Neuer zweiter Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH) ist Malte Jacobsen aus Pommerby, Kreis Schleswig-Flensburg. Die anwesenden Delegierten des BVSH-Landeshauptausschusses wählten den Ackerbauern am Montag in Rendsburg mit 44 Ja-Stimmen (vier Nein-Stimmen) in dieses Amt, das durch den kürzlichen Rücktritt von Dietrich Pritschau neu zu besetzen war.
„Ich bin mir sicher, dass Malte Jacobsen den Vorstand bereichert“, erklärte BVSH-Präsident Klaus-Peter Lucht im Anschluss an die Wahl. Pritschaus persönliche Entscheidung, aus dem Landesvorstand zurückzutreten, respektiere er. „Ich wünsche ihm alles Gute, Zuversicht und Erfolg“, so Lucht. Pritschau erhält für seine Verdienste die Silberne Ehrennadel mit Eichenblatt.
„Ich will gestalten“
Der neue zweite Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Malte Jacobsen, erklärte: „Ich will die Weiterentwicklung der Landwirtschaft mitgestalten.“ Es sei ihm wichtig, dass die Bauern in der Mitte der Gesellschaft verankert seien. Jacobsen wies auf die umfangreichen Forderungen aus der Gesellschaft hin, zum Beispiel in den Bereichen Umweltschutz und Tierwohl. Häufig würden aber Wege so kompliziert beschrieben, dass die Ziele etwas aus den Augen gerieten. Hier sei es wichtig, Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen und Zielkonflikte zu benennen. „Ich glaube, dass ich über meine fachliche Qualifikation Impulse setzen kann“, betonte Jacobsen. Er hob in diesem Zusammenhang die Leistungen der Bauern hervor. Die Produktionsfortschritte der Vergangenheit hätten schließlich erst dazu geführt, dass Umweltschutzmaßnahmen durchgeführt werden könnten.
Jacobsen ist 49 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder. Den Pommerbyhof hat er 2007 von seinen Eltern übernommen. Auf dem Familienbetrieb baut er auf rund 200 ha Raps, Weizen, Gerste, Hafer und Mais an. Im Bauernverband engagiert sich Jacobsen seit 2008 als stellvertretender Ortsvertrauensmann. Seit 2013 ist er Bezirksvorsitzender, Mitglied im Vorstand des Kreisbauernverbandes Flensburg und des Landeshauptausschusses. 2023 wurde er Kreisvorsitzender.
Neben der Wahl von Jacobsen gab es im Rahmen des Landeshauptausschusses Nachbesetzungen in zwei Fachausschüssen: Frank Münster aus Hemdingen ist neues Mitglied im Ackerbauausschuss. Andreas Löding aus Buchholz verstärkt den Ausschuss für Obst, Gemüse und Direktvermarktung.
Landwirtschaft stärken
Mit Blick auf die derzeitigen Sondierungsgespräche in Berlin betonte Lucht: „Die Parteien sind in der Pflicht, den Wirtschaftsstandort und auch den Landwirtschaftsstandort Deutschland zu stärken.“ Wenn man neue Schulden machen wolle, müsse man genau schauen, wo man auch eine Rendite für die Investitionen bekommen könne. Keinen Zweifel ließ Lucht daran, dass die außenpolitischen Bedingungen mehr Investitionen in die Verteidigung erforderten.
Als agrarpolitische Themen in den Sondierungen nannte er die Agrardieselrückerstattung, die zurückkommen solle. Das sei zu begrüßen. Lucht erinnerte daran, dass die Branche durch Kürzungen der Zuschüsse zur Berufsgenossenschaft bereits viel Geld verloren habe.
Der BVSH-Präsident fordert einheitliche Wettbewerbsbedingungen in Deutschland und Europa. Hinsichtlich neuer Handelsbeziehungen zeigte er sich offen. Seine Forderung: „Wir dürfen anderen nicht nur unsere Maßgaben aufdrücken, sondern müssen unsere Maßstäbe auch hinterfragen.“
Kritisch sieht er eine im Raum stehende Erhöhung des Mindestlohns. „Das ist problematisch vor allem für die Sonderkulturbetriebe“, erklärte Lucht. Dem pflichtete Vorstandmitglied Heinrich Mougin bei. Ein Mindestlohn in Höhe von 15 € bedeute eine 17%ige Steigerung. Wer Sonderkulturen produziere, werde sich gut überlegen, ob er noch Pflanzen bestelle, wenn die 500-g-Schale Erdbeeren für 7 € verkauft werden müsse.
Lob und Tadel für Hansen
Lucht kündigte an: „Wir werden alles tun, um die Politik in die richtige Richtung zu bewegen, die Wirtschaft zu stärken und die Demokratie zu bewahren.“ Er warb dafür, in einer kommenden Koalition die Bereiche Landwirtschaft und Umwelt zusammenzudenken.
Mit Blick auf die EU-Agrarpolitik und seinen ersten persönlichen Austausch mit dem neuen EU-Agrarkommissar Christophe Hansen im Rahmen der Grünen Woche berichtete Lucht von „guten Gesprächen“. Er kritisierte jedoch die von Hansen geplante Verschärfung der Gemeinsamen Marktordnung im Milchsektor. Auch eine verpflichtende Kappung und Degression der Agrarförderung lehne er ab. Positiv stimme ihn, dass Hansen glaubhaft die Bürokratie abbauen wolle.
BVSH-Generalsekretär Stephan Gesteuer berichtete von einem „enormen Druck“, der aufgrund der geopolitischen Lage auf dem EU-Agrarbudget liege. Aus den Plänen des Agrarkommissars hob er zum einen die soziökonomische Komponente hervor. Nach dem Willen Hansens sollen geografisch benachteiligte und kleine Betriebe stärker gefördert werden. Gersteuer kritisierte dieses Vorhaben als „veredeltes Bürgergeld“. Nach seiner Einschätzung stehen aber genau deswegen auch die Begriffe Kappung und Degression in der Vision des Agrarkommissars. Positiver bewertete der Generalsekretär die Stärkung eines Systems, das Nachhaltigkeitsleistungen bezahle.
Der Bauernverband trete dafür ein, dass die Erste Säule und die Zweite Säule erhalten blieben. Der Vorschlag der EU-Kommission, dass jedes Land einen einzigen Fonds bekomme, könne dazu führen, dass dann andere Politikbereiche gegenüber der Agrarförderung stärker berücksichtigt würden. Dabei sei ein Aufwachsen des Agrarbudgets notwendig. Gersteuer unterstrich: „Seit 20 Jahren gibt es keinen Inflationsausgleich.“ Dabei wüchsen die Ansprüche, sowohl im Bereich Nachhaltigkeit als auch im Bereich Ernährungssicherheit. Er forderte regionalisierte Prämienhöhen, damit es beispielsweise bei der Brache Angebote gebe, die auch in Schleswig-Holstein angenommen würden.
Sofern die Basisprämie weiter abschmelze, fordere der Verband eine Abschaffung der Konditionalität. Eine wachsende Bedeutung in der Agrarpolitik wird aus Sicht Gersteuers die Risikoabsicherung gegen Dürren und Starkregen einnehmen. Direkte Zuschüsse für Versicherungsprämien sieht er in diesem Zusammenhang kritisch, weil dies zu Mitnahmeeffekten der Versicherer führe.
Dezentrale Versorgung
Gastredner auf der Frühjahrssitzung des Landeshauptausschusses war Martin Laß. Als Geschäftsführer der Agrarservice Lass GmbH (ASL) ist er seit 2009 im Biogasgeschäft tätig. Gemeinsam mit einem Berufskollegen stieg er damals mit einer eigenen Biogasanlage, der BioEnergie Gettorf GmbH, ein. Zur Anlage zählen Wärmenetze in Tüttendorf und Gettorf. Ab 2017 erfolgte der Umbau der Biogasanlage zu einem Regenerativen Speicherkraftwerk, das flexibel Strom sowie Wärme produziert. Seit 2023 entwickelte sich das Unternehmen zum „Erneuerbare-Energien-Fullliner“.
Laß berichtete, dass sich die Perspektiven für Biogasanlagenbetreiber mit dem Anfang Februar beschlossenen Biomasse-Paket der Bundesregierung verbessert hätten. Das Mitglied im Landesverband Erneuerbare Energien (LEE SH) betonte: „Wir haben seit Jahren dafür gekämpft.“ Biogas sei hinsichtlich der Residuallast im Stromnetz der Schlüssel für 100 % Erneuerbare. Die Residuallast ist der Strombedarf, der ohne Wind und Photovoltaik besteht. „An Feiertagen reicht der Strom aus Wind und Sonne bereits teilweise aus“, erklärte Laß.
Der Fokus zur Überbrückung von Dunkelflauten liege derzeit auf der Errichtung von Batteriespeichern. Mehr als 200 GW Kapazität seien in Planung. „Aber wir reden hier von Arbeit, nicht von Leistung“, stellte der Energielandwirt klar. Batteriespeicher hielten nur zwei bis drei Stunden, perspektivisch vielleicht sechs Stunden. Biogasspeicher hingegen bewegten sich mit mehr als 100 Stunden im Mehrtagesbereich. Laß betonte: „Unser Rohstoff Biomethan erfährt nicht die Bedeutung, die er verdient.“
Wichtig sei, die Vorgaben der Bundesnetzagentur einzuhalten. „Wir müssen flexibel Strom produzieren und mehrfach überbauen“, erklärte Laß. Biogasanlagen könnten aber nicht nur Energie in Form von Gas speichern, sondern nach dem BHKW auch Wärme im Wasserspeicher und so zusätzlich Heizlasten im Winter abdecken. Anhand von Berechnungen stellte er dar, dass Fernwärme (aus Biogas) günstiger ist als der Einbau von Wärmepumpen. Von der Politik forderte er weniger Ideologie. „Lasst uns über Fruchtfolgen sprechen, aber nicht über Maisdeckel oder ,Teller oder Tank‘.“
BVSH würdigt Pritschaus Verdienste
Der Erweiterte Landesvorstand des Bauernverbandes Schleswig-Holstein (BVSH) hat in seiner Sitzung vom 13. Februar beschlossen, Dietrich Pritschau für seine Verdienste mit der Silberneren Ehrennadel mit Eichenblatt auszuzeichnen. Diese Auszeichnung kann Vorstandsmitgliedern des BVSH oder Vorsitzenden der Kreisbauernverbände und sonstigen Persönlichkeiten, die sich langjährig durch ihre Treue und Einsatzbereitschaft um den Verband und die schleswig-holsteinische Landwirtschaft verdient gemacht haben, verliehen werden. Voraussetzung für die Verleihung der Silbernen Ehrennadel mit Eichenblatt ist grundsätzlich bei Vorstandsmitgliedern, dass sie mindestens zehn Jahre Mitglied des Vorstandes gewesen sind. Dietrich Pritschau war von 2003 bis 2024 Mitglied des Landesvorstandes und von 2018 bis 2024 zweiter Vizepräsident des Verbandes. Von 2008 bis 2012 war Pritschau zudem Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Segeberg. Seine Ämter als Ortsvertrauensmann und Bezirksvorsitzender hat er weiterhin inne. BVSH