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Beprobungen bei „InnoRind“ laufen nach Plan

Rinder aktuell: Innovationen in der Milchviehhaltung am LVZ Futterkamp
Von Kim-Juelie Zimmer-Sonn, Landwirtschaftskammer SH
Die Speichelcortisolproben werden bei jedem Kalb am vierten, zehnten und 15. Lebenstag genommen. Der interessante Zeitpunkt ist der zum Umstallen. Fotos: Kim-Juelie Zimmer-Sonn

Die landwirtschaftliche Routine in der Kälberhaltung sieht standardmäßig eine Einzelhaltung der Kälber nach der Geburt vor. Um das Tierwohl zu verbessern und den Kälbern eine frühe Sozialisierung zu ermöglichen, wurde am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp (LVZ) bereits im vergangenen Jahr die frühe Gruppenhaltung im Iglubereich etabliert. Erste Versuchsergebnisse liegen nun vor.

In der frühen Gruppenhaltung in Futterkamp haben bis zu acht Kälber die Möglichkeit, ab dem zweiten bis zum 14. Lebenstag in einer Kleingruppe aufzuwachsen. Das Haltungssystem in Futterkamp ermöglicht durch herunterklappbare Ausläufe eine individuell gesicherte Kolostrumversorgung innerhalb der ersten Lebenstage. Die frühe Gruppenhaltung repräsentiert die Versuchsgruppe. Weiterhin werden auch Kälber in Einzeliglus aufgestallt, welche die Kontrollgruppe abbilden.

Nicht nur Baumaßnahmen im Kälberbereich sind in dem Projekt eingeschlossen, sondern auch Untersuchungen zur Verbesserung des Tierwohls der abkalbenden Kühe. Die dazugehörige Umbaumaßnahme im Abkalbebereich wurde im Februar abgeschlossen. Drei Wochen vor dem errechneten Kalbetermin beziehen die Kühe und Färsen nun einen flächenmäßig verdoppelten Abkalbebereich. Zwei der Gruppenbuchten sind mit Separees als Rückzugsmöglichkeit ausgestattet. Kühe und Färsen werden weiterhin in getrennten Gruppen gehalten. Alle Kühe, die in den Gruppenbuchten mit Separee laufen, sind Teil der Versuchsgruppe.

Parallel gibt es weiterhin Einzelbuchten, welche die Kontrollgruppe repräsentieren. Die Umbaumaßnahmen und Neugestaltungen sind Teil des Projektes „Innovationsnetzwerk Rind (InnoRind)“ und werden nun mittels Probenentnahmen und Beurteilungssheets systematisch beobachtet und analysiert. Die Probennahme ist am 9. März mit dem ersten Kalb und der dazugehörigen Kuh gestartet und soll rund ein Jahr andauern.

Die Kälber werden sehr engmaschig gesundheitlich untersucht und beurteilt.

Versuchsaufbau im Überblick

Sobald die Kalbung erfolgt ist, werden sowohl die Kuh als auch das Kalb in den Versuch integriert. Es wird bei den Betrachtungen berücksichtigt, ob die Kuh in der Gruppe im Separee gekalbt hat oder in der Einzelhaltung. Weiterhin werden die Kalbungen mittels Videokameras begleitet und der Kalbeverlauf einbezogen. Die Annahme der Separees und die Kalbeverläufe darin sind Bestandteil einer Fragestellung innerhalb des Versuchs.

Direkt nach der Kalbung, spätestens zur nächsten Melkzeit, werden die Kälber in die frühe Gruppenhaltung beziehungsweise, wenn diese mit acht Kälbern voll belegt ist, in die Einzel­iglus eingestallt. Im Iglubereich erfolgen dann einige Beprobungen und Beobachtungen, um die Leistungsentwicklung, Gesundheit sowie das Stressniveau in den beiden Haltungssystemen herausfiltern und vergleichen zu können. Am 15. Lebenstag werden die Kälber in die weitere Gruppenhaltung umgestallt. Dort wird weiterhin die Leistungs- und Gesundheitsentwicklung der Kälber erfasst und verglichen.

Beprobungen der Tränkekälber

Zwischen dem zweiten und dritten Lebenstag wird allen Kälbern eine kleine Menge Blut abgenommen. Nach dem Abzentrifugieren wird dann mittels Refraktometer der Brix-Wert bestimmt und so die Kolostrumversorgung der Kälber beurteilt. Als weniger invasiv, aber genauso informativ stellen sich die genommenen Speichelproben dar. Im Labor wird hier der Gehalt des Stresshormons Cortisol festgestellt und so das Stressniveau beurteilt.

Zentrifugierte und eingefrorene Blutprobe zur Bestimmung der Versorgung des Kalbes durch die Kolostrumgabe

Die Speichelproben werden jeweils zu drei bestimmten Zeitpunkten genommen. Die erste Probe erfolgt am vierten Lebenstag, die zweite am zehnten und die dritte zum Zeitpunkt des Umstallens in die weitere Gruppenhaltung am 15. Lebenstag. Auch in diesem Zusammenhang wird verglichen, ob Kälber aus der frühen Gruppenhaltung durch erhoffte Vorteile der frühen Sozialisierung zum Zeitpunkt des Gruppenwechsels ein geringeres Stressniveau haben als die Kälber aus den Einzeliglus.

Zur engmaschigen Überwachung der Gesundheitsentwicklung werden die Kälber mehrfach wöchentlich durch einen Gesundheits-Check beurteilt. Ziel ist es, regelmäßig Allgemeinzustand, Nasenfluss, Ohrenstellung, Kotverschmutzungen, Nabel, Augen und Husten zu beurteilen und zu dokumentieren. Weiterhin werden bei den Kälbern zusätzlich einmal wöchentlich die Atemfrequenz, Herzfrequenz und Rektaltemperatur sowie die Kotkonsistenz erfasst. Diese Gesundheits-Checks werden bis zum Abtränken (77. Lebenstag) erfolgen und zusätzlich durch die Kontrolle der Gewichtsentwicklung aus betrieblichen Routinewiegungen ergänzt.

Zusatzproben erfolgen auch

Innerhalb des Projektes sind Untersuchungen der Erregerübertragung am Beispiel von Darmbakterien (Escherichia coli, positiv für ESBL (extended-spectrum beta-lactamase)) im Iglustall vorgesehen. Dafür werden in Futterkamp 20 weiblichen Kälbern im Einzeliglu und 20 weiblichen Kälbern in der frühen Gruppenhaltung Kotproben entnommen und analysiert. Die Entnahme erfolgt am zweiten beziehungsweise dritten Lebenstag, zum Zeitpunkt des Umstallens und zwischen dem 22. und 23. Lebenstag. Grund für diese Untersuchung sind Fragestellungen zum Einfluss des Kalb-Kalb-Kontaktes auf die Infektionsdynamik.

Ein wöchentlich mehrfacher Gesundheits-Check der Kälber erfolgt in einer ruhigen Umgebung.

Welche Erfahrungen gibt es?

Zum heutigen Zeitpunkt befinden sich 23 Kälber im Versuch. Täglich werden Kälber beurteilt und beprobt. Durch die Digitalisierung der Bewertungsbögen und Listen ist die Datenerfassung im Stall erleichtert worden. Die Beprobungen und Beurteilungen der Kälber bewirkten bisher nur geringe Stressanzeichen bei den Kälbern, insofern sich auch unruhigere Kälber bereits kurz nach der Beprobung wieder beruhigten und keine weiteren Stressanzeichen zeigten. Auch die Kühe, die zur Messung der Herzfrequenz einen Gurt umgelegt bekamen, zeigten sich unbeeindruckt ohne auffällige Stressanzeichen.

Die Wahl des Abkalbeortes ist bislang geteilt. Die eine Hälfte der Kühe wählte das Separee zur Abkalbung, die andere Hälfte blieb in der Gruppe und kalbte dort ab, ohne sich zurückzuziehen. Nichtsdestotrotz hatten die Kalbungen bislang einen komplikationslosen und leichten Verlauf. Im Kälberbereich lässt sich jetzt schon feststellen, dass die Kälber aus der frühen Gruppenhaltung beim Wechsel in die weitere Gruppenhaltung ruhiger, aufgeweckter und motivierter sind. Zudem ist ihnen der Tränkeautomat bekannt und es bedarf keinerlei Gewöhnung. Die Gewöhnung an den Tränkeautomaten in der frühen Gruppenhaltung wurde durch den Nachahmungseffekt positiv beobachtet.

Es sind erste aktuelle Eindrücke und Beobachtungen im Stall. Die genaue statistische Auswertung der Proben und Beobachtungen erfolgt am Ende des Versuchs im Sommer 2025. Durch die noch engere gesundheitliche Überwachung fallen Ausschläge in der Gesundheit sofort auf und ermöglichen ein noch schnelleres Eingreifen.

Fazit

Die aktive ­Probenentnahme für die Versuche zur Steigerung des Tierwohls innerhalb des Kälber- und Abkalbebereiches im Projekt „InnoRind“ läuft seit Anfang März in Futterkamp. Aktuell befinden sich 23 Kälber im Versuch. Alle beteiligten Kühe und Kälber werden täglich beobachtet und im Hinblick auf zum Beispiel die Gesundheit beurteilt. Bislang verläuft der Versuch nach Plan.

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