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Wenn Gerüche zur Belastung werden

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Besonders der Aufenthalt in Innenräumen mit all seinen Gerüchen kann für Annette Schumann schnell zur Qual werden. Hier berichtet sie, welche Einschränkungen eine Duftstoffunverträglichkeit im Alltag mit sich bringt, und klärt über das Krankheitsbild auf.

Dass sie eine Duftstoffunverträglichkeit hat, war Annette Schumann aus Mucheln im Kreis Plön lange Zeit gar nicht bewusst, denn diesbezügliche Symptome stellten sich langsam schleichend und nicht gleich zuordenbar ein. „Alles fing damit an, dass ich im Büro öfter niesen musste. Deshalb fragte ich mich, ob ich eine Allergie gegen Hausstaub habe“, blickt die gelernte Bauzeichnerin zurück.

Irgendwann fiel ihrem Mann auf, dass sie sich abends rechts und links am Hals kratzte. Ein Blick in den Spiegel zeigte, dass sich dort, wo sie regelmäßig ihr Parfüm auftrug, rote, juckende Flecken gebildet hatten. Außerdem wachte sie am Morgen manchmal mit zugeschwollenen Augen auf. „Ich wollte es zunächst nicht wahrhaben, dass das mit meinem Duft zusammenhängen könnte. Also sprühte ich ihn kurzerhand nur noch auf meine Kleidung und nicht mehr direkt auf die Haut“, bekennt die 58-Jährige. Heute weiß sie, dass die Übertragung von Duftstoffen auch durch Aerosole über die Schleimhäute erfolgt und nicht nur als Kontaktallergie über die Haut. Die gesundheitlichen Probleme waren damit also nicht vom Tisch.

Schnellwaffe Gästehandtuch: Annette Schumann wünscht sich wegen ihrer Duftunverträglichkeit mehr Verständnis und Rücksichtnahme statt dummer Sprüche.  Foto: Silke Bromm-Krieger

Überempfindlichkeit

Wegen einer Erkrankung nahm die Mutter eines erwachsenen Sohnes ein Antibiotikum ein und reagierte ebenfalls allergisch. Spätere Untersuchungen und Epikutantests (Pflastertests), die beim Hautarzt und 2007 in einer Hautklinik durchgeführt wurden, schafften schließlich Gewissheit. Annette Schumann hat hauptsächlich eine Überempfindlichkeit gegen Form­aldehyd und den Duftstoff Mix 2.

Formaldehyd ist ein möglicherweise Krebs erzeugendes Konservierungsmittel und findet als Klebstoffbestandteil in Holzwerkstoffen Anwendung, etwa in Bauprodukten und Möbeln. Hinter dem Duftstoff Mix 2 verbirgt sich ein Gemisch aus verschiedenen Substanzen, die in Kosmetika, Salben, Reinigungsmitteln, Waschmitteln und Lebensmitteln vorhanden sind. All das geht aus Eintragungen in ihrem Allergiepass hervor. „Mich vor diesen Stoffen zu schützen, geht kaum. Meine Medikamente wie Allergietablette, Asthmaspray und Kortisoninhalator sind nur eingeschränkt hilfreich. Die beste und effektivste Behandlung ist das konsequente Vermeiden der Auslöser, sonst wird alles noch schlimmer. Doch das ist leichter gesagt als getan und im Alltag fast unmöglich“, gibt sie zu bedenken.

Übrigens verlaufe eine Duftstoffunverträglichkeit ohne Beteiligung des Immunsystems. Der Körper reagiere mit komplexen gesundheitlichen Reaktionen auf die Substanzen, die mit der Atemluft in die Lunge und von dort in den Blutkreislauf gelangten. „Deshalb greift eine allergenspezifische Immuntherapie, auch Hyposensibilisierung genannt, in meinem Fall nicht.“

Innenräume tabu

Mit den Jahren nahmen die Symptome bei Annette Schumann immer stärker zu. Der Aufenthalt in Innenräumen mit seinen verschiedenen Aerosolen wurde für sie zur Qual. „Gerate ich beispielsweise beim Einkaufen nahe und ungeschützt in die Parfümwolke einer anderen Kundin, wird meine Zungenspitze taub, die Lippen kribbeln, es kratzt um die Augen und um den Mund herum. Gleichzeitig können Herzrasen, Kopfweh, Konzentrationsstörungen und Wortfindungsstörungen beginnen. Ich räuspere mich, huste, die Nase verstopft, auch ein Asthmaanfall kann folgen“, zählt sie auf. Manchmal träten bestimmte Symptome erst zeitversetzt zutage. Für ihren Alltag hat das weitreichende Folgen. „Ich kann nicht auswärts essen gehen, nicht ins Kino, nicht ins Konzert, nicht ins Theater, zu keinem Geburtstag und keiner Familienfeier. Quasi alles, was drinnen stattfindet, ist für mich tabu“, erklärt sie. Ein mit Weichspüler gewaschener Pulli, Haarspray auf einer Frisur, Rasierwasser, Duftstäbchen, ein Duftbäumchen im Auto, ein WC-Duftstein und das besagte Parfüm könnten bei ihr sofort eine körperliche Abwehrreaktion auslösen. Schlimm seien zudem die versteckten Beduftungen in Kaufhäusern oder öffentlichen Räumen. Normalerweise sei es nicht möglich, vor dem Betreten zu erkennen, ob diese dort zum Einsatz kommen. Selbst draußen beim Aufenthalt in einem Biergarten schaue sie nach der Windrichtung. „Setzen sich vier Damen, die großzügig parfümiert sind, an den Nebentisch, und der Wind steht ungünstig, muss ich sofort den Platz wechseln.“

Schnellwaffe Gästehandtuch

Als „Schnellwaffe“ für solch einen Notfall hat sie in ihrer Jackentasche stets ein gefaltetes Gästehandtuch parat, das sie sich dann vor Nase und Mund hält. „In meinem Rucksack sind zum Schutz außerdem eine Laborbrille und eine FFP3-Maske mit Ventil ständig greifbar.“ Da die Leute ihr Verhalten – zum Beispiel die Laborbrille im dichtbesetzten Wartezimmer einer Arztpraxis aufzusetzen – oft nicht richtig einordnen können, ist sie dabei manch ungläubigen Blicken, Kopfschütteln und verbalen Reaktionen ausgesetzt. „Das fühlt sich für mich teilweise wie Mobbing oder Ausgrenzung an. Wenn Menschen etwas komisch finden, sie etwas nicht verstehen, können sie mich doch fragen. Sie sollten nicht vorschnell urteilen oder sich abwenden“, meint sie nachdenklich.

Annette Schumann geht ohne ihre Laborbrille, die FFP3-Maske mit Ventil und in Corona-Zeiten die FFP2-Maske darüber, nicht aus dem Haus. Ihr Anblick sorgt bei manchen Mitmenschen für Irritationen, weil sie ihn nicht einordnen können. Foto: Silke Bromm-Krieger

Um ihre sozialen Kontakte trotz immenser Einschränkungen zu pflegen, bedarf es klarer Absprachen und eines gegenseitigen Verständnisses. „Meine beste Freundin hat bei mir ein duftneutral gewaschenes Outfit deponiert. Das zieht sie an, wenn wir uns treffen.“ Im Salon schneide die Friseurin ihr die Haare in der mit Duftstoffen weniger belasteten Herrenabteilung bei geöffnetem Fenster. Gehe sie in die Schwimmhalle, könne sie sich nach Absprache mit dem Personal in einer abgelegenen Kabine umziehen.

Bis vor einigen Monaten war Annette Schumann in Teilzeit beschäftigt. Dann ging ihre Firma in Insolvenz. Aktuell sucht sie nach einem Arbeitgeber, der Verständnis für ihre Lage hat und ein Einzelbüro oder Homeoffice ermöglichen kann. „Ich hatte vor Kurzem schon ein Bewerbungsgespräch bei einem kirchlichen Träger und warte gerade auf die Rückmeldung. Ich habe ein gutes Gefühl“, erklärt sie.

Duftneutrale Produkte

In ihrem Haushalt achtet Schumann penibel darauf, alles duftneutral zu halten. „Apotheken, Supermärkte und Drogerien bieten mittlerweile ein großes Sortiment an duftstofffreien Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmitteln sowie Weichspüler ohne Duft an, die vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (Daab) getestet und empfohlen sind. Das erkennt man an einem Label auf dem Produkt“, informiert sie.

Die gebürtige Westfalin, die im DAAB und im Sozialverband (SoVD) Mitglied ist, will mit ihrer Geschichte aufklären, Verständnis für Duft­sensible wecken und Brücken zwischen Betroffenen und Nichtbetroffenen bauen. „Wie oft wird mir gesagt: Du hast eine Parfümallergie? Sowas gibt es? Davon habe ich ja noch nie gehört.“

Darüber hinaus sucht sie Kontakt zu anderen Erkrankten. „Wir könnten über unsere Erfahrungen sprechen, uns unterstützen und vielleicht sogar eine Selbsthilfegruppe ins Leben rufen“, schlägt sie vor.

Die oberen Blattetagen schützen

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Die befriedigenden Aussaatbedingungen im Herbst 2021 sowie der abermals sehr milde Winter verhalfen dem Wintergetreide zu einer guten Ausgangssituation zum Vegetationsstart. Anhaltende Nachtfröste im März sowie die hohen Niederschlagsmengen im Februar ließen die Bestände jedoch insbesondere auf schweren Böden leiden.

Viel Blattmasse ging dennoch nicht verloren, womit auch die Pilzkrankheiten gut überwintern konnten. Rostkrankheiten sowie der Echte Mehltau profitieren davon besonders. Entscheidend für die weitere Krankheitsentwicklung bleiben dennoch die pflanzenbaulichen Grundlagen sowie die Witterung vor allem in den Monaten April und Mai.

Der Gelbrost hat in Weizen und Triticale aufgrund des Auftretens immer neuer, virulenter Rassen eine hohe Bedeutung erlangt. Die Ansprüche an die Blattnässedauer mit zwei bis sechs Stunden und die Temperatur von 11 °C für eine erfolgreiche Sporenkeimung sind sehr niedrig. Gleichzeitig besitzen die neuen Rassen eine Toleranz für hohe Temperaturen. Damit sind die neuen Rassen einerseits auf trocken-warme Witterung angepasst und können andererseits trotzdem frühzeitig ab Mitte April in der Vegetation auftreten. Die möglichen Ertragsverluste sind damit bei Gelbrostbefall besonders groß. Etwas höhere Ansprüche an die Temperatur und Blattnässe hat der Zwergrost in der Gerste. Dennoch kann dieser besonders in anfälligen Sorten und bei strahlungsreicher Witterung bereits frühzeitig in der Gerste auftreten. Der Weizenbraunrost und der Roggenbraunrost benötigen deutlich höhere Temperaturen für Infektion und Wachstum, weshalb diese selten vor dem Fahnenblattstadium auftreten. In der Gerste hat die Ramularia-Sprenkelkrankheit (Ramularia collo cygni) sehr an Bedeutung gewonnen. Die Infektionswege sind noch nicht abschließend geklärt. Niederschlagsreiche Witterung mit hoher Blattnässedauer zur Schossphase, insbesondere der Fahnenblattentwicklung, fördert jedoch die Infektion. Symptome treten erst bei sehr strahlungsreicher Witterung zur Milchreife mit dann teils stärkeren Ertragseinbußen auf. Von Südost nach Nordwest Schleswig-Holsteins nahmen in den vergangenen Jahren die Symptome ab.

Septoria benötigt häufige Niederschläge

Die Septoria-Blattdürre betrifft hauptsächlich den Winterweizen und ist dort die wichtigste Blattkrankheit. Die Verbreitung erfolgt über Regentropfen, wobei mindestens 3 mm Niederschlag zum Austreten der Sporen aus den Pyknidien nötig sind. Ab einer Blattnässedauer von 24 bis 48 Stunden keimen die Sporen. Hohe Niederschläge und lange Blattnässe verstärken den Befallsdruck. Aufgrund der kurzen Verbreitungswege baut sich der Befall über die Blattetagen auf. Rhynchosporium-Blattflecken, die in der Gerste und im Roggen auftreten, haben an die Blattnässe ähnliche Ansprüche. Auch erfolgt die Verbreitung über Regentropfen. Aufgrund der guten Sortentoleranzen und besonderen Anpassung an kühle Temperaturen ist die Bedeutung weniger groß. Der Echte Mehltau hat in den vergangenen Jahren an Relevanz eingebüßt. Dieser benötigt eine hohe Luftfeuchtigkeit, ein feuchtes Mikroklima im Bestand und milde Temperaturen. Intensive Sonneneinstrahlung und Trockenheit sowie lang anhaltend kühlere Witterung auch bei Niederschlägen hemmen die Entwicklung stark.

Aufgrund der starken Niederschläge im Februar ist im Winterweizen teilweise viel Ausgangsbefall der Septoria-Blattdürre zu finden. Dies sollte noch nicht beunruhigen. Entscheidend für die Entwicklung auf den relevanten Blattetagen F-2 bis zum Fahnenblatt sind die niederschlagsreiche Witterung in den Monaten April und Mai sowie die Anfälligkeit der Sorte. Foto: Asmus Klindt

Gesunde Sorten sparen Fungizideinsatz

Mit Ausnahme der Ramularia-­Sprenkelkrankheit liegen bei allen Getreidekulturen hohe Toleranzunterschiede gegenüber den gängigen Krankheiten vor. Besonders gegenüber den Rostkrankheiten und dem Echten Mehltau sind diese Unterschiede stark ausgeprägt. Häufig legen die Resistenzeigenschaften der populärsten Sorten im Anbau in Verbindung mit der Witterung das gesamte Befallsgeschehen fest. Insofern ist derzeit die Sortenwahl im Getreide der Schlüssel zur Einsparung von fungiziden Maßnahmen. Hierzu bietet die Landwirtschaftskammer (LKSH) aktuelle Boniturergebnisse und Einordnungen der Sorten in den Landessortenversuchen. Im Fall der Septoria-Blattdürre reduziert auch eine Verschiebung der Weizenaussaat in den Oktober den Befallsdruck stark.

Resistenzentwicklungen verlangsamen

Aufgrund der hohen Anwendungshäufigkeit der Fungizide schreiten die Resistenzen der Septoria-Blattdürre und des Echten Mehltaus im Weizen sowie der Ramularia-Sprenkelkrankheit und der Netzfleckenkrankheit in der Gerste fort. Sowohl im Weizen als auch in der Gerste sollten daher die Azolfungizide Prothioconazol und Mefentrifluconazol (Revysol) möglichst selten und im Wechsel eingesetzt werden. Die Wirkstoffgruppe der Carboxamide sollte nur einmal in der Saison Anwendung finden. Im Weizen ist der neue Wirkstoff Fenpicoxamid (Produkte: Univoq, Questar) hierzu eine wirkungsvolle Alternative. Auch das weniger resistenzgefährdete Kontaktfungizid Folpan 500 SC ist als Mischpartner insbesondere zu Azolfungiziden in der Kontrolle der Septoria-Blattdürre hilfreich. Gegenüber dem Echten Mehltau im Weizen dürfen die Produkte Input Triple, Flexity und Property nur in anfälligen Sorten bei hohem Befallsdruck zum Einsatz kommen. 

Relevante Blattetagen schützen

Grundsätzlich sollten sich Behandlungen auf die oberen drei Blattetagen konzentrieren, da diese ertragsrelevant sind. Nur in sehr Gelbrost anfälligen Sorten kann bereits bei frühem Befall eine vorzeitige Kontrolle nötig sein. Neben dem Gelbrost ist mit der Entwicklung der Blattetage F-2 in Weizen und Triticale auf Symptome des Echten Mehltaus zu achten. Im Winterweizen gilt dies auch für Infektionsereignisse der Septoria-Blattdürre. Hier können Prognosemodelle helfen (zum Beispiel www.isip.de). Eine regelmäßige Kontrolle der Bestände ist jedoch unerlässlich. Mit der Anfälligkeit der angebauten Sorte ist außerdem eine Abschätzung des Krankheitspotenzials möglich. Azolfungizide können den Gelbrost kontrollieren0. Positiv stechen Tebuconazol, Prothioconazol und Metconazol hervor. Gegen die Septoria-Blattdürre ist der Einsatz des Kontaktfungizides Folpan 500 SC in Kombination mit einem Azol-Fungizid sinnvoll. In anfälligen Sorten sollte die Wahl des Azol-Partners auf das Produkt Revystar oder ein prothioconazolhaltiges Präparat fallen. Die Aufwandmengen sind anhand des Befallsdrucks zu wählen. In gesunden Sorten sind auch weniger potente Azolfungizide, wie zum Beispiel das Produkt Orius, als Mischpartner ausreichend. Eine Kontrolle des Echten Mehltaus in Weizen und Triticale ist durch robuste Aufwandmengen der Produkte Pronto Plus oder Input Classic möglich. In anfälligen Sorten kann die Zugabe von Flexity beziehungsweise Property oder der Einsatz von Input Triple hilfreich sein. Ab dem Fahnenblattstadium liegt im Winterweizen der Schwerpunkt auf den Krankheiten der Septoria-Blattdürre, dem Gelbrost und dem Braunrost. Für den Gelb- und Braunrost trifft dies auch auf Triticale zu. Besteht Infektionsgefahr oder werden Rostsporenlager beobachtet, sind Kombinationsprodukte zu wählen. Je nach Krankheitsschwerpunkt sollte die Wahl auf Revytrex, Univoq oder Ascra Xpro (Septoria) sowie Elatus Era oder Gigant (Rost) fallen. In der Blüte von Triticale und Weizen ist ein Schutz vor Ährenfusarien zum Beispiel durch das Produkt Prosaro möglich.

In den vergangenen Jahren trat der Zwergrost als dominante Krankheit in der Wintergerste auf. Ähnlich dem Gelbrost im Weizen sind ein frühes Auftreten und hohe Ertragsausfälle möglich. Derzeit ist bereits erster Ausgangsbefall zu beobachten. Dennoch zeigen unsere Versuche, dass eine fungizide Kontrolle erst ab dem Befall der Blattetage F-2 sinnvoll sein kann. Foto: Asmus Klindt

Besonders in anfälligen Sorten ist in der Wintergerste zunächst auf den Zwergrost zu achten, welcher mit Azolfungiziden gut zu kontrollieren ist. Bei stärkeren Symptome von Rhynchosporium-Blattflecken in der Gerste und im Roggen ist ein prothioconazolhaltiges Produkt zu bevorzugen. Die wichtigste Maßnahme sowohl im Winterroggen als auch in der Wintergerste bleibt die Abschlussbehandlung zum Ährenschieben. Eine zufriedenstellende Eindämmung der Ramularia-Sprenkelkrankheit in der Gerste, die außerdem einen Schutz vor Zwergrost und Netzflecken bietet, ist derzeit nur mit den Produkten Revytrex + Comet oder Ascra Xpro in jeweils hohen Aufwandmengen möglich. Eine Zumischung von Folpan 500 SC ist im Rahmen der diesjährigen Notfallzulassung in der Gerste zusätzlich sinnvoll. Im Winterroggen sollten bei ersten Sporenlagern die Produkte Elatus Era oder Gigant gewählt werden, da in dieser Phase der Braunrost dominiert.

Fazit

Die Witterung, insbesondere in den Monaten April und Mai, in Kombination mit der Anfälligkeit der angebauten Sorten gibt die Entwicklung der Pilzkrankheiten vor. Bei trockener Witterung dominieren die Rostkrankheiten. Häufige Niederschläge fördern die Septoria-Blattdürre im Weizen. Eine regelmäßige Kontrolle der Bestände ist für die Beurteilung jedoch unerlässlich. Ziel muss es sein, die oberen drei Blattetagen zu schützen. Dahingehend sollten Fungizidmaßnahmen ausgerichtet sein.

So läuft der Hase!

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In der Stadtbibliothek in Itzehoe heißt es derzeit „Fröhliche Ostern“, wie es häufig auf alten Ostergrußkarten stand. Denn um diese geht es unter anderem in der Ausstellung, die noch bis zum 30. April zu sehen ist.

Angelika Salzwedel hat dort neben vielen Glanzbildern auch figürliche Osterhasen aus Holz, Plüsch, Porzellan und Pappmaché ausgestellt. Die Pappmachéhasen kommen aus Thüringen und werden heute noch dort hergestellt. Es gibt die sogenannten Füllhasen oder „ Candy Container“, bei denen man den Kopf abnehmen und Süßigkeiten in den Hasenkörper hineinlegen kann. Dann gibt es den aufwartenden Hasen mit der Kiepe auf dem Rücken für die Süßigkeiten oder den Hasen, der einen Wagen mit bemalten Eiern zieht.

Aufwartender „Füllhase“ aus Pappmaché mit Kiepe und Korb.
Foto: Angelika Salzwedel

Etwa um 1880 entstanden die schönsten Oblaten in herrlichen Farben und gutem Prägedruck, und zwar auch als Osterhasen, entweder naturalistisch oder sehr häufig in Kleidung wie Hose, Hemd und Jacke oder die Häsin in romantischen Kleidern oder mit Schürze beim Eierbemalen. Eine ganze Reihe solcher Bogen mit alten Motiven sind ausgestellt. „Das sind meine absoluten Favoriten“, so die Sammlerin.

Eine Besonderheit ist ein Geschenk ihrer Sammlerfreundin aus Sachsen. Dort wurden in den 1950er Jahren Papiercollagen mit verschiedenen Oblaten selbst hergestellt. Solch ein altes Original ist ausgestellt, zusätzlich hat Salzwedel mehrere selbst nachgearbeitet mit alten Oblaten oder alten Stickern, die früher noch „Selbstklebebilder“ hießen, wie es auf einer der alten Packungen steht.

Eine kleine figürliche Hasenschule wartet ebenso auf Besucher wie die alten, hübsch verzierten Papp­ostereier, in die Süßigkeiten gelegt wurden und die es mittlerweile auch wieder gibt. Alles in allem ein kleiner Rundgang durch frühere Zeiten und auch ein Moment zum Innehalten. 

Adresse: Stadtbibliothek Itzehoe, Hinter dem Klosterhof 31. Öffnungszeiten: Montag, Dienstag und Freitag 10 bis 18 Uhr, Sonnabend 10 bis 13 Uhr. Dauer: bis 30. April

Die Häschenschule ist ein Klassiker der Osterliteratur für Kinder. Hier ein Ensemble aus Holz.  Foto: Angelika Salzwedel

Aufs Korn genommen: Kasse auf!

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Im Drogeriemarkt meines Vertrauens sind heute lange Schlangen an zwei Kassen. Geduldig warte ich in einer von ihnen. Kurz bevor ich dran bin, stellt die Kassiererin das Schild „Kasse geschlossen“ auf das Laufband. Normalerweise wird darauf ein Weilchen vorher hingewiesen, damit sich die Kunden umorientieren können. Doch heute ist „mein Scanner funktioniert nicht“ der Grund für die plötzliche Schließung. Okay!

Die Schlange an der zweiten Kasse ist immer noch lang. Da eilt eine weitere Angestellte herbei und ruft: „Kommen Sie zu mir“. Ehe ich mich versehen habe, sind drei oder vier Kundinnen, die näher dran waren als ich, dort hingehechtet.

Ja, „wer zuerst kommt, zahlt zuerst“, bewahrheitet sich ein abgewandeltes Sprichwort. Oder dieses: „Die ersten werden die letzten sein.“ Oder auch: „Rücksichtnahme lohnt sich nicht.“

Die Ukraine ist das weltweit bedeutendste Anbauland für Sonnenblumen

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Die Ukraine ist das bedeutendste Anbaubauland für Sonnenblumen weltweit. Das Agrarmarktforschungsunternehmen Kleffmann Digital misst mit einem satellitengestützten System seit einigen Jahren auch die Anbau­fläche in der Ukraine. In der Saison 2021 habe die Sonnenblumenfläche mehr als 6,5 Mio. ha betragen, so Kleffmann. Wichtigste Anbauregion war Dnipropetrowsk. Das Zentrum des Sonnenblumenanbaus liegt in der Zentral- und Ost­ukraine, in den jetzt besonders vom Krieg betroffenen Gebieten. Der Durchschnittsertrag lag im vorigen Erntejahr bei 22,7 dt/ha und die Gesamterne bei 14 Mio. t. Die Gesamtfläche in der EU-27 betrug im vorigen Jahr 4,5 Mio. ha und die Gesamternte 10,3 Mio. t. Die Ukraine ist weltweit auch ertragsmäßig das bedeutendste Anbauland. In der EU-27 befinden sich die größten Anbauflächen in Rumänien mit 1,3 Mio. ha. In vielen europäischen Anbauländern waren die Aussaatbedingungen für Winterkulturen gut, deshalb würde eine Ausweitung der Sonnenblumenflächen jetzt zulasten anderer Sommerungen gehen. Die Aussaat beginnt in der Regel Anfang April im Süden der Ukraine in der Region Odessa. Erste Erkenntnisse zur Anbaufläche gibt es im Juni nach Auflaufen der Kultur.

Krieg frisst Landwirtschaft

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Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird absehbar drastische Folgen für die diesjährige Aussaat in dem Land nach sich ziehen. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters erklärte der kurz darauf zurückgetretene ukrainische Landwirtschaftsminister Roman Leschtschenko am Dienstag voriger Woche, dass die Aussaatfläche der Sommersaaten zur Ernte 2022 voraussichtlich gerade einmal bei rund 7 Mio. ha liegen könnte, nach etwa 15 Mio. ha in den Jahren zuvor.

Durch die kleinere Aussaatfläche ist schon jetzt klar, dass auch die Exportmöglichkeiten der Ukraine, unabhängig vom weiteren Kriegsverlauf, wesentlich kleiner ausfallen werden. Die Abwicklung der Ausfuhren wäre wegen der überwiegend zerstörten Seehäfen ohnehin deutlich erschwert. Leschtschenko zufolge dürfte die Maisanbaufläche nach 5,4 Mio. ha im Vorjahr nun bei 3,3 Mio. ha liegen. Der Minister zeigte sich zudem skeptisch, ob die im normalen Umfang bestellten Wintersaaten wegen des Krieges alle geerntet werden können. Derzeit gehe man beispielsweise davon aus, dass von den etwa 6,5 Mio. ha Winterweizen nur 4 Mio. ha gedroschen würden, so Leschtschenko Reuters gegenüber.

Die Feldarbeiten in der Ukraine werden von erheblichen Engpässen bei Treibstoff, Dünger und Saatgut behindert. Die ukrainische Regierung hatte deshalb vergangene Woche die Liste der kritischen Importgüter erweitert, bei denen die Einfuhr deutlich erleichtert ist. Dies betrifft nun auch landwirtschaftliche Maschinen, Ersatzteile und weitere Ausrüstungsgüter für landwirtschaftliche Arbeiten. Vor dem Landwirtschaftsausschuss des Europaparlaments hatte der damalige ukrainische Agrarminister die Europäische Union um Unterstützung in Form von Treibstoff und Saatgut und vor allem Pflanzenschutzmitteln gebeten.

Der Krieg in der Ukraine bedroht die dortigen Feldarbeiten nicht nur durch den damit verbundenen Mangel an Betriebsmitteln. Nach Angaben des Vorsitzenden des ukrainischen Agrarrats, Andriy Dykun, werden Landwirte in den von Russland besetzten Gebieten mitunter sogar aktiv beschossen. Im Internet kursieren auch Videos von Schleppern, die auf Minen aufgefahren sind und vollständig zerstört wurden. Entlang der rund 500 km langen Frontlinie sorgten die Kampfhandlungen aber auch ohne direkte Aggressionen der russischen Armee dafür, dass die Frühjahrskampagne dort praktisch nicht durchgeführt werden könne, weil die Feldarbeit einfach zu riskant sei, berichtete Dykun. Derartige Einschränkungen bestehen nach seinen Angaben in den zehn besetzten ukrainischen Teilregionen. Hinzu kommt laut dem Verbandsvorsitzenden, dass das Banksystem in den von der Invasion erfassten Gebieten gesperrt ist. Agrarbetriebe hätten damit keine Möglichkeit zum Tanken, sofern überhaupt Diesel vorhanden sei. Dieser wird Dykun zufolge im ganzen Land immer knapper. Die Ukraine habe zu Friedenszeiten 60 % ihres Dieselbedarfs aus Russland und Weißrussland importiert. Seit Kriegsbeginn habe es von dort natürlich keinen Nachschub mehr gegeben. Die Eigenproduktion liege gerade einmal bei 15 % des Bedarfs, wobei der Großteil dessen vom Militär einbehalten werde. 

Kieler Rohstoffwert Milch auf Allzeithoch

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Die deutlich gestiegenen Notierungen für Butter und Magermilchpulver haben den vom Kieler Institut für Ernährungswirtschaft (ife) berechneten Rohstoffwert der Milch auf eine neue Rekordhöhe gehoben. Der Rohstoffwert Milch, ist ein abgeleiteter Rohmilchwert für Fett und Eiweiß auf Erzeugerstufe. Laut ife lag dieser für eine Standardmilch mit 4,0 % Fett und 3,4 % Eiweiß ab Hof im März bei 60,9 Cent/kg; das waren 4,6 Cent oder 8,2 % mehr als im Vormonat und 25,2 Cent beziehungsweise 70,6 % mehr als im März 2021. Noch nie hat dieser Frühindikator für die Erzeugerpreisentwicklung auf einem höheren Niveau gelegen.

Zum jüngsten Aufwärtstrend des Rohstoffwertes trug der Anstieg der Magermilchpulverpreise gegenüber Februar um 30,30 € oder 8,3 % auf 395,70 €/kg100 kg ebenso bei, wie der Anstieg der Butternotierung um 35,10 € oder 5,9 % auf 625,50 €/100 kg. Mit der historischen Überschreitung der 60-Cent-Marke spiegelt der Kieler Rohstoffwert laut dem Verband der Micherzeuger Bayern (VMB) die derzeitige Marktstimmung wider. Diese sei geprägt von vielen Unsicherheiten durch die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine. Das betreffe vor allem die weitere Entwicklung der Rohstoff- und Energiepreise und mögliche Versorgungsengpässe oder Störungen der Lieferketten.

Gleichzeitig entwickelt sich dem VMB zufolge das Rohmilchaufkommen in Deutschland, wie auch in Europa, durch diese Unwägbarkeiten im Vorjahresvergleich rückläufig. Die Nachfrage für Milcherzeugnisse sei jedoch gut, was deren Preise anziehen lasse. Werden nicht die aktuellen Notierungen, sondern die zukunftsweisenden Terminmarktkurse für Butter und Magermilchpulver an der European Energy Exchange (EEX) als Grundlage für die Berechnung eines „Börsenmilchwertes“ herangezogen, dann lag dieser laut ife für die Sommermonate zuletzt bei fast 69 Cent/kg Milch. Davon sind die aktuellen Milcherzeugerpreise allerdings noch weit entfernt; sie lagen im Bundesgebiet laut Schätzungen im Februar etwa im Bereich von 45 Cent/kg, wobei es regional und je nach hergestellter Produktpalette der Molkereien große Unterschiede gab.  age

Kursentwicklung Milchpulver an der EEX Leipzig von 2017 bis 2022; Quelle: agrarticker.de      Screenshot: agrarticker.de

Özdemir setzt weiter auf die  Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL)

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Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) soll weiter eine wichtige Rolle in der Beratung der Bundesregierung spielen. Das hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) am Donnerstag, 31. April in der Fragestunde des Verbandes Deutscher Agrarjournalisten (VDAJ) erkennen lassen. Er habe die ZKL um Vorschläge gebeten, welche Anpassungen in der Agrarpolitik gegebenenfalls als Konsequenz auf dem Ukraine-Krieg vorgenommen werden sollten. Deren Vertreter hätten ihm versichert, dass sie das zeitnah tun würden.

Der Minister bezeichnete die ZKL und die Borchert-Kommission als unglaublich großen Schatz, den es zu nutzen gelte. Er bekräftigte, trotz veränderter Rahmenbedingungen am Umbau der Tierhaltung festzuhalten. Der damit einhergehende Abbau von Tierbeständen diene dem Klimaschutz und trage zugleich zum Tierwohl bei. Mit der notwendigen finanziellen Unterstützung ergebe sich zudem die Chance, das Prinzip des „Wachsen oder Weichen“ zu durchbrechen und dem Höfesterben Einhalt zu gebieten.

Özdemir räumte nach wie vor bestehende Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Ampelkoalition über die Finanzierung des Umbaus ein. Die im Haushaltsentwurf vorgesehene Summe von 1 Mrd. € für vier Jahre könne dabei nur der Anfang sein. Außer Frage steht für den Minister, dass die Finanzierung nicht allein über den Markt erfolgen kann, sondern im Wesentlichen vom Staat getragen werden muss. Dies erfordere allein der von den Landwirten zu Recht eingeforderte Vertrauensschutz. „Noch in diesem Jahr“ werde er ein Finanzierungskonzept vorlegen, bekräftigte der Grünen Politiker.

Nicht ideologisch festgelegt bei neuen Züchtungstechniken

Die Haltung der Bundesregierung zu den neuen Züchtungstechniken bleibt offen. „Ich bilde mir gerade eine Meinung“, sagte Özdemir in der Fragestunde. Dieser Prozess sei noch nicht abgeschlossen. Klar sei jedoch, so Özdemir, „ich bin nicht ideologisch festgelegt“.

Der Grünen-Politiker erinnerte an die kontroverse Diskussion in seiner Partei bei der Erarbeitung des Wahlprogramms zur Bundestagswahl. Zwar lehne eine Mehrheit einen Einsatz der neuen Gentechnik in der Landwirtschaft ab. Immerhin habe man sich jedoch darauf verständigt, dass in diesem Bereich weitere Forschungsarbeit notwendig sei.

Özdemir verwies auf steigende Herausforderungen, die durch den Klimawandel auf die landwirtschaftliche Erzeugung und die Ertragssicherung zukämen. Dies gelte insbesondere für Afrika. Gleichzeitig dürfe man jedoch nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen. So seien die Versprechen der klassischen Gentechnik bis heute nicht eingelöst. All das schaue er sich gegenwärtig intensiv an. „Ich lese dazu gerade viel“, so der Minister.  age

Marktkommentar, Marktlage und Markttendenz KW 12

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Plötzlich geht es dann doch. Die Schlachtschweinepreise sind in den vergangenen vier Wochen um 65 ct/kg Schlachtgewicht gestiegen. Vor allem in den vorigen beiden Wochen sorgte ein spürbarer Rückgang der Angebotsmengen für deutliche Preisaufschläge. Zuletzt wurden deutschlandweit 120.000 Schweine weniger in einer Woche geschlachtet als im Vorjahr. Damit können die vorhandenen Schlachtkapazitäten nicht mehr ausgelastet werden. Die Schlachtereien liefern sich einen starken Wettbewerb um das Lebendangebot. Viele Mastbetriebe sind mittlerweile vertraglich an bestimmte Abnehmer gebunden. Damit gibt es immer weniger Schweine, die „frei” gehandelt werden. Diese sind jetzt besonders gefragt, um den zusätzlichen Bedarf zu decken. An der ISN-Schweinebörse lag der Kurs Ende voriger Woche bei 1,94 €/kg SG und damit 9 ct über dem notierten Vereinigungspreis.

Ab jetzt Verkäufermarkt

Zum Jahresbeginn ging wohl niemand davon aus, dass die Schweinepreise so schnell und so hoch ansteigen würden. Die fehlenden Exportmöglichkeiten durch die Afrikanische Schweinepest, die hohen Lagerbestände an Schweinefleisch, die ruhige Nachfrage im Inland und die coronabedingten Schwierigkeiten auf den Schlachthöfen machten wenig Hoffnung auf eine baldige Besserung der desolaten Erlössituation. Auch im Handel mit Schweinefleisch sind plötzlich Preissprünge möglich, wie sie nicht für möglich gehalten wurden. Da der Handel weitere Preisaufschläge erwartet, ist die Nachfrage groß. Es muss schon auf Lagervorräte aus den Kühlhäusern zurückgegriffen werden, um den Bedarf an Nacken und Koteletts zu bedienen. Ein regelrechter Umschwung zu einem Verkäufermarkt hat eingesetzt, und wer Ware beziehen möchte, muss entsprechend bezahlen. Auch Schlachtsauen sind plötzlich wieder gefragt und erzielen laufend Preisaufschläge.

Am Ferkelmarkt wird das verfügbare Angebot ebenso rege nachgefragt – und dies trotz der hohen Preisaufschläge für Schweine­misch­futter. Die Ferkelkurse sind in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen. Hiesige Handelsorganisationen berichten, dass die gehandelten Ferkelmengen um etwa 10  % unter den Vorjahresmengen liegen. Weitere Sauen haltende Betriebe sollen sich zudem zum Jahresbeginn zum Ausstieg entschlossen haben. Dies wird sich im Laufe des Jahres bemerkbar machen und die Ferkelzahlen weiter reduzieren.

Bereits im Vorjahr sind die Schweinebestände in Deutschland um 9,4 % zurückgegangen. Der Selbstversorgungsgrad (SVG) ist jedoch nur von 133 auf 130 % gesunken, dies auch vor dem Hintergrund der (coro­na­bedingt) rückläufigen Schweinefleischnachfrage. Mittlerweile sind jedoch die wöchentlichen Schlachtzahlen deutschlandweit so weit gesunken, dass der Selbstversorgungsgrad aktuell Kurs auf etwa 110 ​% nimmt. Damit sinkt die Abhängigkeit im Schweinefleischhandel vom Weltmarkt. Der SVG ist jedoch nicht für alle Artikel gleich. Ein Problem ist zum Beispiel der Absatz von Teilen wie zum Beispiel Schweine­pfoten und Schwarten, die sonst in Asien Abnehmer gefunden haben. Diese Ware findet hier nur schwer Käufer. Auf der anderen Seite ist man hierzulande, unter anderem in der Grillsaison, auf Importe von Nacken und anderen edlen Artikeln angewiesen, da die hiesige Produktion nicht den Bedarf deckt.

Preisaufschlag reicht noch nicht

Der aktuelle Anstieg der Schweinekurse wird begleitet von einer Kostenexplosion für Energie und Rohstoffe. In vielen Bereichen zeichnen sich Versorgungsengpässe ab. Die Schlachtbetriebe haben ihre Kundschaft darüber informiert, dass die höheren Schweinepreise und die anderen Kostenaufschläge weitergereicht werden müssen. Zum Teil wurde auf „höhere Gewalt” verwiesen und bestehende Kontrakte angepasst. Doch auch die Schweinehalter können mit den aktuellen Erlösen keine Kostendeckung erzielen. Statt der aktuell 1,85 €/kg SG wären 2,50 €/kg SG und mehr nötig, um eine ausreichende Rentabilität zu erreichen. Bei der rasanten Kostenentwicklung könnte es demnächst sogar noch mehr sein. Dies gilt besonders nach der vorhergehenden monatelangen Tiefpreis­phase und den geforderten Anpassungen in der Tierhaltung.

Marktlage für die Woche vom 21. bis 27.3.2022

Getreide: Die Märkte stehen weiter unter Schock. Die Matif-Weizenkurse schwanken je nach Nachrichtenlage über den Ukraine-Krieg.

Raps: Die Matif-Rapskurse haben zum Wochenbeginn mit 970 €/t neue Rekordwerte erreicht.

Futtermittel: Das fehlende Getreide aus dem Schwarzmeerraum sorgt für große Lücken in der hiesigen Futtermittelversorgung.

Kartoffeln: Der Markt ist bislang ausgeglichen, das Angebot ausreichend. Hamsterkäufe sind kaum zu beobachten.

Schlachtrinder: Im Schlachtrinderhandel zeigen sich inflationäre Preissprünge nach oben. Das Angebot bleibt zu klein.

Schlachtschweine/-sauen: Die jüngsten Preisaufschläge sorgen noch lange nicht für eine Kostendeckung in der Produktion.

Ferkel: Die Nachfrage nach dem reduzierten Angebot bleibt rege. Der Preisanstieg hat sich jedoch verringert.

Milch: Das knapp ausreichende Angebot sorgt für weitersteigende Notierungen für Milchprodukte.

Schlachtlämmer/-schafe: In diesem Jahr fehlen Stallmastlämmer. Das knappe Angebot sorgt für stabile Kurse.

Markttendenz für die Woche vom 28.3. bis 3.4.2022

Getreide: Der Weltmarkt bleibt auf der Suche nach Alternativen zum fehlenden Getreide aus dem Schwarzmeerraum.

Raps: Auch die Kurse für Vorkontrakte steigen weiter an. Es gibt kaum noch Ware aus der alten Ernte.

Futtermittel: Es fehlen vor allem GVO-freie Komponenten und Bioware. Ansonsten zeigen sich deutliche Preisaufschläge.

Kartoffeln: Die große Zahl an Flüchtlingen ist bei der Nachfrage zu spüren. Für Pommes fehlt Frittierfett.

Schlachtrinder: Die Schlachtbetriebe kündigen Probleme bei der Versorgung mit Rindfleisch an. Man erwartet weitersteigende Kurse.

Schlachtschweine/-sauen: Die Fleischpreise passen sich nur zögernd an. Man rechnet mit gemäßigt steigenden Schweinepreisen.

Ferkel: Die gehandelten Stückzahlen bleiben hinter den Vorjahresmengen zurück. Die Erzeuger fordern weitere Preisaufschläge.

Milch: Die Molkereien haben auch für die kommenden Monate weitersteigende Auszahlungspreise angekündigt.

Schlachtlämmer/-schafe: Importe aus Großbritannien, Irland und Neuseeland fehlen. Bislang sorgt das nahe Osterfest kaum für Impulse.

Agrarhandel und Verarbeiter warnen vor Erdgasmangel

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Im Agrarhandel und auch bei den Verarbeitern wächst die Sorge vor einem Ausfall der russischen Gaslieferungen und den damit verbundenen Folgen. Angesichts der am Mittwoch, 30. April von Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck ausgerufenen Frühwarnstufe im Gasnotfallplan mahnt der Verband „Der Agrarhandel“ deshalb, dass bei der Zuteilung knapper Energieressourcen der Agrarhandel als wichtiges Glied in der Lebensmittelkette Berücksichtigung findet. Ähnlich äußerte sich der Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS).

„An der Einordnung des Agrarhandels als systemrelevante Branche während der Coronakrise ist auch vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine unbedingt festzuhalten“, betonte der Geschäftsführer des Agrarhandelsverbandes, Martin Courbier, heute in Berlin. Sein Geschäftsführungskollege Christof Buchholz wies darauf hin, dass die Lage auf den weltweiten Getreidemärkten so angespannt sei, dass es bei der nächsten Ernte auf jede Tonne Getreide ankomme.

Die sich abzeichnende Frühjahrstrockenheit bereitet dem Agrarhandel nach Darstellung von Buchholz bereits ernste Sorgen. Eine zusätzliche Gefahr von Mindererträgen drohe durch die Lieferengpässe bei Düngemitteln. Im Sommer darf es deshalb dem Geschäftsführer zufolge keinesfalls dazu kommen, dass aufgrund von Energierationalisierungen Erntemengen nicht getrocknet, eingelagert und transportiert werden können. Insgesamt müsse die Sicherung der nächsten Ernte im politischen Diskurs ganz oben auf der Tagesordnung stehen.

VGMS-Geschäftsführer Peter Haarbeck pocht seinerseits auf eine prioritäre Versorgung der gesamten Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft, sollte eine Abschaltung der Gasbelieferung von Verbrauchern unumgänglich werden. Laut Haarbeck drohen innerhalb kürzester Zeit dauerhafte Versorgungsengpässe bei wichtigen Grundnahrungsmitteln, falls die Unternehmen der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft mangels Gasversorgung zwangsweise stillgelegt werden. Das Ministerium von Habeck müsse daher sicherstellen und auch an alle Verantwortlichen kommunizieren, dass die VGMS-Branchen vorrangig zu versorgen seien.

Nach Überzeugung des VGMS-Geschäftsführers ist eine krisenfeste Selbstversorgung mit Lebensmitteln auch auf eine gut strukturierte, regionale Lebensmittelwirtschaft angewiesen. Haarbeck mahnte deshalb einen klaren Fahrplan in der Energiepolitik an, um die extrem gestiegenen Preise für Gas und Strom wieder einzufangen. Deutschland müsse dafür sorgen, dass „seine kritische Infrastruktur, zu der insbesondere die Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft zählt, wettbewerbsfähig bleibt“.   age