bekämpfungsschwellen erfolgen. Die Resistenzsituation der Pyrethroide ist inzwischen bei einigen Rapsschädlingen sehr angespannt. Hier gilt es, im System zu denken. Ein Pyrethroideinsatz, beispielsweise gegen den Rapsglanzkäfer, betrifft auch späte Kohltriebrüssler und zusätzlich frühe Kohlschotenrüssler. Zudem befinden sich fast ganzjährig Rapserdflöhe im System. Diese Tiere sind dann alle als Nebeneffekt von der eigentlichen Maßnahme betroffen. Und das sind im Übrigen auch die Rapsschädlinge, die am stärksten von der Pyrethroidresistenz betroffen sind. So schließt sich der Kreis.